Nach „Papatag“ soll Papa „alles“ machen

Hallo Frau Dr. Retz,
mein Mann muss die meisten Samstage nicht arbeiten. D.h. für unseren 3-jährigen Sohn (nennen wir ihn Finn) ist „Papatag“ angesagt. Toben, in einen Kinderpark fahren; meist ist dann volles Programm. Der Sonntag ist somit der einzige „freie Tag“, an dem mein Mann entspannen kann. Sein Fahrrad ist sein Ausgleich und er hat auch eine tolle
Männerclique. Das Problem ist nur, dass sobald das Abendritual angesagt ist (Zähneputzen, Händewaschen, die letzte Windel), Finn darauf besteht, dass mein Mann das alles machen soll. Obwohl ich unter der Woche dafür „zuständig“ bin. Wir erklären Finn ruhig, dass Papa nun eine Pause braucht, aber der Kleine bekommt Wutanfälle, rennt Papa hinter her und lässt sich kaum beruhigen. Wenn ich Finn hinter her renne und ihn in seinen Emotionen auffangen möchte, ist er kaum erreichbar. Das führt so weit, dass Finn manchmal morgens wach wird (1x pro Nacht gegen 5/6 Uhr ist normal) und verlangt, dass nur Papa ihn wickelt, ein Fläschchen macht. Das muss in einer ganz bestimmten Reihenfolge passieren, sonst wird es laut. Das ist nervlich eine ziemliche Belastung für meinen Mann, zumal er Erwachsenen-ADHS hat (ich habe gelesen, dass solche Situationen für ADHS-Betroffene doppelter Stress sind). Früher hatten wir das auch mal mitten in der Nacht, das war extrem anstrengend, weil
wir beide am nächsten Tag arbeiten mussten.
Ich erkläre Finn tagsüber immer wieder mal, dass ich für ihn da bin und wir den Papa dann mal schlafen lassen. Das funktioniert aber nicht immer. Gibt es eine Lösung, wie man meinen Mann nach so einem „Papatag“ mehr entlasten kann und Finn aus diesen Wutanfällen herausbekommt?
(Unabhängig davon geht Finn in die Kita, da verläuft aber alles „normal“).
Herzlichen Dank vorab!
Belleprinces

1

Hallo,

da Kinder in diesem Alter noch wenig bis kaum die Fähigkeit zur sog. Perspektivübernahme haben, fällt es den Kindern in diesem Alter noch recht schwer, Bedürfnisse der Eltern zu verstehen - also warum diese jetzt eine Pause möchten. Oder warum Eltern nicht mehr am Spielplatz bleiben möchten etc. Deshalb kommt es in der sog. Autonomiephase gehäuft zu diesen Konfliktsituationen. Hier können Sie mehr darüber erfahren: https://www.spiegel.de/familie/bindungsorientierte-erziehung-und-wenn-sich-mein-kind-im-supermarkt-auf-den-boden-wirft-a-7ba10eb1-a2e9-4bce-9832-c7cf2d904230

Es wäre sicherlich hilfreich, wenn es gelingt, die Erwartungen ein wenig zu reduzieren. Gerade in den Abendstunden fällt es kleinen Kindern oft recht schwer zu kooperieren. Es ist wichtig, dass der Papa sich abgrenzt, wenn er eine Pause braucht. Dann lernt ein Kind nämlich an dessen Beispiel, dass es in Ordnung ist, für eigene Bedürfnisse einzustehen. Begleiten sie als Eltern geduldig die Gefühle, die ihr Kind dann zeigt. Das ist viel wichtiger als immer "Ja" zu sagen. Wenn es dem Papa hilft, dann könnte er in den schwierigen Abendstunden vielleicht auch eine bewusste Auszeit für sich nehmen (Radfahren, Spazieren gehen), indem er dann auch die Wohnung verlässt.

Herzliche Grüße,

Eliane Retz

2

Vielen lieben Dank für Ihre sehr hilfreiche Antwort! Ihre Instagram-Seite ist klasse und hilft uns sehr durch die Autonomiephase. Ich habe angefangen, Ihr Buch zu lesen. Herzliche Grüße zurück :-)

3

Danke :-)