Ewig her - aber nicht verabeitet?

Hallo,

vor über 25 Jahren, ich war 15, starb ein Mitschüler von mir bei einem Autounfall.
Ich war vorher in ihn verliebt und er war zuvor der einzige Junge, mit dem ich überhaupt redete, weil ich so schüchtern war. Als er mitbekommen hat, dass ich ihn mag, hat er aufgehört mit mir zu sprechen. An dem Tag, als er starb, habe ich die Straßenseite gewechselt, damit ich nicht wortlos an ihm vorbeigehen muss, bzw. weil ich mich nicht getraut habe ihn anzusprechen.

Mittlerweile glaube ich, dass ich damals Hilfe gebraucht hätte. Natürlich hat sich keiner für meine Trauer interessiert. Ich war "nur" Schulkollegin. Meine Eltern haben es nicht gemerkt.
Jetzt da meine Kinder langsam älter werden habe ich immer Angst, wenn sie mit Fremden Menschen (Eltern von Freunden, vom Sportverein, etc.) mit dem Auto unterwegs sind. Vor nichts anderem habe ich mehr Angst, als dass sie bei einem (Auto-)Unfall sterben könnten. Für sie versuche ich meine Angst runterzuschlucken, also ich verhindere sowas nicht. Bin aber in der Zeit, bis sie zuhause sind wahnsinnig unruhig und sorgenvoll.
Außerdem habe ich eine Autoimmunkrankheit Hashimoto die durch solche extremen Traumata ausgelöst werden kann und wenn ich darüber nachdenke, könnte es schon sein, dass der Tod dieses Jungen der Auslöser war (das kann ich jedoch nicht ganz sicher festmachen)

Kennt jemand von euch sowas?

Viele Grüße
Jenny

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Hallo.
Ich persönlich habe zum Glück das nicht erlebt.
Aber ich denke absolut, dass so etwas Einiges auslöst, auch bewusst und extrem unterbewusst.
Unser Unterbewusstsein ist viel stärker als das Bewusstsein.

Ich habe, da ich eine meiner Töchter mehrfach für Minuten oder Sekunden als sie noch jünger war, aus den Augen verloren.
Das klassische Beispiel, 2 Minuten woanders hingesehen, schwups war das Kind kurz weg.
Auch hatte ich 2016 mit ihr eine sehr einschneidende Erfahrung, dass ich dachte, ich sehe sie nie mehr. Seitdem bin ich natürlich noch "irrer" als zuvor vor Sorge.

Ich habe mehrere Kinder, aber bis jetzt hat nur sie es geschafft da Paradebeispiele abzuliefern und das völlig unbewusst und nicht absichtlich.

Mit 12 Jahren das letzte Mal, es lag nicht an ihr, aber mein Mann und ich sind wie irre mit Rad und Auto los, weil wir dachten sie wäre weg. Dabei verspätete sich lediglich ihre Theaterprobe. Aber es war halt abends und dunkel und sie schrieb dass sie los sei.

Oh Mann. Daher, es gibt Dinge die beeinflussen.

Meine Tochter schreibt mir, wenn sie ankommt und losgeht. Damit sind wir zu 99.9% gut gefahren dann.

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Deine Tochter erinnert mich an meine Schwester als wir Kinder waren.
Sie war auch ein paar Mal spurlos verschwunden. Meine Mutter hatte damals wirklich Sorgen. Meine Schwester selbst ist halt ihre eigenen Wege gegangen (und das schon mit drei Jahren :-) ) Zum Glück ist sie immer wieder irgendwo gefunden worden oder von alleine aufgetaucht. Das hatte meine Mutter auch nur bei einem Kind so.

Wenn ihr das mit dem Schreiben ausgemacht habt und es für sie ok ist, dann passt es ja. Ich versuche mich immer selbst zurück zu nehmen, damit ich die Angst nicht an meine Kinder übertrage.

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Auch ohne sowas erlebt zu haben, ist es bis zu einem gewissen Maß "normal", sich Sorgen zu machen um geliebte Menschen.
Als meine Enkelin sich mit 5 Jahren mal mit meiner Nachbarin ein Haus weiter unterhielt und auf mein Rufen nicht reagierte, raste ich panisch rufend um den Block. Puuh, das arme Kind wusste garnicht, was los ist.
An Silvester war meine immerhin längst erwachsene Tochter nach dem Essen im Restaurant verschollen....war nur kurz zum Rauchen rausgegangen. Tochter suchte sie, Mann - null. Keiner fand sie. Ich raus - und brüllte, dass das Echo durchs halbe Dorf lief...was mir da durch den Kopf ging, war schlimm, sah sie bewusstlos in einer dunklen Ecke liegen und was weiß ich.
Plötzlich kam meine Enkelin raus, Mama war da. Sie war hinter dem Restaurant gestanden mit dem Küchenchef und sie fachsimpelten #augen über eine halbe Stunde. Mein Gebrüll hat sie durch die Küchengeräusche nicht gehört. Mann Mann....ich hätte sie erwürgen und knutschen gleichzeitig können.
Wenn Du aber das Gefühl hast, wirklich krank davon zu werden, geh bitte zum Arzt, Du bist ja noch jung. LG Moni

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Hallo,
das kann schon sein......ich las gestern diesen Artikel, vielleicht liest Du ihn mal. Etwas andere Thematik, aber trotzdem mußte ich gerade daran denken, als ich Deinen Beitrag sah.
Alles Gute für Dich,
https://www.theguardian.com/lifeandstyle/2020/jan/20/suppressed-pain-of-mothers-death-found-way-to-grieve