Ich brauche euren Rat

Hallo, ich bräuchte einen Rat. Meine Mama liegt im Hozpiz, den Krebs kann sie nicht mehr besiegen. Meine Mama hat als Mutter versagt und in den letzten Jahren kaum Kontakt, so gut wie gar nicht. Ich steh ihr jetzt bei, genieße die Zeit mit ihr. Von Tag zu Tag wird es schlimmer und ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll und mich zurück zu nehmen. Ich habe als Kind sehr gelitten und habe nie wirkliche Eltern gehabt. Ich liebe sie über alles aber das macht mich traurig und gleichzeitig auch wütend es jetzt akzeptieren zu müssen und das, was ich ihr eigentlich sagen will kann ich nicht sagen weil sie alles abstreiten würde. Was sagt ihr dazu?!

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Guten Morgen!

Wir alle wünschen uns, dass wir am Ende des Lebens "bereinigt" gehen können bzw. wünschen sich Angehörige, dass alles gut ist, wenn der Partner, die Eltern, Geschwister etc... sterben.

So ist das aber nie! Man kann nicht in den letzten Wochen alles gut machen, was man über Jahrzehnte "versemmelt" hat. Das führt nicht selten dazu, dass gar keine Angehörigen am Bett sitzen oder dass die Stimmung in dieser letzten Phase nicht allzu harmonisch ist.

Du hattest kein gutes Verhältnis zu deiner Mutter, nutzt für dich aber diese letzte Zeit. Das ist gut so! Mein Rat ist, dass du erst im Jetzt mit ihr bist, das von ihr annimmst, was sie noch geben kann, und ihr gibst, was du zu geben bereit bist. Es ist nicht möglich, jetzt noch alles mir ihr aufzuarbeiten. Es wäre für dich und für sie nur quälend, wenn du alle alten Geschichten aufrührtest. Sie ist noch derselbe Mensch. wenn sie bisher nicht zuhören konnte oder wollte, wird sie das jetzt auch nicht tun.

Ich glaube, dass du hinterher noch mit ihr "abrechnen" kannst. Sie muss dafür nicht zwingend körperlich anwesend sein. Schreib es auf, hol dir therapeutische Hilfe, was auch immer. Auch im Hospiz kannst du die Pflegenden, die SeelsorgerInnen ansprechen. Die hören stellvertretend zu ohne zu werten. Gleichzeitig solltest du, denke ich, bereit sein zu verzeihen. Sie kann so oder so nicht mehr ändern, was war. Du auch nicht. Auch deine Mutter hat ihre Geschichte und es gibt Gründe, warum sie so ist und so gehandelt hat. Deshalb darfst du trotzdem wütend und frustriert sein. Alles ist erlaubt. Die Frage ist nur, wie du das langfristig in dein Leben einbauen willst, welches Gefühl bleiben soll.

Jetzt im Moment geht aber allein um die Sterbebegleitung deiner Mutter. Auch hier sind alles Gefühle erlaubt, die große Aufarbeitung kann aber nicht jetzt stattfinden.

Alles Gute euch beiden!

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Das hast du großartig geschrieben. So sehe ich es auch.
@TE: ich wünsche dir alle Kraft der Welt für diese schwere Zeit.

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Liebe Ramona, sehe als Chance für euch Beiden. Durch die Krankheit habt ihr wieder zusammen gefunden und den Kontakt aufgenommen. Lasst Vergangenes hinter Euch, was war kann man nicht mehr ändern. Da deine Mutter nicht mehr lange Zeit hat, lebt jeden Tag, jeden Moment, so GUT es möglich ist. Ich persönlich würde keinem sterbenden Menschen irgendwelche Vorwürfe machen, zumal die Zeit zu kurz und vielleicht auch zu kostbar ist. Schliesse deinen Frieden mit deiner Mutter, dann wirst du ihn selbst auch finden.
Alles erdenklich Gute, auf eurer Reise#blume

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Hallo

Ich habe 2014 das gleiche durch, ich hatte noch nie ein gutes Verhältnis zu meiner Mutter.

Also es war wirklich schlimm sie hat und soviel angetan eigentlich nicht zu verzeihen.

Aber als ich 2014 erfuhr sie ist sterbenskrank ( Lungenkrebs) im Endstation.
Sagte ich mir es ist deine Mama sei trotzdem für sie da.
Und das war keine Frage für Tag für Tag war ich bei ihr für sie einkaufen mit ihr wege erledigen usw.

Es war für mich eine schlimme Zeit der Gedanke eines Tages ist sie einfach weg.

Aber sie meinte immer zu mir ich soll sie so behandeln als wenn sie kerngesund ist.
Ich hab ihr dann weil sie keine Kraft mehr hatte essen gekocht und bei ihr sauber gemacht.

Sie ist dann eines Tages friedlich im Krankenhaus eingeschlafen.

Und heute weiß ich aber und habe ein gutes Gewissen für meine Mama alles gemacht zu haben war eine gute entscheiden.
Es ist trotz alledem die Mama, ich ich liebe sie trotzdem. Und ich weiß sie ist stolz auf mich.

Geh mit deiner Mama den letzten weg gemeinsam... Das brauchen sie jetzt.

Sei immer da für sie und unterstütz sie...

Alles gute und ganz viel Kraft für euch