"Belohnungs-Kalender", Tipps gesucht

Hallo Zusammen,

mein Sohn, 6 Jahre alt, kommt im September in die Schule.
Es wurde ADHS diagnostiziert bei ihm und es gibt viele schwierige, anstrengende Situationen.
Grade jetzt bevor die Schule beginnt hab ich das Gefühl auf einmal fangen Alle an zu rennen und wollen am besten dass sich jetzt sofort Alles ändert. Vorher ist es nur so vor sich hin gesickert....Anfragen für Erziehungsgruppen und Beratungen wurden auf die Warteliste verschoben; Kinderarzt war der Meinung Logopädie und Ergotherapie sei nicht nötig...usw. Am besten wäre es doch ich würde mein Kind dann jetzt vor Schulbeginn auf Medis einstellen lassen und direkt ab dem ersten Schultag einen Schulbegleiter mitschicken, damit nur ja keine Probleme aufkommen können. Termine bei der Förderschule, beim MSD, mit der zukünftigen Lehrerin, mit einem weiteren Kinderpsychiater für die 2. Meinung....irgendwie kommt jetzt Alles auf einmal.

Kurzum: die momentane Situation stresst mich ganz schön und macht mir auch Sorgen.

Das ist natürlich nicht grade zuträglich für ein entspanntes Klima und ich hab das Gefühl wir kommen da so langsam in eine Negativ-Spirale rein. Von Rundherum hören wir Kritik...mein Sohn bekommt auch Einiges davon mit und spürt das natürlich.

Nun kam eine Anregung einen Belohnungs-Kalender zu machen, und die Idee gefällt mir sehr gut, das wäre mal wieder positiver Ansporn zum "Anfassen".

Allerdings frage ich mich noch wie ich das am besten umsetzen kann.

Bisher waren meine Gedanken dazu folgende:

Ich dachte an Sonne, Wolke und Blitz.
Läuft ein Tag gut - Sonne
Gibt es ein bisschen Probleme zwischendurch - Wolke
Ist es ganz schlimm und nervenaufreibend - Blitz

Hat er am Ende einer Woche min. 5 Sonnen, gibt es eine kleine Belohnung.
Da frage ich mich schon ob ich Abstufungen machen sollte....? Negative Konsequenzen will auch (auch bei Blitzen ^^) aber nicht mit einbringen.

Und die nächste Frage, ab wann gibts am Ende des Tages eine Sonne...?
Es gibt bei uns so gut wie nie Tage an denen alles wirklich nur eitel Sonnenschein ist und er sich nicht mal mit mir oder Anderen anlegt. (verlangt ja aber auch kein Mensch dass er durchgängig als Strahlemann rumläuft)

Bevor ich sowas anfange, muss ich das erstmal für mich bis ins kleinste Detail geklärt haben, damit ich mit ihm dann auch jedes dieser Details besprechen kann.

(Lücken findet er sofort ;-) )

Gibt hier sicher ein paar Eltern die das schon praktizieren oder?
Freue mich über Tipps.

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Kann ein Kind wirklich den ganzen Tag ununterbrochen nur "lieb" sein? Oder bekommt es schon Wölkchen, wenn es morgens noch grummelig ist, da es zu wenig geschlafen hat und abends nölig ist, weil man noch ganz dringend den Lego-Turm fertig bauen muss, bevor es sich bettfertig macht? Und wenn ein Kind sich aufregt, weil andere ihn ärgern, gibt es dann Blitze, weil es sich aufregen musste?
Zudem, wenn ICH gute Laune habe, wirkt sich das auch auf die Kinder aus, zum einen steckt gute Laune an, zum anderen sieht man mit schlechter Laune vieles auch ganz anders und ist strenger.

Ich finde "lieb sein" zu abstrakt und "den ganzen Tag" viel zu lang für ein Tokensystem.

Suche EINE konkrete Situation, die du zur Zeit am schlimmsten findest und arbeite zunächst nur an dieser Situation. Wenn das dann gut funktioniert, kannst du nach und nach die anderen "Baustellen" angehen.

lg

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Huhu,

ja, genau das ist es wohl was mir dafür zu "komplex" erscheint und wofür ich noch keine Lösung finde. Ich sag ja....den ganzen Tag Strahlemann spielen soll und muss kein Mensch.
Und gewisse Reibungs-und Streitpunkte gehören ja auch einfach dazu.

