Der Stress macht uns beide total fertig

Ihr lieben, seit dem Hochwasser ist nichts mehr normal. Ich arbeite Vollzeit und muss daheim noch den Papierkram machen, da mein Mann Legastheniker ist. So weit kein Problem. Aber ständig kommt irgendwelcher Kram, wo er mich fragt, was wir damit machen sollen. Ich bin aber weder Anwältin noch Bank- oder Versicherungskauffrau. Also nerven wir uns dann gegenseitig irgendwann.

In der Wohnung kann man nicht mehr treten, alles ist voll mit den geretteten Sachen aus dem überschwemmten Keller und mit Hilfsgütern, die wir für zwei Angehörige gesammelt haben, die alles verloren haben. Nur sind sie weit weg untergebracht und unser Auto ist uns zu unsicher zum hinfahren. Das andere Auto ist nur noch Schrott. Kann kaum mehr treten, geschweige denn mal richtig putzen. Wir werfen uns also ständig gegenseitig vor, irgendwelche Briefe oder Sachen verlegt zu haben.

Wenn ich was im Haushalt machen will, fragt er genau, was ich vorhabe, was ich dann mache, ich soll erst mal dies machen und jenes lassen...

Wenn ich ans Auto gehe, bekomme ich mecker, ich hätte es mit der Fernbedienung aufgemacht, auch wenn ich den Schlüssel benutzt habe. Heute bin ich in den provisorischen Waschsalon gefahren, er sagte direkt, mach Kurzwäsche, ich brauche das Auto gleich noch. Und als ich nach rund 50 Minuten wiederkam, fragte er, wo ich so lang gewesen wäre....

Das Problem ist, wir sind beide nervlich total am Ende. Er kann nicht mal abends TV gucken, das klappt hier noch nicht. Ich habe ewig kein Buch mehr gelesen, und wenn ich es versuche, quatscht er mich voll. Während ich sie Post durchgehe, fragt er schon nach Einzelheiten, obwohl ich noch nicht alles gelesen und verstanden habe - mit einem hochwassergeschädigten Auto hatte ich ja auch noch nie zu tun.

Ständig die Frage: hast du schon...? Und ich: ja, wann denn?

Ea ist einfach so, dass wir uns gegenseitig den letzten Nerv rauben, aber einfach wegfahren ist auch nicht drin, dann müsste der eine den anderen zur Bahn fahren, oder einer sässe dann ohne Auto da.
Ich weiss nicht mehr, was ich tun soll. Einerseits liebe ich ihn, aber in letzter Zeit wünschte ich mir immer öfter, er habe einen dreiwöchigen soforturlaub gewonnen. Für eine Person.

Hat jemand einen Rat für mich?

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Mit viel Geduld aussitzen.

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Eine wirklich belastende Situation! Vielleicht würde es helfen, Zeiten zu vereinbaren, in denen ihr euch „kümmert“ aber auch eine Art Freizeit/ Feierabend zu vereinbaren. Was mir im Chaos manchmal hilft sind Checklisten, einfach aber oft hilfreich und ein gutes Gefühl Dinge abzuhacken. Einfach in einem Block untereinander notieren, was ansteht. Macht den Kopf frei! Alles Gute für euch!!!

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Phuu, das tut mir sehr leid, dass auch ihr Opfer dieser Flut wurdet. Ich kann mir vorstellen, dass der Verlust von Habseligkeiten und das Zu Hause weh tut.
Wenn man in einer solchen verzwickten Lage ist, sieht man vor lauter Bäume den Wald nicht mehr.

Was mir so ganz spontan in den Sinn kommt, wie ihr da wieder langsam aber sicher raus kommt:

- Erstensmal: all die gesammelten Kisten für eure Freunde müssen weg! Sehr sehr lieb und rücksichtsvoll, dass ihr für sie sammelt. Aber sie sind euch im Weg und mit ein Grund für euren Stress. Also: fragt Freunde, Nachbarn oder Familie, engagiert ein Mietauto, Umzugsleute, was auch immer. Bringt diese Kisten weg zu den Menschen, die sie brauchen. Fahrt mit 2 Autos wenn es sein muss. Aber es wird sich irgendjemand finden, der euch diese Kisten wegbringt. Das muss als erstes gemacht werden. So bekommt ihr schon ein wenig Luft in eurer Wohnung. Fangt am Besten schon morgen oder Montag an, mit Leute anfragen.

