Definition: "Willensstarkes Kind"

Hallo,

kann mir bitte dies einer mal fachlich erläutern.

Seit sechs Jahren lese ich hier immer wieder davon und kann damit weiterhin wenig bis gar nichts anfangen.

Ich erlebe immer wieder Kinder, die wenig bis gar nicht Kompromiss bereit sind und ihre dazugehörigen Eltern. Ich würde die Eltern eher als willensschwach und nicht die Kinder als willensstark bezeichnen.

LG Reina

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Def.: "Ein hohes Maß an Willenskraft aufweisend."

Dieses "Un-"Wort wird gerne als sprachliche Schönfärbung nicht sozial gefälligem, da nicht mit sozial als angemessen empfundenen Verhaltensweisen übereinstimmenden kindlichen Verhalten verwendet. Entspringt entweder charakterlicher Veranlagung (Autonomiestreben), bestimmten Entwicklungsstadien (Trotzalter) oder mangelnder/ kontraproduktiver Erziehung (dies wird meist von den Erziehungsberechtigten verneint).

Willensstärke wird häufig dann als positive Eigenschaft empfunden, wenn es dem Kind und somit dem Status der Eltern Vorteile bringt, wird hingegen als negativ ausgelegt im Falle, dass es sich den Wünschen und Erwartungen der Erziehungsberechtigten widersetzt.

Scherz beiseite: jeder Mensch hat einen Willen und jeder entwickelt seine Strategie, diesen durchzusetzen. Das kann sehr individuell sein. Es gibt Menschen, die eben von klein auf heftiger kämpfen, andere versuchen es stiller. Einen sozialen Lernprozess machen wir alle durch.

Charakter und Verhalten sind bummelig 50/50 genetisch vs. erlernt. Manches mag durch Erziehung verstärkt oder besser kanalisiert werden, manches ist einfach, wie es ist.

Wenn man mehrere Kinder hat, dann merkt man schnell, dass nur ein Bruchteil von dem, was man der Erziehung zuschreibt, tatsächlich das Verhalten des Kindes bestimmt. Wir sollten verstehen, dass Kinder einfach neu auf dieser Welt sind und soziale Zusammenhänge erst lernen müssen. Geduld ist der Schlüssel.

Und ich warne davor, über die Erziehung anderer Menschen zu urteilen. Wir sehen immer gern den Splitter im Auge des anderen und übersehen den Balken in unserem eigenen.....

LG

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Ich finde diese Definition sehr treffend.
Ich kenne auch sehr "willensstarke" Kinder und verstehe darunter auch die, die stärker und lauter dafür kämpfen, ihren Willen zu bekommen. Oftmals hat man sicherlich auch den Eindruck, die Eltern würden das fördern, aber ich kenne Eltern mit mehreren Kindern, wo ein Kind so (dagegen/trotzig/wütend/...) ist, die anderen Kinder aber sehr kompromissbereit und umgänglich.

Nur: wie sollen die Eltern mit diesen charakterlichen Unterschieden umgehen? Hart bleiben und sich durchsetzen? Das ist für das Kind ja dann ein Beispiel, es selbst auch so zu tun. Nachgeben und dem Kind seinen Willen lassen? Dann lernt das Kind vielleicht, es auszunutzen. Und das andere kompromissbereite Kind, dass seine eigenen Bedürfnisse zu Gunsten anderer immer altruistisch zurückstellt, muss ja auch entsprechend berücksichtigt werden. Ich finde das schwierig.

Mein Sohn ist zum Glück überhaupt nicht trotzig oder willensstark, sondern sehr kompromissbereit. Er hat schnell gelernt, dass er mit Verhandeln bei uns Eltern schneller zum Ziel kommt als mit "Theater". Meist einigen wir uns irgendwo in der Mitte.
(z. B. darf er länger aufbleiben, wenn er beim Zubettgehen nicht mehr so trödelt.) Ich schreibe das aber nicht unserer Erziehung, sondern seinem Charakter zu. Andere Kinder werden ähnlich erzogen und toben und wüten, wenn ihnen etwas nicht passt.

