Geschwisterrivalität - Eifersucht auf Bruder

Dass nicht alle Geschwister auch best Friends sind, ist mir klar. Ich habe mit meinem 4 Jahre älteren Bruder auch erst weit nach der Pubertät Frieden geschlossen aber so derart gestritten wie meine Kinder haben wir uns auch nie.

Meine Tochter wird in vier Wochen 10 und ihr kleinerer Bruder ist 7. Heute hat sie es mal wieder geschafft mich zum weinen zu bringen. Sie mag ihn generell nicht. Egal was er macht, was er sagt.... es ist alles blöd. Ich würde es ja verstehen, wenn es wirklich oft Grund dazu gäbe ihn blöd zu finden, aber den gibt es in 9 von 10 Fällen eigentlich gar nicht. Sie sucht andauernd wie sie ihn bloßstellen kann oder schlechtmachen kann.
Kurz zur heutigen Situation: wir wollten nachmittags spazieren gehen - ich und mein Mann zu Fuß, die beiden mit Fahrrad. Er hat vor ein paar Wochen zum Geb.tag ein neues Fahrrad bekommen, was er total toll findet und hat halt wieder unterm fahren geschwärmt, wie schnell er nun damit fahren kann usw. Sie hat ihm in dem Moment die Freude keinesfalls gegönnt und hat angefangen ihn aus heiterem Himmel zu beleidigen, hat ihn als Kleinkind abgestempelt - was er natürlich nicht gerne hört, hat ihn mit ihrem Fahrrad gerammt (als ob unbeabsichtigt) und zum Schluss hat sie ihm vorgeworfen, er hätte ja damit angefangen, obwohl er eigentlich viel weniger auf ihre Provokationen eingeht. Ich habe mehrmals versucht auf sie gut einzureden, sie soll damit aufhören, er tut es ja schliesslich auch nicht. Keine Chance :( Irgendwann haben wir uns gestritten und sind nach Hause gegangen. Zu Hause bin ich wieder zu ihr und da sagte sie wieder, er hätte ihr ganzes Leben kaputt gemacht, er ist an allem schuld. Und überhaupt es dreht sich alles nur um ihn, sie ist uns egal, er bekommt immer größere Sachen und alles was er sich wünscht und so weiter..... Unserer Meinung ist es aber natürlich überhaupt nicht so. Jeden Tag predige ich, dass ich beide gleich liebe, keiner wird bevorzugt oder sonstiges. Das einzige was wahr ist, dass ich mit ihm tatsächlich öfter unterwegs bin, weil er 3x die Woche Training hat wo ich meistens dabei bleibe, weil sich die Fahrt hin und zurück nicht lohnt und am WE oft auch noch zusätzlich zum Turnier unterwegs bin. Sie hat lediglich 1x die Woche tanzen wo ich sie nur hinfahre und wieder abhole. Sie ist total neidisch darauf, dass er in seinem Hobby voll aufgeht und von allen Seiten Zuspruch bekommt - sie aber nicht. Es ist aber nun mal so und sie hatte schon so vieles ausprobiert aber es war halt nichts dabei, was ihr gefallen hat. Aber auch hier sage ich immer, dass ich sie immer unterstütze, sie muss sich nur entscheiden. Dafür gibt es Auszeiten, wo sie alleine mit mir oder mit Papa was unternimmt. Aber wehe der Bruder ist wieder dabei...
Eigentlich ist es "nur" Kinderkram aber es belastet so dermaßen unser Familienleben. Ich würde mir sooo wünschen, dass sie ihm gegenüber nicht so negativ eingestellt wäre.

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Diese Situation kenn ich u ist hier so schlimm gewesen, daß ich tatsächlich professionelle Hilfe (Familientherapie/Ergotherapie) gesucht habe. Hier wurde mir nahe gelegt, ganz viele schöne Momente zu organisieren, die beide allein verbringen. Bei uns hat zB gemeinsames Keksbacken ohne Eltern den Anfang gebracht. Und das klappte unglaublich gut, ich war nur in Hörweite. So haben wir nun täglich eine gewisse Geschwsterzeit eingeplant und das miteinander ist nun schon merklich besser. Belohnungsprinzip einführen, sprich Strichliste und nach 3 x gibt es eine Belohnung. Ich würde Dir das auch empfehlen zumal sie mag ihn einfach nicht absolut nicht akzeptabel ist. Ein Blick von Aussenstehenden kann Wunder bewirken, wirklich.

