Hilfe bei Trauerbewältigung nach dem Tod meines Vaters

Es ist das erste mal das ich mich öffentlich zu diesem Thema äußere. Aber ich habe das Problem, dass ich mit keinem meiner Lieben darüber reden kann.
Mein Vater ist im April, also vor 3 Monaten verstorben.
Es war sehr tragisch für mich, da es in meinem Leben der wichtigste Mensch war.

Ich bin 21 und habe einen 9 monatigen Sohn mit dem ich fast jeden Tag bei meinem Vater war.
Er war der Mensch mit dem ich über alles reden konnte.

Wir wussten das er seit Jahren viel Alkohol konsumierte, doch er hatte nie Anzeichen dafür gegeben, dass es ihm nicht gut ginge.
Bereits einen Monat vor seinem Tod war sein Gesicht und seine Augen plötzlich gelb und ich fragte mich schon immer was dies als Grund habe. Natürlich habe ich mich im Internet dazu belesen, aber da kamen nur schlimme Antworten heraus, die ich einfach nicht wahrhaben wollte. Er war immer fröhlich und freute sich jedes mal wenn ich kam.
Ich habe ihn schon darauf angesprochen, ob wir nicht zusammen zu einem Arzt gehen wollen und er stimmte dem auch zu, allerdings wollte er bis nach dem Urlaub abwarten, wo ich mit meinem Kind und Lebenspartner dessen Tante besuchen wollte über ein Wochenende.
Ich stimmte dem schweren Herzens zu.
Wir fuhren also Freitag zu seiner Tante. Ich wunderte mich schon, dass mein Papa nicht so gesprächig war bei Whatsapp, denn sonst erkundigte er sich am Tag öfter wie es mir ginge.
Über das ganze Wochenende kam also nichts. Ich hatte ein schlechtes Gewissen und wusste das was nicht stimmte.
Als wir am Sonntag heim fuhren habe ich noch immer nicht von ihm gehört. Also beschloss ich am Montag gleich mit meiner kleinen Schwester (19) zu ihm zu fahren.
Er rief mich am Montag an und redete wie abwesend mit mir und meinte ich soll zu seiner Oma fahren das Telefon reparieren, weil es ihm angeblich nicht so gut ginge. Er wäre krank und hätte alles wie er sagte.

Daraufhin wusste ich es stimmt was nicht und habe sofort meine Mutter angerufen, sie sind geschieden aber haben immer ein gutes Verhältnis gehabt.
Sie ist mit meinem Lebenspartner sofort zu ihm gefahren. Kurz darauf bekam ich eine Nachricht von meinem Freund "Es war gut das du Hilfe gerufen hast" ...dann nichts

Mama kam rein und meinte sie haben ihn mit dem Krankenwagen geholt und er wird durchgecheckt. Ein Tag später lag er dort noch immer und wir haben ihn besucht. Ich bin ins Zimmer und sah ihn. Aufgedunsten und gelb. Der Blick ein wenig ins Leere. Ich konnte meine Tränen nicht zurückhalten. Ich setzte mich zu ihm und fragte ihn wieso er nichts gesagt hat. Es kam nichts. Er hatte darauf keine Antwort. Ich sagte ihm zum Abschluss, dass ich ihn sehr lieben würde und er sagte es mir auch und ich verließ das Krankenhaus.
Am nächsten Tag als ich zu ihm kam atmete er sehr laut und bekam fast keine Luft. Die Schwester kam rein und meinte er sei in ein Schlafkoma gefallen und er hat Leber, Nieren und Lungenversagen. Er kam dann in ein größeres Krankenhaus, da ich wollte das alles Menschenmögliche getan wird um ihm zu helfen.

Dort wurde er in ein künstliches Koma gelegt. 11 Tage lag er da, jeden 2. Tag besuchte ich ihn und die Nachrichten des Ärzte waren immer negativ. Sie meinten wir sollen damit rechnen, dass er es nicht überlebt. Nachrichten, die mich immer wieder innerlich zerbrachen.
Dann saß ich bei Freunden um mich abzulenken mit einem Abendbrot, da klingelte das Telefon und ich sah nur die Nummer des Krankenhauses und wusste sofort Bescheid.
Es hieß er wird die nächsten 24 Stunden nicht überstehen. Ich war am Boden und rief sofort meine Schwester und meine Mama und seinen Bruder an. WIr fuhren sofort ins Krankenhaus.

