Partner emotional schwer zugänglich

Hallo zusammen,

mein Ehemann war noch nie jemand, der sein Herz auf der Zunge trägt. Mitte letzten Jahres gab es in seiner Familie einen schweren Verlust für ihn, und seither hab ich das Gefühl, dass ich gar nicht mehr an ihn rankomm. Er redet immer nur belangloses Zeug, aber nie über sein Innenleben. Ich bin aber jemand, der das Gefühl der Verbundenheit sehr braucht. Irgendwie leben wir schon ein Weilchen nur noch nebeneinander her, wenn ich mit ihm drüber rede, sieht er das aber gar nicht. Abgesehen mal davon, dass ich ganz gern hätte, dass er selbst erkennt, dass wir uns da gerade auseinanderleben.

Er sagt immer, dass er gar nicht weiß, was er mir erzählen und worüber er mit mir reden soll. Gespräche entwickeln sich doch aber, wenn man nur mal anfängt. Ich weiß gerade echt nicht mehr weiter.

Hat mir jemand einen Tipp, wie ich ihn da raus holen kann? Wir haben einen kleinen Sohn, sind noch nicht lange verheiratet, ich will uns eigentlich nicht aufgeben, aber so stell ich mir mein Eheleben nicht vor. Ich will ja nicht nur einen Partner, um Tiscj und Bett zu teilen...

LG

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Naja, ich möchte ja eigentlich nicht die typische "Wieso stört dich das erst jetzt?"-Frage stellen, aber sie drängt sich natürlich auf. Du wusstest doch, dass er so ist, wieso hast du ihn dann geheiratet und ein Kind bekommen mit ihm? Oder war er früher nicht so? Vor einem Jahr hast du ihm noch das Ja-Wort gegeben und jetzt ist es alles so schlimm, dass du nicht weißt, wie du damit leben sollst? Wenn er sich in dem Jahr krass verändert hat, würde ich es verstehen...

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Das hat er, durch den familiären Verlust, bzw. hat es damit angefangen, schlimmer zu werden als es war. Er ist mir ggü zB oft gereizt, sagt mir aber nicht, was sein Problem ist. Er macht einfach total zu und ich kann ihn nicht mehr erreichen. Ich finde das nicht normal und habe Angst, wohin das führt. Für mich gehört zu einer Partnerschaft einfach, dass man viel und offen redet, auch über Dinge, die einen bewegen. Anderenfalls ist es meiner Meinung nach nur eine Frage der Zeit, bis das in die Brüche geht. Klar, das war bei ihm nie sehr ausgeprägt, aber eben trotzdem da. Und nun komm ich seit Monaten gar nicht mehr an ihn ran.

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Hat er vielleicht eine Depression entwickelt?

Ansonsten war ich auch mal mit jemandem zusammen der keine emotionale Bindung wollte. Er hat mir sogar nach drei Monaten Heiratsantrag gemacht, weil er sich unter einer Beziehung eben eher eine ökonomische Vereinbarung mit Sex (wie im 19. Jahrhundert oder so) vorgestellt hat. Das habe ich aber abgelehnt und es hat sich dann nach ein paar Monaten zerschlagen. Für mich ist das auch nichts. ich will über alles reden können und eben auch emotionale Bindung.

Aber wenn dein Mann nicht immer so war, kann es entweder sein dass er eben durch den Verlust depressiv geworden ist, oder er sich "entliebt" hat. Das müsstest du herausfinden und daraus dann Konsequenzen ziehen z.B. Therapie für ihn, für euch beide, Trennung etc.
So weitermachen ist denke ich die schlechteste Option, da wirst du nur unglücklich wenn eine reine Zweckbeziehung nicht das ist was du willst (gibt ja viele die das praktizieren, aber für mich wäre das eben auch nichts)

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Du sagst, dass er noch nie ein Mensch war, der sein Herz auf der Zunge trägt, und das muss er auch nicht.

Wenn er über etwas, was ihn belastet reden möchte, wird er es tun. Erzwingen oder "ihn da raus holen" musst du ihn nicht.
Du hast ihn so kennengelernt, du hast ihn so geheiratet, jetzt solltest du nicht versuchen ihn zu ändern, denn er ist, wie er ist.
Du bist schließlich auch, wie du bist. Und wenn du eine Verbundenheit nur spürst, wenn der Partner sein Innerstes nach außen kehrt, ist das eine Eigenschaft von dir.
Vielleicht sieht dein Mann es genauso anders herum "immer will sie über Gefühle reden, das stört mich total, was kann ich da tun".
Jeder Mensch ist nun einmal anders.

Reden kann man auch über belanglose Dinge, gesellschaftliche Dinge, Kultur, Sport... da gibt es sicher auch Themen, über die ihr beide euch austauschen könnt.

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Nein, ich hab ihn eben nicht so kennen gelernt und geheiratet. Das war vor dem Verlust lang nicht so ausgeprägt.

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Und wenn er mit meinem Bedürfnis ein Problem hätte, ob, aber dann muss er es mir doch sagen und wir müssen darüber reden, oder nicht? Wenn er mir seine Bedürfnisse oder Nichtbedürfnisse nicht mitteilt, kann ich ja gar nicht darauf eingehen..

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Bist Du sicher, dass keine Frau dahinter steckt? Die Ehefrau meines Liebhabers würde ihren Mann auch so beschreiben. Mit ihr teilt er seine Gefühle und Gedanken nicht mehr. Mit mir hingegen schon...

