Emotionaler Rückhalt bei ungewollter Kinderlosigkeit

Guten Morgen zusammen,

mein Mann und ich wissen seit 1,5 Jahren, dass wir keine leiblichen Kinder bekommen können. Wir sind in unserer Familie damit offen umgegangen, jeder wurde darüber informiert.

Inmitten dieser schmerzhaften Zeit verkündeten uns letztes Jahr der Bruder meines Mannes und seine Frau, dass sie (unerwartet) Eltern werden, das Kind war nicht geplant. Die Schwangerschaft in den folgenden Monaten mitzuerleben war für mich pure Folter, zumal die Schwägerin bei den Familientreffen auch keine Gelegenheit ausließ, auf das Kind in ihrem Bauch aufmerksam zu machen. Ich litt, aber machte gute Miene, um den werdenden Eltern nicht die Freude zu verderben.

Mein Mann und ich hatten uns vorgenommen, trotz unseres Schmerzes dem Kind gegenüber positiv gestimmt zu sein. Aber seit das Kind auf der Welt ist, merke ich, dass ich das nicht schaffe. Mein Mann kann Faxen machen und das Kind bespaßen und freut sich auf die Besuche, so als gäbe es unsere Kinderlosigkeit gar nicht. Und ich sitze still da, kämpfe mit den Tränen und ertrage den Anblick der glücklichen Eltern nicht eine Sekunde. Obwohl ich mir jedes Mal vornehme, diesmal etwas positiver gestimmt zu sein, sehe ich die vor Glück strahlende Familie um mich herum und stürze wieder ab.

Das fällt natürlich auf. Mittlerweile machen mir mein Mann und seine Familie Vorwürfe, ich würde Schwager und Schwägerin das Kind nicht gönnen und Ihnen die Freude daran verderben. Man verlangt von mir, dass ich mich bei den Besuchen gefälligst freuen und fröhlich schauen soll. Dass mir die Besuche weh tun, ist indiskutabel. Selbst mein Mann schimpft mich an den Abenden nach den Besuchen aus und sagt, ich soll mich nicht so anstellen. Natürlich tut es mir dann leid und ich habe ein schlechtes Gewissen, aber bei den Besuchen tut es einfach so unerträglich weh, dass ich wie gelähmt bin.

Ich habe das Gefühl, dass es emotionalen Rückhalt oder Verständnis für unsere Situation in der Familie nicht (mehr) gibt. Natürlich brauche ich keinen Dauer-Trost oder ständiges Mitleid. Niemand kann etwas für unsere Situation, auch die frischen Eltern nicht. Aber man verbietet mir unterschwellig, traurig zu sein, und das macht mir zu schaffen. Unsere Kinderlosigkeit ist abgehakt, die Familie hat ja jetzt ein kleines Kind in ihrer Mitte. Wir sind zwar dabei, uns für eine Adoption zu bewerben, aber hier sind die Chancen bei uns minimal. Unser allerletzter Strohhalm ist eine Embryonenspende im Ausland, aber auch hier ist ja nicht gewiss, dass uns a) Corona keinen Strich durch die Rechnung macht und b) es überhaupt klappen wird.

Irgendwie weiß ich nicht, wie ich aus diesem seelischen Tief herauskommen soll, schon gar nicht mit Sätzen wie "Nun lach doch mal!" Hat die Familie recht und mein Verhalten ist wirklich so unangemessen? Habt ihr Tipps für mich, wie ich das alles nicht so an mich heranlassen kann, um wenigstens dem Kind gegenüber offener zu sein?

Herzliche Grüße,
Mimi

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Meine Liebe,

ich drück dich fest.

Das ist eien sehr schwere Situation für dich, ich kann das zum Teil nachvollziehen, da ich auch bald 10 Jahre in der Kinderwunschphase bin und es bis jetzt noch nie geklappt hat. In der zwischenzeit sind natürlich viele Kinder geboren worden.

Was ich dir dazu sagen kann ist folgendes:
1. Für deine Gefühle bist du selbst verantwortlich, da kann niemand sonst etwas dafür oder dagegen tun.
2. Es ist schade und unfair, dass deine Familie dir diesen Druck macht, "Gute Miene zum bösen Spiel" zu machen....
3. Was ich dir raten möchte ist folgendes: mit deinem Mann einmal in aller Ruhe zu sprechen und ihm zu sagen, dass du Fröhlichkeit nicht auf Knopfdruck herstellen kannst und einfach mal den Kontakt zur "Happy Family" mal etwas zu reduzieren.
Wenn dein Mann das nicht verstehen kann, dann versuche es mit einem Beispiel, das ihm vielleicht hilft die ganze Tragweite zu verstehen.
4. hilf dir selbst.... suche dir den nötigen Rückhalt, den du ind er Familie nicht hast... gibt es Freundinnen, die mehr Empathie haben, als deine Familie? Es gibt Therapeuten, Heilpraktikerinnen etc.... die sich spezialisiert haben auf den unerfüllten Kinderwunsch und den Umgang mit der Trauer.

