Kinder strenger Eltern ggüber anderen Kindern weniger durchsetzungsfähig?

Hallo Schwarmintelligenz,

die Diskussion weiter unten - "Darf man heute noch streng sein?" - hat mich an etwas erinnert, das eine gute Freundin von mir seit kurzem beklagt, und dazu würde ich sehr gerne Eure Meinungen lesen.

Meine Freundin sieht sich selbst als überdurchschnittlich strenge Mutter, erzählt mir, dass das auch dem Feedback, das sie von anderen Eltern bekommt, entspricht. (Ich persönlich finde sie nicht auffallend streng, aber irgendwie fehlt mir vielleicht noch der realistische Maßstab - meine Tochter ist erst 1 Jahr alt.)

Sie meint nun, dass ihre beiden Kinder (7 und 5 Jahre alt) gegenüber anderen Kindern nicht sehr durchsetzungsfähig wären, sich eher unterordneten.
(Auch das kann ich so nicht bestätigen, aber ich erlebe die Kinder auch kaum mit Gleichaltrigen zusammen.)

Kurz und gut: Meine Freundin fragt sich, ob die "mangelnde Durchsetzungfähigkeit" damit zusammenhängt, dass ihre Kinder gewohnt sind zu gehorchen und sich höflich und im allgemeinen angepasst zu verhalten, wie sie sagt. Sie macht sich momentan fast Vorwürfe.

Meint Ihr, dass sie mit ihrer Einschätzung recht haben könnte? Ich habe es zuerst total verworfen und lächerlich gefunden, aber Erinnerungen an meine eigene Kindheit haben mich doch nachdenklich gemacht. Wobei ich nie nur einen Faktor - also in dem Fall die Erziehung - als ausschlaggebend ansehen würde, aber ich glaube, das versteht sich von selbst.

Ich wäre wirklich gespannt auf Eure Meinungen.
Danke
Nat

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Ich denke, dass Kinder, die keinen eigenen Willen durchsetzen dürfen, also zu Hause nicht mitentscheiden dürfen, kein Durchsetzungsvermögen haben. Irgendwo müssen sie das ja erst lernen.

Ich hab mit meinem Mann da viele Diskussionen gehabt, weil er der Meinung war, Kinder müssen perfekt gehorchen und tun, was die Eltern sagen. Kinder sind aber keine Soldaten und sollten ihre Wünsche formulieren dürfen und Eltern auch mal überzeugen, dass sie selbst etwas entscheiden können. Natürlich immer dem Alter entsprechend. Und selbstverständlich müssen Eltern trotzdem oder erst Recht absolut konsequent sein.
Insofern könnte es meiner Ansicht nach schon sein, dass deine Freundin ihre Kinder dahin erzogen hat, dass sie sich nicht durchsetzen können. Insgesamt ist Erziehung und was daraus resultiert aber viel zu vielschichtig, da mal eben ein Urteil zu fällen.

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Danke dir für deine Meinung!

"Kinder.... sollten ihre Wünsche formulieren dürfen und Eltern auch mal überzeugen, dass sie selbst etwas entscheiden können."

Ja, das finde ich auch sehr wichtig.

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Gerne :)

Das ist aber auch etwas worüber ich mir unglaublich viele Gedanken gemacht habe. Vor allem, weil ich selbst so ein Ja-Sager und Mitläufer-Kind mit wenig Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl war.

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Hallo!

Kommt drauf an, was man unter Strenge versteht!
Müssen die Kinder gehorsam sein und ohne wenn und aber Befehle befolgen und wird ihr eigener Wille bzw ihre Person übergangen, kann das sein. Könnte auch ins Gegenteil umschlagen, dass sie andere tyrannisieren und rumschubsen.
Meine Schwiegermutter ist so erzogen, dass sie nie eine eigene Meinung haben durfte. Vaters Wort war Gesetz. Sie ist auch heute ein Ja- Sager.
Lg Julia

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Danke dir! Das mit dem Umschlagen ins Gegenteil hab ich mir auch gedacht, hatte in meiner Schulzeit einen solchen Fall.

