Ab wann gibt man sein Kind auf????

Hallo,

ich beschreibe hier eine Situation, die sich in meinem näheren Umfeld abspielt. Gestern entbrannte in unserer Clique eine heftige Diskussion und wir sehen uns gezwungen, Hilfestellung zu leisten. Wissen aber absolut nicht wie.

Mann und Frau, geschieden. Die Kinder sind 7 und 11. Der jüngere Sohn lebt bei der Mutter, den älteren wollte sie nicht, er sei ihr zu "aufmüpfig".

Der Sohn war schon frühzeitig auffällig, brutal gegenüber Mitschülern, gegenüber seinem kleinen Bruder, respektlos gegen seine Mutter und seinen Vater. Die Erzeihung oblag größtenteils der Mutter, weil diese "nur" 400- Euro Kraft ist.
Das Umfeld und die Lebensumstände könnte man als gehoben bezeichnen.

Der Sohn fordert, fordert, fordert. Seien es technische Geräte, Fahrten wohin er möchte, er verweigert die Hausarbeit, spielt seine Eltern gegeneinander aus. Mein Bekannter (der Vater) ist mit den Nerven am Ende. Der Sohn beleidigt ihn aufs Übelste, eine Erziehungsberatungsstelle sieht keine Probleme, denn vor anderen / Fremden verhält sich der Junge lieb, folgsam, höflich. Er verweigert jede Regel, verzichtet daher sogar auf Teilnahme an Sportvereinen, weil "es ja dort Regeln gibt".

Gespräche mit Lehrern wurden auch geführt. Die Eltern untereinander sprechen nur das Nötigste und fahren auch nicht die selbe "Schiene". Bei der Mutter gibt es keine Struktur, keine Regeln. Aber dafür bekommt sie auch nicht so viel von ihr (z.B. sie verweigert den "Fahrdienst")

Die Respektlosigkeit führt soweit, dass der Junge bereits handgreiflich gegeüber seinem Vater geworden ist. Zudem drangsaliert er seinen Bruder teils massiv, er zerstört Gegenstände undd droht an, Gewalt gegen sich selbst zu richten.
Sätze zum Vater wie: "Verpiss Dich, Verf*** Vater, Du bist ein Arschloch" gehören zur Tagesordnung, sofern er seine Wünsche nicht erfüllt bekommt.

Sein Vater steht dem völlig hilflos gegenüber. Ihm ist noch nie die Hand ausgerutscht, er verliert sich seiner Aussage nach in Diskussionen. Konsequenzen sind schwer einzuhalten (du bleibst zuhause). Dann geht er eben zu seiner Mutter.

Die Schule ist dem Jungen egal. Die Androhung, ihn vom Gymnasium auf eine Gemeinschaftsschule zu nehmen, lässt ihn kalt. Die Noten sind durchgehend schlecht. Lernen verweigert er. "Gute Noten haben nur Streber".

Er hat letztens fallen lassen, dass er kurz davor ist, die Mutter zu bitten, ihn weiter zu betreuen, aber selbst sie sagt zu ihm direkt, er sei ihr zu anstrengend.

Mein Bekannter weiss sich keinen Rat mehr und scheint kurz davor zu sein, sein Kind aufzugeben.

Bis wann ist es gesund, seinem Kind den Rücken zu stärken, wenn keinerlei Akzeptanz von ihm zurückkommt?
Welche Stellen kann er noch anlaufen, denn wir machen uns um beide gleichermaßen Sorgen?

Danke fürs Lesen!

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Also, um mal eins vorweg zustellen, das Kind ist ein Kind und es ist ein Opfer und ein hilfebedürftiger Mensch! Kein Problem, das gelöst zu werden gehört.

Wenn ein Kind sich so verhält, dann fehlt ihm was, dann hat es einen großen Schmerz. Und dann braucht es Hilfe. Auch die Eltern brauchen Unterstützung von außen. Erstmal müssen alle wieder runterkommen. Dann kann man das Puzzle neu zusammensetzen.

Vermutlich hat das Kind die ersten Auffälligkeiten gezeigt, als sich die Eltern getrennt haben. Die Trennungsphase hat er bei seinen Eltern mit Sicherheit schon voll mitbekommen. Und dann musste er zum Vater, weil ihn seine Mama nicht wollte. Wie furchtbar muss das sein für die kleine Kinderseele?

Sein ganzes Verhalten schreit nach Aufmerksamkeit. Und es ist egal, wie die aussieht, auch negative Aufmerksamkeit im Sinne von Strafen, Angeschrien werden, etc. ist Aufmerksamkeit. In deiner Erzählung verhalten sich der Vater und die Mutter passiv, das heißt sie setzen ihm kaum Grenzen, bestehen nicht auf deren Einhaltung, sie REagieren statt agieren. Gerade ein Kind, dass so am straucheln ist braucht verlässliche Grenzen, verlässliche Eltern, es braucht klare Strukturen und Liebe Liebe Liebe.