Das alles benötigt Zeit.... es ist schade, dass deine Familie das nicht begreift.... Wenn man einen Trauerfall in der Familie hat, dann dauert das auch Zeit, bis man das verarbeitet hat. Das ist bei jedem Mneschen anders.

Ich habe für mich das Thema so übersetzt: die Menschen bitten dich fröhlich zu sein, damit es ihnen selbst besser geht, weil sie nämlcih nicht gut mit deiner Traurigkeit umgehen können... sie wollen dich nicht verletzen, sie wollen dass es dir gut geht, die Art und weise, wie sie das ausdrücken ist leider nicht das, was du brauchst.

#liebdrueck

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Ich weiß nicht was angemessen ist oder nicht. Gibt es da überhaupt eine Vorgabe für? Jeder Mensch "trauert" anders.und jeder Mensch verarbeitet anders.

Dein Mann scheint das ganze besser trennen zu können als du. Das ist ja auch ok. Wenn es dich selbst auch so belastet, solltest du vielleicht mal mit einem Arzt darüber sprechen, vielleicht gibt es ja eine art Therapie?

Es ist nun auch schwierig zu sagen, ja du übertreibst oder nein ist alles gut. Denn zum einen ist ja keiner dabei und kann dein Verhalten beurteilen und deine Gefühle steuern geht ja auch nur bedingt.

Auf jeden Fall solltest du deinem Mann sagen wie du dich fühlst, vielleicht kann er das dann besser nachvollziehen?

Ja was soll man dir raten? Du hast nun mal einen ungewollten, unerfüllten kinderwunsch. Das kann dir keiner abnehmen. Die Gefühle lassen sich auch nicht einfach ausschalten... ich wünsche dir alles gute und dass du einen Weg findest damit umzugehen.

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Huhu.
Erstmal tut es mir leid, dass ihr ungewollt Kinderlos seid und du darunter so leidest. Ich kann mir vorstellen, dass es schwer für dich ist andere Familien mit Kindern zu sehen und wie du schon geschrieben hast kann man Gefühle ja auch nicht einfach abstellen und so tun als wäre man glücklich.

Allerdings kann ich auch den Rest der Familie und deinen Mann verstehen. Ich bin grade Schwanger, habe auch bereits Kinder und in meinem näheren Umfeld gibt es mehrer Paare die einen unerfüllten Kinderwunsch haben. Natürlich stehen bei mir halt meine Kinder und auch die Schwangerschaft zurzeit im Mittelpunkt. Wenn jetzt jemand die ganze Zeit traurig oder schlecht gelaunt ist, weil ich Kinder habe, könnte ich damit schlecht umgehen. Ich kann mir auch vorstellen, dass es denn deiner Familie und deinen Mann auch schwer fällt bei Familietreffen die gute Laune zu behalten und sich nicht von dir mit runterziehen zu lassen.

Mein Tipp suche dir irgendwas was dich aufheitert ein neuen Hobby, eine geplante Reise oder vielleicht ein Haustier. Wobei das Haustier natürlich kein Babyersatz sein soll, aber dich durchaus auf andere Gedanken bringen kann und für etwas Abwechslung im Alltag sorgen kann. Arbeitet weiter an euren Kinderwunsch. Vielleicht ist auch ein Pflegekind eine Idee. Bei und werden zurzeit viele Pflegeeltern auf Langzeitpflege gesucht. Daraus kann sich ja durchaus auch eine Adoption ergeben.

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also ich denke schon, dass Du daran arbeiten könntest, das alles besser trennen zu können. Ihr wärt auch dann immer noch kinderlos, wenn es in der Familie keinen unerwarteten Nachwuchs gegeben hätte.

Oder aus der anderen Perspektive, meine Mann ist völlig kollabiert und war wochenlang nur am Weinen, weil ihr Vater verstorben ist. Ein halbes Jahr, nachdem mein Papa verstorben ist.
Der Unterschied ist halt nur: Mein Papa war meine Hauptbezugsperson und ich grade mal 30, weil Papa auch unerwartet starb und mein Opa war weit über 80, zwischen ihm und Mama war es nie einfach und sie mittlerweile über 60.
Trotzdem hab ich mir das "reiss Dich mal zusammen, anderen geht es viel schlechter" verkniffen, wenn sie das so empfindet dann ist das so und dann hätte auch immer noch meine Cousine rauskommen können und das Gleiche zu mir sagen können, denn die ist mit 7 Jahren Halbwaise geworden und hatte danach noch mit einer bösen Stiefmutter zu kämpfen.