Eine konkrete Situation auszusuchen ist natürlich auch nicht so einfach.
Im Prinzip geht es ja hauptsächlich um Wutausbrüche durch (in meinen Augen) kleinste Anlässe.

Wäre denn das Thema "Wutausbruch" noch immer zu allgemein?

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Ich bezweifle, dass man Wutausbrüche komplett unterbinden kann (oder dass es gut ist, wenn man seine Emotionen unterdrück). Aber man kann sie in gesellschaftstaugliche Bahnen lenken. Agressiv auf andere Menschen losgehen ist nicht ok, mit dem Fuß aufstampfen und "So ein blöder Mist!" rufen finde ich bei einem Kind in diesem Alter hingegen in Ordnung.

Weil du einen Anlass als nichtig ansiehst, muss das für deinen Sohn nicht auch so sein. Mich machen manche Kleinigkeiten auch ganz nervös. Wir hatten letztens Besuch und haben alle Tische im Wohnzimmer zusammenstellt, damit wir eine große Tafel haben. Mein Mann hat die Tische QUER ins Zimmer gestellt - und es hat mich SO aufgeregt. Ich weiß, dass es total lächerlich ist, aber ich konnte das in diesem Moment einfach nicht ertragen und konnte mich erst beruhigen, als ich die Tische GRADE geschoben hatte.
So geht es auch kleinen Kindern oft - aber sie haben eben noch nicht gelernt, sachlich über Sachen zu reden.

Auch Eltern haben sicherlich mehrfach kleine Wutausbrüche, "Komm jetzt endlich und zieh' deine Schuhe an!", "Ich hab dir schon x mal gesagt, dass du deinen Ranzen nicht in den Flur werfen sollst!", "Lego gehört nicht ins Badezimmer!", "Bohr nicht in der Nase, das ist eklig!", "Sitz grade, schmatz nicht!", "Mach deine CD leiser!"... die Liste lässt sich endlich fortsetzen und da werden auch Eltern sicherlich mal laut oder unfreundlich.

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Liebe melika,

ich kann nur bedingt mitreden, da ich kein ADHS-Kind habe/hatte (aber schon auch ein seehr antrengenden Jungen).

Wenn ich deinen Beitrag lese, das ist doch irgendwie Streß pur, nicht strukturiert! Ich glaub dir daß dich das schon stresst und jetzt versuch mal, dich in die Lage deines Kindes zu versetzen: Wie soll er sich denn irgendwie gegen dieses ganze Programm wehren, ohne einen Wutausbruch zu bekommen - ehrlich das geht doch gar nicht anders.

Ich weiß, Erziehung kann mitunter sehr anstrengend sein - aber du mußt da einfach eins nach dem anderen angehen! Weiß ja jetzt nicht, wo der Haupt-Brennpunkt liegt. Mach dir das klar und dann mit kleinen Schritten dem großen Ziel entgegen! Dein Sohn ist 6! und da muß er noch lange nicht perfekt sein, auch wenn andere 6jährige vielleicht perfekter sind (das sieht aber übrigens nach außen oft ganz anders aus, als es in Wirklichkeit ist)

LG
und alles Gute
neppas

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...und ich glaube so ein "Belohnungskalender" ist ein weiterer "Streß-Faktor"! Da wird ihm dann täglich präsentiert: heute warst du ok - heute nicht!
Es ist gewiss gut gemeint von dir!

Aber ICH bin mittlerweile erwachsen und möchte NICHT täglich nach solch einem Schema beurteilt werden, das würde mich fertig machen, den ganzen Tag müsste ich bei allem was ich tue, überlegen welche Konsequenzen dies am Ende des Tages hat!!

#winke

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Hallo Melika,

jetzt nur eine kurze schnelle Antwort, weil wir noch weg wollen.

Die Idee ist sehr gut, nennt sich in der Verhaltenstherapie Tokensystem und wird gerne bei ADHS Kindern eingesetzt.

Was hältst Du davon, mit ihm gemeinsam einen Kalender zu gestalten? Du hast sehr richtig entschieden, keine Negativkonsequenzen einzusetzen. Es geht hier um Motivation.

Es kann sein, dass ich irgendwo noch eine Vorlage für einen Kalender habe, falls Ihr nicht selber gestaltet. Muss ich morgen mal nachschauen.

Das wär's mal auf die Schnelle. Morgen schreibe ich noch mal mehr. Auch wenn ich Dein Kind nicht kenne, bitte bitte erst mal ohne Media probieren. Ja, es wird anstrengend. Noch anstrengender als jetzt. Aber es gibt andere Möglichkeiten, die man erst mal ausprobieren kann und wer weiß, vielleicht schafft Ihr das gemeinsam.

