9jaehriger sieht nur sich selbst

Hallo zusammen, ich hätte gerne mal eure Meinung zu meinem Sohn.
Ich habe 2 Söhne, 6 und 9 Jahre alt. Generell würde ich sagen, gut geraten, wir haben keine grösseren Probleme.
Was mir Sorgen macht, ist der Charakter meines Grossen. Er war immer schon sehr fordernd, die ersten 3 Tage im KKH hat er nur geschrien, so, wie ich ihn heute kenne, würde ich sagen, es war ihm zu anstrengend, die Milch zu saugen...
Er scheut jegliche Anstrengung, hat eine wahnsinnig niedrige Frustrationsschwelle, fühlt sich immer schlecht behandelt und im Recht und scheut Verantwortung wie der Teufel das Weihwasser.
Beispiele gefällig? Als er Fahrrad fahren lernte, versuchte er es einmal, ohne Stützräder zu fahren, kippte um, fing an zu weinen und sagte (seinen Standardsatz, den ich mindestens 2x am Tag höre): das ist unmöglich! Das Fahrrad ist kaputt, das kippt immer um! Und er fasste das Fahrrad ein halbes Jahr lang nicht mehr an.
Wenn wir beim Essen sitzen und das Wasser fehlt, steht er auf, holt eine Flasche, schenkt sich was ein und stellt die Flasche wieder zurück, wo sie war, ohne den anderen einzuschenken.
Als er ca. 3 Jahre alt war, brachte ihm Familienbesuch ein paar Aufkleber mit. Als ich ihn fragte, ob er sich bedankt hätte, verneinte er und als er nach mehrmaligem Auffordern immer noch nicht danke sagen wollte, bevorzugte er die von mir vorgeschlagene Lösung, die Aufkleber zurückzugeben, anstatt Danke zu sagen.
Er hat sich in seinem Leben noch nie entschuldigt, ob ich ihn auffordere oder nichts sage, eine Entschuldigung oder ein Danke kommt ihm nicht über die Lippen.
Wenn er mit Gleichaltrigen spielt und diese nicht machen, was er sagt, setzt er sich in die Ecke und fängt an zu weinen, weil "keiner mit ihm spielen will". Macht sein kleiner Bruder nicht, was er will, versucht er, ihn mit Erpressung dazu zu bringen.
Er hat nach eigenen Angaben keine Freunde und finden keinen Spass an gar nichts, wenn er etwas Schönes macht, muss er immer erst mit anderen vergleichen. Er muss immer der Beste sein, darf sich aber nicht anstrengen. Wir waren mal beim Arzt, er hatte eine Grippe das Wartezimmer voll. Ein Mann sagte zu ihm: oh, bist du krank, ich bin auch krank. Mein Sohn dazu: ich bin aber kranker als du!
Entschuldigt meine lange Aufzählung, im Grunde genommen geht es mir darum, dass ich befürchte, mein Sohn wird nie ein zufriedenes Leben führen ... sein Bruder ist das 100%ige Gegenteil, seit dem ersten Lebenstag, auch das macht den Grossen wütend ... er ist neidisch auf die Zufriedenheit des Kleinen.
Ich weiss nicht mehr, was ich tun kann und ob ich etwas tun soll oder ob er da einfach seine eigenen Erfahrungen machen muss.
Könnt Ihr mir Tipps geben?

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Vielleicht gehst du mit deinem Sohn mal zum Kinderpsychologen? Die wissen, was man tun kann....
Anja

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Hallo Anja, beim Psychologen waren wir mal, wenn auch nur fuer 3 Sitzungen. Sie war wahnsinnig begeistern von meinem Kind und sagte woertlich, er waere "noch nicht unter die Raeder des Systems gekommen, wenn doch nur mehr Kinder so waeren wie er". Zu seinen Problemen sagte sie genau dasselbe wie ich, und sie sagte, das einzige, was mir machen koennten, waere das immer und immer wieder zu wiederholen ...

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Hallo,

tatsächlich können die von dir beschriebenen Verhaltensmuster auf eine Depression (ja, die gibt es leider auch schon in diesem Alter und viel früher) hinweisen. Ich würde an deiner Stelle eine Zweitmeinung einholen, denn je eher erkannt um so besser behandelbar.