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Hallo,

ich denke, dieses Hobby Deines Sohnes ist der Knackpunkt, wie Du ja schon vermutest.
Er bekommt dadurch viel mehr Aufmerksamkeit, und die Schwester fühlt sich zurück gesetzt.

Das heißt nicht, dass ich denke, dass Ihr etwas falsch macht. Ist ja eigentlich schön, dass Euer Sohn so in seinem Hobby aufgeht. :-)
Aber da muss man irgendwie etwas für die Große finden, so dass sie sich mehr wahrgenommen fühlt.
Das muss kein Hobby im eigentlichen Sinne sein. Ich denke, da ginge auch etwas, wie man geht einmal die Woche mit ihr Schwimmen oder macht regelmäßig mit ihr Spiele oder puzzelt oder macht eine Fahrradtour oder einen Stadtbummel oder näht, bastelt oder was ihr sonst so Spaß macht. Eben etwas, wo man regelmäßig Zeit mit ihr verbringt und worauf sie sich freuen kann.
Darüber kann man dann zwischendurch mal Worte fallen lassen, dass man sich schon auf die nächste Aktivität mit ihr freut.

Ansonsten kann sie doch sicher ein paar Dinge besser, als ihr Bruder. Die sollte man dann auch öfter mal lobend erwähnen, damit nicht nur das Hobby des Bruders im Vordergrund steht.

Wir hatten auch schon Phasen, wo es besonders schlecht zwischen den Kindern lief, weil die Große sich nicht ausreichend wahrgenommen fühlte.
Paradoxerweise war das bisher immer, weil bei dem Kleinen die Schule Probleme machte.
Darauf war sie natürlich nicht eifersüchtig, aber wir haben eben mehr Zeit mit ihm verbracht.
Irgendwann hat sie gefragt, ob sie auch mal Probleme in der Schule machen soll, damit sie mehr Aufmerksamkeit bekommt. #schwitz
Wir versuchen das jetzt irgendwie gleichmäßiger zu verteilen.
Momentan verstehen die beiden sich ganz gut.

LG

Heike

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Nimm sie doch mit wenn du deinen Sohn zum Hobby bringst und während er Training hat gehst du mit ihr in eine Bäckerei, bummeln, schwimmen oder sowas. Wenigstens einmal die Woche wäre das doch toll, dann verbindet sie das Training des Bruders mit ner schönen Zeit für euch Beide.

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Das finde ich auch eine total schöne Idee 😃

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Ich kann dir nur als Außenstehende berichten.
Bei Freunden von uns ist es ähnlich, allerdings liegt da der Fehler ganz klar bei den Eltern (meiner Meinung nach).

Mädchen 9 Jahre Junge 6 Jahre.
Meine Tochter auch 9 Jahre. Die Mädchen sind gute Freundinnen.

Sehr oft hieß es, jetzt nehmt ihn mal mit, lasst ihn mit spielen und und und, ganz fürchterlich! Was sollen die Mädchen mit ihm spielen und warum ?

Ganz schlimm war die Zeit als die Mädchen schon alleine auf einen Spielplatz durften der Kleine natürlich noch nicht, mit 4 Jahren . Da sagten die Eltern knallhart zu dem Mädchen , nein ihr geht jetzt nicht raus sonst ist ... alleine, das wäre unfair. Ich bin fast vom Stuhl gefallen. Meine Tochter wollte dann eine geraume Zeit nicht mehr dort hin was ich völlig nachvollziehen konnte.

Mittlerweile kommt das Mädchen fast nur noch zu uns weil sie da mal atmen kann. Ich könnte noch 100 Beispiele sagen. Manchmal kam es mir vor als hasst das Mädchen seinen Bruder.

Für mich ganz klar der Fehler der Eltern.
Sie wollten das 2. Kind, nicht das Mädchen.

Natürlich weiß ich nicht ob das bei euch so ist.
Du hast ja andere Situationen geschildert, aber solch eine Situation lässt das größere Kind so werden, ohne das es etwas dafür kann..

