Mein Opa ist gegangen. Ich war dabei. Komm irgendwie nicht damit klar.

Hallo zusammen

Mein lieber Opa ist am Mittwoch verstorben und es fühlt sich so seltsam an.

Er hat eine lange Krankengeschichte. Er war Invalide und hatte sehr starke Rückenschmerzen ( ich kenne ihn nur mit Schmerzen). Hinzu kommen noch 4 Bypässe am Herzen. Das letzte Jahr hat er sehr stark abgebaut. Trotzdem ging nun alles doch sehr schnell.

Vor etwa 3 Wochen fand meine Oma ihn im Bett und er war nicht mehr ansprechbar. Er wurde ins KH gebracht mit verdacht auf Herzanfall/Schlaganfall. Das war es wohl nicht, aber es wurde eine schwere Lungenentzündung festgestellt. Kein Antibiotika hat richtig angeschlagen. Zwischenzeitlich ging es ihm wieder etwas besser, so dass er mit meine Oma telefonieren konnte. Er fragte auch nach mir. Ich wäre gern schon eher hin gefahren, aber erst war meine Kleine krank und dann musst ich arbeiten.

Am Mittwoch hatte ich einen freien Tag und er wusste das ich zu Besuch komme. Er hat sich sehr gefreut. Ich hab meine Oma abgeholt und das KH rief an, mit der Bitte zu kommen, da er uns sehen wollte. Ich wusste das es ihm nicht gut geht, aber das hatte ich irgendwie nicht erwartet. Er hat so schwer Luft bekommen. Ihn hat das so sehr angestrengt zu atmen. Er hat versucht seine Augen zu öffnen,aber war zu schwach dazu. Wir haben ihm die Hände gehalten. Er wusste das wir da waren.

Der Arzt hat uns noch mal zum Gespräch gebeten und uns über seinen Zustand informiert. Es sah nicht gut aus. Die Nieren hatten auch versagt. Mein Opa hatte aber nur ein paar Stunden zuvor geäußert,dass er keine lebenserhaltenten Maßnahmen haben will.

Wir sind dann zurück an sein Krankenbett und nach einer halben Stunde hat er einfach aufgehört zu atmen und irgendwann hörte sein Herz auf zu schlagen. Wir waren bei ihm und haben ihm die Hände gehalten.

Ich wollte nie dabei sein, wenn ein geliebter Mensch stirbt. Er hat wohl nur noch auf mich gewartet. Es ist so schrenklich. Andererseits aber auch sehr beruhigend, dass ich weiß, das er nicht allein war als er ging. Trotzdem ist es ein merkwürdiges Gefühl. Ich muss nun so oft dran denken, wie er von uns gegangen ist und wie er so da lag, als es vorbei war. Er ist so schnell kalt geworden.

Habt ihr auch schon mal Jemandem beim sterben bekleidet? Wie seit ihr damit zurecht gekommen?

Und wie erkläre ich es meinem 2 1/4 jährigem Kind? Sie wird das mit dem Tod noch nicht verstehen. Aber wenn ich ihr sage das der Opa nicht mehr da ist, wird sie fragen wo er ist. Vielleicht hat ja jemand ein paar Tipps.

Danke für´s lesen.

LG moosmuzel

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Hallo und erst mal herzliches Beileid!

Ich war auch dabei als meine Oma vor 2,5 Jahren starb. Die Geschichte ist fast wie deine, sie war schon länger krank, mehrmal im Krankenhaus und beim letzten Krankenhausaufenthalt wußten meine Mama und ich auch das es ihr letzter war. Die Organe hatten mittlerweile alle versagt und wir wollten für sie auch keine Lebenserhaltende Maßnahmen (Ich hatte die Vollmacht über alles). Wir hatten uns abgewechselt sie zu Besuchen. An ihrem Todestag war meine Mama bei ihr und rief mich an, das ich doch kommen soll. da der Arzt meinte es dauert nicht mehr lange. Hab nur Hund und Sohnemann bei der Schwiegermutter abgesetzt und bin hin.

Es waren noch kurz ein Cousin mit Frau bei ihr und als die gingen, begleitete meine Mama sie noch nach draussen. Meine Oma wurde dann körperlich total unruhig (kann ich so nicht beschreiben) aber als meine Ma wieder da war, wurde sie ganz ruhig und schlief innerhalb der nächsten Minuten ein.
Ich war und bin froh das sie nicht alleine war.