Alles Gute,

Tiev

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Hallo!
Wirklich Tipps geben kann ich Dir nicht, aber was Du beschreibst, trifft fast vollständig auf unsere Große zu. Sie ist auch 9 Jahre alt, will immer mit dem Kopf durch die Wand, wenn etwas nicht nach ihrer Nase geht, flippt sie aus. Auch sie denkt immer nur an sich selbst, die Bedürfnisse anderer nimmt sie gar nicht wahr (oder sie interessieren sie nicht). Gestern zum Beispiel war sie lange in ihrem Zimmer, mein Mann hat im Fernsehen Sport geschaut. Töchterchen kommt runter, schnappt sich die Fernbedienung und schaltet trotz Warnung vom Papa aufs Kinderprogramm (sie weiß natürlich genau, dass mein Mann viel zu bequem zum Erziehen ist, er droht immer nur...). Und das mit dem Wasser könnte bei uns 1:1 passieren, wobei unsere Tochter die Wasserflasche auf den Tisch stellen würde, aber nur sich selbst ein Glas nimmt.
Auch dieser Ehrgeiz immer die Beste sein zu wollen, kenne ich nur zu Genüge - und nicht nur das: Gute Leistungen von anderen werden total abgewertet "das ist doch Baby-einfach!"
Freunde hat meine Tochter mittlerweile auch nicht mehr - sie hatte in der ersten Klasse ganz viele Freundinnen, die sind so nach und nach alle weggebrochen - kein Wunder, wer will schon mit jemandem befreundet sein, der nur sich selbst sieht und alles nieder macht, was andere machen...
Auch bei uns ist der kleine Bruder das genaue Gegenteil. Er ist genügsam, brauch nicht viel, sehr anpassungsfähig, harmoniebedürftig...

Wie gesagt: Großartig einen Rat geben kann ich Dir nicht außer vielleicht das, was bei uns jetzt endlich auf dem Termin steht. Wir haben nächste Woche einen Termin in der Erziehungsberatung. Aber ich fürchte, das wird auch wieder ein Flopp werden - mein Mann ist einfach zu bequem. Bei dem Umschalten gestern hat er natürlich nichts gemacht, gestern nachmittag hatten wir noch eine komplette Eskalation, wo die Große sich absolut daneben benommen hat - da hat sich mein Mann seine Zeitung geschnappt und ist ins Schlafzimmer gegangen - er lässt sich von seiner Tochter nicht nur auf der Nase herumtanzen, er lässt es sogar zu, dass das Kind ihn regelrecht tyrannisiert. Das macht die Situation natürlich nicht besser.

LG

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Hallo dentatus, vielen Dank fuer deinen Beitrag, auch wenn du mir keine Tips geben kannst, ist es schoen zu wissen, dass mein Sohn mit seinem Verhalten nicht alleine ist. Ich hoffe tatsaechlich, dass unsere Kinder mit viel Gedulg und Selbsterkenntnis noch zu super Erwachsenen werden!!

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Da weiß ich nicht, ob ich Dir Hoffnung machen kann. Mein Sohn hatte so ähnliche Anwandlungen, konnte sie aber nicht ausleben, da ich Egoismus, Rücksichtslosigkeit und Rechthaberei um des Rechthabens willen nie geduldet hätte, das wusste er.
Erziehung war vor 40 Jahren anders.
Dieser Typ Mensch meint dann natürlich immer, zu kurz zu kommen - und das bleibt. Selbsterkenntnis sich anzulernen, keine Ahnung, ob das klappt, bei ihm klappte es nicht. Mehrere Erziehungsberater und Sozialpädagogen haben sich an ihm die Zähne ausgebissen. Egal, wieviel er bekam...ihm geschah immer unrecht, da ja andere mehr hatten, egal ob es stimmte oder nicht. Leider blieb er auch als Jugendlicher und Erwachsener so, er neidete seiner Schwester alles und in Schule und Berufsleben waren auch immer die anderen die Bösen bzw. verstanden ihn nicht. Er fand keinen einzigen Lehrer in 13 Schuljahren gerecht oder verständnisvoll! Sehr anstrengend, auch für uns Eltern. Seine Frau ist so ähnlich gestrickt, sie kommen offenbar klar, dann soll es ja recht sein. Kontakt zu seiner Herkunftsfamilie hat er schon vor 4 Jahren abgebrochen, offenbar habe ich seine Frau und ihn zu wenig verwöhnt und beschenkt, als ihr Kind kam....und seine Schwester bekam eh zuviel usw. usw.
Ich hoffe sehr, dass ein Fachmann bei Deinem Sohn dieses Muster durchbrechen kann, denn ein soziales und stressfreies Miteinander sieht anders aus.
Ich habe soviel mit ihm geredet, auch andere liebe Menschen, aber wenn er eine vorgefasste Meinung hatte, dann war das so, da kam man nicht dagegen an. Alles Gute. LG Moni