Dort lag er. An Schläuchen und Beatmungsgeräten und an der Dialyse.
Der Arzt stellte die Medikamente ab, auf Wunsch von uns allen, da wir ihn nicht weiter leiden lassen wollten.
Wir standen alle an seinem Bett, ich hielt seine Hand und küsste ihm auf sein Gesicht, als seine Werte alle versagten. Es war das schlimmste in meinem Leben. Ich habe es nicht wahr haben wollen. Bis heute nicht. Ich kann mit niemanden drüber reden. Ich liege jeden Abend im Bett wenn ich alleine bin und weine und spiele die ganze Geschichte immer und immer wieder ab. Ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll. Er war derjenige mit dem ich über alles geredet habe. Und jetzt ist er weg. Diese Aussagen, dass ich ihn wiedersehen werde bringen mich um, denn keiner kann sagen was nach dem Tod ist. Diese Ungewissheit bringt mich um.

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Auf der anderen Seite des Weges

Der Tod ist nichts,
ich bin nur in das Zimmer nebenan gegangen.
Ich bin ich - ihr seid ihr.
Das, was ich für euch war, bin ich immer noch.
Gebt mir den Namen, den ihr mir immer gegeben habt.
Sprecht mit mir, wie ihr es immer getan habt.
Gebraucht nicht eine andere Redeweise, seid nicht feierlich oder traurig.
Lacht weiterhin über das, worüber wir gemeinsam gelacht haben.
Spielt, lacht, denkt an mich, betet für mich.
Damit mein Name im Hause ausgesprochen wird, so wie es immer war,

ohne eine besondere Betonung, ohne die Spur eines Schattens.

Das Leben bedeutet das, was es immer war.
Der Faden ist nicht durchgeschnitten.
Warum sollte ich nicht mehr in eueren Gedanken sein,

nur weil ich nicht mehr in euerem Blickfeld bin?
Ich bin nicht weit weg -
nur auf der anderen Seite des Weges.

(Heny Scott Holland, 1847 -1918)

Liebe Vivien,

was für einen wunderbaren Vater du hast. Und wie viel Liebe er dir geschenkt hat und du ihm. Das bleibt, das wird euch für immer verbinden.

Fühl dich gedrückt, d.

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Vielen Dank für deine Antwort.

Ich weiß einfach nicht wie ich damit umgehen soll. Ich war noch nie jemand der über Sachen reden konnte. Nur mit meinem Papa und jetzt ist er weg und darüber zu reden geht einfach nicht. Auch jedes kleine Detail im kaufe des Tages erinnert mich an ihn und lassen Tränen in mir aufsteigen.

Ich würde mir gerne irgendwie Hilfe suchen, aber alles andere außer ärztliche Hilfe.

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Es gibt hier bei uns ein "Trauercafe", ein monatlicher offener Treff fürTrauernde, entstanden aus einer Kooperation mit dem hiesigen Hospiz. Vielleicht gibt's ja bei Euch in der Nähe auch so was. Ich würde mal nach Hospiz und/ Selbshilfegruppe Trauer googlen.

Aus deren Flyer:
- aufeinander zugehen
- zueinander stehen

- geduldig warten
- wohlwollend zuhören

- ehrlich und echt sein
- auf Floskeln verzichten

- Halt geben
- nicht festhalten

- Schwäche aushalten
- Hindernisse als Möglichkeiten erkennen

- Raum lassen
- ermutigen

- Trauer gemeinsam tragen
- den eigenen Weg gehen

Und: Weinen ist nichts Schlimmes! Weinen baut Stress ab und ist heilsam. Trauer braucht Zeit. Lange. Ein, zwei Jahre. Dann wird sie (so habe ich es empfunden) zu einem Klang wie von ganz weit weg, sie ist immer noch da, aber sie tut nicht mehr weh.

Ich wünsche dir, dass du jemanden findest der dir so zuhört, dass du sprechen kannst. Und der dir auch beim Schweigen zuhört, wenn du keine Worte findest. Der da ist und deine große Trauer mit aushält. Meistens fällt das Menschen leichter, die selbst schon Trauer durchlebt haben. Es ist gut, dass du nach Hilfe suchst!
Liebe Grüße, d.

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Mein herzliches Beileid zu dem schlimmen Verlust, ich kann Dich gut verstehen. Mein Vater starb schon 1977 - und er fehlt mir in gewisser Weise lebenslang. Noch heute denk ich mir manchmal, was er wohl zu dem oder dem sagen würde.
Vor gut zwei Jahren starben meine langjährige beste Freundin und mein Mann innerhalb weniger Monate.....ich dachte, ich schaffe das alles (und noch mehr, was zu der Zeit geschah) alleine. Aber das war ein Trugschluß, mir ging es immer schlechter - vor ca. 9 Monaten holte ich mir dann endlich Hilfe bei einer Psychologin und Trauerbegleitung. Und das war die beste Entscheidung.
Entweder Du suchst Dir ein Trauercafe oder auch eine andere Trauerbegleitung, mit der Du reden kannst. Es ist wirklich hilfreich. Auskunft kann Dir sicher jede Caritas-Beratungsstelle o.ä. geben, die übrigens auch oft als Ersthilfe Gesprächstermine anbieten.
Alles Gute für Dich.
LG Moni