LG

Hanna

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Sehr treffend und leider viel zu oft praktiziert#schein:

<Und ich warne davor, über die Erziehung anderer Menschen zu urteilen. Wir sehen immer gern den Splitter im Auge des anderen und übersehen den Balken in unserem eigenen.....>

Obwohl ich ehrlicherweise sagen muß, daß ich ehr immer denke:
"Wow, bei denen funktioniert das alles, viel besser!"#schmoll

und noch nie gedacht habe, daß andere Kids schlecht erzogen, oder ähnliches sind.

Aber der Hauptteil der anderen Kiga-Mütter sieht das wohl ehr, wie Du beschrieben hast#hicks!

LG,agrokate!

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Wenn Du beretis seit 6 Jahren im Dunkel tapst, ohne trotz Deines Wissendurstes diesbezüglich eine Lösung gefunden zu haben, hege ich nicht viel Hoffnung ...

zur Not könnte "google" Dein Freund werden

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Hallo,

die Eltern sind in meinen Augen auch willensschwach, die Kinder dadurch aber einfach verwirrt und am Ende verzogen.
Mein Kind ist sehr willensstark, wir Eltern aber auch. Somit muß das Kind Kompromisse eingehen, wo wären wir jetzt, hätten wir alles durchgehen lassen, ihr immer ihren Willen gelassen? Und nein, das hat nichts mit Macht demonstieren der Eltern zu tun, sondern damit, daß ein Kind lernen muß, daß es NICHT alles haben kann und auch im späteren Leben NICHT alles nach dessen Willen läuft.

LG

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Hallo,

ich danke dir. Genau so sehe ich es auch, z. T. hilflos herum rudernde Kleinmenschen die einen Steuermann suchen und hoffen den in ihrem Großmenschen zu finden, der sich dann aber als Matrose entpuppt.

Auch bei uns leben in der primär Familie zwei willensstarke Großmenschen und ein ebenso willensstarker Kleinmensch und wenn wir alle nur unseren Willen durchsetzen würden, wären wir nicht Gesellschaftsfähig.

LG

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Hi,

ja, Konfliktscheue ist leider ein Attribut unserer Zeit, da hast du recht, wobei das bei der Informationsflut heute auch nicht verwunderlich ist.

Trotzdem: ich bin sehr dominant und habe ein kompromissbereites und ein bockiges Kind. Beide werden fast gleich erzogen (eben in Anbetracht ihrer Charaktere), sicherlich jedoch nicht führerlos. Mit meiner Dominanz und Unerbittlichkeit komme ich bei einem der beiden jedoch so gar nicht weit, die kann das nämlich auch :-) Deswegen entscheide ich generell, ob es mir das gerade wert ist, in den Krieg zu ziehen - oder nicht.

Wann, wie und ob es mir wichtig ist, entscheide dabei ich für mich, nicht für Außenstehende. So kann es einigen schon erscheinen, dass ich lasch bin (weil mein Kind in meinem Bett schläft, erst spät ins Bett geht, ein zweites Eis bekommt...). Dafür bin ich anderen Dingen unerbittlich (Selbstständigkeit, soziale Verträglichkeit etc.). Wer nur eine Situation kennt, sollte lieber nicht urteilen.

Der eigene Wille ist jedoch heute ein ganz wichtiger Faktor für die spätere Salutogenese/ Resilienz des Kindes. Ein Mensch muss verstehen, dass er sich eben nicht immer unterordnen muss. Meinem angepassteren Kind z.B. muss ich mit Mühe beibringen, den eigenen Willen zu erkennen (nicht nur von den Meinungen anderer geleitet zu werden), meinem bockigen Kind hingegen ist das in die Wiege gelegt.

Im Kern geht es doch um soziale Verträglichkeit. Wenn ein fremdes Kind sich im häuslichen Rahmen wie eine Sau benimmt, kann mir das egal sein. Wenn es das (als fremdes Kind) bei mir tut, eben nicht. Meine Kinder können da unterscheiden, sie lassen sich nur und ausschließlich bei mir/uns aus (selten ggü. anderen, nur in existenziellen Fragen). So halte ich es für natürlich und gesund.

