Reichen Gefühle?

Hi,
ich bin 47 und nach Trennung und Scheidung von meinem Exmann habe ich vor einigen Monaten einen neuen Mann kennengelernt. Er ist sehr nett und aufmerksam.
Ich bin mir wegen meiner eigenen Gefühle unsicher. Manchmal denke ich, mich hat es total erwischt, und dann wieder bin ich sehr unsicher. Vor allem immer dann, wenn er ein schnelleres Tempo vorlegt als ich.
Das war schon öfters der Fall, in Bezug auf wie oft man sich sieht, zusammenziehen etc. Ich fühle mich dann unter Druck gesetzt - und habe ihm das auch schon mehrfach gesagt, was das in mir auslöst.
Nun frage ich mich aber immer wieder - wäre ich total verliebt in ihn, würde ich mich dann unter Druck gesetzt fühlen?
Ich bin einfach total unsicher, ob meine Gefühle ausreichend sind.
Ich habe leider auch keine Vergleichsmöglichkeiten, da ich in der Vergangenheit immer ungesunde Beziehungen geführt habe (ich arbeite therapeutisch daran), aber das ist ein anderes Thema.
Woran macht Ihr das aus?
Danke für Euer Feedback!

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Ich finde dein Unbehagen sehr gut und auch wichtig. Ihr kennt euch erst einige Monate und er redet schon von Zusammenziehen und solchen Dingen. Das würde bei einigen anderen Menschen auch Fluchtgedanken auslösen.

Und zwar nicht unbedingt wegen fehlender Gefühle. Du bist kein naiver Teenager, der kopflos in so eine Sache rennt, wie man das hier häufig liest. Du bist eine gestandene Frau mit entsprechend (auch schlechter) Lebenserfahrung und zudem in therapeutischer Behandlung. Was wäre das für eine Therapie, wenn du jetzt alle Bedenken über Bord wirfst und dich von seinen Wünschen überrennen ließest?

Ihr habt vielleicht einfach andere Zukunftspläne. Er will gleich das volle Programm mit eheähnlicher Gemeinschaft und das möglichst schnell. Das muss auch nicht gesund sein und könnte auch hinterfragt werden, ob er wirklich dich will oder einfach schlecht allein sein kann und deshalb alles zügig in trockenen Tüchern haben möchte.

Hast du für dich überlegt, was du möchtest? Willst du einen Mann wieder "stationär"? Oder möchtest du deine Freiräume und einen Partner, der dir diese lässt und ansonsten verbringt ihr schöne Momente miteinander? Beides ist kein Maßstab für die Zuneigung, die man füreinander hat. Es gibt Paare, die sich innig lieben seit vielen Jahren, aber nicht zusammen leben. Deshalb lieben sie sich nicht weniger, nur weil man nicht eine Waschmaschine nutzt.

Lass dich nicht unter Druck setzen. Wenn er etwas anderes sucht, dann lass ihn ziehen.

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Vielen Dank für Deinen tollen Beitrag 💙

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Hallo!

Ich glaube, wenn man sich sicher ist, dann ist es kein Druck.
Ich glaube du spürst, dass irgendwas nicht ganz stimmt. Und wenn er den Druck dennoch aufrecht erhält, ist es meines Erachtens nicht auf Augenhöhe.

Herzlichst
Coffea

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meine erfahrung ist, dass wenn irgendwas in einer (angehenden) beziehung unwohlsein oder druck bei mir auslöst, es nicht mehr wirklich was wird und ich früher oder später auf distanz gehe.
und wie sehr man sich auch wünscht, dass es funktioniert oder dass man schon wieder beziehungstechnisch "versagt", habe ich inzwischen gelernt, auf mein bauchgefühl und vor allem mich selbst im vordergrund zu sehen ... besser ist das ...

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Du bist Ende 40 und hattest immer schwierige Beziehungen.
Ich kann mir gut vorstellen, dass man da sehr vorsichtig wird.
Ob Du starke Gefühle für ihn hast oder nicht, kannst aber nur Du beantworten.

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Wie gesagt, es ist sehr schwierig für mich. Es wechselt immer und ich verstehe selber nicht, warum. Letzte Woche dachte ich, das ist es! Empfinde ich Druck, will ich nur weg.
Ich glaube, ich bin beziehungsunfähig

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Du solltest dich da nicht unter Druck setzen lassen, oder dich selbst unter Druck setzen. Es braucht vielleicht einfach Zeit.

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Ich persönlich finde total verliebt sein ist kein wirklich tragfähiges Beziehungskriterium. Entscheidender wäre eher eine Form von Liebe, die auf Verständnis, Vertrauen, Respekt fußt, wo man das Gefühl hat, dass wird über die Zeit eine immer tiefere Bindung.