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Hallo... ich würde dir auch raten dir eventuell Unterstützung von einem anderen Kinderpsychologen zu holen oder eine Erziehungsberatung aufzusuchen.

Es könnte eventuell eine psychische Störung (wie eine Autismus Spektrum Störung) vorliegen oder eben eine andere Verhaltensstörung.
Da sollte man auch das ganze Familiengefüge einmal betrachten um Näheres sagen zu können.
Wie ist das Verhältnis innerhalb der Familie, zum kleinen Bruder, die Kommunikation intern etc.
Normal ist dieses Verhalten jedenfalls nicht und wird sicherlich eine Ursache oder mehrere haben.

Liebe Grüße

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Oh nein, das sind ja keine schoenen Aussichten ... Das ist eben meine groesste Sorge, dass er als Erwachsener auch so bleibt ... das wuensche ich ihm nicht. Ich werde mich evtl nochmal nach einem anderen Psychologen umsehen.

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Ups, die Antwort war fuer fruehchenomi...

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Mein Bruder war genau so,er ist es noch heute und ein sehr unangenehmer Erwachsener
🙈

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Oje.....schau mal, was ich gerade der TE schrieb....offenbar kein Einzelfall.
LG Moni

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Mensch,was hat das Kraft gekostet
Alles Gute!

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"Wenn wir beim Essen sitzen und das Wasser fehlt, steht er auf, holt eine Flasche, schenkt sich was ein und stellt die Flasche wieder zurück, wo sie war, ohne den anderen einzuschenken."

Das kenne ich von Freunden, die mit Asperger Autismus leben.
Meistens merken sie selbst es nicht. Spricht man sie darauf an, reagieren sie dann aber.

Es ist die Form, wie man sie darauf anspricht, dann klappt es auch.
Sie selbst würden gerne empathischer sein und beschreiben auch sehr gut, wie sie manches einfach nicht merken, was sie brauchen , damit sie es lernen können.

Normale Erziehungsmethoden bringen nichts oder machen es nur schlimmer.

Als Erwachsene (seit sie es selbst wissen), haben sie gelernt damit umzugehen und lernen es noch. So wie andere vieles nicht verstehen, verstehen sie vieles von anderen nicht.

Warum andere fragen, ob sie auch Wasser möchten? Sie können selbst aufstehen und sich welches holen. Nicht böse gemeint! Nur die Logik.


Allerdings gibt es keine blöden Sprüche oder so.
Werden sie darauf angesprochen, kommt meist ein "Warum?" und eine logische Reihenfolge, warum sie es so machen, wie sie es machen.

Bsp. weise: die anderen können selbst entscheiden und sich dann etwas holen, wenn sie Durst haben.
Ihnen etwas einzuschenken würde nach ihrer Logik bedeuten: den anderen etwas aufzuzwingen, was diese vielleicht gar nicht möchten (würden sie es wollen, hätten sie es sich schon geholt).

Ich selbst habe zwei kein Asperger, bin jedoch mit meinem ADHS manchmal überfordert. Gibt es zu viele Möglichkeiten, wähle ich die ,die "umkehrbar" ist. Flasche direkt an die Stelle zurück, wo sie war.
Nur diejenigen fragen, die ich einschätzen kann - wo ich blöde oder verwirrende Sprüche zu erwarten habe (nein, doch, ja, vielleicht - hast es schon wieder falsch gemacht), die jenigen frage ich möglichst nicht. Gedanken lesen kann ich nicht.