Aber ich nehme diese Bilder wie sie da Lag und einfach nur eingeschlafen ist, als positives Gefühl mit, denn sie hat uns gebraucht.

Sei froh das dein Opa auf dich gewartet hat, er hat sich bestimmt gefreut das du/ ihr in dem Moment bei ihm wart.

Vor 3,5 Wochen ist meine Schwiegermutter an Krebs gestorben (siehe "sie hat es geschafft). Wie sich später herausstellte ist sie ca 45 min nach dem ich gegangen bin gestorben. Ich hatte es im Gefühl das ich sie nicht mehr lebend sehen würde, aber konnte auch irgendwann nicht mehr und wollte zu meinem Mann (ihn hatte das zu sehr mitgenommen und war bei den Jungs). Dennoch frag ich mich immer wieder, warum ich nicht noch eine std da geblieben bin.

Unserem "großen" Sohn 3 1/5 haben wir erklärt das Oma jetzt im Himmel ist, sie schaut von dort auf uns und passt auf uns auf. Er fragt viel, reden dann auch mit ihm darüber und dann schauen wir nach oben wo sie denn gerade sein könnte.

Sag deinem Kind nur nicht das dein Opa eingeschlafen ist, nicht das sie Angst vorm schlafen bekommt.
Die Kinder nehmen es oft viel leichter auf als wir Eltern befürchten. Verstecke auch nicht wenn du weinst, auch das verstehen sie schon wenn man traurug ist, weil man geliebte Menschen nicht mehr um einen hat.

Ich wünsche euch noch viel Kraft für die nächste Zeit.

Lg Nati

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Hallo!

Ich habe deinen Beitrag gelesen und dachte: "Ach, wie schön!" und meine damit, dass ich es schön für deinen Opa finde, dass er nicht allein war, dass er offenbar klar bei Verstand war und dass er seinen Todezeitpunkt wohl selber festgelegt hat bzw. festlegen konnte.

Dann schreibst du, dass es schrecklich war. Was denn? Natürlich bist du traurig und sicher war es kein besonders schöner Anblick als er solche Luftnot hatte, aber er hat auf dich gewartet! Eine schönere Liebererklärung zum Abschied kann es doch gar nicht geben.

Wieso wolltest du nie dabei sein, wenn ein geliebter Mensch stirbt?

Der Sohn einer Arbeitskollegin ist durch einen Autounfall ums Leben gekommen und hatte sich dabei Schädelverletzungen zugezogen. Sie hat lange überlegt, ob sie ihn sich noch mal ansehen soll oder nicht. Unsere Pastorin hat ihr dazu geraten, weil sie sonst 1000 Bilder für den Rest ihres Lebens im Kopf hätte. Wenn sie ihn sich noch mal ansähe, bliebe nur dieses eine. So hat sie das auch gemacht und ich glaube, so wird es dir auch gehen. Wenn du nicht bei deinem Opa gewesen wärst, würdest du dich jetzt zerfleischen und dir hunderte Horrorszenarien vorstellen. So bleibt dir dieses eine Bild, das für mich allein durch deine kurze Beschreibung als ein sehr friedliches und schönes bleiben kann, wenn die erste Trauer vorüber ist.

Ich habe schon mehrere Leute sterben sehen, welche aber noch nie meine Angehörigen waren. Trotzdem ist für mich klar, dass ich dabei sein will, wenn jemand stirbt, der mir nahe ist, wenn derjenige das auch so möchte. Ich möchte auch nicht allein sein, wenn es so weit ist. Es wäre schade, wenn mein Mann oder meine Söhne fern blieben, weil sie Angst haben.

Alles Gute
Susanne

3

Hallo Moosmuzel,

ich war "zufällig" dabei, als ein Mensch starb, zu dem ich fast keinen Kontakt hatte, den ich aber sehr mochte.

Neben dem absoluten Ernst in der Situation (es war ein überraschender Tod, trotzdem wusste ich als ich in die Wohnung kam, dass "der Tod" regierte, ich nichts mehr würde machen können), war ich stolz darauf, seine Hand zu halten, überhaupt die Stärke zu haben, dazubleiben. Das hätte ich nicht von mir gedacht. Leider, leider konnte seine Frau nicht bei ihm bleiben, sie ist immer wieder weggelaufen. Also war meine Pflicht umso größer, bei ihm zu bleiben.

