woanders und zu Hause - das andere Kind

Hallo Zusammen,

Ich brauche mal ein paar Tipps von euch...

Es geht um meinem Sohn, er ist fast 7 (Dez.05 geboren) und seid drei Wochen ein Schulkind.
Wir haben noch eine 4,5 Jahre alte Tochter.

Mein Sohn ist das was man "ein cleveres Kerlchen" nennt ;-)
Er kann sich extrem gut ausdrücken, merkt sich einfach alles, wobei er nicht zwischen interessant und uninteressant unterscheidet und ist Gleichaltrigen oft überlegen.

Jetzt in der Schule (und Hortbetreuung) und auch vorher im KiGa, wird er hoch gelobt, ist freundlich, hilfsbereit, kompromissbereit, zankt nicht... Kurz und knapp, er fällt nur durch sein extremes Wissen und seine Wortgewandheit auf, sonst ist er völlig unauffällig.

Mit anderen Kindern kann er nicht viel anfangen, er spielt, hat den ein oder anderen Freund, lässt sich nicht beeinflussen von Kindern ("du bist nicht mehr mein Freund" - lässt ihn kalt und kommt in seinem Wortschatz nicht vor)

Wenn er mit anderen spielt, ist er eher "der Bestimmer", geht aber auch Kompromisse ein oder spielt einfach nicht mehr mit wenn er mit etwas nicht einverstanden ist.

An Regeln hält er sich penibel genau...

Soviel zu "draussen" - übrigens ist er so auch wenn wir (als Familie) unterwegs sind, beim Einkaufen etc.

ABER... wehe hier geht die Haustür zu...

Hier zu Hause ist dieses Kind seit ca. einem Jahr ein Teufel, klar ist es in den letzen Wochen schlimmer durch den Schulstart.
Hier zu Hause wird gezankt was das Zeug hält, er ärgert die Kleine richtig schlimm.
Regeln gibt es zu Hause für ihn nicht.
Wenn ihm etwas nicht passt, dann trampelt er die Treppe hoch, scheißt die Tür zu und heult.
Er ist zu keinem Kompromiss bereit, wenn es nicht nach ihm geht, dann ist er wütend.

Es ist überhaupt nicht so, dass das schon immer so war, er ließ sich immer gut lenken.

Und es ist auch nicht so, das wir hier zu Hause in einem totalitäten Elternsystem leben... wir besprechen alles (vielleicht zu viel?), gehen Kompromisse ein und versuchen den Kinder zu vermitteln das man immer weiter kommt wenn man aufeinander eingeht.

Kleines Beispiel von gestern:
Wir waren im Garten und die Kinder (auch noch Nacharskinder) spielten im Sand und mit der Wasserbahn.
Es war echt kein Wetter zum baden oder nassspritzen (18 Grad, Wind).
Also war die wasserbahn erlaubt, nassmachen oder plaschen jedoch nicht, auch weil wir schon den ersten dicken Schnupfen haben.
Mein Sohn begann zu spritzen, worauf ich deutlich sagte, dass er das sein lassen soll, nochmal kurze Erklärung warum.

Daraufhin wurde er richtig wütend, schmiss die Bahn um, schrie rum ich sei sooo gemein und er darf nix und rannte (trampeln und schreien) nach oben.
Ich habe gar nicht reagiert, wollte ihn ausbocken lassen.
Nach ein paar Minuten kam er wieder runter und motze mich an "wenn ich nicht planschen darf, mache ich die Wassserbahn auseinander."
Ich: "das wäre für mich ok, die muss sowieso gereinigt werden und dann in den Keller, leider kanns du dann nicht mehr damit spielen"
Er fing wieder an zu schreien, heulte wie verrückt: "ich darf nix, du verstehst mich nicht..." wieder zog er schreiend und trampeln ab
Irgendwann kam er runter als wenn nix gewesen wäre....
Als ich nochmal mit ihm sprechen wollte bekam ich wieder zu hören, dass ich ihn nicht verstehe und er nix darf.

Ich hab´in solchen Situationen wirklich nur ein großes Fragezeichen im Kopf...

Generell ist es so, das er sich zu Hause in vieles unheimlich hineinsteigert, viel heult und sich unverstanden fühlt.
Er fühlt sich wahnsinnig schnell ungerecht behandelt und denkt er kommt zu kurz...

Danke an alle die bis hier hin gelesen haben und sich mit mir austauschen möchten #danke

Viele Grüsse.
Steinchen

1

Naja, also bei deinem kleinen Beispiel würde ich mich an seiner Stelle auch unverstanden fühlen. Vielleicht hat sich das so aufgebaut.