Bei allem anderen, kenne ich aber auch Erwachsene, die mit sich selbst überfordert sind (und das an anderen auslassen) oder bei denen über kurz oder lang psychische Erkrankungen herauskamen.

Eltern sind meist überfordert und hilflos und würden ihren erwachsenen "Kindern" gerne noch helfen.
An Erziehung haben sie sehr vieles versucht, waren/sind auch engagiert.

Allerdings stellen sie sich alle (die ich kenne) die Frage: wann es so geworden ist, warum Erziehung nichts geholfen hat. Nach einem Kinderpsychologentermin wurde aufgehört.

Ich bin kein Freund davon Kinder von Arzt zu Arzt zu schleppen und alles in Diagnosen zu packen!!

Allerdings habe ich mit Ärzten/Psychologen/Therapeuten die Erfahrung gemacht: manchmal hilft wechseln dann doch.

Hilft mir ein Arzt, ist gut. Dann bleibe ich.
Kann ein Arzt/Therapeut mit meinem Problem nichts anfangen, suche ich weiter.

Wie Fahrrad fahren lernen. Manchmal braucht es mehrere Anläufe.
Beim Fahrrad fahren lernen hatte ich selbst viel Geduld. Bei der Arzt/Therapeutensuche, würde ich manchmal schon gerne nach dem ersten Versuch aufgeben und sagen: dann halt nicht :-[ nur ist das Problem ja dann nicht gelöst, deswegen suche ich weiter.


Bei Freunden mit Asperger hat es schon im Grundschulalter angefangen.
Als Erwachsene hatten sie dann das Glück an jemanden zu geraten, der sich auskennt.

Keine Experimente mit Medikamenten, keine Experimente mit Therapien,...

sondern: Fragen gestellt, Lebenslauf angesehen, mit anderen psychischen Erkrankungen abgeglichen um keinen Fehler zu machen, noch mal abgeglichen,
mit der Diagnose Therapievorschläge gemacht

Asperger ist nicht heilbar:
aber sie bekamen Handlungstipps, wie sie sich in manchen Situationen verhalten können, um sich und anderen das Leben leichter zu machen.
Das klappt.

Hätten sie kein Asperger, sondern etwas anderes oder ungesunder Egoismus, dann könnten sie nicht aus ihrer Haut heraus.


Bei mir mit ADHS ist es ähnlich. Mit Hilfe des Wissens, was ich habe, kann ich passende Strategien anwenden.
Standarderziehung kann mich und andere zum Wahnsinn treiben :-[ Seit ich weiß, was es ist, komme ich besser mit mir und mit anderen klar. Allerdings können meine Strategien nicht-ADHSler in den Wahnsinn treiben.

Obwohl ich meine Diagnose doppelt gesichert habe von Fachkräften, meinen noch immer andere Therapeuten mir zu erklären, ich könne kein ADHS haben, sondern wäre einfach nur doof, faul, egoistisch (wenn ich mich von zu vielen Reizen abschirme), bräuchte andere Medikamente oder bringen Sprüche wie "dann manchen Sie es einfach anders". Wenn ich könnte, würde ich. Ich kann es nicht, deswegen frage ich ja um Hilfe :-p (das verstehen aber viele Therapeuten nicht. Standardweg muss passen. Passt es nicht, ist der Patient falsch, aber nicht deren Voreinstellung zur Diagnose #schwitz)

Lange Rede kurzer Sinn:

mach es nicht wie dein Sohn beim Fahrrad fahren: erster Versuch klappt nicht, schmeiß es hin....

Wende dich an andere Stellen.
So lange es euch belastet oder absehbar ist, dass es ihn jetzt oder später belastet, sucht weiter Hilfe für ihn.

Der Weg ist steinig und es gibt viele, die sich nicht auskennen oder irgendwas experimentieren. Da höre auf dein Gefühl. Wer kann ihm helfen: da hört zu. Wer steckt euch in eine Schublade, tut aber nix, dann sucht weiter.

Ich konnte mit viel Üben schneller Fahrrad fahren, als ich ärztliche/therapeutische Hilfe gefunden habe. Aber ich habe sie gefunden!


