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Am Ende erwarten Anhänger der klassischen und der unerzogen Elternschaft folgendes: Dass das Kind als Erwachsener in der Lage ist, sich selbst zu regulieren und auch zu limitieren. Und wenn man kosequent in alle Richtungen denkt, kann das mit beiden Methoden voll gegen den Baum gehen.
Die erwünschte Regulationsfähigkeit ist auch sinnvoll, denn Erwachsene, die das nicht können, werden über kurz oder lang unglücklich. Deren Zufriedenheit hängt dann von äußeren Faktoren ab und die hat man nicht immer in der Hand. Am unerzogen Konzept stört mich persönlich irgendwie, dass es scheinbar versucht Ambivalenzen zu nivellieren. Ich bin aber nicht nur gut, nicht nur liebend und geduldig. Ich bin auch mal ungerecht und doof. Nicht, dass ich es anstrebe, aber ich nehme meine Fehlleistungen an. Und da hab ich das Gefühl es hakt da was, denn unterdrücktes kommt auch gern als psychische Gewalt hoch. Es gibt Eltern, die erhoben nie die Hand und hinterließen in ihren Kindern Trümmerfelder.
Ich plädiere für das anerkennen der eigenen Schwächen (schon aus Präventionsgründen), aushalten von Ambivalenzen und das schaffen eines oder mehrerer Rahmen, in dem das Kind Freiheiten zur Entfaltung hat. Dieser Rahmen wird immer weiter, je älter das Kind wird.

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Na das ist doch mal eine Aussage! #pro
Danke für diese wortgewandte, präzise Formulierung! Das bringt es auf den Punkt!

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Danke. Ja, das ist irgendwie etwas Definitionsgeschwurbel. Denn letztlich ist auch ein „Nein“ Gewalt. Oder wessen Kind hat noch nie geweint wenn man nein gesagt hat? Wo fängt Gewalt an, wo hört es auf? Ich hab da selbst noch nicht den Durchblick erlangt und gerade bei 3 jährigen kann man ganz schön ins tänzeln kommen bei der „Brutpflege“😜. Ich sehe im unerzogen Konzept auch keine klare Haltung zum Thema Kindern Entscheidungen bei bringen. Denn da ist das Wort Scheidung drin und Trennungen sind schmerzhaft, gerade für Kinder. Damit ist ein entweder-oder in der Welt (erinnert an Erpressung). All diese Sachen sind nicht deutlich geklärt, somit ist das für mich völlig unausgegoren auch wenn ich den Gedanken teile, dass das Kind Selbstbestimmungsrechte haben sollte. Nur nicht universelle...

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Steht doch schon im 8. Sozialgesetzbuch:

§ 1
Recht auf Erziehung, Elternverantwortung, Jugendhilfe

(1) Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.

§1631 des BGBs regelt dann noch, dass die Erziehung gewaltfrei zu erfolgen hat.



Ich weiß nicht mal, was an Erziehung nur im Ansatz falsch sein könnte.
Erziehung heißt für mich, dass ich mich um mein Kind und dessen Bedürfnisse (Unversehrtheit, Gesundheit, Bildung, Nahrung, Liebe, Selbstbestimmung) kümmere. Die Bedürfnisse bewerte ich aus meiner Erwachsenensicht und gleich sie mit den Wünschen der Kinder (die definitiv nicht immer Bedürfnisse sind) und dem Entwicklungsstand des Kindes ab. Das dann in meinen Augen sinnvollste wird gemacht. Ob es dem Kind dann gefällt oder nicht, muss mir egal sein.

Beispiel? Ein quirliger 1 Jähriger gehört an der stark befahrenen Kreuzung an die Hand. Ein 6 Jähriger nicht. Aber der fährt noch brav mit dem Fahrrad aufm Gehweg, während sein 10 Jähriger Bruder auf der Straße fährt.
Die entsprechenden Wünsche des Kindes sähen in der gleichen Situation wohl anders aus: der 1 Jährige kümmert sich nicht um rot und will rüber, der 6 Jährige fühlt sich schon so groß und radelt ohne jegliche Übersicht über die Fahrbahnen...

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Wie sieht es eigentlich mit dem Thema Impfen aus? Ich kenne kein Kind, dass sich gerne eine Spritze geben lässt. Und wenn ich beim Kinderarzt sehe, wie schreiende Kinder festgehalten werden um die Spritze zu setzten, dass passiert ja auch absolut gegen den Willen der Kinder. Dann wären ja alle Kinder ungeimpft. Ohne Vollimpfung, kriegt man kaum noch ein Kita Platz. Irgendwie passt das alles nicht zusammen. Muss dazu sagen, dass ich gegen die Impfungen bin. Mir ist das eh egal. Aber wie sieht es mit den Befürwortern aus, die auch noch ihre Kinder selbst entscheiden lassen. 🤔 Dann fängt doch Bestechung und Überzeugung gegen den Willen des Kindes an. Oder irre ich mich da?

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Warum bist du gegen Impfungen?