Will sagen, es gibt immer Leute denen es noch viel schlechter als Dir/euch geht und es wird immer Leute geben, denen es scheinbar viel besser als Dir/euch ergeht. Manchmal mag das auch zutreffen, das ist nicht alles fair.
Aber ich würde mal so sagen, man sollte auch dann feiern und sich freuen, wenn andere trauern, es gibt viel zu wenige Situationen um "einfach so" glücklich zu sein. Und die beiden nehmen Dir nichts weg.
Vielleicht kannst Du Hilfe bekommen? Und wenn nicht, wenn Du noch trauern willst, dann kommuniziere auch das klar, auch ggü den Eltern. Mach ihnen klar, dass es aktuell an Dir und Deiner Trauer liegt, aber nicht an ihnen und schon gar nicht am Kind und dass Du einfach noch Zeit brauchst - denn auch in dieser Hinsicht kannst Du Rücksicht erwarten. Aber es sollte auch in Deinem eigenen Interesse sein, mit dem unerfüllten Kinderwunsch abzuschliessen, irgendwann, wenn Du bereit dazu bist.

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meine Mama, nicht mein Mann. Da war die Autokorrektur mal wieder besonders "hilfreich"

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Hallo!

Eine zeitlang war eine Frau in den Medien sehr publik, die als ungewollt Kinderlose vom Umfeld ein gewisses "rücksichtsvolles" Verhalten einklagte. Ich fand es etwas zu "fordernd". Gut fand ich aber, das Sie dem Thema eine Lobby gab und auch die Größe des Themas beschrieb.

Ich denke, dass ist den nicht Kinderlosen oft nicht bewusst. Du erträgst eine Traurigkeit und ein Leid, die für Außenstehende kaum begreiflich ist.
Ungewollte Kinderlosigkeit geht weiter über andere Themen, die im Leben misslingen, hinaus. Es ist kein Job, Partner, Haus, was man nicht bekommen hat. Es ist ein Lebenstraum, den man beerdigt und der Schmerz kann so groß sein wie bei einem Todesfall.
Die Trigger, wie eine Schwangere oder ein Baby, setzen diese Gefühle natürlich frei.

Ich würde mit deiner Familie nochmals offen über deine Gefühle, die Tiefe deiner Gefühle reden. Angefangen bei deinem Mann!
Und dann einen Weg vereinbaren, der für alle in Ordnung ist. Entweder du kommst bei den Familientreffen nicht mit oder dir wird Verständnis und Rückzug gewährt.
Du suchst im Gegenzug dir eine Therapie oder Selbsthilfegruppe um das Thema irgendwann besser annehmen zu können. Das tust du im Wesentlichen für dich, gar nicht für die anderen.

Ich wünsche Dir von Herzen, dass euer Traum vom Kind sich realisieren lässt und ihr in wenigen Jahren euer angenommenes Kind bei euch habt und diese Narbe heilen wird!

Liebe Grüße!

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Dein Verhalten klingt nicht mehr gesund.
Ich kann deine Gefühle sehr gut nachvollziehen, da ich selbst mehrere Jahre von unerfülltem Kinderwunsch betroffen war. Wir haben uns in der Zeit auch von einigen Menschen zurück gezogen, weil wir uns in deren Anwesenheit nicht mehr wohl gefühlt haben. Zum Schluss habe ich mir psychologische Hilfe gesucht, weil ich selbst gemerkt habe, dass ich mit diesen negativen Gefühlen alleine nicht mehr umgehen kann.
Das würde ich dir auch dringend empfehlen. Wenn du schreibst, dass du den Anblick der glücklichen Familie keine Sekunde ertragen kannst, klingt das schon sehr dramatisch. Du hast schon eineinhalb Jahre Zeit, dich mit der Diagnose auseinandersetzen und nach vorne zu schauen. Das scheint dir alleine nicht zu gelingen. Auch in Hinblick auf eine möglicherweise anstehende Adoption wäre es wichtig, dass du dich psychisch stabilisierst.
Wie sieht's denn in deinem Freundeskreis aus? Gibt es da schon viele Kinder oder noch nicht? Und wie kannst du dort damit umgehen?

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Ich denke du solltest dir schnell therapeutische Hilfe suchen, ich persönlich finde dein Verhalten der Familie gegenüber sehr fragwürdig. Du machst ihnen, ich gehe davon aus, unbewusst den Vorwurf, das sie glücklich sind und ein Kind haben. Das empfinde ich als nicht normal. Wie würdest du dich fühlen wenn du ein Kind hättest und du wirst von einer Person deswegen angefeindet.
Wenn du das Glück von anderen nicht ertragen kannst, dann halte dich doch von ihnen fern, aber bei jedem Treffen miese Laune zu verbreiten, das würde ich nicht machen, damit ist dir doch auch nicht geholfen.
Wie hier schon jemand schrieb, such dir ein Hobby oder ein Haustier um was du dich kümmern kannst, vielleicht hilft dir das über dein Tief Hinweg, aber bitte lass deine schlechten Gefühle nicht an den jungen Eltern aus, sie können nichts dafür das ihr keine Kinder habt und du dich deshalb schlecht fühlst.