Bei Erwachsenen, die mal über den Punkt hinaus sind, kann man nichts mehr tun.
Bei Kindern .... keine Ahnung. Hoffen, versuchen, abwägen .... eine Mischung aus hoffen-suchen und Kind schützen, vor Idi***, die keine Ahnung haben und experimentieren #zitter

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Ich bin mir nicht sicher, ob ihn das jetzt oder spaeter belastet, ich kann nicht beurteilen, ob er versteht, dass er viele Menschen vor den Kopf stoesst, wenn er sich so verhaelt. Wie gesagt, im Moment gibt es fuer ihn kein Problem, ausser dass er denkt, keine Freunde zu haben, aber das kommt daher, dass er sich von seinen Mitschuelern ausschliesst, nicht immer, aber immer oft genug, und er scheint Freunde auch nicht allzusehr zu vermissen ...
Ich denke nicht, dass er Autist ist, solche Sachen wie mit dem Wasser macht er ganz bewusst, machenmal kommentiert er es auch, so " ich geb euch jetzt kein Wasser, weil du mich eben geschimpft hast/weil mein Bruder vorhin nicht auf mich gewartet hat/weil iohr euch euer Wasser selbst holen koennt, ich mach das nicht". Es handelt sich also eher um bewusste Provokation.

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" ich geb euch jetzt kein Wasser, weil du mich eben geschimpft hast/weil mein Bruder vorhin nicht auf mich gewartet hat/weil iohr euch euer Wasser selbst holen koennt, ich mach das nicht". Es handelt sich also eher um bewusste Provokation. "

Das war das, was ich aus dem ersten Text nicht herauslesen konnte. Daher habe ich beide Beispiele genannt.


"Wie gesagt, im Moment gibt es fuer ihn kein Problem, ausser dass er denkt, keine Freunde zu haben, aber das kommt daher, dass er sich von seinen Mitschuelern ausschliesst, nicht immer, aber immer oft genug, und er scheint Freunde auch nicht allzusehr zu vermissen ..."

Das ist die Frage:

überspielt er seinen Schmerz keine Freunde zu haben, mit noch schlechterem Verhalten?

Es gab Zeiten, da habe ich nach außen so getan, als sei es mir egal oder auch, als würde ich es so wollen,
weil ich noch nicht zugeben konnte, wie sehr es mich in Wirklichkeit verletzt. Weil ich die Gefühle 1. nicht einordnen 2. nicht benennen konnte 3. weil ich den Schmerz nicht ertragen konnte. Also habe ich mich noch schlechter verhalten. 1. weil ich es nicht besser wusste, wie ich es hätte besser machen können (nicht die Geduld, die Ausdauer und nicht die guten Erfahrungen hatte, darauf ur-zuvertrauen) 2. weil ich so wusste, dass es einen Grund gab. Nämlich mein Verhalten. Das machte mich wütend. Die Wut ließ ich dann an anderen aus. Das machte mich noch wütender usw. Benennen konnte ich es nicht. Also sagte ich, ich würde das so wollen. Das war einfacher, als sich damit auseinander zu setzen.

Irgendwann hatte ich dann den Willen entwickelt es nicht mehr so machen zu wollen.
Dann machte ich auch Erfahrungen, wie es besser lief.
Darauf baute ich dann auf.
Keine Ahnung, wie ich das geschafft habe.

Bei meinen Eltern war ich immer das Nesthäkchen, das es sowieso nicht kann. Intern kam ich aus der Rolle auch gar nicht mehr raus, weil die Erwartungshaltung, dass ich es sowieso verbocke doch recht groß war.


Da ist die Frage, welche Form von Hilfe dein Sohn braucht.

Jemand der seine Gefühle ernst nimmt. Strengere Hand. Regeln in anderer Formulierung.
Die Erfahrung auf die Schnauze zu fallen - oder ist er schon so oft auf die Schnauze gefallen (gefühlt), dass er da gar nicht mehr rauskommt und es deswegen überspielt.

