Meine Oma, Witwe, hat Heilig Abend Geburtstag. Wie verhält man sich?

Hallo,

mein Opa ist im Oktober gestorben. Meine Oma trauert natürlich sehr, ich hingegen komme komischerweise erstaunlich gut damit zurecht.

Abgesehen von der Trauer plagt sie nun die finanzielle Not (Lebensversicherung reichte nur für Beerdigung, Leasing-Auto sowie Wohnung kann sie alleine nicht tragen usw.) und durch ihre Trauer sind die Rheumaschübe so schlimm geworden, dass sie mit ihrem Schäferhund nicht mehr spazieren gehen kann. Sie hat zwar Nachbars Hilfe und ihre zwei Töchter wohnen 30min. Autofahrt weit weg, aber nun verbindet sie Weihnachten mit großer Trauer. Sie hat Geburtstag, aber es ist der erste feierliche Tag ohne ihren Mann. Ihre Familie wird sie nachmittags besuchen. Ob ich hinkomme, weiß ich nicht. Ich weiß einfach nicht, wie man damit umgehen soll. Soll man fröhlich Weihnachten feiern und gemütlich Kuchen essen? Oder spricht man viel über den Tod und wie schön es doch wäre, wenn er dabei sein könnte?

Ich war vor einiger Zeit sie besuchen, war sehr unsicher, wie man sie aufheitern kann. Meine Tochter (2) hat so viel Lebensfreude ausgestrahlt, dass sie die besten "Mittelchen" hatte, sie abzulenken. Ich erhoffe mir also auch an Weihnachten, falls ich kommen sollte, dass meine Tochter sie ablenkt. Klingt aber irgendwie komisch...

Am Telefon ist meine Oma fröhlich, schwankt aber auch zum Tränenausbruch.

Und was ist am Abend? Alle gehen abends wieder und sie sitzt alleine zuhause? Zu mir kommen möchte sie nicht, erst im Frühjahr.

Ach menno. Sie tut mir so unendlich Leid :-(

Irgendwie ein Silopo, musste es aber mal loswerden

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>Ob ich hinkomme, weiß ich nicht. Ich weiß einfach nicht, wie man damit umgehen soll.<

das finde ich ja mal echt einen traurigen satz, wenn es um die eigene oma geht!
meine großeltern sind mittlerweile alle verstorben und ich wünschte, wir könnten nochmal zusammen kaffee trinken und weihnachten feiern! :-(
da geht man halt einfach hin und alles weitere ergibt sich. witze reißen würde ich erstmal nicht, aber jemanden nicht besuchen, nur weil man nicht weiß, wie man damit umgehen soll, finde ich bei verschwägerter verwandschaft ja noch legitim, aber bei der eigenen oma echt panne! #gruebel
für deinen opa #kerze
lg
claudia

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Hallo,

mein Opa ist am 12.12.2005 plötzlich verstorben. Morgen jährt sich also sein Todestag.
Wir haben trotzdem knapp 2 Wochen nach seinem Tod Weihnachten gefeiert. Wie jedes Jahr haben wir uns bei meiner Oma getroffen. Wir haben gelacht und geweint, über ihn gesprochen und auch uns schweigend in die Arme genommen.
Ich bin froh dass wir gefeiert haben. Und meine Oma war dankbar zumindest nicht den ganzen Tag allein sein zu müssen.

Manchmal kommt der Moment im Leben wo Eltern und Großeltern nichtmehr für uns Kinder stark sein müssen sondern wir für sie.
Familie gibt Kraft!

Meine Mutter ist ein paar Wochen nach meinem Opa verstorben. Eine Woche nach meinem 30.Geburtstag. Das letzte Mal telefoniert haben wir eben an diesem Tag. Das Jahr darauf habe ich meine Freunde und Familie um mich versammelt um zu feiern. Ich hätte nicht alleine sein wollen.

Du wirst das richtige tun. Hör auf das was dein Bauch und dein Herz dir sagen.
Ich wünsche dir und deiner Familie trotz der Trauer ein besinnliches Weihnachtsfest.

LG

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Als mein Opa vor 7 Jahren starb haben wir trotzdem wie immer Weihnachten gefeiert.
Klar haben wir geweint (und das wo ich gut damit klar kam). Aber wir haben auch gelacht. Über ihn gesprochen und über andere Dinge.
Er war da obwohl er doch fehlte. Das war so schön und traurig zu gleich.

Ich würde es immer wieder so machen. Und ich finde es traurig, dass du überlegst nicht hin zu fahren.
Wer weiß wie lange deine Oma noch lebt. Und dann?? Dann machst du dir Vorwürfe, weil du dieses Jahr nicht da warst, als sie dich brauchte.

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Auf der einen Seite kann ich Dich verstehen, auf der anderen Seite wiederum nicht.

Es gibt tatsächlich Menschen, die sich distanzieren, weil sie nicht wissen, wie man mit einem trauernden Menschen umgehen soll. Aber das sind eigentlich nicht die nächsten Verwandten, vielmehr Leute aus dem Bekanntenkreis.

Es ist normal, dass Deine Oma zwischen Freude und Leid schwebt. Auch direkt Hinterbliebene haben den Wunsch nach Normalität und Zukunftsaussichten in ihrem Leben, auf der anderen Seite hängt da noch die Erinnerung an das Vergangene und erlebte. So was streift man auch nicht so schnell ab. Ein Trauerprozess ist ein langwieriger Prozess mit vielen Facetten.

Einen geliebten Menschen zu verlieren ist schon schlimm genug, wenn einem mit dem Tod auch noch Existenzängste plagen und die Gefahr besteht, alles zu verlieren, ist es doppelt so schlimm.

Trauernde Menschen geben einem eigentlich immer sehr deutliche Zeichen, wie man mit ihnen umgehen soll. Der eine redet gern, der nächste möchte nicht reden. Man muss nur richtig zuhören können, dann weiß man, wie man mit einem trauernden Menschen richtig umzugehen hat.

Fahr hin, besprech mit ihr konkret, wie sie sich ihr Leben in Zukunft vorstellen wird, versuche sie zu unterstützen, mit ihr zu reden, mit ihr zu weinen, wenn ihr nach weinen ist und mit ihr zu lachen, wenn sie lachen möchte.

Es ist nicht nur Aufgabe von Nachbarn und Freunden, die in ihrer nächsten Umgebung wohnen, ihr zu helfen, sondern vielmehr Aufgabe der Familie, Lösungen zu suchen, wie es in Zukunft mit ihr weitergehen kann.

Wenn Du nicht fährst, wählst Du für Dich nur den einfacheren Weg, Dich nicht mit ihren Problemen auseinander setzen zu müssen.

Euch alles Gute, Janette

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Vielen Dank für eure ehrlichen Antworten #herzlich