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Meine Kinder sind geimpft. Sollte ich aber noch eins kriegen, kommt kein Arzt mir mit einer Impfung nicht mal in die Nähe meines Kindes. Es ist zu viel nach den Impfungen vorgefallen. Ich möchte nicht dadrüber schreiben, dass ist meine persönliche Meinung und greife auch niemanden an wer davon überzeugt ist.

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Erziehung ist keine Gewalt. Ich mag dieses überbewertete nicht. Da bekommen Wörter Bedeutungen, die es zuvor nicht hatte. Wie Erziehung und unerzogen. Als ob die Menschheit nix besseres zu tun hätte, als alles und jeden zu hinterfragen.

Für mich war Erziehung nie etwas anderes, als das führen und leiten. Das aufzeigen und beibringen von sozialen Kompetenzen und das stemmen des Lebens. Man bringt den Kindern bei, wie man sich eben benimmt, sich verhält und sein Leben meistert. Und es ist so individuell wie die Menschheit selber. Manche sind strenger, manche lockerer und jede hat ihre eigenen Werte.

Daher gibt es keine Kinder ohne Erziehung. Sogar wir Erwachsene sind ständig der Erziehung ausgeliefert. Wenn wir was falsch machen, sind normale Menschen bemüht es das nächste mal richtig zu machen. Und dafür benötigt es Menschen oder Situationen, die einen das auch zeigen.

Auch unerzogen ist Erziehung. Wie mit dem Zähne putzen z.b. wenn Eltern das schon von klein auf zeigen, dass es in Ordnung ist, sich nicht die Zähne zu putzen, dann haben sie es den Kindern so beigebracht. DAS ist Erziehung. Da brauchen sie es sich nicht wundern, wenn die Sprösslinge mit 20 n Gebiss brauchen, wie man das von den Omis kennt.

Spätestens wenn die Kinder im kindergarten sind oder in der Schule, pendelt sich vieles ein, weil sie da erzogen werden. Aber nicht von den Eltern, sondern von den Lehrern, anderen Eltern und Kindern. Weil eben die das machen, was Eltern eigentlich tun sollten: Vorbild sein und den Kindern zeigen, wenn etwas falsch gemacht wurde.

Meiner Meinung nach verhält es sich mit Erziehung so, wie mit allem anderen auch: die Mischung macht's. Zu weit in die eine Richtung ist verkehrt, aber in die gegenteilige auch. Also bei zu streng oder gar Schläge ist eben kontraproduktiv. Da kann sich schlecht was selbstständig entwickeln und Traumas entstehen. Aber auch das extreme unerzogen ist etwas, was nicht besser ist, weil Kinder sich dadurch Sachen beibringen können, die sie im Leben belasten werden und sie verwahrlosen. Also entweder schürt man Angst vor dem Zähne putzen oder man bringt bei, zu verwahrlosen.

Jedes Kind ist aber auch anders. Und meiner Meinung nach ist es gut, dass Erziehung so facettenreich ist. Solange man weiß, was einem selber wichtig ist, was man mitgibt, ist alles gut.

Mich nervt es tierisch wenn Eltern ihre Erziehung aufgrund irgendwelcher Theorien begründen, anstatt einfach zu sagen "mir persönlich ist das einfach wichtig". Weil diese Eltern nämlich nix richtig machen. Die haben aufgrund dieses Wissen so ne Angst irgendwas lebenslang zu schädigen, dass sie wirklich blind sind, was ihre Kinder angeht. Die Kinder zeigen doch selber was sie wollen und was nicht und was sie benötigen und was nicht. Das fängt schon mit der beikost an. Da kann Baby schreien und weinen wie es will, manche fangen da mit biegen und brechen erst mit 6/7 Monaten an oder versuchen das auf mindestens 1 Jahr hinauszugehen, bis alle Mahlzeiten ersetzt sind, auch wenn Mini am liebsten mit 8 Monaten schon abgestillt sein möchte weil ihm Essen besser schmeckt.

Genauso wenn Kinder dann doch mal n nein hören sollten aber die Eltern das Kind dann lieber andere verprügeln lassen, weil einhalt Gebieten und nein sagen, ist so viel schlimmer als andere Kinder zu terrorisieren.

Aber dann sagen sie im selben Atemzug, dass ihre Werte komplett anders sind und verurteilen andere 🙈

Erziehung hat also immer vor und Nachteile. Egal wie die erziehung ausschauen mag. Es ist also wichtiger sich selber die Frage zu stellen, welche Seite einem selber wichtiger ist und dannach zu handeln, egal ob Ratgeber XYZ dies oder jenes sagt.

Ist es mir z.b. wichtiger, dass meine Tochter andere Kinder nicht mit Sachen bewirft, beist oder schlägt, dann hört sie auch mal n nein und ich hol sie von der Situation raus. Und ich erkläre warum man andere nicht verletzen sollte, weil das weh tut. Und so kann ich auf eine 2-jährige blicken, die empathisch ist und auf andere Rücksicht nimmt. Die auch nie andere absichtlich verletzt und sich dennoch entschuldigen kann. Und darauf bin ich stolz, es meiner Tochter beigebracht haben zu können.