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Hey ich will nur auf ein paar Beispiele eingehen:

Mit dem Wasser holen: Ein 9-jähriger ist doch oft einfach in seiner völlig eigenen Welt, da nicht von selbst daran zu denken, dass andere evtl auch Durst haben, finde ich nicht ungewöhnlich. Was anderes ist es natürlich, wenn jemand anderes nach dem Wasser fragt und er das verweigert.
Aufkleber zurückgeben: Wow! Finde ich richtig super, dass er die dann sogar zurückgegeben hat, statt sich auf den Vorschlag einzulassen, zu lügen. Denn genau das wurde ja von ihm verlangt, jedenfalls wenn er keine wirkliche Dankbarkeit empfunden hat.
Entschuldigen: Genau das gleiche. Die Aufforderung, sich zu entschuldigen, wenn es nicht ernst gemeint ist, finde ich kontraproduktiv.
Die Frage ist, ob er empathiefähig ist, also ob er sich generell in andere hineinversetzen kann. Und ob er soziale Werte kennt, also theoretisch weiß, wann ein Verhalten von ihm nicht okay war. Aber sowas hätte die Kinderpsychologin denke ich auch gesehen, wenn es da ein Defizit gäbe, vielleicht solltet ihr nochmal mit diesen konkreten Themen dahin.

Ganz allgemein würde ich sagen: Du denkst, er ist nicht glücklich mit seinem Leben. Also solltet ihr ihm als Familie helfen. Das heißt nicht, dass ihr ihm jeden Wunsch von den Augen ablesen sollt, das macht ihn sicher nicht glücklicher. Aber ihr könnt euch Gedanken machen und mit ihm reden, was man ändern kann.
Es ist schwierig, hier etwas konkretes zu raten, denn du hast ja nur von ihm geschrieben. Meistens geht es aber viel mehr um die zwischenmenschlichen Beziehungen vor allem innerhalb der Familie. Wie ihr mit ihm umgeht, wie euer Verhältnis zueinander ist etc.

Ich möchte dir zwei Bücher dazu empfehlen: "Liebe und Eigenständigkeit" von Alfie Kohn und "4 Werte, die Kinder ein Leben lang tragen" von Jesper Juul.
Sie vertreten denke ich eine etwas andere Sichtweise als du, aber genau darum geht es. Wenn man mit dem bisherigen nicht weiterkommt, sollte man sich nach Alternativen umsehen. Dort könntest du einfach neue Anregungen und Denkanstöße finden. Ansonsten würde ich mal eine Erziehungsberatungsstelle aufsuchen, da könntest du auch mit deinem Sohn zusammen hin oder der ganzen Familie und die Beraterin kann sich ein Bild davon machen ob oder was bei euch vielleicht schief läuft.

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Hallo mimimika, danke fuer deine Antwort, in vielem bin ich genau deiner Meinung!

Ich habe wegen des Beispiels mit dem Aufkleber zurueckgeben auch vor anderen Menschen stolz verkuendet, dass er halt seine Prinzipien hat und sich nicht zu etwas zwingen laesst, was er nicht will. Da habe ich im Grunde gar nichts dagegen, das sehe ich sogar positiv (sein Bruder laesst sich so einfach "kaufen", der gibt fuer ein Stueck Schokolade auch dem Muelleimer nen Kuss ...)

Ich bin eher besorgt in Faellen, wo eine Entschuldigung faellig waer, weil er sich definitiv falsch verhalten hat . Ich denke, wenn er sie weiterhin verweigert, wird er wie gesagt als sehr einsamer Mensch auf Erden wandeln.
Er hat mal ein paar Tage lang einen Klassenkameraden gepiesackt. Am Ende hat er ihn, als sie aus der Schule hinausginge, hinten am Kragen festgehalten, und der Junge hat sich erschreckt, weil sich ihm natuerlich die Jacke am Hals zuschnuerte.
Ich habe mit ihm geredet und ihn gefragt, warum er sowas macht und er antwortete, dass er mit dem Jungen spielen wollte und der Junge aber nicht mit ihm, und er wollte ihn festhalten, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen. Ich habe ihm erklaert, dass man so keine Freunde macht und dass der Junge sich erschreckt hat und er ihm wehgetan hat.
Am naechsten Tag sind wir zusammen zu dem Jungen und ich wollte, dass er sich entschuldigt, da kam kein Sterbenswoertchen ueber seine Lippen. Er sieht seinen Fehler nicht ein. Das meine ich damit, dass er keine Verantwortung uebernimmt. Es ist ja nicht Schuld, dass er dem Jungen am Kragen ziehen musste, wenn der halt einfach nicht auf seine Annaeherungsversuche eingegangen ist.