-Dann habe ich das Gefühl, dass ihr oft aneinander vorbei redet. In einer stressigen Zeit wird das gerne gemacht, weil jeder sich hilflos fühlt und denkt, mit Worten zur Situation etwas beisteuern zu können. Aber das bringt nur noch mehr Chaos.
Setzt euch zusammen, macht eine Liste, was euch in dieser Zeit helfen könnte, was euch in der Kommunikation miteinander wichtig ist. Bring diese Beispiele, die du hier aufgelistet hast auf den Tisch und frag ihn, warum er dieses Bedürfnis hat, dich immer wieder zu korrigieren und kontrollieren. Sag ihm, dass du vorwärts machen musst, sonst drehst du am Rad.
Findet zusammen heraus, welche Kommunikation euch in solchen Situationen am Meisten hilft. Ihr könnt auch Schlüsselsätze miteinander abmachen. Wenn ihr Ruhe und Abstand braucht, wenn ihr genervt seid, wenn ihr Hilfe braucht etc. Seid ehrlich miteinander, aber respektvoll.
-macht miteinander ab, dass ihr Ruhezeiten einplant am Abend. Da wird nicht geredet, bis das Buch weggelegt wird.
-plant aber auch unbedingt Zeit zu zweit ein. Abendessen, gemeinsam Duschen, einander massieren, spielen, spazieren,... so könnt ihr auch abschalten und findet wieder etwas zu einander.

-Dann macht eine Liste, was alles gemacht werden muss:
--》 Findet einen Ort, wo ihr ungeöffnete Post deponiert und einen Ort, in der ihr Post hinlegt, die noch ausgefüllt oder bezahlt werden muss. So habt ihr alles im Blick und dein Mann kann auch mit seiner Legasthenie selber nachschauen, wo was ist.
--》 Wochenputzplan erstellen und aufteilen. So wie ich dich verstanden habe, ist dein Mann zZ mehrheitlich zu Hause? Ist er arbeitslos? Wenn das so ist, dann müsste er den Hauptteil der Hausarbeit machen können.
--》 Die geretteten Sachen aus eurem Keller müssen ausrangiert, sortiert und verräumt werden, damit ihr die Wohnung endlich richtig betreten könnt. Ich selber nehme oft meine Schwester zur Hilfe, weil ich auch nicht gut einräumen kann. Nehmt doch auch jemand zur Hilfe, der mit euch zusammen eure Habseligkeiten sortiert und richtig einräumt. Klärt vorher ab, was euch wichtig ist zum behalten. Könntet ihr auch eine Garage oder einen Raum mieten, in der ihr diese Dinge vorläufig einstellen könnt, bis euer Keller wieder funktionsfähig ist?

Noch ein Gedanke:
Wie reagierst du, wenn er sagt, dass du eine Arbeit später erledigen sollst oder er dich anquatscht, während du die Post durchliest? Machst du das was er sagt oder machst du trotz seiner Einwände weiter? Ich habe bei deinen Schilderungen nämlich das Gefühl, dass du es ihm viel Recht machen willst und somit kann sich nichts ändern, weil er ständig auf die Bremse tritt.

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Ich kenne solche zwischenmenschlichen Situationen nur aus meiner Zeit in der Armee, wo man sie künstlich herbeiführt, um Leute darin zu schulen, wie man mit ihnen umgeht. Generell gilt, möglichst weitere Leute mit ins Boot zu holen und nicht allein am Rad zu drehen. Fragt Verwandte, Freunde, Nachbarn etc., ob sie euch helfen können, oder ob ihr irgendwie Arbeiten zusammenlegen könnt, damit ihr den Kopf frei kriegen könnt. Irgendwer kann vielleicht die Sachen, die zu euren Verwandten sollten mal mitnehmen, oder zumindest einen Teil davon, irgendwer kann euch beim Putzen helfen usw. usf. Und dazu Aufgabenteilung, so dass jeder einen Bereich hat und ihr nicht ständig Reibereien habt.

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Danke euch!
Es kracht einfach überall... gestern waren wir in der Weinhandlung, mein Mann stand vorm Regal, und hinter ihm wollte ein Mann mit Rollator vorbei. Ich meinen gebeten, ihn durchzulassen. Er fühlte sich bevormundet und machte voll den Aufstand, er hätte hinten keine Augen und der alte Herr hätte selbst was sagen können, habe ja einen Mund zum Reden...
Oder ich habe die noch feuchte Wäsche auf dem Balkon hängen lassen über Nacht. Die holt man doch rein! Ist doch jetzt wieder nass! Ja, wie, es ist doch hier nirgends Platz für einen Wäscheständer! Und wir motzen uns aufs neue an..

Ich hoffe so, dass wir demnächst ein paar Tage wegfahren können, einfach, damit wir mal wieder was schönes gemeinsam erleben und nicht immer diese Reibereien haben...

hätte ihn gestern jedenfalls am liebsten erschlagen, ganz ehrlich. Dabei ist er genauso fertig wie ich. Er geht nur halt anders damit um. Und sagt, ich rege mich in letzter Zeit viel zu schnell auf. Ich sage, er ist es, der mich total aufregt. Da weiss ich echt nicht mehr, was wir da noch machen können.

Unsere Ehe auf den Müll schmeißen möchte ich jedenfalls nicht...