Wie bindend ist das Jugendamt? Vorsicht lang

Ich brauche mal einen Rat für meine Freundin.

Kurz zur Vorgeschichte: Ihr Ex-Freund hat sie mit ihrem gemeinsamen Kind vor die Tür gesetzt, als das Baby 10 Wochen alt war. Während der Schwangerschaft haben sie mehrmals Schluss gemacht, weil er das Kind nicht wollte und sie nicht geliebt hat. Nach anfänglichen Schwierigkeiten wurde dann der Umgang anwaltlich festgelegt mit 2 Tagen pro Woche für 1 Stunde und jeden 2. Samstag für eine Stunde. Klappte soweit ganz gut, jetzt möchte ihr Ex mehr Umgang. Meine Freundin ist hiervon generell nicht abgeneigt, findet aber, er solle erst seinen Alkoholkonsum unter Kontrolle bekommen. Er kam bereits mehrmals mit „Fahne“ zum Umgang. Aus ihrer Beziehung mit ihm weiß sie, wie viel er trinkt und eigentlich ist das schon Alkoholismus. Zurechnungsfähig ist er dann auch nicht mehr und sie hat halt einfach Angst um das Kind. Gemeinsame Freunde bestätigten ihr auch, dass er nach wie vor sehr viel trinkt und sie auch den Verdacht hegen, dass er Alkoholiker ist. Er streitet dies ab – wer würde das nicht.
Eine normale Kommunikation zwischen den beiden ist nicht möglich. Es läuft alles über sms und selbst da nur das Nötigste.

Heute kam es zum Termin beim Jugendamt um den weiteren Umgang zu regeln.

Das Problem hierbei ist, dass die Sachbearbeiterin von Anfang auf Seiten des KV war. Meine Freundin hatte im Vorfeld mit ihr telefoniert wegen der Terminabsprache und ihr ihre Bedenken geschildert. Schon da hat sich herauskristallisiert, dass sie sich für den KV einsetzen wird. Der KV hatte selber im Vorfeld auch schon telefonischen Kontakt mit der Sachbearbeiterin vom JA. Meine Freundin hat mir nun mitgeteilt, dass das ganze Gespräch überhaupt nicht neutral verlief. Sie selber kam gar nicht zu Wort und wurde jedesmal unterbrochen. Sowohl von ihrem Ex als auch von der Sachbearbeiterin. Diese hat ihr auch klipp und klar gesagt, dass ihr Ex damals besser nur sie vor die Tür gesetzt hätte und das Baby (wohl bemerkt 10 Wochen alt!) bei ihm hätte bleiben sollen. Sie solle auch keine Mutter-Kind-Kur machen, sondern eine reine Mutter-Kur und das Kind solle so lange beim Vater bleiben. Kurz gesagt, das Gespräch verlief sowas von daneben. Meine Freundin wurde als psychisch krank abgefertigt und ihre Bedenken wurden einfach ignoriert. Die Sachbearbeiterin hat ihrem Ex auch geraten, dass er unbedingt sofort das Sorgerecht und erweiterten Umgang für sich und Umgang für seine Eltern einklagen soll.

Der KV soll auch morgen mit zu IHREM Aufbaukurs gehen um sich um das Kind zu kümmern.

Ich weiß, dass ist eine sehr subjektive Wahrnehmung und ich bin verständlicherweise auf der Seite meiner Freundin, aber ich kenne die Vorgeschichte und ich weiß, wie ihr Ex mit ihr umgesprungen ist und wie manipulativ er sein kann.

Es ist so, dass der KV sehr gut reden kann und wenn man ihn nicht kennt, kann er einem alles verkaufen. Der verkauft einem Eskimo nen Kühlschrank.

Nun zu meiner Frage.

Inwieweit sind die „Anweisungen“ des Jugendamtes bindend? Muss sie ihn morgen mit zu ihrem Aufbaukurs nehmen? Muss sie ihn mit dem Kind zur Physio gehen lassen?

Das Jugendamt hat ja nun nach ihrer Auffassung gar nicht für das Wohl des Kindes entschieden. Muss sie sich da fügen, wenn sie nach wie vor Bedenken hat, dass das Kind bei seinem Vater nicht gut aufgehoben ist? Kann sei einen anderen Sachbearbeiter verlangen? Eine Nachfrage beim JA hat wohl ergeben, dass diese Dame die einzige sei, die für Umgangsregelungen zuständig wäre.
Die Dame hat schon verlauten lassen, dass es vor Gericht für sie schlecht aussehen würde – falls der KV klagt – da sie definitiv eine Empfehlung für den KV aussprechen wird.

