Nicht fähig zu lieben?

Guten Abend,
woran merkt Ihr, dass Ihr verliebt seid?
Die Frage mag seltsam klingen, aber ich frage mich wirklich, denn ich weiß nicht, ob ich es jemals war bzw. überhaupt in der Lage dazu bin. Ich bin jetzt 47, ohne Vater und ohne richtige Liebe aufgewachsen. Habe mir immer Männer gesucht, die selber keine Nähe zulassen konnten. Denen bin ich dann nachgejagt. Nach vielen Jahren Therapie will ich es anders machen. Nun kenne ich seit 10 Wochen einen Mann, der sehr lieb und aufmerksam ist - aber es bereitet mir immer wieder auch schlechte Gefühle. Ich gehe immer wieder auf Abstand weil es mir zu nah wird, und das fühlt sich furchtbar für mich an. Als wolle er etwas, was ich nicht geben kann.
Ich fühle mich ständig unter Druck gesetzt, brauche immer wieder Tage nur für mich.
Beziehungsunfähig?! Man sagt ja, Kinder, die keine Liebe bekommen, werden zu Erwachsenen, die nicht lieben können.
Oder ist er vielleicht einfach nicht der Richtige? Die Frage zerreißt mich. Nicht zum ersten Mal. Es ist quasi die Frage meines Lebens. Kann ich nicht lieben oder ist es wieder der „Falsche“?
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Ganz ehrlich?
Man kann sich auch selbst im Weg stehen und sich alles selbst Schlecht reden...

Deine Aussage von wegen :Man sagt ja, Kinder, die keine Liebe bekommen, werden zu Erwachsenen, die nicht lieben können.
Ist völliger Blödsinn....

Mein Mann ist aufgewachsen mit einer Mutter die ihn mit 2 Jahren im Stich ließ und einem Vater der soviel Arbeiten musste das der Junge erst bei den Großeltern und zum Schluss der neuen Partnerin des Vaters die ihn aber nie als ihr Kind akzeptierte aufwuchs...
Und er kann hervorragend Liebe geben, wir führen seit 18 Jahren eine stabile Beziehung und haben 2 tolle Kinder die mein Mann abgöttisch Liebt!

Auch wenn es gemein klingt, aber ich denke du solltest weiter Therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen, du scheinst dein Trauma vom Verlust des Vaters noch immer nicht überwunden zu haben....

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Danke für Deine offenen Worte.
Das Dilemma ist, dass ich nicht sicher bin. Ich weiß nie - bin ich unfähig, oder ist es einfach nicht der Richtige?

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Kann es sein, dass du es deinem Vater übel nimmst, dass du ohne ihn aufwachsen musstest und überträgst diese Wut, Traurigkeit, Misstrauen oder was es ist, auf die Männer, die auf dich zugehen?

Was sagt denn dein Therapeut dazu? Nach vielen Jahren Therapie muss man der Ursache irgendwie näher gekommen sein. Immerhin kennt dich der Therapeut inzwischen sehr gut und man krempelt das Seelenleben nach außen.
Deshalb finde ich deine Vermutung etwas zu platt und zu einfach.

Viele Kinder wachsen ohne Vater auf. Eine ganze Kriegsgeneration musste so aufwachsen. Die sind vermutlich nicht alle bindungsgestört gewesen. Dann wären wir stark dezimiert und hätten uns nicht weiter fortgepflanzt.

Was war denn mit deiner Mutter? War sie nie präsent? Andere Verwandte oder Kindermädchen, ältere Geschwister standen dir nie nah?

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Meine Mutter war mit drei kleinen Kindern überfordert, praktisch nur körperlich aber nicht emotional anwesend. Meine Geschwister waren mit sich selber beschäftigt. Ich war extrem viel alleine mit mir selber.
Therapeuten sagen, dass man in der Familie sozialisiert wird und man nach dem sucht, was man kennt - in meinem Fall Abwesenheit bzw. Dominanz des Vaters und der Mutter, daraus folgt das Muster, keine Nähe zulassen zu können/wollen.
Theoretisch ist alles geklärt. Nur in der Praxis klappt’s deshalb trotzdem nicht

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Vielleicht mal den Therapeuten wechseln?

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Ich glaube dass das hier nicht der richtige Platz ist, um eine schon begonnene Therapie fortzusetzen. Ich glaube aber an das "Selbst in sich hinein hören". Hast Du ihn lieb oder liebst Du ihn?