Wenn er wütend ist und runterkommt und dich provozieren möchte mit: "Dann bau ich die Bahn auseinander!"

Und von dir kommt: "Ist okay, wollte ich eh bald machen.", dann hast du ihn nicht verstanden. Und er kann es sehr gut einordnen, was sein Problem ist. Vielleicht solltest du ihm besser zuhören ;-)

Er wollte dir sagen, in seiner zugegeben "höheren" Wortwahl: Wenn ich das nicht darf, mache ich es kaputt!" Das ist bei dir anders angekommen (missverständlich) und du bist auch noch drauf eingegangen und hast ihn entwaffnet!

Und genau das ist es. Wenn du so "verständnisvoll" auf seine Aussage und gar nicht auf seine Wut reagierst, wird er dir IMMER unterliegen (im verbalen Machtkampf). Vielleicht macht ihn das fertig!

3

Lieben Dank für deine Antwort.

Mir ist sehr wohl klar, das er mir damit sagen wollte "ich mache die Bahn kaputt".
Und ja, mit meiner Antwort wolle ich "entwaffenen" um somit etwas deeskalierend zu wirken.

Ich hab´keine Idee was ich auf "dann mache ich die Bahn kaputt" antworten sollte #kratz

Ich meine, es ist seine Wasserban und wenn sie kaputt ist, dann kann er nichtmehr damit spielen - dass weiß er doch genausogut wie ich.
Wenn ich gesagt hätte "das lässt du schön bleiben" und ihn gezwungen hätte im Haus zu bleiben, wäre er mir auch unterlegen gewesen.

Ich hätte so oder so die Macht ihn davon abzuhalten - die will ich aber eigendlich gar nicht haben.

6

Jaaa, das ist aus der Erwachsenenlogik her schon genau so, wie du es sagst.

Aber die Kinderlogik ist eine andere....

Die Reaktion: Das lässt du bleiben! würde für ihn erkennen lassen, du hast ihn verstanden.

Auch wenn das Ergebnis das gleiche ist ;-)

2

Hallo Steinchen,

die Antwort meiner Vorschreiberin finde ich gut und nachvollziehbar #pro

Wenn meine Tochter manchmal auf dem "Keiner-Versteht-Mich-Trip" ist, dann gehe ich oft zu ihr und sage: Dann hilf mir, Dich zu verstehen!

Meist ergibt sich so ein Gespräch, klar muss ich ihr einiges aus der Nase ziehen, aber nur weil sie oft nicht ausdrücken kann, was genau in ihr vorgeht.

Und nach einigen Gesprächen habe ich sogar eingelenkt - denn ich habe dann auch verstanden, warum sie so war wie sie war #aha

Sie ist mir sehr dankbar dafür, dass ich es wenigstens versuche, in ihr kleines Köpfchen zu schauen und dort mal "aufzuräumen". Denn auch für sie ist es manchmal nicht einfach, ihre Gefühle einzusortieren #schwitz

Natürlich, ab und an kommt von mir auch ein: Es wird so gemacht, weil ich es sage - und da wird nicht diskutiert!!! (Das sind dann aber meistens Situationen, die gefährlich sind fürs Kind oder andere oder aber Dinge kaputt gehen können).

Lass ihn vlt. mal nicht allein in seiner Not - hilf ihm, sich selbst zu verstehen und versuche, ihn zu verstehen.

Gruß

Karen

4

Lieben Dank !

Wir reden echt viel miteinander, darüber bin ich auch total froh.

Im Moment eskaliert es hier glaube ich etwas, weil ja seit der Einschulung alles neu ist, Schule, Hort, Kinder - einfach alles.

Wenn ich ihn in solchen Situationen in den Arm und frage worüber er sich eigendlich so ärgert und ob mir erzählen möchte was ihn so wütend macht, dann erzählt er mir dann zwar worüber er sich ärgert (Bsp. Schwester ist durch sein Spiel gelaufen) und ich sage ihm das ich ihn verstehe und das regeln werde aber er hört dann einfach nicht auf und hat eine seltsame Einstellung zu Gerechtigkeit.
Er fängt immer wieder an "ja aber... " dann versuche ich ihm zu erklären, das wir es doch besprochen haben und ich mich immer an das halte was ich ihm sage.
Leider findet er oft kein Ende...

Aber du hast Recht, ich muss versuchen zu verstehen was in seinem kleinen Kopf solche Wut auslöst.