Als er dann gegangen war, bin ich bei ihm geblieben, bis der Rummel losging. Ich habe seine Hand gehalten und ihn nicht allein gelassen. Und habe ihn völlig fassungslos angestarrt, dass es jetzt so ist und intensiv Sachen gedacht, die ich ihm nie so gesagt hätte.

Nach wenigen Tagen war ich tief zufrieden damit, dass er nicht alleine war. Obwohl er wie gesagt nicht vorhersehbar starb, fand ich diese Sache "rund", es passte, und das Größte, was ich mitgenommen habe, ist, dass Leben und Sterben nicht in unserer Macht stehen, dass man sich manchem einfach beugen muss... Der Tod hat für mich zudem an Schrecken verloren.

Nun hast du einen nahestehenden Menschen verloren, dass macht es natürlich intensiver und schwerer. Aber du hast doch schon die Zufriedenheit in dir, dass er nicht alleine war. Du hast mit ihm etwas Großes erlebt, du hast "es geschafft", und das ist eine große Leistung.

Hätte es nicht vielleicht eine viel schmerzhaftere Lücke in dir hinterlassen, wenn du es an dem Mittwoch nicht geschafft hättest, ins KH zu kommen?

Zu den "anatomischen Details": P. ist nicht so schnell erkaltet, seine Hand blieb in meiner warm. Und als ein Ruck durch seinen Körper ging, war ich - zum Glück - durch Erzählungen darauf vorbereitet, es hatte keinen Schrecken für mich. Sein starres, später gelbes Gesicht hat mich noch einige Zeit begleitet, aber dann habe ich es mal aufgemalt und meiner Mutter gezeigt, das hat mich davon befreit.

Gib dir ein wenig Zeit, das alles nach und nach zu verdauen. Vielleicht blickst du dann mit Zufriedenheit und Stolz auf dieses Erleben bzw. Sterben zurück.

Ich habe zwar keine Kinder, glaube aber, dass in dem Alter eine liebevolle, kurze Erklärung reicht ("er hatte doch so Schmerzen und war so müde, er ruht sich woanders aus und kommt nicht wieder, da geht es ihm besser") sowie das Teilen der Traurigkeit.

Viele Grüße,

b.

b.

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berufsbedingt habe ich schon mehrere sterbende begleitet, und musste schon oft feststellen, das viele Menschen einfach warten bis Person xy, von weiter weg da war, wie auch immer die das steuern. sei einfach froh das du deinem Opa so wichtig warst! die Erinnerung kann dir keiner nehmen,sie werden mit der zeit aber schwächer

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Vielen lieben Danke für eure mitfühlenden Worte. Die haben mir sehr gut getan und endlich konnte ich auch mal richtig weinen.

Ich grübel viel über die ganze Sache nach. Ist es nun schrecklich oder eigentlich schön, das wir dabei waren? Ich denke auf jedem Fall, das es richtig war das wir da waren und seine Hand gehalten haben. Vielleicht bin ich einfach noch zu sehr schockiert, das es so schnell ging. Wir waren ja noch nicht mal 2 Stunden im KH. Ich bin auch sehr froh, das er sehr ruhig war als er ging. Er hatte keine Schmerzen und vor allem auch keine Angst. Das beruhigt mich sehr.

Heute war ich wieder bei meiner Oma. Es macht mich sehr traurig,das sie nun allein ist. Wir wohnen etwa 100 km entfernt voneinander. Ich bin ihre letzte nahe Angehörige, da ihr einziger Sohn (meine Vater) auch schon seit fast 11 Jahren nicht mehr lebt. Um so mehr erstaunt mich wie stark diese Frau ist. Sie ist zwar etwas zerstreut, aber macht einen sehr gefassten Eindruck.

Es tut gut über meine Gefühle zu schreiben.