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Hm naja, ja, da bin ich mir eigentlich schon sicher. Auch wenn es da in der Vergangenheit, allerdings viele Jahre her, Flirtereien gab, die eben auch ihre Spuren bei mir hinterlassen haben und das evtl. mit ein Grund ist, weshalb ich so empflich auf seinen Rückzug reagier.

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Also ich für meinen Teil kann dich sehr gut verstehen. Ich war auch mit so einem zusammen. Auch er war genau das Gegenteil, bis unser Kind geboren wurde. Danach hat es sich so ergeben, dass er nur noch Gespräche über Belangloses führen konnte/wollte. Ich hab ihm damals auf den Kopf zugesagt, dass ich das, worüber wir reden auch mit dem Postboten oder meiner Friseurin besprechen kann.
Bei ihm steckt eine Bindungsangst dahinter. Das Gefühl, jetzt für immer gebunden, verpflichtet zu sein hat ihn gelähmt und zum Rückzug in sich selber gebracht. Auch ein Stück weit umbewusst, um mich zu bestrafen, dass er jetzt Inder Situation ist (Kind war geplant )
Wir sind nicht mehr zusammen. Das Leben mit ihm hat mich krank gemacht. Dieses emotional nicht erreichbar sein für mich war Folter.
LG

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Dein Text könnte fast von mir sein!

Mein Mann hatte vor ein paar Jahren auch einen schweren Verlust in der Familie und ist seitdem auch emotionel sehr schwer zugänglich. Das war vorher auch nicht so.

Mein Mann kann heute kaum mit Emotionen umgehen. Ich wünschte mir manchmal eine emotionelle Stütze, kann er nicht geben. Die Kinder trösten kann er schon irgendwie, aber ihm fehlt das gewisse Feingefühl das sie brauchen.

Vor unserem ersten Kind (lange vor dem Schicksalsschlag) hatte ich eine Fehlgeburt. Er war für mich da, so wie ich es brauchte. Glaub heute könnte er das nicht mehr. Er wüsste nicht, wie er mir zur Seite stehen sollte, wäre hilflos.

Er hat auch z.B. noch nie geweint, hat Wut, Trauer oder ähnliches über den Verlust gezeigt. Gefühle zeigen - Fehlanzeige.

Er sagt immer, es geht ihm am besten, wenn alles um ihn herum "funktioniert". Nur leider bin ich ein Mensch, hab halt auch mal einen schlechten Tag und hab für nix und niemanden Geduld. Er lässt sich dann sehr leicht von meiner schlechten Laune runterziehen. Obwohl ich dann eher einen starken Part brauche der mich aufbaut. Hat er früher auch gemacht.

Ich tu mir immer noch sehr schwer damit umzugehen und hab oft das Gefühl ich kenne sein Innenleben überhaupt nicht.
Mit ihm darüber zu reden fällt vor allem ihm total schwer.

Ich hab auch schon mehrmals gesagt, er soll zu einem Psychologen. Muss ja nicht mit mir darüber reden wenn er nicht will. Bisher hat er es verneint.

Und im Moment hab ich das Gefühl es geht ihm besser.

Ich hab aber trotzdem grosse Angst, dass irgendwann nochmal was zurückschiesst, in Form von Burn-out, Depression, posttraumatischem Stresssyndrom oder so was. Ich bin immer noch der Meinung, dass es nicht gut sein kann, seine Emotionen/Gefühle/Gedanken in sich reinzufressen.

Er kommt halt auch nicht aus einer Familie in der offen über alles geredet wurde. Ich seh das an anderen Familienmitgliedern.

Ich hab mir auch schon oft überlegt, ob ich selbst zu einem Psychologen gehen sollte um herauszufinden, wie ich mich in dieser Situation verhalten soll. Aber immer wenn ich kurz davor war, hat es sich wieder gebessert.

Ich kann dir nur raten, selbst zum Psychologen zu gehen um Tips zu holen oder ihm nahezulegen selbst zu gehen.

Es tut gut zu hören, dass es anderen gibt, denen es ähnlich geht.

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Vor ein paar Jahren starb die jüngste Schwester einer guten Freundin überraschend von mir.
Auf sehr tragische Weise verlor sie bei der Geburt ihres Kindes das Leben.
Es war ein großer Schock für die ganze Familie.
Jedes Jahr ist der Geburtstag des Kindes, der Todestag seiner Mutter.
Meine Freundin erlitt so ein Trauma, dass sie jahrelang keine Gefühle mehr zulassen konnte. Weder Glück, noch Trauer. Da war nichts mehr - nur Leere, sagte sie.
Ihr Mann tat ihr selbst leid.
Sie konnte ihm keine Nähe mehr geben, "zwang" sich seinetwillen ab und zu zum Sex- aber hätte von sich aus gut auf körperliche Nähe verzichten können. Vor dem Unglück war das Gegenteil der Fall!
Ihr Mann hielt zu ihr, brachte sehr viel Verständnis auf.
2 Jahre hielt dieser Zustand an, dann konnte sie langsam wieder Gefühle zulassen.

Vielleicht geht es deinem Mann genauso.
Dann verurteilte ihn nicht, sondern sei für ihn da.

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Dann fang doch einfach ein Gespräch an. Und rede nicht übers Reden.
Dann ergibt sich das bestimmt.

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Hab ich unzählige Male. Das ergibt sich eben leider nicht.