Natürlich spielt sexuelle Anziehung und Attraktivität auch immer eine Rolle, aber gerade wenn man schon etwas mehr Lebenserfahrung mit sich rum trägt, finde ich es schwer wirklich nur mit jemandem ein Leben teilen zu wollen aufgrund der wenigen Dinge, die man auf den ersten verliebten Blick sehen kann.

Ich mache jedenfalls die Erfahrung, dass ich mit zunehmendem Alter da entspannter und vielleicht auch abwartender und vorsichtiger rangehe, weil die vielen alltäglichen Situationen, denen man ja erst über eine gewisse Zeit ausgesetzt wird, so viel mehr über den Menschen verraten als das Bild von dem Menschen, was er selbst zeichnet und was ich mir durch anfängliche Treffen vielleicht in einem Akt erster Anziehung gemacht habe.

Ich würde dir also raten dich nicht unter Druck setzen zu lassen. Jemand der dich liebt, kann dir auch Zeit geben bis du so weit bist. Wenn es nun schon Jahre wären.....aber bei euch ist die Liebe noch jung, oder? Wozu die Eile? Es würde mich eher misstrauisch machen, wenn mich jemand so schnell vereinnahmen will. Kommt er vielleicht alleine nicht gut zurecht und sucht jemanden den er schnell mit in diese Verantwortung hineinziehen kann?

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Ein toller Beitrag, vielen Dank. Ich könnte es nicht so gut in Worte fassen. Ich meinte auch, dieses totale verliebt sein ist einer Art Realismus gewichen, auch wenn es sich seltsam anhört. Ich merke einfach, dass ich Zeit brauche. Mehr Zeit als ich selber dachte - und ich glaube, es hat nichts mit ihm als Person zu tun, sondern aus den von Dir so schön beschriebenen Gründen.

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In den fast 4 Jahren nach meiner Scheidung damals lernte ich auch einige Männer kennen, bevor ich meinen zweiten Mann kennenlernte. NUR bei ihm hatte ich schon nach wenigen Wochen das Gefühl: "passt". Bei den anderen überwogen die Fluchttendenzen und das Unbehagen. Ich hätte nie und nimmer einen Partner genommen, der mich einengen oder mir was vorschreiben will. Sei froh, dass Dein Bauchgefühl so gut funktioniert und Du Dich nicht vor lauter blinder Verliebtheit in eine Beziehung stürzt, die Du so eigentlich garnicht willst. Machen leider viel zuviel Frauen, besonders die, die nicht alleine sein können.
Entweder er akzeptiert das so, wie Du Dich wohlfühlst in der Beziehung oder er ist nicht der Richtige.
LG Moni

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Wenn du generell dazu neigst, zu zweifeln oder gerne Bedenkenträgerin bist, wird dir das wohl immer wieder bei jedem anderen passieren.

Aber unabhängig davon: Man merkt doch, ob man verliebt ist oder nicht. Dieser Raum, den die/der Neue einnimmt, ist ja schon gewaltig, dieser süße Schmerz des Vermissens wenn man mal 5 Minuten ohne sein muss und diese unwiderstehliche Anziehungskraft, wo man sich 24/7 nicht nur bei sondern am liebsten im neuen Partner wäre.

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Ja, wenn ich ihn nicht sehe hatte ich auch schon manchmal richtige Sehnsucht. Aber nicht ständig und so wie von Dir beschrieben. Das kenne ich nur von meinem ersten Freund. Ich war 21 und habe ihn sehr geliebt. Er ist während der Beziehung gewalttätig geworden und das wurde immer schlimmer, so dass ich es beendet habe. Ich glaube, im Detail habe ich es noch nie jemandem erzählt, es weiß nur meine Schwester. Aus Scham. Er hat mich mehrfach richtig verprügelt. Ich weiß gar nicht, warum ich das jetzt schreibe. Vielleicht ist das der Grund, warum ich seitdem nie mehr dieses Gefühl hatte. Vielleicht hat er etwas in mir kaputt gemacht.

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Ich bin 2 Jahre lang von meinem ersten Mann geschlagen worden(dreimal krankenhausreif), bis ich den Absprung schaffte. Ich konnte nicht mehr lachen und war innerlich wie tot(geschlagen). Ich war dann drei Wochen in Kur und beschloss, dass ich mir mein Leben von diesem Arsch nicht weiter beeinflussen und zerstören lasse. Ich war 23 Jahre alt. Job und Kinder halfen mir natürlich dabei.
Es geht, wenn man nicht ununterbrochen und immer und wieder in der Vergangenbeit wühlt und grübelt und sinniert. Einmal ist Schluss und man muss aktiv nach vorne schauen.
Dann ist auch wieder Raum für eine neue Liebe mit allen Konsequenzen.
LG

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Die Seele braucht Zeit sich auf Veränderungen einzustellen.