Dankeschön noch mal für Eure Antworten

LG

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----Ich grübel viel über die ganze Sache nach. Ist es nun schrecklich oder eigentlich schön, das wir dabei waren? Ich denke auf jedem Fall, das es richtig war das wir da waren und seine Hand gehalten haben. Vielleicht bin ich einfach noch zu sehr schockiert, das es so schnell ging. Wir waren ja noch nicht mal 2 Stunden im KH. Ich bin auch sehr froh, das er sehr ruhig war als er ging. Er hatte keine Schmerzen und vor allem auch keine Angst. Das beruhigt mich sehr.-----

Hi Moosmuzel,

du gibst dir doch schon die Antwort:

Es war schrecklich, denn du hast schneller als erwartet einen Menschen verloren, hast seinen Weggang erlebt.
Es war schön, denn er ist in Ruhe gegangen. Und Ihr habt ihn begleitet und konntet ihm noch einen Teil Liebe mitgeben.

Es war also beides. Und dieses Nebeneinander zweier starker Gefühle wird auch bald erträglich sein.

Ganz vielleicht akzeptiert deine Oma aufgrund ihres Alters den Tod einfach besser als wir, und ist deswegen relativ gefasst.

Viele Grüße,
b.

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Hallo moosmuzel,

auch ich habe berufsbedingt schon unendlich viele Menschen beim Sterben begleitet, junge sowie auch alte Menschen.
Das ist belastend.
Meine berufliche Erfahrung lässt es auch zu, zu behaupten, dass sich viele Familienangehörige scheuen ihre Lieben beim Sterben zu begleiten.
Es gibt Sterbende, die alleine sterben möchten und Sterbende die schwer loslassen können.

Privat habe ich meinen geliebten Opa beim Sterben begleitet.
Auch er hat scheinbar gewartet bis alle bei ihm waren.
Das war merkwürdig, denn eigentlich war er immer zurückhaltend.
Auch seine letzten Minuten wirkten quälend und unschön.
Das ist nun viele Jahre her.
Ich sehe es als Bereicherung!
Denn wann hat man wirklich die Möglichkeit einen geliebten Menschen beim Sterbenzu begleiten?
Ich wünsche es mir von meiner Familie, dass sie mich begleiten ( wenn ich hoffentlich auch erst alt bin).

Wie du es deinem Kind erklärst?
Hm, schwierig. Ich persönlich halte nicht so viel von Wolken und Himmel Geschichten und bevorzuge die irdische Variante.
Der Opa ist gestorben, hat den Körper verlassen, für immer sehr sehr tief eingeschlafen ( kindgerecht: was erst passiert, wenn jemand sehr alt ist).
So oder so ähnlich würde ich es erklären.
Ein knapp 2jähriges Kind wird sicher auch bald keine Erinnerung oder Interesse mehr haben.

Alles Gute!
belala

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Hallo,
mein lieber Papa ist vor 4 Monaten nach kurzer Krebskrankheit verstorben. Ich war dabei. Einerseits bin ich froh und dankbar ihn bis zuletzt begleiget zu haben, andererseits macht es mir schwer zu schaffen. So schwer, dass ich nun Medikamente einnehme um auf andere Gedanken zu kommen.
Dein Kind wird es gut wegstecken. Ich hatte auch große Angst davor wie meine Kinder den Tod ihres Opas verarbeiten werden. Die Angst war unbegründet. Wir haben viel darüber gesprochen und viel zusammen geweint. Die Kinder verkraften es gut.

LG

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Hallo,

ich finde es sehr schön, dass Du bei deinem Opa sein konntest. Für ihn war es sehr wichtig, so konnte er friedlich einschlafen. Auch wenn Du daran nicht glauben solltest, ich glaube das man nach dem Tod weiterlebt. Ich würde meinen Kindern sagen: der Opa ist im Himmel. Kinder haben dazu eh einen ganz anderen Bezug. Für sie ist das unsichtbare existent. Sie glauben an Engel, Monster etc. an Gut und Böse.

Ich habe zwar noch nie jemanden sterben sehen aber ich habe mir bewusst meinen Vater nach seinem Tod angeschaut. Ich hatte vorher keinen Kontakt mehr (was nicht meine Schuld war) und ich habe so von ihm Abschied genommen. Das Bild war lange in meinem Kopf aber heute kann ich es kaum noch sehen. Es ist sehr verschwommen. Es wird eine ganze Weile dauern bis Du den Verlust verarbeitet hast.

Liebe Grüße

Carola