Die Eltern müssen lernen, zusammen zu arbeiten. Daran geht kein Weg dran vorbei. SIE sind die Erwachsenen, und müssen sich auch so verhalten. Sie dürfen sich auch nicht gegenseitig ausspielen lassen. Ein Kind muss merken, dass bei beiden nix zu holen ist, wenn einer der beiden Nein gesagt hat.

Das Drohungen nicht funktionieren ist ja klar, wenn es nie Sanktionen gegeben hat. Dann kommt halt mal der Fernseher/die Playstation/der Laptop temporär unter Verschluss. Dann hätte man vielleicht auch mal Zeit für ein Gespräch?

Dazu verstehe ich nicht, wieso das Verhalten des Kindes immer noch mit Geschenken belohnt wird? Warum traut es sich, zu fordern zu fordern und zu fordern? warum sagt nicht mal einer "Ja ok aber nur wenn dann....." Zum Beispiel Zimmer aufräumen, Spülmaschine ausräumen, Laub harken, etc pp.

Auch dass er den kleinen Bruder drangsaliert ist doch klar. Der Kleine durfte bei der Mama bleiben, während der Große abgeschoben wurde. Da würde ich an seiner Stelle auch eifersüchtig auf den Kleinen sein und fände ihn blöd.

Das Kind tut mir sehr leid. Es ist wichtig, dass die Eltern jetzt Hilfe suchen (wenn die eine Beratungsstelle kein Problem erkennt, tut es vielleicht die nächste, die 10., die 20.,..?) Wie wäre es mit einem Familienpsychologen? Ein Gesprächstermin mit Eltern und Lehrern, mit dem Kind zusammen? Das Kind muss in seinem Schmerz und in seiner blinden Wut endlich mal ernst genommen werden. Es wurde in seiner Kindheit von seiner Mama getrennt und verstoßen, kein Wunder, dass es da durchdreht.

Das wichtigste ist jetzt: absolut verlässlichste Konsequenz und Grenzen, gepaart mit bedingungsloser Liebe, vor allem der Liebe der Mutter.

BEIDE Elternteile müssen, getrennt voneinander, aber doch zusammen, dem Kind klare, verlässliche Strukturen und Wärme bieten. Es muss wissen, dass es von beiden geliebt wird.

Das Kind ist nicht das Problem. Es hat das Problem.

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Sehr, sehr guter Beitrag !

Du sprichst hier sicher einigen aus der Seele.

Schade, daß nicht alle Mütter und Väter so viel Weitsicht zeigen.

LG

Borstie

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"Welche Stellen kann er noch anlaufen, denn wir machen uns um beide gleichermaßen Sorgen?"

Ist der Junge mal psychologisch untersucht worden? Weiters fällt mir spontan ein: Erziehungsberatungsstelle, Familienhilfe vom Jugendamt. Es scheint ja noch nicht wirklich was unternommen worden zu sein, um die Probleme in den Griff zu bekommen...

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Da fällt mir nur 1 Spruch zu ein..." Kinder sind so, wie sie gemacht wurden" ...es ist in diesem Fall wohl einfacher, sein Kind aufzugeben, statt für ihn zu kämpfen. Ich denke die ganze Situation hat sich dieser Junge nämlich nicht selber ausgesucht. Da sind die Elterrn schuld und sie sollten jetzt auch gucken das der Junge klar kommt statt zu jammern was wohl mit ihm los ist...gruss

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was für ein genialer Beitrag.

Genau... - ich hatte auch eine schwere Kindheit und bin nur Opfer der Umstände #klatsch!

#putz....

...und bei der nächsten Diskussionsmöglichkeit wird jemand wie Du dem oder der TE anraten, daß sie oder er für sich selbst verantwortlich und jeder seines Glückes Schmied ist... - jeder Wette..... #rofl

Respekt!

GzG
Irmi
(ich gehe davon aus, daß Du aus Erfahrung sprichst und so zwischen 2 bis 6 Kindern bereits die allerbeste Erziehung hast angedeihen lassen? Klugscheißmodus aus)

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Hallo!

..." Kinder sind so, wie sie gemacht wurden"

Ganz ehrlich, so kluge Sprüche kann nur jemand reißen, der noch nie wirklich Probleme mit einem Kind hatte!!!! Und was hilft er der TE????????

LG, calla

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Hallo!

Du hast ja geschrieben, dass sie schon eine Erziehungsberatungsstelle aufgesucht haben. Wie lange ist das her? Können sie dort nicht nochmal vorstellig werden? Die haben dort doch auch Psychologen, Sozialarbeiter usw.

Wir waren mit unserem Sohn auch bei einer Erziehungsberatungsstelle und sie sagten damals, dass wir jederzeit wieder kommen können, wenn wieder etwas ist. Ich denke, das sollte Euer Freund auch machen. Die werden sich mit dem Vater und dem Sohn unterhalten und dabei wird ja schon klar werden, dass der Sohn zu Hause anders "tickt" als bei Fremden, wo er sich gut benehmen kann. Vielleicht ist das dann ja ein Ansatz.
Vielleicht hilft auch ein Kinderpsychologe - aus Erfahrung weiß ich aber, dass diese immer eine monatelange Wartezeit haben!!!! Das hilft dann im Moment leider gar nicht!