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Hallo,

ich finde zuerst mal, daß Kinder unterschiedlich sind, der eine braucht eine gewisse Strenge, der andere nicht. Meine Tochter wird auch relativ streng erzogen, oder sagen wir, wir sind nicht der Durchschnitt, der alles ausdiskutiert und durchgehen lässt. Unsere Tochter ist sehr aufgeweckt und braucht klare Regeln und Grenzen. Sie ist heute 10 Jahre alt und nein, sie hat sich nie untergeordnet, im Gegenteil. Streng sein heißt ja nicht, sein Kind einzuengen. Wir haben die Zügel schrittweise lockerer gelassen, klar, gewisse Entwicklungsphasen waren nicht einfach und werden auch noch ordentlich reinhauen #schwitz, aber unser Fazit zu den letzten 10 Jahren ist eigenltich, daß wir für uns und unser Kind viel richtig gemacht haben, auch Fehler, ganz klar, aber hätten wir sie immer machen lassen, hätten wir jetzt ne kleine, verzogene Rotzgöre zu Hause, die uns auf der Naser herumtanzt und uns tyrannisiert, und ja, das meine ich ernst ;-)

LG

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Danke für die lebensnahe Schilderung. ;-)

Bei meiner Freundin sehe ich es genauso: Die Kleinere hat ein ausgeprägtes Dominanzstreben, die braucht sicherlich mehr Strenge als der Große, der eher zurückgenommen und sehr selbstkritisch ist.

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Nein, ich glaube nicht, dass das so ist (wenn die Kinder nicht erzogen sondern gebrochen werden, dann evtl schon, aber darum geht es ja hier nicht).

Die Veranlagung, ob Kinder nun durchsetzungsfähig, unterordnend, aufmüpfig oder folgsam sind, ist erstmal angeboren. Sicherlich kann Erziehung diese Veranlagung verstärken oder erst negativ hervorbringen, aber der grundsätzliche Charakter ist mMn festgelegt.
Ehrlich gesagt, glaube ich sogar, dass übertriebene, nichtnachvollziehbare Strenge oft sogar eher Auffmüpfigkeit auslöst oder verstärkt, weil die Kinder ja gezwungen werden, ständig Contra zu geben.

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Ich war vom Bauchgefühl her genau deiner Meinung, habe dann aber zu grübeln begonnen.

Danke für deinen Input!

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Hallo!

Bis zu meinem 12. Lebensjahr lebte ich in Russland und wurde eigentlich ziemlich autoritär erzogen. Ich war immer ein sehr schüchternes, sehr braves Kind, welches immer rumgeschubst wurde. Ich glaube aber nicht, dass es viel anders wäre, wenn ich eine andere Erziehung genoßen hätte. Mehr Selbstbewußtsein habe im Jugendalter bekommen. Es war sehr anstrengend über den eigenen Schatten zu springen und die eigene Schüchternheit zu überwinden. Aber ich muss sagen, dass ich es geschafft habe und konnte mich dann in der Schule und auch im Berufsleben ziemlich gut durchsetzen. Meine nicht rebellische hat mir auch ziemlich viele Türen geöffnet. Ich war z.B. fast immer der Liebling der Lehrer und konnte das sehr gut für meine Vorteile einsetzen. Ih hätte es mir z. B. nie erlaubt einen Lehrer zu beleidigen... was viele in unserer Klasse gemacht haben und sich so ziemlich unbeliebt gemacht haben.

Jetzt habe ich selbst zwei Kinder. Ich muss sagen, dass ich auch eher streng bin, aber bei weitem nicht so streng wie meine Eltern. Manches was meine Eltern mir verboten haben, begreife ich bis heute nicht! Ich durfte z.B. nie bei Freuninnen übernachten... ich musste immer betteln, um zu einer Freundin zum spielen zu gehen oder auch dass jemand mal zu uns kommt. Aber anscheind war es einfach so in Russland damals... man wollte den anderen wohl nicht zur Last fallen!

Mir ist es sehr wichtig, dass meine Kinder sich in der Öffentlichkeit benehmen können und ich würde es niemals gutheißen, dass mein Kind einen Erwachsenen verbal beleidigt oder gar handgreiflich wird.

LG

sweti84

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Danke, finde deine Erfahrungen sehr interessant - vor allem auch, dass du dir dann in der Jugend sehr wohl Selbstbewusstsein "erobert" hast. Schön! :)

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Hallo!