Danke dir !
Steinchen

5

Dein Kind scheint mir sehr - ich will es mal ketzerisch - "domestiziert" nennen.

Meine beiden funktonieren im außenverhältnis ähnlich. Viele finden sie kompatibel und im klassischen Sinne "gut erzogen".

Zu Hause mutieren sie (und dies nicht nur hin und wieder, sonder oftmals) zu Vollhonks und pubertierenden Zellhaufen.

Ich hatte neulich mal ein interessantes Gespräch mit dem Lehrer einer Praktikantin in meiner Firma. Dieser arme Mensch hatte 4 Kinder zu Hause. Im Gespräch darüber, warum sich Kinder woanders 1a benehmen und zu Hause die Sau raus lassen würden, war seine Erklärung folgende:

Die Kinder fühlen sich zu Hause sicher. Würden sie dies nicht tun, wären sie nicht bereit sich so gehen zu lassen. Es ist zwar anstrengend, allerdings auch eine Art Vertrauensbeweis an die Eltern, weil die Kinder wissen, daß wir sie trotz allem lieben und für sie da sind.

Ich denke, Dein Sohn hat ein normales Maß an Agression in sich. Kinder (und vor allem Jungs) sind hin und wieder diesen Gefühlen selbst hilflos ausgeliefert. Ich halte die von Dir geschilderte Art damit umzugehen für nicht verkehrt und würde versuchen mich durch die Phase durchzutanken, ohne mir mehr Gedanken als nötig zu machen.

Wer behauptet Kinder zu haben und diesen einen Weg aufzuzeigen sei einfach, der solle sofort vom Blitz erschlagen werden.

Mein Sohn ist wird im Nov. 7 und ich kenne Deine Problematik.....

GzG
Irmi

7

Hallo Irmi,

Ich danke dir sehr für deine Anwort !

Ich habe das mit der Sicherheit zu Hause und so weiter schon oft gehört und halte mich auch daran fest.

Vielen Dank und ein schönes Wochenende !
Steinchen

8

Hallo,

dein Sohn ist recht normal. Man kann ja nicht immer nur "brav" sein.

Wegen dem Wasser: Er muss selbst die Erfahrung machen, dass es eine schlechte Idee ist, bei den Außentemperaturen draußen noch zu planschen. Sonst versteht er dich nie.

Lass ihn machen. Davon bekommt er keinen Schnupfen.

Wenn er nass ist und friert, gibst du ihm ein Handtuch und trockene Sachen... Nur nett wäre ich nicht. Ich würde wahrscheinlich sowas sagen wie: "Ich habs dir ja gleich gesagt". Naja, einen warmen Tee würde ich schon noch anbieten. ;-)

LG

9

Liebe Marion,

Dein Satz das mein Sohn "recht normal" ist, tut mir gerade total gut #liebdrueck

Es ist echt sch... wenn zu Hause immer das "Monster" rauskommt und "draussen" kann er kein Wässerchen trüben.

Auch du hast recht... ich hätte ihn machen lassen sollen, vielleicht enge ich ihn zu sehr ein.
Die Situation mit der Wasserbahn ist auf einiges anderes übertragbar.

Es ist gut, das ich hier sitze und grübel und darüber nachdenke was ich anders machen kann.

Lieben Dank für deine Meinung.

Steinchen

11

Ich bin in solchen Sachen auch nicht so streng. Unser Sohn hat sich meiner Meinung nach die letzten Tage viel zu dünn an, er hat auch Schnupfen, aber er wird schon merken, wenn er friert.

Kindheit hat man nur 1x... über viele Dinge sollte man als Erwachsener lockerer drübergehen ;-)

LG

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10

Hallo,

ich kann dich gut verstehen. Unser Sohn wird im Dez. 4 und ist woanders (im Kiga, bei Oma und Opa, bei Freunden, im *****-Hotel #schwitz...) das, im klassischen Sinne, "wohlerzogene Kind". Er ist höflich, rücksichtsvoll und freundlich.

Zu Hause ist er oftmals das krasse Gegenteil: Ein wütender, bockender, lauter und wirklich nicht rücksichtsvoller kleiner Junge #zitter#zitter#zitter.

Ich denke, es liegt wirklich an der Sicherheit zu Hause, dass man woanders nicht ausflippt. Mein Sohn ist ebenfalls recht clever und sehr wissbegierig und aufmerksam.

LG

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Dir auch lieben Dank für deine Antwort !

Es tut mir echt gut, von euch zu lesen, das ihr das kennt.