Ob er empathiefaehig ist, davon bin ich noch nicht ueberzeugt. So im Alltag hat er gar keine Empathiefaehingkeit. Manchmal frage ich ihn, was meinst du denn, wie der und der sich fuehlt, oder wie wuerdest du dich denn fuehlen, wenn dich jemand so behandeln wuerde? Da kommt meistens die Antwort "gar nichts, ist mir egal", nur manchmal antwortet er "da waere ich sauer" oder sowas, wobei ich nicht weiss, ob er das in dem Moment sagt, weil ich es hoeren und er seine Ruhe will.

Andererseits passiert dann einmal alle Jubeljahre sowas wie am Strand, an dem er Krebse sammelte, und einen steckte er an eine Astgabel, die aber zu eng war fuer den Krebs, so dass seine Schale angeknackst wurde und ein Stueck fehlte. Ich sagte zu einem Sohn oh nein, der arme Krebs, ich weis nicht, ob der jetzt so noch ueberlebt, der naechste Seevogel kann ihn ja einfach ausnehmen. Da war mein Sohn sehr sehr betroffen und hat mich noch stundenlang gefragt, was mit dem Krebs ist und wir mussten im Internet nachschauen, was mit Krebsen mit kaputter Schale passiert, ob sie nachwaechst oder nicht. Auch bei einem sehr sehr traurigen Kinderbuch, in dem es um ein sich ungeliebt fuehlendes Tier geht und alle um das Tier weinen war er fast am Weinen. Da schoepfe ich dann immer Hoffnung.

Innerhalb der Familien bin ich eher der Verstaendnisvolle und der Vater der Schimpfende. Dh ich rede viel mit meinem Sohn und mein Mann schimpft ihn einmal kurz und sagt dann zu mir, ach der ist noch klein und er wird das schon noch lernen. Mit dem Vater ist er erst so die letzten 2,3 Jahre dicke geworden, davor war er ein arges Mamikind, wie jetzt der Kleine auch. Der Kleine liebt ihn sehr, ist aber zunehmend genervt von seinen Tyranneien und haut seit neuestem auch mal schneller zu. (Da fuehlt sich der Grosse auch wieder ungerecht behandelt, er zieht ihn auf und der Kleine haut, da sagt er, der hat mich fuer gar nichts gehauen! Ich hab ihm ja nichts gemacht )
Vater und Sohn machen oefter mal was zusammen alleine, Sohn und ich nicht so oft, weil immer der Kleine mit an meiner Backe haengt, der immer noch nicht recht warmgeworden ist mit dem Vater (mein Mann ist aelter als ich und von der Generation, die mit Kindern erst was anfangen kann, wenn sie Fussball spielen koennen)

Uff, das war jetzt viel auf einmal, ich werde mich mal nach den Buechern umsehen, die du mir empfohlen hast.
LG

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Das klingt sehr anstrengend und frustrierend.

Du hast schon einige Tipps bekommen, ich würde dir such dringend raten, dich nochmal nach einem anderen Psychologen umzuschauen. Es gibt auch die Möglichkeit einer stationären Behandlung, das ist manchmal nicht verkehrt, um wirklich umfangreich an der Basis zu arbeiten.

Ich drücke euch alle Daumen, dass er die Kurve kriegt und von seinem narzisstischen, egoistischen Trip runter kommt.

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Hi,

ich weiß nicht wie mein Exmann als Kind war, als Erwachsener jedenfalls war er so, wie du deinen Sohn beschreibst: Er sah nur sich, Schuld waren immer die anderen, er war immer das Opfer.
Er hat nie zu Hause mitgeholfen. Müll raustragen? Geht nicht, weil der Müll stinkt! Einkaufen? Geht nicht, weil er kein Auto hatte! Aufräumen und seinen Dreck hinter sich aufräumen? Fehlanzeige, das ist Frauenaufgabe.
Zuerst war seine Exfrau die Böse, die ihn so misshandelt hat, später ich.
Das Ende der Geschichte war, dass er mich 2 Tage nach der Totgeburt unseres Kindes im 5. Monat mit einer anderen beschissen hat.
Da war für mich klar: Das ist kein Mensch!