Liebe Grüße
Caralina

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Huhu,

ja, ich wollte den Kalender gerne mit ihm zusammen gestalten und dabei dann auch zusammen besprechen.

Medikation kommt für mich zu diesem Zeitpunkt auf keinen Fall in Frage, ich sehe das auch sehr kritisch. Vorher möchte ich alle anderen Möglichkeiten versucht haben.

Nach einigem Kampf habe ich ja inzwischen zumindest mal ein Rezept für Ergo bekommen, ich denke das ist ein sehr sinnvoller Ansatz für ihn.
Ansonsten versuche ich es auch erstmal mit alternativen Methoden.

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Hallo,

die Arbeit mit Verhaltenszielen ist hier sehr gut beschrieben: http://www.bartnitzky-burg.de/GSV-B129_J-By_222-229_Web.pdf

Da geht es zwar um schulische Situationen, du kannst den Aufsatz aber gut auf häusliches Zusammenleben übertragen.

Wichtig ist

- dass das Ziel mit dem Kind gemeinsam vereinbart wird

- dass der Zeitraum, für den eine Rückmeldung gegeben wird, nicht zu lang ist (gerade bei ADHS-Kindern!)

- dass das erwünschte Verhalten konkret beobachtbar und beschreibbar ist

- mach dir klar: Das Reflexionsgespräch ist das Wichtigste! Die Belohnung hat einen unterstützenden Effekt, aber dein Kind ist kein Dressurpferd! ;-)

Gut ist auf jeden Fall, dass ihr mit "Wettersymbolen" arbeitet. Finger weg von Smilies, Emotionen haben einen zu stark wertenden Charakter. Außerdem gibt es bei Smilies keine "Mitte" (der oft für "mittel" genommene Smilie mit dem geraden Mund - guckt der neutral? Nö, traurig! ;-) )

Ansonsten, wie gesagt, Aufsatz lesen... steht alles drin! :-)

LG

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Huhu,

vielen Dank für den Link, beim ersten Drüberlesen gefällt mir das schonmal sehr gut....werde mir das noch in Ruhe zu Gemüte führen.

Mir ist auch klar, dass ich jetzt nicht in einem halben Jahr ein Kind habe das wie ein braves Hündchen auf mich hört....und um Himmels Willen, darum geht es nicht.

Es geht mir erstmal darum wieder etwas Motivierendes, Positives für ihn zu schaffen.
Und dann ist das Ziel dass er es schafft sich im sozialen Bereich so zu bewegen, dass er keine allzu großen Schwierigkeiten bekommt und irgendwann völlig ohne Freunde dasteht.

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Hallo,

*Mir ist auch klar, dass ich jetzt nicht in einem halben Jahr ein Kind habe das wie ein braves Hündchen auf mich hört....und um Himmels Willen, darum geht es nicht.*

So etwas wollte ich dir auch auf keinen Fall unterstellen!

Ich habs nur dazugeschrieben, weil Verstärkersysteme oft falsch angewendet werden (eben indem das Hauptaugenmerk auf die Belohnung gelegt wird) und deshalb nicht funktionieren. ;-)

LG

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Hallo,

Ich kann weiter nichts Sinnvolles dazu sagen, aber macht sowas denn Sinn wenn es doch eine Dignose gibt, die sagt das dein Sohn für sein Verhalten nichts ( nicht immer )etwas kann ?

Ich hab als Kind relativ lange ins Bett gemacht.
Meine Eltern haben vom Psychologen den Tipp mit dem Kalender bekommen.
Trockene Nacht Sonne, ins Bett gemacht Wolke mit Blitz.

Wenn ich daran denke find ich das heute noch extrem Entwürdigend.
Ich hab irgendwann Angefangen ganz wenig zu trinken, hatte Angst Einzuschlafen, weil ich kein Blitz wollte.

Naja mich machts immer noch traurig.

LG

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Belohnungskalender in dem alter find ich gut. nur empfehle ich,daß das wirklich ein belohnungskalender und nicht ein "deutscher" strafkalender wird. (hab 10 Jahre in UK gelebt und da ist die sprache sehr positiv). die ideen zum basteln sind auch super. wenn du lieber alles fertig bestellst schau dir einfach eine post-it webseite (z.b.notizblock24)an. da gibts auch motive wie blätter, autos sogar formgestanzt. LG#liebdrueck