Ich hoffe, andere urbia-Leser haben noch mehr und vielleicht bessere Ideen!

LG, calla

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<<<Der Sohn war schon frühzeitig auffällig, brutal gegenüber Mitschülern, gegenüber seinem kleinen Bruder, respektlos gegen seine Mutter und seinen Vater. <<<

Da scheint schon länger etwas im Argen zu liegen. Wahrscheinlich hat der Junge das ganze Theater zuhause vor der Trennung mitbekommen. Dann kam die Scheidung und die Kinder werden dabei gern vergessen. Vor allem leiden sie vorher (die angst, dass die eltern sich trennen könnten) und später, wenn sie praktisch unter den Eltern wie das Inventar aufgeteilt werden. Wie krass ist das denn? vielleicht fand schon vorher keine richtige Erziehung mit Grenzen und Regeln statt. Die Eltern haben sich auf die materiellen Dinge konzentriert, die sie dem Jungen geben konnten, statt sich emotional zu kümmern. Nun rächt sich diese Methode bitter.

Der Junge dürfte zutiefst verletzt sein. Wie man den Eltern sagen konnte, dass kein Handlungsbedarf bestehe, ist unglaublich. Der Junge verletzt andere körperlich und verbal und droht damit, sich selbst etwas anzutun. Viel lauter kann er nicht um Hilfe rufen. Er rebelliert gegen jeden und alle und verlangt Aufmerksamkeit, die man ihm offensichtlich nicht geben will oder kann - stattdessen bekommt er wieder alles Materielle, was er will. Vielleicht weil er es nie anders gelernt hat.

Die Eltern sollen schleunigst zum JA gehen damit nicht noch schlimmeres passiert. Dort wird man hoffentlich den Ernst der Lage erkennen. Es sind alle involviert. BEIDE Eltern, die sich jetzt nicht aus der Verantwortung stehlen können. Der Junge ist nicht kaputt und muss zur Reparatur damit er wieder einwandfrei funktioniert. und er ist definitiv zu klein, um ihn aufzugeben. Er ist nicht allein für sich verantwortlich.

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Hallo,

ich habe zwar keine Kinder, aber mir ist beim Lesen spontan etwas eingefallen. Aus deinem Beitrag lese ich heraus, dass sich der Junge hauptsächlich innerhalb der Familie so benimmt und nicht lernen will. Gegenüber andern wurde er noch nie handgreiflich und verbal ausfallend?

Wenn das so ist, ist es irgendwie ziemlich eindeutig.

Lg

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Oh, sorry, das mit den Mitschülern hab ich wohl überlesen ...

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Hallo,

naja, gegenüber Mitschülern zeigt er wohl auch Aggressionen.
Wie der Umgang mit Lehrern ist, kann ich nicht beurteilen. Aber was ich so mitbekomme, ist er sonst relativ freundlich und höflich. Bei seinen Eltern ist es extrem.

Gruß

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Wow, schlaues Kerlchen!

Es gibt beim Jugendamt eine Familienhilfe - dort nicht locker lassen! Hier ein Link dazu:
http://www.abc-recht.de/ratgeber/familie/tipps/erziehungsprobleme.php
Zur Not eine "versteckte Kamera" aufbauen, die den Alltag aufnimmt.
Caritas biete auch Hilfe an.

LG

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Hallo,

wenn ich das lese fallen mir sofort zwei Dinge ein. Der Junge braucht Konsequenz und klare Strukturen ohne wenn und aber in seiner Erziehung. Das Leben besteht nicht nur aus Rechten, die man sich einfach nehmen kann, sondern auch aus Pflichten.

Das nächste wäre, dass die Eltern miteinander und nicht gegeneinander arbeiten, auch wenn das manchmal unbequem und anstrengend ist.

Der Junge ist inzwischen 11 Jahre und das Kind hat sich nicht von alleine so entwickelt. Wenn es die Eltern nicht mehr ohne Hilfe schaffen, dann wäre ein Psychologe oder eine Erziehungsberatungsstelle z.B. bei Pro Familia, Caritas oder der Diakonie der nächste Schritt.

Übrigens kann ich hier ein gutes Buch von Michael Winterhoff empfehlen "Warum unsere Kinder Tyrannen werden". Ist ein lesenswertes Buch für alle die Kinder haben und mit Kindern arbeiten.

Also, hier ist schnelles Handeln der Eltern angesagt, ehe das Kind noch tiefer in den Brunnen fällt.

LG Sibylle

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Dein Bekannter sollte klären lassen wieso der Junge sich so verhält, ich kenne es und die Personen die sich genauso verhalten bei denen wurde ADS diagnostiziert, usw.