Was würdet Ihr noch einen Verstorbenen fragen wollen

Der Papa meiner Freundin liegt im sterben. Sie hat eine ganz besondere Verbindung mit Ihm und ich versuche Ihr so gut ich kann zur Seite zu stehen. (Meine eigene Mama ist bereits vor Jahren gestorben und es gibt vieles was ich nicht von Ihr weiss.)

Ich habe Ihren Papa im Krankenhaus besucht (mache ich abwechselnd mit Ihr weil Sie im Schichtdienst arbeitet und alleinerziehend 3 Kinder zu versorgen hat) und er möchte mit mir eine Art Erinnerundstagebuch für seine Tocher basteln.

Welche Fragen hättet Ihr heute noch, nachdem ein lieber Mensch verstorben ist? Was schenkt Euch Trost von dem was zurück bleibt. Ich habe zb ein Armband meiner Mutter was ich hüte wie einen Schatz. Der emotionale Wert ist für mich unbezahlbar. Eine Karte die Sie mir mal schrieb - nachdem wir einen Streit hatten.

Aber aus der Jugend meiner Mama weiss ich fast nichts. Sie hat nie darüber gesprochen.

Heute bereue ich - Sie nie gefragt zu haben.

Habt Ihr Anregungen? Erfahrungen?

traurige herzliche Grüße

1

Hallo!

Ich denke solche Fragen bzw. deren Antworten sind sehr individuell. Da spielt ja die ganze Familiengeschichte hinein und wie die Beziehungen so sind oder waren.

Wir hatten mal eine Patientin, die u.a. eine 16jährige Tochter hinterließ. Für sie und für die potentiellen Enkelkinder, die evtl. noch kommen werden, hat sie Märchen auf Band gelesen. Einer unserer Ehrenamtlichen kann ganz gut mit Tontechnik, so dass etwas sehr Schönes und Individuelles herausgekommen ist. Sie wollte z.B. , dass ihre Enkel ihre Stimme mal hören können.

Ansonsten würde ich an deiner Stelle die Regie bei dem Vater der Freundin lassen. Es gibt sicher auch Sachen, die er bisher nicht preisgegeben hat und die er nie preisgeben will. Ich fände es kontraproduktiv, wenn man von außen etwas anrührt, was ihm evtl. zu tief gehen wird. Ich würde einfach mal abwarten, was so aus diesem Mann heraus sprudelt und dann ggf. spontan nachfragen.

LG

2

Danke für Deine liebe Antwort. Ich möchte dem Papa meiner Freundin auch gerne nur Anregungen schenken, natürlich soll und wird er entscheiden was und wie. Es ist schon heftig für mich - das ich auch seine letzten Wünsche notieren soll (Bestattung, Musik, - wie er sich halt seine beerdigung wünscht) Er sagt, er weiss das seine Tochter damit nicht umgehen kann. Sie verdrängt das er sterben wird. Die Diagnose ist leider eindeutig. Aber er sagt auch - er weiss wie wichtig es sein wird wenn ich irgendwann "sein Tagebuch" bringen werde, nachdem er verstorben ist.

Das mit der Stimme auf Band finde ich toll. Aber auch schwer. Ich weiss nicht, nachdem meine Mama schon Jahre tot ist, ob ich es aushalten könnte, sie zu hören. Ich vermisse sie jeden Tag und denke oft, noch einmal Ihre Stimme hören...und vermisse sie so sehr - das ich Angst habe die Trauer schlägt wieder so zu wie damals.

3

Hallo!

Das mit der Aufnahme, was ihre Idee, die sie dann mit dem Ehrenamtlichen umgesetzt hat. Ob und wann sich die Tochter das anhören möchte, bleibt ja ihr überlassen.
Nur hat sie -im Gegensatz zu eurem Vorhaben- von Anfang an ihre Familie mit daran beteiligt. Die haben sich die Erinnerung sozusagen gemeinsam erarbeitet.

Ihr Mann meinte hinter: Die beiden schönsten Erlebnisse seines Lebens sei die Geburt der Tochter und das Sterben seiner Frau gewesen. letzteres müsste er aber nicht nochmal haben.

Und das war keineswegs zynisch gemeint. Die drei haben die Zeit gut für sich nutzen können.

Dass der Vater seine Tochter beim Gestalten des Tagebuches außen vor lassen will, könnte nach hinten losgehen. Da kriegt sie dann irgendwann so als Überraschung dieses Teil überreicht. Ich glaube, spätestens DANN hätte ich als Tochter eine Menge Fragen und ich wäre nicht nur erfreut. Da der Vater nicht mehr da sein wird, würdest du den "Segen" abbekommen. Muss nicht, kann aber.

"Er sagt, er weiss das seine Tochter damit nicht umgehen kann."

Meist ist es aber dann so, dass durchaus beide Seiten wissen, wie der Hase läuft, dass nur keiner sich traut, das entscheidende Gespräch zu beginnen und keiner von beiden weiß, wie er damit umgehen soll. Vielleicht kannst du da "Mentor" werden. Ich glaube sogar fast, dass der Vater dazu auserkoren hat. Ich wünsche dir sehr, dass du da offen sein und das aushalten kannst.

Wo ist er Vater denn gerade? In Hospizen z.B. kannst du jederzeit jemanden vom Personal ansprechen, der dir mit Rat und Tat zur Seite stehen wird.