Ich denke es ist ein Unterschied zwischen "streng" und "autoritär" ...
Streng heißt, dass es Regeln gibt (Vielleicht zu viele Regeln ....) , von denen nur in gut begründeten Fällen abgewichen wird, bzw. bei Überschreitung recht drakonische Strafen folgen.
Autoritär heißt, dass grundsätzlich oberster Gehorsam erwartet wird, ohne irgendwelche Diskussionen.

Wie ein Kind auf solche Erziehungsstile reagiert ist, meine ich, individuell. Bei manchen Kinder bewirken sie die absolute kommentarlose Unterordnung (und eben mangelnde Durchstzungsfähigkeit eigener Interessen, egal bei wem) und bei anderen wird erst Recht eine Auflehnungshaltung produziert und selbstverständlich alle Nuancen dazwischen. Andersrum ein Kind welches komplett laisser-faire erzogen wird, hat auch kein spezielle geschultes Durchsetzungsvermögen, weil es ja sowieso alles erreicht was es will (bei den Eltern).

An Erziehung partizipieren eben nun mal 2 Seiten (KIND und Eltern) und wenn Eltern meinen einem starren Stil dogmatisch folgen zu müssen, ohne auf das Kind zu achten - nun ja das halte ich auch für einen Erziehungsfehler ;-)

Und wo liegt der Fehler bei uns?

Die Kinder sind durchsetzungsfähig, können von langer Hand geplante Strategien umsetzen zu ihrer Zielerreichung und sind sehr kreativ in ihren Strategien. Die ziehen so manche Lehrer übern Tisch, ohne aufmüpfig zu erscheinen ;-), aber ich weiß woher der Wind weht. Andersrum können sie sich sehr wohl auch unterordnen, können aber auch die Grenze ziehen, wo es definitiv nicht geht. Wir sind eher nicht so streng (es gibt bei uns wenig Regeln und vieles wird diskutiert für eine Entscheidung) und wir fördern die Selbständigkeit und die Selbstverantwortung der Kinder. Die müssen mit den "natürlichen" Konsequenzen ihres Handelns eben leben.

So wie ich das von Deiner Freundin lese, dass sie streng die Kinder erzieht (also denen jeden Pups vorgibt und Abweichungen nicht duldet) hat sie auch ziemliche Ansprüche an die Kinder: die sollen bitte schön durchsetzungsfähig sein, aber es kommt nicht die Sicht der Kinder in dieser ganzen Geschichte vor. "Beklagen" sich die Kinder, dass sie es nicht schaffen sich durchzusetzen oder leben sie ganz komfortabel damit?

Wenn die Kinder glücklich damit leben, soll die Frau ihren Frieden haben!

LG, I.

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Danke dir, finde sehr interessant, was du schreibst.

Ich erlebe meine Freundin nicht als autoritär, und ehrlich gesagt finde ich sie auch nicht auffallend streng, sondern "normal". Aber ich erlebe sie mit ihren Kindern immer nur bei unseren Treffen, also immer im selben Kontext, da lässt sich das schwer erfassen.

Die Kinder beklagen sich meines Wissens nicht (wichtigster Punkt, da hast du absolut recht).

Ich glaube, die beiden erleben einfach die ganz normalen Sozialisierungsprozesse unter Gleichaltrigen - mit allen Auf und Abs. Momentan sind sie beide wohl eher in einer "schwächeren" Position in ihrem Freundeskreis und zeitgleich wird meine Freundin offenbar von zwei Vätern aus ihrem Bekanntenkreis wegen ihrer angeblich übertriebenen Strenge ständig aufgezogen - das scheint sie gehörig verunsichert zu haben und sie stellt halt diese Verbindung her.

Ich denke, dahinter stecken natürlich Schuldgefühle (quasi den Kindern geschadet zu haben,so sieht sie das momentan wirklich) und andererseits projiziert sie sicherlich ihre eigenen Erfahrungen auf die Situation.

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Hallo!