Aber ich beklage mich auch nicht über die Charaktere meiner Kinder, ich freue mich daran und lerne unglaublich viel - gerade von meinem bockigen Kind (ich war nämlich eher angepasst :-)).

LG

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Huhu,

Da ich voreingenommen bin würde ich meine Tochter gerne als willensstark bezeichnen. #verliebt

In Wahrheit ist sie aber ein kleines, stures, dickschädliges Betonköpfchen. #rofl

Das ist oft sehr anstrengend, teils aber auch beruhigend.

Im übrigen sind weder mein Mann noch ich willensschwach, von meinem Mann hat sie nämlich diese Sturheit, auch wenn er sie als Erwachseber zum Teil abgelegt hat und ich bin auch nicht so leicht zu beeindrucken.

Lg

Andrea

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Wenn "willensschwach" in deinem Sprachschatz vorkommt, dann ist das Gegenteil davon "willensstark" und Du kennst die Definition (weil Du ja eine Definition von "willensschwach" für dich gefunden haben musst.)

Im Allgemeinen wird "Wille" folgendermaßen definiert: http://de.wikipedia.org/wiki/Wille (siehe Begriffsfeld)

Jeder MENSCH hat einen Willen. Das bezieht sich auf Kinder und Erwachsene. Ich kenne tatsächlich Kinder, deren Willen stärker ausgeprägt ist und andere, denen vieles einfach "egal" ist. Sie setzen ihren Willen weniger stark durch, weil sie gar keinen haben. Ich meine das erstmal ganz wertfrei. Ich denke, dass Du nicht weißt, was "willensstark" ist, weil Du kein willensstarkes Kind hast. Denn wenn Du es hättest, wüsstest Du wovon die Rede ist. Kann das sein?

Und im Grunde sollte doch auch jeder ein willensstarkes Kind anstreben. Ohne Wille keine Ziele und keine Bereitschaft dafür zu kämpfen. Kinder, die diese Eigenschaften schon angeboren haben (Wie gesagt: Man merkt es, wenn es so ist), brauchen allerdings auch willensstarke Eltern. Aber selbstverständlich "rummst" es dann eher mal. Das ist ganz normal.

Winterhoff ("Wenn Kinder zu Tyrannen werden) vertritt genau deine Ansichten. Dort ist "Wille" irgendwie negativ belegt. Warum habe ich bis heute nicht verstanden.

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>> Ich kenne tatsächlich Kinder, deren Willen stärker ausgeprägt ist und andere, denen vieles einfach "egal" ist. Sie setzen ihren Willen weniger stark durch, weil sie gar keinen haben. <<

Hmmm, ganz so sehe ich das meiner Definition nach nicht. Für mich macht es einen Unterschied, mit welchen Methoden die Kinder ihren Willen "durchsetzen" möchten, also zum einen mit Trotz, Geschrei und Getobe, und zum anderen eben mit anderen Methoden.

Einen Willen hat ja jeder, wie Du selbst sagst. Aber mein Sohn ist z. B. in dem Sinne "willensstark", dass er auf große Wünsche eisern spart, oder dass er versucht, das zu bekommen, was er möchte, in dem er Angebote oder Zugeständnisse macht ("Darf ich heute noch eine Folge xyz sehen? Dafür gucke ich morgen kein TV.").

Im Allgemeinen ist hier aber bei "willensstarken" Kindern eher das

- Mama, ich will noch eine Folge xyz sehen.
- Nein, Du hast diese Woche schon so viel geguckt.
- <kreisch> <tob> <heul> (anstelle von "Dann gucke ich morgen nichts")

Will sagen: er weiss genau, was er will und es ist ihm auch nicht egal, wenn er etwas nicht bekommt. Er überlegt sich aber, wie er da trotzdem rankommt und versucht es dann anders.

Wenn ich meinem Sohn vor ca. 2 Jahren (da war er 5) einen guten Rat geben wollte, hat er sich auch fürchterlich aufgeregt und so 30-Sekunden-Anfälle bekommen. Heute sagt er meist: "Mama, ich kann so nicht arbeiten, das stört mich total. Lass mich in Ruhe!" ;-)

LG

Hanna

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Hallo,

"Ich erlebe immer wieder Kinder, die wenig bis gar nicht Kompromiss bereit sind und ihre dazugehörigen Eltern. Ich würde die Eltern eher als willensschwach und nicht die Kinder als willensstark bezeichnen."