LG

4

huhu, schau mal .. da gibt es auch diese tollen bücher:

https://www.thalia.de/shop/home/rubrikartikel/ID44127739.html?ProvID=11000522

lg annabella

5

Erstmal find ich es super, dass du deine Freundin und ihren Papa so unterstützt. Ich weiß wie schwer das ist.. meine Freundin lebte weit weg von hier für ihr Studium. Ihr Papa lebte hier. Wir erreichten ihn nicht und weil sie sich Sorgen machte fuhr ich hin. Er hatte eine schlimme Hirnblutung und ich habe ähnliches gemacht wie du jetzt. Ich habe für ihn alles aufgeschrieben, was er seinen Lieben noch sagen wollte. Auch mit Beerdigung etc. Es war unfassbar schwer für mich, denn ich wusste bei jedem Besuch nicht, ob es vielleicht der letzte war. Ich ging in seine Wohnung und suchte alles was er in das Buch einarbeiten wollte raus. Nach vier Tagen starb er. Meine Freundin und ihre Familie sind super dankbar für dieses Erinnerungsstück.

Was die Fragen angeht... das ist wirklich schwierig. Meine Oma wollte ich ganz andere Sachen fragen als meine beste Freundin.

Vielleicht sollte er einfach alles aufschreiben, was ihm wichtig ist loszuwerden. Ich weiß natürlich nicht, wie lange er noch Zeit hat dafür.

Ich wünsche dir ganz viel Kraft und natürlich den Angehörigen auch.

Alles Liebe

Ela mit sechs Sternenkindern ganz fest im Herzen

6

Hallo du,
Ich hab im Moment ein ähnliches Problem, weil ich meinen Vater nicht mehr lange haben werde. Ich habe mich dazu entschlossen, ihm das Buch "erzähl mal, Papa" zu schenken. Ich hab es ihm überreicht und hoffe, dass er es ausfüllt. Vielleicht ist das auch was für den Vater deiner Freundin. LG

7

Hallo!

Natürlich ist es nicht leicht, wenn Eltern krank werden und wenn klar wird, dass sie sterben werden. Ich kann dir nur aus 1000 Beobachten sagen: Verdrängung und nicht drüber reden, hilft gar nicht. "Ich habe mich dazu entschlossen, ihm das Buch "erzähl mal, Papa" zu schenken. Ich hab es ihm überreicht und hoffe, dass er es ausfüllt."

Wenn ich solche Sätze lese, wird mir immer ein wenig eng ums Herz. Ich weiß, wie du dieses "Geschenk" gemeint hast und ich verstehe deine Trauer. Nur: Dein Vater ist noch da! Du kannst JETZT mit ihm reden. Über alles, was dich beschäftigt und bewegt. Das wird kein Buch ersetzen.

Ich weiß nicht, woran deiner Vater leidet und wie viel Zeit ihm noch bleibt, aber ich weiß ziemlich sicher, dass er dieses Buch nicht ausfüllen wird. Einfach, weil er es nicht kann. So ein vorgedrucktes Tagebuch ist möglicherweise ganz nett, wenn man weiß, dass man z.B. recht spät Großvater/-mutter geworden ist und einem klar ist, dass man nicht erleben wird, wie das geborene Kind erwachsen wird. Dann kann man sich in gesunden (!) Tagen in Ruhe überlegen, was man dem Enkelkind mitgeben möchte. Dann macht das sicher auch Freude, aber wenn man sich im Sterbeprozess befindet? Kannst du mal versuchen, dich ansatzweise da hinein zu versetzen?

Jetzt ist dein Vater sterbenskrank und er denkt sicher über schrecklich viel nach. Er kann dir aber jetzt nicht einfach ein alles aufschreiben, so dass du hinterher was zum Anfassen hast. Möglicherweise hat er dazu noch nicht einmal mehr die Kraft. Er kann schon überhaupt nicht allein ausfüllen. Damit lässt du ihn mit seiner Angst ziemlich allein, oder? Er hat die gleiche Angst wie du, nur du kannst weglaufen. er nicht mehr.

Ich weiß, dass es schwer ist, aber sei doch einfach da. Du darfst traurig sein und hadern und weinen, aber sei einfach da und/oder schreibe selber auf, was du fühlst und beobachtest. Oder fülle dieses Tagebuch mit ihm gemeinsam aus. Dabei wirst du aber wahrscheinlich merken, dass das Vorgedruckte nicht annähernd an das heranreicht, was er zu sagen hat.

Meine ganz persönliche Ansicht ist auch, dass ein Sterbender in einem Krankenhaus nichts mehr zu suchen hat. Wo und wie würdest du sterben wollen? Was will dein Vater? Darüber kannst du mit ihm reden. Hospize sind großartig, das weiß ich genau. Da hättest auch die die nötige Begleitung und müsstest nicht im Netz völlig unbekannte Personen, die weder dich noch deinen Vater kennen, um Rat fragen.

Ich wünsche dir und deinem Vater alles erdenklich Gute. Ich wünsche dir, dass du dich auf ihn und sein Sterben einlassen kannst. Davon bliebe viel mehr als von einem vorgedruckten Buch, dass er sehr wahrscheinlich leer hinterlassen wird.

8

Du bist ganz schön unsensibel.

weitere Kommentare laden