Ach ja, das Kind wird jetzt 11 Monate.

Danke für eure Tips. Wie gesagt, nicht mit Steinen werfen, ich weiß, dass das alles sehr subjektiv rüber kommt. Aber ich denke auch, Alkoholismus sollte man nicht als Bagatelle abwerten. Und bitte auch keine Kommentare wie „Warum bekommt sie dann mit ihm ein Kind?“ Das Thema habe ich mit ihr lang und breit durchgekaut. Mir geht es jetzt einzig und allein darum, zu erfahren, ob sie sich dem JA beugen muss oder ob sie Möglichkeiten hat, sich dagegen zu wehren. Ihre Anwältin wird sie wohl noch informieren.

Danke und LG
acka

1

Das Jugendamt kann ihr gar nichts vorschreiben, aber es erweist sich als Unklug sich komplett gegen das JA zu stellen, wenn es zu einer Gerichtsverhandlung kommt.

Ich würde an ihrer Stelle aber schleunigst einen Anwalt aufsuchen. Warst Du beim Gespräch mit dem JA dabei?

Letztenendes wird sie nachweisen müssen, daß er alkoholisiert zu Umgangsterminen kommt. Wenn das JA sie als psychisch krank bzw. labil darstellt, wird es doch auch eine Begründung vorweisen müssen.

2

Hallo,

nein, ich war nicht dabei, sie hat mich hierüber per sms informiert. Aber da ich ihren Ex kenne, kann ich mir das schon gut vorstellen, dass es so war. Es wäre natürlich für sie besser gewesen, wenn sie einen Zeugen für das Gespräch vorweisen könnte.

Komplett gegen das JA will sie sich sicherlich auch nicht stellen, allerdings fühlt sie sich gerade ziemlich machtlos und ich wollte halt einfach mal horchen, was sie für Möglichkeiten hat. Der Gang zum Anwalt wäre dann wohl der erste.

3

Huhu,

Anwalt such und beraten lassen und am Besten bei den Umgangstagen immer wieder verschiedene Zeugen dabei haben, die dann nachher ggf. bestätigen können, dass der KV mit Alkoholfahne diese wahrnimmt.
Dem Anwalt soll sie schildern, was die Beraterin für Aussagen getätigt hat und am Besten sollte sie auch nie wieder allein zu irgendwelchen JA-Gesprächen mitgehen, sondern alles immer mit Zeugen.

Lg

4

Mein Ex - Mann war / ist polytoxisch und ich habe es sogar schriftlich vom JA , das ich Umgang gewähren muß da " auch ein unter Drogeneinfluss stehender Vater , sehr liebevoll mit seinen Kindern umgehen kann". Orginalzitat. Das endete erst Jahre später in einer Katastrophe und da war der entsprechende Mitarbeiter nicht mehr für das JA tätig. Soviel dazu!

Die Rechtsprechung ist derzeit absolut Vaterfreundlich. Vermutlich wird der KV Deiner Freundin ohne nennenswerte Probleme das SR und ein erweitertes Umgangsrecht zugesprochen bekommen - solange nichts passiert ist, wie ein Unfall unter Alkoholeinfluss spricht dem nichts entgegen. Eine Fahne die Deinen Freundin beim Umgang gerochen haben will oder Zeugenaussagen haben keinen Einfluss auf diese Entscheidung.

Nun zu der Kur? Da wird es nämlich schwierig? War Deine Freundin wegen psychischer Probleme in dieser Mutter-Kind-Kur? Wäre in der Tat eine Mütterkur die bessere Alternative gewesen - unabhängig von der Kinderbetreuung? Ist sie weiterhin in Behandlung? Also ist es möglich, das Deine Freundin in der Gerichtsverhandlung wirklich ( und womöglich sogar beweisbar ) als psychisch krank dargestellt werden kann?

Kindeswohl!

Versteh mich nicht falsch, ich kann ziemlich gut nachvollziehen was bei Deiner Freundin gerade abgeht, aber sie hat gerade ganz schlechte Karten. Natürlich hat das JA nur eine Beratende Funktion, aber das Gutachten hat durchaus Gewicht vor Gericht.

Deine Freundin hat unbewiesene Anschuldigungen gegen ihren Ex vorgebracht, während er sich brillant verkauft hat.

Sie soll sich einen Anwalt nehmen und zwar einen guten. Und hoffen das der Ex nicht das AS anstrebt. Das kann, wenn er bei ihren Gesundheitsfragen einen Ansatz findet.