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Liebe Mimi,

ich kann deine Gefühle und dein Handeln im Ansatz verstehen. Ich habe auch einen längeren Kinderwunsch hinter mir und bin mit dem Geschwisterchen gerade wieder in diesem Strudel. In meinem Umfeld gibt es Paare, die genauso Probleme haben wie wir, aber natürlich auch die „ach dass es so schnell geht“ Paare. Immer wieder stimmt es mich etwas traurig, wenn eine erneute Schwangerschaft bekannt gegeben wird, obwohl ich mich für die Paare natürlich unglaublich freue. Trotzdem frage ich mich immer wieder warum ich?
Viele liebe Mädels hier im Forum haben mir einige Denkanstöße gegen. Zum einen gibt es natürlich Menschen auf die ich „neidisch“ bin, aber andersrum gibt es auch die Personen die zu mir aufschauen.
Genauso ist es auch bei euch. Es gibt Personen die das haben wollen, was ihr habt. Ob es das schöne Haus, das tolle Auto oder eine super funktionierende Ehe ist... wenn man wie du so einen unglaublichen Kinderwunsch hat, dann sind diese Dinge natürlich völlig unwichtig.
Aber was ich damit sagen will: erfreu dich an dem was du hast. Genieße das Leben, sowie du es nur ohne Kinder leben kannst und suche Dir etwas was dir Spaß macht.
Stelle den Kinderwunsch erstmal hinten an und mach nur Dinge die du mit Kindern nicht machen kannst. Und mit der Option ein Kind evtl. Zu adoptieren, seid ihr ja Eurem Ziel schon etwas näher. Denke aber nicht an was wäre wenn, sondern schau nach vorne und denk positiv!

Zu deiner jetzigen Familiensituation. Ich würde es bei einem gemeinsamen Treffen einfach erneut offen ansprechen. Deine Zurückhaltung erklären und deine Traurigkeit zugeben. Gleichzeitig kannst du auch etwas über deinen Schatten springen und mehr auf das Kind zugehen. Ich war lang auch „nur“ Tante, habe aber jede Minute genossen und tu es heute noch. Dadurch habe ich auch eine unglaublich enge Bindung zu meiner Nichte und liebe sie über alles.
Vielleicht könnt ihr (je nach Alter) auch mal alleine was mit dem kleinen Familienmitglied unternehmen. Dann kannst du ohne Beobachtung eine „Annäherung“ versuchen?
Zusätzlich würde ich dir empfehlen professionelle Hilfe anzunehmen. Ein unerfüllter Kinderwunsch und seine Folgen sollten nicht unterschätzt werden.

Alles Gute für euch und ich hoffe eine eurer Optionen geht in Erfüllung

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Also ich kann dich da schon verstehen und man kann wirklich erwarten dass man auch auf dich ein bisschen rücksicht nimmt. Ich hatte auch einen langen u erfüllten kiwu und es klappte schlussendlich nur mit künstlicher befruchtung. Die die es wussten nahmen schon rücksicht auf mich und hielten sich zurück und da war eben nicht nur ss und kind DAS thema bei den treffen.
Auch ich nahm in der ss rücksicht und fand es selber total blöd wenn immer nur vom baby gesprochen wird finde das furchtbar wenn es kein anderes thema mehr gibt.
Bei freundinnen konnte ich mich wirklich mitfreuen bei verwandten teilweise echt nicht und sah die zum glück nicht oft.
Auch jetzt wo die kleine 1 jahr wird machte mich das traurig dass es bei meiner schwägerin sofort klappte ohne weiteres und wir solange brauchten das ist unfair aber so ist eben das leben.
Ich würde den kontakt auf ein minimum reduzieren und hol dir hilfe. Aber dein mann macht es auch nur schlimmer mit seinem verhalten.
Mein mann steckte das auch besser weg als ich aber trotzdem stand er immer hinter mir auch wenn er vieles nicht nachvollziehen konnte.
Und ich finde es unmöglich dass dir die familie so einen druck macht das macht es eben auch nicht besser.
Vielleicht wäre ja eine selbsthilfegruppe was für dich? Die gibt es auch online.
Und die idee mit der eizellspende finde ich klasse. Ich hatte auch schon eine leihmutterschaft im kopf falls es echt nicht klappt und wollte mich schon auf die liste für eine adoption setzen. Man kann das ja parallel machen aber dass ihr schon mal auf der liste steht weil man bei einer adoption echt lange warten muss.