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Meine Tochter war auch so sehr auf sich fixiert und nur um sich selbst kreisend. Wir haben das nicht toleriert, immer wieder erklärt wie wir uns ein Zusammenleben als Familie wünschen und dass man gegenseitig Rücksicht aufeinander und andere nehmen sollte. Es ist natürlich sehr mühsam immer wieder zu erklären und sich den Mund fusslig zu reden, aber bei uns hat es gefruchtet. Sie ist inzwischen 11 und weit mehr rücksichtsvoller, empathischer undumgänglicher mit anderen geworden. Ich habe mich viel mit Narzisstischen Zügen befasst und fand die Vorstellung schlimm, dass sie so ein Erwachsener narzisst werden könnte. Wir loben sie immer wenn sie etwas toll macht, zum beispiel wenn sie sich Wasser holt und ihrem Bruder gleich mit einschenkt, um bei deinem beispiel zu bleiben, denn das macht sie inzwischen. Und wir sagen etwas, wenn uns auffällt, sie ist egoistisch und rücksichtslos anderen gegenüber. Wir versuchen ihr dann immer zu erklären wie die anderen sich in der Situation jetzt fühlen oder ob sie will, dass sich jemand so ihr gegenüber verhält. Alles in allem finde ich es fruchtet etwas, vielleicht auch weil sie reifer wird und mehr überlegen kann. Oder es hat sich gelohnt, jahrelang zu erklären oder auch ihr eigenes verhalten zu spiegeln. Also sich manchmal zu verhalten wie sie, dann sieht sie wie es ist und eben dazu erklären, erklären erklären. Aufgeben würde ich nicht. Denn wenn er älter ist, ändert er sich überhaupt nicht mehr und ich finde Eltern sollten alles mögliche tun um zu versuchen die Kinder in die richtigen bahnen zu lenken. Mir hat man auch gesagt, naja, wenn sie alle ihre Freunde verliert weil sie sich egoistisch und rücksichtslos verhält, dann ist es halt so und sie wird sehen dass es kacke war. Doch so weit wollte ich es nicht kommen lassen. Und sie verhält sich inzwischen richtig sozial ihren Freundinnen gegenüber. Und wenn mal eine sauer auf sie ist wegen ihrem Verhalten, dann reden wir darüber und schauen woran es liegen könnte und ob da vielleicht etwas dran ist. So kann sie ihr eigenes verhalten inzwischen selbst viel mehr reflektieren.

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Ja, das machen wir im Wechsel, schimpfen (da fuehlt er sich schlecht behandelt), sich selber so egoistisch verhalten (darauf geht er nicht ein, da kann er stur sein) und ihm erklaeren, dass das andere Menschen vor den Kopf stoesst.
Ich moechte noch kurz klarstellen, dass ich nicht ans "Aufgeben" denke und mich damit abfinden moechte, dass er halt ein doofer Erwachsener wird, sondern dass ich darueber nachdenke, einfach immer gleichbleibend freundlich zu ihm zu sein und ihn ausserhalb der Familie seine in diesem Fall hoffentlich schlechten Erfahrungen machen zu lassen, so dass er lernt, dass nicht nur wir ihm von den Konsequenzen seines Tuns erzaehlen, sondern dass das in der Welt da draussen tatsaechlich so passiert, wenn er unsoziales Verhalten zeigt.
Vielleicht brauche ich einfach auch noch mehr Geduld und muss mir weiter den Mund fusselig reden, manche sind halt etwas langsamer im Begreifen :-p

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ich würde nicht gleichbleibend freundlich sein wenn er sich rücksichtslos verhält oder daneben benimmt. Er soll ruhig merken wie schlecht sein verhalten ankommt. Wenn nicht in der Familie, wo dann? Möchtest du warten bis er überall ausgeschlossen wird und als Narzist und Egoist gilt? Also ich würde das nicht wollen, denn dafür sind ja die Eltern da, die Kinder zu erziehen, auch wenn es bei manchen Kindern sehr anstrengend ist. Und ich denke auch wenn man glaubt es ist sinnlos, ich denke immer wieder den Mund fusslig reden bringt schon was irgendwann. Er wird ja auch älter und reifer und kann immer besser reflektieren hoffentlich.

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