Ich habe schon viel durch, umgekehrter Fall, AS erhalten, aber nur mit Tricks. Gerne auch PN

Pina

6

da " auch ein unter Drogeneinfluss stehender Vater , sehr liebevoll mit seinen Kindern umgehen kann". Orginalzitat.

die haben nicht mehr alle Latten im Zaun.

Die Aussage gibt es auch in der Variante: "Auch ein Vater, der versucht die KM zu erwürgen, kann ein guter Vater sein". O-Zitat bei meiner Gerichtsverhandlung....

Gruß

Manavgat

8

Ich habe hier in meinen Unterlagen. Weil ich die Kinder auch nicht rausgeben wollte. Es ging um Koks - also Droge mit großen agressiospotential. Interessierte keinen, denn ich könnte den Konsum nicht beweisen .

Später fand Arztbriefe von der Alkoholentgiftung, wo er mit 2,8 Promille eingeliefert wurde. Das wurde wenigstens anerkannt, weil es bewies, das er gewohnheitsmäßig trank.

Aber momentan ist alles sehr sehr schwierig, ich hatte Glück und könnte meinen Ex austricksen, das er freiwillig aufs SR verzichtet hat und wir haben ihn seit Jahren nicht mehr gesehen

Pina

weiteren Kommentar laden
5

Mein Rat: Anwältin.

und

das Jugendamt hat überhaupt kein Recht irgendwelche Anweisungen zu geben. Ich würde keinen Termin dort wahrnehmen, keinen Mitarbeiter des Jugendamtes in meine Wohnung lassen und! ich würde den KV jedes Mal, wenn er mit Fahne erscheint, nicht reinlassen und auch das Kind nicht mitgeben.

Hierfür ist es zwingend erforderlich, dass bei der Übergabe/Nichtübergabe eine Zeugin zugegen ist (das sollten unterschiedliche Personen sein, damit es später nicht als Gefälligkeitsaussage gesehen wird).

Wenn der KV etwas will, dann kann er klagen. Die KM sollte eine psychologisches Gutachten über den KV, auch in Bezug auf den Alkoholismus, verlangen.

Dass Jugendamtsmitarbeiterinnen unqualifiziert und parteiisch sind, kommt öfter vor. Meine damalige Sachbearbeiterin war regelrecht verknallt in meinen Ex.....

Gruß

Manavgat

7

Hallo,

es gibt noch andere Beratungsstellen, die man wegen Umgang ansprechen kann:
Pro Familia, Kinderschutzbund, VAMV, Diakonie... - das ist von Ort zu Ort unterschiedlich, da solltest du dich für deine Freundin oder aber deine Freundin selbst mal informieren. Du kannst sie sicherlich zu Gesprächen begleiten.

Hinzu kommt - das schreibst du ja auch selber - dass du alles nur von deiner Freundin hörst und nicht dabei gewesen bist - es kann also durchaus sein, dass manches Teile des Gespräches anders widergegeben worden sind als es tatsächlich war (z.B. mit der Kur - vielleicht hat die JA-Beraterin ja nur vorgeschlagen, dass deine Freundin mal darüber nachdenken sollte, ob ihr eine Kur nur für sich ganz gut täte - das ist ja eine ganz andere Aussage, als "sie soll..."). Ich kann mir nicht vorstellen, dass alles so gesagt worden ist, wie oben beschrieben...

Das sie Bedenken hat, dass der Vater sich kümmert ist aufgrund ihrer Geschichte nachvollziehbar - dennoch heißt es nicht, dass er sich tatsächlich nicht kümmert, sondern es Wege geben kann, dass auch er eine Beziehung zum Kind aufbauen kann.
Was mir auffällt ist, dass es hier um die Beziehung zwischen den Eltern geht und nicht um die Beziehung, die der Vater eventuell zu seinem Kind aufbauen möchte.

"Beugen" muss sie sich nicht den Empfehlungen vom JA - letztendlich entscheidet ein Gericht (auch eine Anwältin kann da nicht unbedingt mehr zu sagen) - ich würde jedoch, wie oben bereits gesagt, mir noch Hilfe bei anderen Einrichtungen suchen - und dabei kannst du sie sicherlich unterstützen.

Alles Gute
kraxy

10

Hallo,

du hast schon gute Tipps für deine Freundin erhalten.
Ich kann mich dem nur anschließen:
Guten Rechtsanwalt suchen und alles durchboxen, was geht.
Vor Gericht ruhig bleiben und bloß nicht weinen.