>> Ich glaube, die beiden erleben einfach die ganz normalen Sozialisierungsprozesse unter Gleichaltrigen - mit allen Auf und Abs. Momentan sind sie beide wohl eher in einer "schwächeren" Position in ihrem Freundeskreis <<<

Hatten wir auch. Mal waren die Kinder (dann aber immer zu unterschiedlichen Zeiten) in einer dominanten Rolle, dann wieder in einer Außenseiter-Rolle, dann auch wieder gut gebettet im Freundeskreis.
Es ist wichtig in solchen Phasen mit den Kinder darüber zu reden und sie zu begleiten an die Position die sie für sich sehen. Manchmal muss man von "Freundschaften" abraten, manchmal muss man schauen warum man "außerhalb" steht und vielleicht was ändern oder dazu stehen. Ich weiß nicht ob das was mit dem Erziehungsstil zu tun hat, das sind halt "normale" Sozialisierungsprozesse.
Und eine Mama hat nicht alle Freundschaften der Kinder "im Griff" - manchmal muss man manches akzeptieren und das Kind die eigenen Lehren ziehen lassen, auch wenn es weh tut. Man kann halt aber Freundschaften auch "begünstigen" oder "behindern" - in ganz jungen Jahren, aber diktieren kann man die nicht.

>> und zeitgleich wird meine Freundin offenbar von zwei Vätern aus ihrem Bekanntenkreis wegen ihrer angeblich übertriebenen Strenge ständig aufgezogen - das scheint sie gehörig verunsichert zu haben und sie stellt halt diese Verbindung her. <<<<

Ach, da würde ich nicht so viel drauf geben. Meine Erfahrung ist, dass VÄTER da eher weicher sind, weil sie mit den Konsequenzen ihrer Erziehung nicht wirklich langfristig leben müssen. Ein unüberlegtes "NEIN" dauerhaft durchsetzen zu müssen oder ein unüberlegtes "JA" als Präzedenzfall - ist nicht so tragisch, weil spätestens nach 2 Stunden ist für die der Käs' gegessen.
Nur bei VÄTER, die tatsächlich die Haupterzieher sind - da sieht es plötzlich wie bei den verbiesterten, uncoolen, spießigen, strengen Dompteurs-Mamas aus ;-)

LG, I.

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Hi,
ich gehöre zu den eher strengen Eltern. Ich habe insgesamt 3 Kinder - zwei sind sehr durchsetzungsstark und die große ist eher schüchtern.

Persönlich würde ich sagen, dass es mit der Persönlichkeit des Kindes zu tun hat.

LG,
Lina

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Danke! Das denke ich mir im Grund auch.

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Nein, ich bin auch streng so zu sagen, meine tochter hört. ., bei anderen kindern setzt sie sich durch, a u ch bei erwachsen, aber sie kann sich auch anpassen an anderen. Es hat wohl er mit der persoenlichkeit zu tun.

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Danke dir!

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Hallo,

wir erziehen unsere Kinder relativ streng. Bekomme auch überall zu hören, was für artige und wohlerzogene Kinder ich habe. Meine Große und der Jüngste sind sehr selbstbewußt und können sehr gut ihre Meinung vertreten. Die Mittlere ist eher zurückhaltend und ordnet sich eher mal unter (vielleicht typisch Sandwichkind). Jedenfalls sind alle gleich erzogen. Ich lasse sogar eher der Mittleren einiges durch, da ich mich innerlich freue, wenn sie sich durchsetzen will.
Mein Mann ist eher streng erzogen (Akademiker, selbstständig mit 10 Angestellten). Ich bin eher nachlässig erzogen (Akademiker, aber nicht mehr im Beruf tätig). Ich war immer eher ein zurückhaltender, schüchterner Mensch. Mein Mann ist schon immer ein Mensch, der sagt, wo es lang geht.

Ich denke es ist eher Charaktersache. Ich persönlich empfinde heutzutage viele Kinder, die alles selber entscheiden und überall mitreden als Zumutung. Wenn ich mir manchmal unsere Azubis anschaue, da wird einem Angst und Bange. Sie sind ja so erzogen, dass alles nach ihrem Willen geht, sich dann unterzuordnen, dem Chef, den langjährigen Mitarbeitern geht oft gar nicht bzw. ist ein sehr langer Lernprozess.

LG

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Danke dir!

Ich kenne einige 3 Kind-Familien, in denen das Mittlere das Wildeste und Lauteste ist - dachte immer, das gehört so. ;-) ;-)