Papa liegt im Sterben. Wie kann ich es mir leichter machen?

Hallo zusammen,

mein Vater wird in den nächsten Tagen oder vielleicht noch Wochen an gestreutem Blasenkrebs sterben. Er ist 56 Jahre alt.
Er lebt im Heim, weil wir ihn nicht versorgen können. Er hat seit 18 Jahren starke Epilepsie.

Es geht ihm derzeit sehr schlecht. Er kann nur noch im Bett liegen, ist total konfus und bekommt Morphium.

Einerseits bin ich erleichtert, wenn er endlich von uns geht, aber andererseits hab ich Angst, dass es mich total umhaut, wenn er letztlich doch tot ist.

Ich bin im sechsten Monat schwanger mit dem zweiten Kind und versuche so oft wie möglich bei ihm zu sein.

Wie bereitet man sich auf den Tod vor? Bzw. wie kann ich besser damit umgehen?

Gibt es etwas was ich mir sagen kann, was es mir erleichtert?

Ich weiß, dass der Tod zum Leben dazugehört, aber das tröstet mich nicht wirklich.

Danke für eure Antworten
LG
Claudia

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Es ist sehr schmerzlich mit anzusehen wie ein geliebter Mensch so langsam vor sich hin stirbt. Ich finde es Klasse von Dir das du trotz Schwangerschaft oft bei deinem Papa bist. Das du da bist und Ihn besuchst, das gibt Ihm Kraft. Mein Onkel ist vor 4 Jahren an Krebs gestorben, es war eine harte Zeit für Ihn und seine Frau und Verwandschaft. Er hat es uns frei gestellt Ihn nochmal zu sehen und er hat alles für seine Beerdigung selber Organisiert. Auch er hatte ein sterben auf Raten aber für uns war es ein schönes Abschied nehmen, auf Raten . Glaubst du an Gott, dann bete zu Ihn. Mit dir, mit deinem Papa, in der Kirche. Sprich mit Seelsorgern, das alles hilft .

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Hi Claudia,

erstmal tut es mir leid, das dein Papa im sterben liegt.. er ist genauso alt wie meiner!

Ich weiss nicht ob es dir hilft mit dem Tod besser zurecht zu kommen.. aber versuch mit deinem Papa darüber zu sprechen..oder mit einer anderen Person.
Versuch dich von deinem Papa zu verabschieden, sprich lass ihn gehen.

Auch wenn es sich komisch anhört.. nur Menschen, die von ihren Angehörigen los gelassen wurden, konnte in Frieden gehn.. ohne langes Leiden.

Bin Krankenschwester und habe es oft mit erlebt.

Tut mir leid!#kerze

LG Diana

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Hallo Diana,

was du geschrieben hast berührt mich total, denn ich habe es im Juni selbst erleben müssen.

Meine liebe Schwiegermutter, die mir sehr nah stand und mit meiner Tochter fast so etwas wie eine Seelenverwandtschafft hatte, ist an Krebs gestorben.

Als sie im Sterben lag, waren mein Mann und ich jeden Tag da, abwechselnd. Ich hatte immer meinen Sohn dabei, er war gerade 2-3 Wochen alt.

Sie war 2 Wochen im Krankenhaus, die Zeit war furchtbar. Ich habe Kollagen mit Fotos von ihren Enkeln und uns gebastelt und ihr ans Bett gestellt. Einmal musste ich plötzlich weinen und schluchzen: "Ich will dich nicht gehenlassen!" - sie war wirr und schwach und unruhig, keine Ahnung, ob sie es mitbekommen hat.

Aber sie hat so gekämpft und es war grausam, das mit anzusehen. Ich habe bei jedem Besuch gehofft, dass sie endlich das Bewusstsein verliert und zur Ruhe kommt.
An ihrem Todestag bin ich Vormittags hin. Die Pfleger hatten schon am Abend zuvor eine Kerze angezündet.

Ich habe mich zu ihr gesetzt, ihre Hände und Gesicht gehalten und gestreichelt und immer wieder gesagt: "Es ist ok, du kannst loslassen." Ich habe versprochen, dass wir sie nicht vergessen, dass ihre Enkel wissen werden, wer sie ist. Ich habe erzählt, dass Lena sagt: "Wenn ich meine Augen zumache, kann ich meine Oma sehen und mit ihr reden!".
Und ich habe gesagt, dass wir sie jetzt als Schutzengel brauchen.