Bei manchen schneller bei anderen langsamer.

Ich brauche von Natur aus länger, mich auf Veränderungen einzustellen. Wer mich liebt, wartet. Wer etwas anderes vor hat oder ich bedrängt, der liebt mich nicht.

Liebe heißt auch warten.
Wobei ich darauf achte, nicht warten zu lassen. Hinhalten mache ich nicht. Wenn ich merke, es passt nicht, sage ich das auch. Wenn ich unsicher bin oder noch Zeit brauche, sage ich das auch.

Sage ich, ich brauche noch Zeit
und das wird abgetan,
ist es vorbei. Denn wer am Gras zieht oder versucht mich zu überreden, der nimmt mich nicht ernst. Wer mich nicht ernst nimmt, respektiert mich nicht.


Rückblickend haben mir Menschen, die "schnell schnell" wollten nicht gut getan oder waren gar toxisch (egal ob Freunde oder Beziehungen).

Wer mich ernst nimmt, wenn ich sage, dass ich noch Zeit brauche, der meint es (eher) ernst.

Auch unter dem Aspekt: ich bin wie ich bin. Wer damit nicht klar kommt, dass ich meine Zeit brauche, der könnte mich noch so sehr lieben, ich würde es nicht verändern.
Wer mich am Anfang bedrängt, tut es immer wieder und wieder und wieder - wenn ich es mit mir machen lasse.


Wenn ich jemanden liebe, merke ich das auch. Dann fühlt es sich nicht wie bedrängen an, weil ich meine Zweifel, meine Zeit äußern kann, ohne dass die Person mich bedrängt!
Dann bin ich durchaus schneller zu etwas bereit, weil ich dann auch bereit dazu bin!
Aber zunächst ist der Respekt wichtig mich ernst zu nehmen, dass ich überhaupt Zeit brauche.

Dass ich Zeit brauche hat nichts mit Liebe/nicht Liebe zu tun, sondern damit, dass meine Seele sich auf Veränderungen langsamer einstellt, als bei anderen.
Dafür ist es bei mir auch beständig.

Wenn ich mich mal schnell auf etwas einlasse, kann es auch sein, dass es nur eine Eintagsfliege oder oberflächlich ist. Keine Folgen, kein Problem.
Je ernst zu nehmender die Situation desto länger brauche ich.

Wer das nicht respektiert, hat Pech.
Partnerschaft besteht nicht nur aus Liebe, sondern auch aus Respekt, Augenhöhe und zu akzeptieren, dass jeder Eigenheiten mit einbringt.

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Ein toller Beitrag, es hat mir gut getan, das zu lesen. Und so fühlt es sich für mich auch gut und richtig an.
Ich beschäftige mich nur schon mein Leben lang damit, ob ich denn nun lieben kann, oder nicht. Ich kriege es nie eindeutig, was verliebt sein oder Liebe ist.
Hier ist es so, dass er der erste Mann seit 3,5 Jahren ist, denn ich an mich heran lasse. Ganz oft schon Freude und Glücksgefühle. Auch Sehnsucht. Aber auch ganz schnell immer wieder Zweifel. Wenn er mich zum Beispiel, wenn wir uns sehen, fragt, wann wir uns das nächste mal sehen. Oder wenn ich merke, dass er einen anderen Film schauen möchte als ich. Oder wenn er ein komisches Hemd trägt. Bescheuert? Oberflächlich? Vielleicht bin ich das?

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Ich glaube weder, daß Du beziehungsunfähig bist, noch daß Dein erster Freund in Dir etwas "kaputt" gemacht hat.

Ganz im Gegenteil, Du bist sehr sensibel und aufmerksam mit Dir selbst. Das können die wenigsten von sich behaupten.

Nimm das als Anlass, Deine positiven Eigenschaften herauszuarbeiten.
Nicht die Dinge anzuschaun' die nicht funktionieren, sondern das was bereits da ist. Und das dann auch anzuerkennen.

Mit Fragen wie:
wann geht es mir gut?
was brauche ich wirklich?
was nährt mich?
kannst Du dann Antworten finden, die Dich in eine liebevolle Zukunft führen.

Alles was dann nicht mehr dazu/ zu Dir passt, bleibt (fast) von alleine zurück.

Gehe in Deinem Tempo. Wenn Du mit 90 auf Dein Leben zurückschaust, zählt nicht die Menge an Beziehungen, sondern die Momente inniger Liebe und des Verbundenseins.

Und das muss nicht einmal an eine Person gebunden sein. Wenngleich es dadurch oft leichter scheint.