Lg

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Ich glaube, dass man leicht in einen Teufelskreis kommen kann aus:

"Wir finden was dein Bruder macht gut und was du machst schlecht" -> Hass auf Bruder -> Bruder ärgern -> Eltern maßregeln: "Wir finden was dein Bruder macht gut und was du machst schlecht"

Ich versuche folgendes: Bei Streit weniger maßregeln, mehr zuhören was jeden bedrückt. Jeden trösten, der sich ärgert/traurig ist. Also z.B. in den Streit reingehen mit: "Oh, du scheinst dich ja gerade sehr über deinen Bruder zu ärgern, magst du mir erzählen, was los ist?" und dann versuchen, dem großen Kind mehr von dem zu geben, was es braucht. Also nicht Wünsche erfüllen, sondern Bedürfnisse.

Kinder haben eine sehr ich-zentrierte Welt. Nehmen gar nicht wahr, wenn der andere zurückstecken muss und fühlen sich dann ungerecht behandelt, wenn sie selbst zurückstecken sollen. Hier würde ich dem großen Kind auf die Sprünge helfen, indem ich jedes Mal thematisiere, wenn das kleine Kind zurückstecken muss. Also da muss man natürlich geschickt vorgehen. Nicht suggerieren, dass es besonders schlimm für das arme kleinere Kind sei oder dass es besonders gelobt wird dafür, dass es sich in Geduld übt. Dann würde es nach hinten losgehen. Aber einfach so kleine Anmerkungen, die das größere Kind merken lassen, dass jetzt gerade das kleinere zurücksteckt. Am besten direkt an das kleinere gerichtet. "Wartest du kurz, ich helfe eben deiner Schwester bei XY"

Ich glaube am schwersten ist der Einstieg in mehr Geschwisterliebe. Wenn die erstmal da ist, kann man einen positiven Blick auf das kleinere Kind lenken. Ich sage z.B. oft sowas wie: "Schau mal, wie dein Bruder das gleiche ausprobiert wie du. Er möchte auch gerne können, was du kannst, weil er dich so lieb hat." Darüber würde sich deine Tochter aber vielleicht im Moment nicht freuen?

Oder beim Fahrradfahren hätte ich eventuell gesagt: "Du fährst ja schon richtig schnell auf deinem neuen Fahrrad. Vielleicht kannst du bald so schnell fahren wie deine große Schwester." Damit hätte ich etwas positives über ihn gesagt, aber gleichzeitig gezeigt, dass ich sehr wohl das große Kind in seinen noch besseren Fähigkeiten auch sehe. Daran hapert es nämlich oft. Wenn ich bei dem Kleinen über ABC begeistert bin, fühlt sich die Große zurückgesetzt. Sie kann nicht nur ABC, sondern auch DEFGHIJ und darüber sage ich gar nichts. Bei eurer Tochter könnte so ein Satz aber nach hinten losgehen. Wenn sie schon in so einer miesen Stimmung dem Bruder gegenüber ist, hört sie das sicher nicht gern und will um jeden Preis verhindern, dass er womöglich so gut wird wie sie.

Ich denke, sie braucht vielleicht erstmal besonders viel Liebe und Aufmerksamkeit und dann kann man mit ihr gemeinsam daran gehen, die guten Seiten des Bruders wieder entdecken.

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Mein erster Gedanke beim Lesen war folgender: wenig Verständnis deinerseits für die Tochter.
Wenn einer in der Familie agressiv wird gibt es immer einen Grund. Vermutlich werden ihre Bedürfnisse irgendwie übersehen und sie fühlt sich (unbeabsichtigt) Ignoriert. Das macht traurig und wütend. Weil Geschwister immer um die Resource "Eltern" ringen, richtet sich ihre Wut auf den Bruder obwohl sie vermutlich euch gilt.
Eigentlich hat sie Dir doch auch schon gesagt wie sie die Sache sieht. Ihr solltet ihr Bedürfnis nach mehr Aufmerksamkeit/Zuwendung/ Liebe ernst nehmen. Sage doch mal explizit zu ihr wie sehr du sie liebst. Nicht (immer) nur wie sehr du beide Kinder liebst. Sie möchte sicher auch als Individuum und nicht nur als 'eins deiner Kinder' wehrt geschätzt werden.

Ich finde es wurden auch schon viele schöne praktische Tipps gegeben.
Alles Gute