Das was mir persönlich wichtiger ist und wichtig ist mitzugeben, damit meine Kinder zu tolle und eigenständige Menschen heranwachsen. Dannach erziehe ich.

Und die, die unerzogen erziehen, die sollten dann auch stolz auf ihre Kinder sein, wenn sie dann unerzogen sind. Und wenn sie in erwachsenen alter zu einem sagen "Mama, Papa, von euch hab ich nix gelernt. Das was ich bin, verdanke ich meinen Lehrern und Freunden." Weil spätestens im kindergarten, haben sie dann Menschen mit Werten um sich herum, die die Kinder dann erziehen 😉

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Also unerzogen kommt entweder ein verwahrloster egomane raus. Ist auch Erziehung und darauf sollten dann die Eltern stolz sein. Ist ja das, was sie ihren Kindern beigebracht haben 😉

Oder es kommt doch ein anständiger und selbstständiger Mensch raus, aber dann sollte man sich bewusst machen, dass das 0 an den Eltern liegt 😁 da hat das Kind Glück schon mit guten Werten auf die Welt gekommen zu sein und außerhalb vom Elternhaus viele tolle Menschen um sich rum hatte, die einen die guten Werte nahe brachten.

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Ich glaube, du hast das mit dem "unerzogen" gar nicht verstanden...

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Das Was bedenke, [noch] mehr bedenke Wie.

Johann Wolfgang von Goethe

Das werf ich jetzt hier mal in die Runde.

lg

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Ich finde das Interview sehr schlecht geführt. Fr. Imlau bohrt mir zu wenig. Mir ist zwar klar, dass bei Fr. Rodriguez der Bollerwagen die Lösung war, als die Kinder nicht aus dem Haus wollten. Es wird aber nicht gefragt, wie sie ein zweijähriges bei seinem ersten „nicht aus dem Haus wollen „ raus bekommen hat um das große Kind vom kiga abzuholen. Schließlich wird das 2 jährige nicht am Vorabend gesagt haben: morgen mag ich nur mit, wenn ich im bollerwagen sitze ;-)

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Bei wirklich wichtigen Termin (quasi "höherer Gewalt") ist es legitim, das Kind einfach mit zu nehmen. Dann kommt man um eine Erklärung und Entschuldigung allerdings nicht herum. Jeder Überzeugungsversuch würde die Integrität des Kindes mehr verletzen.
Dennoch ist es natürlich besser, wenn man dann anbieten kann, mit dem Bollerwagen oder dem Laufrad oder was auch immer zu fahren...

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WTF?

"Zahnhygiene ist wichtig, aber Schäden an den Zähnen lassen sich leichter reparieren als Schäden an der Seele."

Damit katapultiert sich die Interviewte unmittelbar ins Aus!
Schonmal eine Zahnbehandlung am Kind erlebt? Körperliche Schänden in Kauf zu nehmen um selber das schlechte Gewissen zu umgehen, dem Kind "Gewalt" angetan zu haben? Sowas von daneben!

Erwachsene, die einen gewissen Weitblick haben, dürfen sich dafür entscheiden, ihren Körper zu beschädigen, aber Eltern sind inHaber der persönlichen Sorge des Kindes. Wenn eine Mutter dienstlich zu mir käme und mir erzählen würde, dass ihr Kind richtig kariöse Zähne hat, weil sie es als Gewalt empfindet ihrem Kind die Zähne zu putzen, würde ich ruckzuck weitere Schritte einleiten.

"Nein. Unerzogen heißt schließlich nicht Laisserfaire – die Verantwortung trage immer ich! Ich vertraue meinen Kindern und schütze sie natürlich gleichzeitig vor Gefahren, die sie allein noch nicht abschätzen können – etwa im Straßenverkehr."

und hier widerspricht sie sich. Vor Gefahren schützen, bedeutet auch, vor körperlichen Schäden zu schützen. Wenn sie die Verantwortung trägt, dann aber bitte nicht nur für die rosigen Entscheidungen, heut mal lieber in den Bollerwagen einzusteigen, als in den Buggy.

Ich finde es wichtig, meinen Kindern ein Regelwerk über das Leben unter Menschen an die Hand zu geben. Ich fordere auf, mache vor und halte an zu gewissen Handlungen. Sie leben halt später nicht allein, sondern unter Menschen. Ich möchte ihnen nicht vormachen, es wäre ok am Esstisch zu furzen und dabei die Arschbacke anzuheben, weil dies eben später in der Schule oder in einer Besprechung auch nicht gut ankäme. Meiner Meinung nach funktioniert so die Grundlage von Erziehung. Ich gebe den Kindern Einblicke in "was geht und was gehtnicht".

Gut, dass das Recht die Kinder zu erziehen, bei den Eltern liegt.

Schöne Grüße