Das sind dann aber eher unerzogene Kinder, denn willensstarke Kinder haben in der Regel mindestens ein willenstarkes Elternteil (falls das nicht eine Generation übersprungen hat). Denn Kinder mit einem starken Willen kommen damit schon auf die Welt.

Du hast offenbar kein willenstarkes Kind, sonst würdest Du nicht fragen. ;-)

Unsere Tochter (fast 7) konnte man schon als Baby nicht ablenken. Wenn sie an die Steckdose wollte, wollte sie an die Steckdose und nichts anderes, womit ihr Mama oder Papa vor der Nase herum gewedelt haben bei dem Versuch sie abzulenken, was ja laut Lehrbüchern und Urbia bei Babies immer so gut funktionieren soll.
Da half nur, mit dem Wutanfall zu leben, den sie bekam, weil sie nicht an die Steckdose durfte.
Der Kleine (4) war zwar als Baby pflegeleichter, hat aber ebenfalls einen ganz schönen Dickkopf. Er kann sein Ohren prima auf Durchzug stellen und auch richtig tolle Wutanfälle kriegen.

Uns hat bisher noch niemand vorgeworfen, dass wir uns nicht durchsetzen. Die Große benimmt sich, wenn sie nicht zu Hause ist, meistens sehr gut, und bei dem Kleinen kriegen wir zwar öfter zu hören, dass Leute größere Schwierigkeiten haben, sich bei ihm durchzusetzen, aber interessanterweise hat tatsächlich noch niemand gesagt, wir müßten bei ihm strenger sein. (Vermutlich, weil die auch mitbekommen, dass wir bei ihm durchgreifen.)

Meine Freundin hat übrigens eine ältere Tochter (8), die leicht lenkbar und kompromißbereit ist. Da reicht ein leichter Unterton von Kritik und schon tut oder läßt sie, was sie soll.
Dagegen ist der Kleine (5) sehr willensstark. Wenn der nicht will, will er nicht. Basta! Da kann man Konsequenzen ziehen, wie man will, und auch laut werden. Das ist ihm alles egal.
Da bin selbst ich mit meinem Latein am Ende, obwohl unsere Kinder, wie gesagt, auch schon nicht einfach sind. #schwitz
Also gleiche Eltern, gleiche Erziehung, aber ganz unterschiedlich willensstarke Kinder.

LG

Heike

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"Das sind dann aber eher unerzogene Kinder, denn willensstarke Kinder haben in der Regel mindestens ein willenstarkes Elternteil (falls das nicht eine Generation übersprungen hat). Denn Kinder mit einem starken Willen kommen damit schon auf die Welt.

Du hast offenbar kein willenstarkes Kind, sonst würdest Du nicht fragen"

was ist das für eine unsinnige argumentation?? wenn kinder schon mit starkem willen zur welt kommen woher dann die notwendigkeit eines ebenfalls willenstarken elternteils? den hats ja dann nicht gebraucht. widerspruch in sich.

v.

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Ein willensstarkes Kind kann sehr anstrengend sein.

Ein willensstarkes Kind, dass von seinen Eltern beigebracht bekommt, dass sein Wille einen Wert hat und gleichzeitig vorgelebt bekommt, dass Kompromisse oft eher zu einem für alle Beteiligten akzeptablen Ziel führen, ist ein Segen.

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Das hast du toll formuliert! Danke!

Katja

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naja, die "willenstarken" Kinder die ICH bis dato kennengelernt habe, haben keine oder nur eine schwache Erziehung genossen.

Die Eltern haben sich bis dato leicht gemacht, die Kids so zu beschreiben, weil alles andere peinlich geworden wäre.

Lisa

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"willenstarkes Kind" ist für mich synonym mit "überforderte Eltern"

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das ist eine sehr armselige Betrachtungsweise!

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warum? weil man sich mal selbst an die Nase fassen muss statt immer die Schuld bei den Kindern zu suchen? klar ist das armselig

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