Bei uns hat der KV das ABR beantragt und NICHT zugesprochen bekommen, da er keine Zeit hat, sich um die Kinder zu kümmern und die Richterin die Kinder nicht generell von den Großeltern väterlicherseits betreuen lassen möchte, wenn sie doch mich, ihre Mama haben.
Es gab bei uns eine Verfahrenspflegerin, eine RAin aus unserer kleinen Stadt hier, die sich in ihrer Stellungnahme gegen mich ausgesprochen hat. Ihre Schriftstück war einfach nur abgekupfert von der Begründung der RAin vom KV.

Ich dachte auch, das ABR wird mir nicht zu 100 % zugesprochen, aber doch, genau das habe ich bekommen!

Sag deiner Freundin: Kopf hoch! Und ab noch vorn!!!

fekoko

PS: Wenn sie sich jetzt gegen das JA stellt, kann ihr dies durchaus als Nachteil ausgelegt werden!

11

Hallo und vielen Dank für eure Antworten.

Wir haben gestern Abend nochmal telefoniert und sie hat mir das Gespräch aus ihrer Sicht wiedergegeben.
Es hatte schon den Anschein, dass die Beraterin „gekauft“ war, vermutlich von seiner Mutter. Sie meinte, wenn sie so darüber nachdenkt, sprechen viele Anhaltspunkte dafür.

Das Gespräch verlief alles andere als neutral und um den Umgang ging es überhaupt nicht. Die Dame vom JA wollte sogar in dem Gespräch die Beziehung der beiden auswerten. Ein Ergebnis gab es nicht, letztendlich wissen jetzt beide (meine Freundin und ihr Ex) nicht wirklich, wie es weitergeht. Sie hat ihm gesagt, der Umgang wie er bisher ist, kann so bleiben. Mehr gibt sie ihm nicht, so lange das Thema Alkohol nicht geklärt ist. Er meinte wohl zu ihr, so wie es jetzt ist, ist es ihm zu wenig, aber klagen will er nicht, weil er nicht möchte, dass das Kind zwischen den Eltern hin und her gerissen ist. Dann kommt er gar nicht mehr. Auf die Aussage würde ich mich jedoch nicht stützen und sie auch nicht.

Meine Freundin wird jetzt erstmal ein Beschwerdeschreiben ans Jugendamt schicken, da die Beraterin sich auch mehrmals im Termin vergewissert hat, dass meine Freundin sich nicht über sie beschwert, wenn sie jetzt mal ihre Meinung sagt. Ist schon sehr komisch. Es ist im Nachhinein ärgerlich, dass sie sich das angetan hat. Eigentlich hätte sie gehen müssen, da das Gespräch am Thema vorbei ging. Aber irgendwie wurde sie dann wieder so überrumpelt von ihrem Ex und der Beraterin. Ich muss leider arbeiten und die Termine liegen immer vormittags, daher konnte ich sie nicht begleiten.

Hinsichtlich des Umgangs wird sie abwarten, was von seiner Seite unternommen wird.

LG

P.S. Gerade eben kam ganz aktuell eine sms von ihm (sie schickt mir seine Nachrichten immer weiter). Er hat eine Nacht darüber geschlafen und die „doch sehr interessante Einschätzung eines Unparteiischen sacken lassen“. Scheinbar war er bei einem anderen Gespräch gewesen. #kratz
Jedenfalls meinte er noch, wenn sich an ihrer Einschätzung nichts geändert hat, werden höhere Instanzen Regelungen treffen müssen. So viel zum Thema, er werde dem Kinde zu Liebe nicht klagen.

Es bleibt spannend.

12

Deine Freundin sollte ein GedächtnisProtokoll schreiben über das Gespräch und das der JugendamtsTante mit Bitte um schriftliche Bestätigung schicken. Sollte sie Dinge anders in Erinnerung haben, möge sie es ergänzen.

Damit geht sie dann zum Anwalt.

Das Protokoll sachlich, ohne Wertung. Nur das, was gesprochen wurde, nicht wie deine Freundin das findet.

Entweder muss sie zu ihrem Wort stehen oder aber zurück rudern. Steht Sie dazu, kann es der Anwalt genüsslich zerlegen. Steht Sie nicht dazu, hat dein Ex Spaß bei seiner Klage.

LG

13

Super, den Weg finde ich deutlich eloquenter und vor allem zielführender als die Beschwerdeidee.

Vor allem, da die Freundin, nach dem Gespräch ja eh schon als naja, nennen wir es mal wohlwollend schwieriger Charakter beim JA gilt, wir eine offzielle Beschwerde ihre Position eher verschlechtern, denn verbessern.

Ein wertfreies Gedächnissprotokoll bingt die Sachbearbeiterin in Zugzwang, einfach ein genialer Schachzug! Kompliment!

pina

weitere Kommentare laden