Es gibt so Punkte, da ist man dann so verunsichert und denkt nur noch "scheiße, wa mach ich denn jetzt" und meistens wird es nach diesem Punkt wieder besser ;-)

Liebe Grüsse und ein tolles Wochenende.
Steinchen

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Hallo,

mein Sohn ist "draußen" und zu Hause genau wie dein Sohn, außer, dass sich mein Sohn immer freut, mit anderen Kindern zu spielen (da wir sehr einsam wohnen, und es keine gleichaltrigen Kinder in der Nachbarschaft gibt).

Mit dem "laut stampfend und heulend nach oben gehen" PLUS nach dem Weinen oft eine Stunde schlafen, habe ich mich schon längst abgefunden. So ist er halt - unheimlich emotional.

Ist mir aber lieber als Kinder, die so gar keine Emotionen zeigen (oder gar empfinden #zitter) können.

Ich persönlich bin stolz auf meinen Sohn (wegen seines Benehmens in der Öffentlichkeit, seinen Wissens und seiner Wortgewandtheit) und das solltest du auch sein :-) - dass mein Sohn sich zu Hause manchmal aufführt wie das letzte Baby, stört vielleicht meinen Mann und mich, belästigt aber keine Außenstehenden.

LG,
J.

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Hallo,

beim lesen habe ich gedacht wir sind das.

Meine Kinder sind auch 7 und 4,5 . Mit meinem Sohn (der auch genau zu deiner Beschreibung deines Sohnes paßt) erlebe ich genau die gleichen Situationen.

Ich fühle mich manchmal mit seinen Reaktionen überfordert.
Schlimm finde ich wenn er sagt: " Du verstehst mich nicht" "Immer mache ich alles falsch"

Ich habe manchmal das Gefühl, daß ich ihn vielleicht zu sehr "bestimme". Hast du das auch ?

Seine Schwester hat z.B. einen anderen Charakter. Bei ihr denke ich, ja so ist sie halt, wenn sie nicht will will sie nicht. Aber ihn versuche ich irgendwie umzulenken.

Irgendwie sehr verwirrender Text . Ich war so fasziniert deinen Text zu lesen, daß ich noch ganz durcheinander bin, weil es bei mir genauso ist.

Liebe Grüße
Rosi

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ich nenne dies Phase auch gerne Vorschulpupertät . Es ist manchmal anstrengend aber völlig normal , meine Kinder haben auch öfter mal solche Anfälle .

Meist hat das rein gar nichts mit mir oder einer bestimmten Situation ( die sie aber in dem Moment vorgeben ) zu tuen der Auslöser ist wie sich im Nachhinein meist eher zufällig rausstellt ein völlig anderer ( irgend eine Kleinigkeit in der Schule , Zoff mit der Freundin usw. ) . Mittlerweile bin ich es schon gewohnt das Frustventil zu sein wie eine meiner Vorschreiberinnen schon schrieb eigentlich ist es ein Vertrauensbeweis und auch gut das solche Dinge mal rausgelassen werden .

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Mir fallen zwei Aspekte auf:
Zum einen ist es völlig normal, das Kinder im sicheren Zuhause wesentlich direkter und unkontrollierter ihren Frust ablassen. Das finde ich ok - wo auch sonst?

Zum anderen schreibst Du, das Dein Sohn ein cleveres Kerlchen sei und andererseits überlässt Du ihm nicht mal die Entscheidung 'Nassmachen oder nicht'. Und mit 7 kann er die durchaus treffen. Meine Söhne sind 7 und 8 Jahre alt und ich hänge mich wenig 'rein, wie sie sich anziehen. Naja, ich verkünde morgens den Wetterbericht und gebe höchstens Empfehlungen ab. Und das führt keineswegs dazu, das sie im Schneegestöber mit Sandalen 'rausgehen.

Wenn ich möchte, das sie sich 'vernünftig' benehmen, muss ich auch anerkennen, das sie vernünftige Entscheidungen treffen können. Ok, eine Tüte Gummibärchen statt Frühstück würde ich auch nicht akzeptieren, aber ob und bei welchen Temperaturen sie sich nassmachen wollen, das können sie durchaus entscheiden. Und nasse Klamotten plus Kälte führen keineswegs automatisch zur Krankheit.

Ich habe festgestellt, das diese bockigen Kleinkindphasen sehr schnell aufhören, wenn man sie 'grösser' sein lässt. Schliesslich werden sie das ja auch.

Grüsse
BiDi

Grüsse
BiDi