Da hat sie schon einmal aufgehört zu atmen. Ich dachte, jetzt sei es vorbei, aber dann hat sie doch nochmal Luft geholt. Eine Stunde nachdem ich gegangen war, kam der Anruf.

Für mich bedeutet es total viel, dass ich der letzte Mensch bei ihr war und diese Worte noch gesagt habe.

Ich bin so froh, dass ich sie losgelassen habe.

Liebe Grüße
Jana

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Hi Jana,

hätte eben echt #heulen können. Tut mir leid mit deiner Schwiegermutter..find es schön wenn man so ein gutes Verhältnis hat.. hab es leider nicht.

Es ist für viele nicht begreifbar, aber Sterbende bekommen so viel mit..und vorallem bekommen sie mit, wenn man sie nicht gehen lassen will. Viele warten da einfach drauf.

OK, ich kann gut reden..im KH sind es für mich hauptsächlich Patienten..aber dennoch möchte man für sie nur das Beste.

LG Diana

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Hi Claudia,

erst mal tut es mir sehr leid für dich, dass dein Papa so früh von euch gehen muss.

Wie man es sich leichter machen kann, kann ich nicht wirklich sagen. Aber aus erfahrung kann ich sagen, dass es für mich leichter war zu wissen, dass jmd stirbt (der Vater eines guten Freundes ist an Lungenkrebs gestorben, nachdem er gestreut hat - ich hatte ihn sehr lieb), als wenn jmd plötzlich stirbt (meine Schwiegermutter ist an einer Überdosis Heroin gestorben - trotz Drogensucht eine tolle Frau).

Dem Vater meines Freundes konnte eigentlich nichts besseres passieren, als das der Tod ihn erlöst. Ich habe ihn 6 Monate dahinsiechen gesehen. Zum Schluß hat er trotz Medikamente nur geschrien vor Schmerzen und es war sehr schlimm sich das anzusehen. Der Tod hat ihn erlöst... kurz davor wusste er schon bescheid und hat sich verabschiedet. Das war das erste mal seit langer Zeit wo er so gefasst und so friedlich aussah... dann ging er von uns und ich wusste, dass er erlöst ist. Das machte mir den Abschied leichter. Seinen Tod konnte ich gut verarbeiten.

Durch den plötzlichen Tod meiner Schwiemu wurde ich richtig durchgerüttelt. Und auch heute habe ich immer noch das Gefühl, dass sie gar nicht tot ist. Es ging zu schnell, als das ich es richtig realisieren konnte. Bis heute ist es schwer für mich mir einzugestehen, dass ich keine Möglichkeit mehr hatte mich zu verabschieden.

Ich wünsche dir und deiner Familie ganz viel Kraft!!!

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Hallo Claudia
es tut mir wahnsinnig leid was du durchmachst mein Papa ist im September letzten Jahres ebenfalls am gestreutem Blasenkrebs gestorben. Es war die absolute Hölle, die letzten 5 Wochen war er in der Uni-Klinik und davon 2,5 Wochen waren meine Mama und ich Tag und Nacht bei ihm (ich habe drei Kinder ) aber ich konnte nicht anders ich wollte jede Sekunde bei ihm sein. Habe die Augen verschlossen, dass es soweit ist , ebenso meine Mama als Krankenschwester hat sie schon viele Menschen sterben sehen(der Sterbeprozeß setzt ja schon einige Zeit vorher ein)und sie hat es auch verdrängt. Wir dachten immer noch, es kann nicht sein, aber Hoffnung (so sehe ich es heute gibt es nie), ich kann es immer noch nicht fassen, daß er nicht mehr da ist, ich habe danach einige Bücher gelesen, die kann ich dir empfehlen, von Paul Meek, oder Bernard Jakoby- wenn es etwas gibt wie Trost, dann haben sie mir etwas Trost gegeben. Und ich habe keine Angst vor dem Tod, ich glaube dass wir uns wiedersehen, den Glauben -sofern vorher vorhanden, habe ich nicht mehr bzw. ich hadere.
Die letzten 2,5 Wochen waren so entsetzlich, dass ich es nicht fassen kann, das hat keiner Verdient. Aber der Sterbeprozeß ist wirklich so wie in den Büchern beschrieben. Ich möchte gerne zu einem Medium- etwas woran ich mich klammere- es gibt unzählige Betrüger aber vereinzelt auch echte und das habe ich mir vorgenommen.
Ich wünsche dir viel Kraft und alles gute für dein Baby und den Rest deiner Familie
lg Beate