Wutanfälle mit 4,5 Jahren

Liebe Frau Dr.Retz,

meine Tochter ist 4,5 Jahre alt und hat seit 2 Woche sehr viele Wutanfälle. Wie sind davon ausgegangen, dass diese Phase mit den täglichen Wutanfällen vorbei ist, aber sie kehrt wieder. Ich hab das Gefühl, dass so viel Wut in ihr steckt! Sie kann sich schwer wieder beruhigen bei extremen Anfällen und im Alltag schreit sie viel rum und schmeißt Gegenstände durch die Gegend.
Wir haben sie bedürfnisorientiert erzogen und sind immer auf sie eingegangen und haben jeden Wutanfall sanft begleitet.
Sie kam später in die Kita und auch sonst wurde sehr selten Fremdbetreut (Freundin mit ihrer Tochter.
Nun mich jedoch an dem Punkt und frage mich, ob das normal ist oder wir uns lieber einmal beim Kinderarzt vorstellen sollen.

Sie hat seit dem letzten Jahr auch viele Veränderungen gehabt (Coronazeit hat sie mit uns zu Hause sehr genossen). Ich bin schwanger geworden und war gesundheitlich nicht mehr in der Lage so viele Aktivitäten anzubieten wie vorher, dann kam der Umzug und sie musste oft vertröstet werden und nach dem Umzug das Baby. Sie ist aber eine ganz liebe Schwester und wir nehmen uns zusammen und auch einzeln viel Zeit für sie.

Was mich auch beunruhigt ist, dass sie viele Hörspiele hören möchte und wenn wir vereinbaren ein Hörspiel am Vormittag und dieses dann vorbei ist, dann dreht sie gefühlt durch.

Vielen Dank im Voraus für die Antwort und Mühe!

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Hallo,

im Vorschulalter gibt es noch mal einen Reifungsschub im kindlichen Gehirn bzgl. Gefühlsregulation/Impulsregulation etc. Typisch in der vorherigen Autonomiephase sind sog. Schübe, was bedeutet, dass Eltern oft den Eindruck haben, dass ihr Kind viel vernüftiger geworden ist und plötzlich kehren starke Gefühle wieder zurück und erschweren den gemeinsamen Alltag bzw. sind eine Herausforderung.

Viele Kinder sind nach der Geburt eines Geschwisterkindes weniger gut reguliert. Die Rollenfindung als großes Geschwisterkind ist schon eine gewisse Kraftanstrenung und die Kinder haben dann oft nicht mehr soviele Ressourcen für andere Entwicklungsthemen. Ich berate Eltern schon lange zu diesem Thema und vielleicht beruhigt es Sie zu hören, dass viele Eltern ihr erstgeborenes Kinder nach der Geburt des zweiten Kindes als schwieriger im Umgang erleben. Ich biete dazu nächstes Wochenende auch ein Web-Seminar an: https://geborgenheit-fuers-kind.com/vortraege/unser-kind-bekommt-ein-geschwisterkind/


Mein Eindruck ist, dass Sie sich als Mama sehr engagieren und feinfühlig sind. Wertschätzen Sie das, was Sie gerade alles leisten! Auch dann, wenn es Tage gibt, die sehr anstrengend sind.

Seien Sie klar in Bezug auf die Hörspiele. Auch diese können zu einer Überreizung führen. Wenn Sie das Gefühl haben, dass ein Hörspiel ausreicht, dann stehen Sie dazu und halten Sie dann auch diese Wut gemeinsam aus.

Herzliche Grüße,

Eliane Retz