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Das klingt für mich ein bisschen nach Küchenpsychologie. Du bist so und so aufgewachsen und jetzt "musst" Du so und so sein.

Therapie und Dinge aufarbeiten ist eine gute Sache, aber eigentlich sollte auch mal der Punkt kommen, wo man den Blick nach vorne wendet.

Naja und ob du lieben kannst? Ich glaube schon, dass du das kannst. Ob du genau diesen Mann lieben kannst? Keine Ahnung, das kannst Du nur selbst raus finden.

Du solltest dich nur nicht davon beeinflussen lassen, wie Liebe in Filmen oder der Literatur oft dargestellt wird. Es ist nicht erst dann Liebe, wenn man jede freie Sekunde miteinander verbringen will, wenn man sofort zusammen ziehen und drei Babies bekommen möchte oder wenn man ständig das Gefühl hat, das Herz zerreißt einem, wenn man nicht beieinander ist.

Liebe kann auch leise sein, eher ein Zwischenton statt einer Oper. Du kannst auch jemanden lieben ohne dein ganzes Leben für die Person umzukrempeln oder nur noch bei ihr sein zu wollen.

Wenn dieser Mann dir sympathisch ist, wenn es dir Spaß macht ihn zu treffen, dann triff ihn und guck einfach, was daraus wird. Und in dem Moment, wo es zu eng wird, gehst Du einen Schritt zurück. Das heißt doch nicht, dass du unfähig zu lieben bist. Nur, dass du ein bestimmtes Tempo hast und das mit genau diesem Mann vielleicht auch nicht die ganz große Liebe wartet, sondern eher eine kleine Liebelei.

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Meine Mutter hat mich verlassen, als ich 3 Jahre alt war- ich bin also ohne sie aufgewachsen und kann mich ehrlich gesagt nicht mehr an sie erinnern.
Die Familie meines Vaters hat mich aufgefangen- ich kann sagen, ich hatte eine schöne Kindheit.
Trotzdem fehlte mir meine Mutter natürlich.
Muttertag war immer ein schlimmer Tag...alleine das Wort. Es erinnerte mich schmerzlich daran, dass meine Mutter nicht bei mir war.
Nichts desto trotz wurde mir als Jugendliche klar, dass ich meine Mutter nun nicht mehr brauche.
Solche Schicksalsschläge können einen Menschen stark machen.
Lasse dich nicht schwächen durch die Tatsache, ohne Vater aufgewachsen zu sein.
Natürlich kannst du lieben.
Wenn du deine Freiräume brauchst, dann nimm sie dir. Man muss nicht ständig aneinander kleben, dein Partner wird das verstehen.
Gib diesem Mann eine Chance und zweifle weder an dir, noch an ihm.
Deine Kindheit ist längstens vorbei.
Jetzt hast du dein Leben selbst in der Hand.
Mach was daraus.
Und- ob er der Richtige ist, wirst du herausfinden. Darüber nach 10 Wochen nachzudenken ist definitiv zu früh.
Lass das alles auf dich zukommen und genieße den Zustand.

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Guten Morgen
Die Frage ist eine Weitreichende und was es bei dir genau ist bleibt wohl offen. Hast du dich zum Thema "Beziehungsphobie" schon mal schlau gemacht? Man findet einige Informationen dazu, auch wenn die Disziplin nicht so in aller Munde ist. Ich war selber betroffen aber kann zwischenzeitlich gut damit umgehen.
Viel Glück, R

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Ich glaube, daß Du einen anderen Ansatz brauchst.

Du müsstest definieren, was "lieben" für Dich bedeutet?

M.E.n. hast Du eine Vorstellung von Liebe, welche Du aus Deinem gesellschaftlichen Umfeld ableitest.

Deine Art von Liebe steht dem entgegen und passt nicht 100% auf die vorgefertigte Schablone. Das nimmst Du als Konflikt wahr.

Könntest Du Deinen Verstand öfter zur Ruhe bringen und nur die Momente geniessen, so wie sie gerade sind, ginge es Dir vermutlich wesentlich besser.

Der Wege wäre dann, etwas zu suchen, was zu mehr innerer Ruhe und Stille führst

Ob das dann über Meditation, Yoga, Sport oder auch Aktivitäten wie bspw. Wandern geschieht spielt gar keine Rolle. Hauptsache Du kommst im Hier und Jetzt an.

Der Verstand ist ein Werkzeug. Ich kann ihn benutzen wenn ich es für notwendig halte und ich lege ihn beiseite, wenn ich ihn nicht brauche.
Das alleine zu "verstehen" bringt schon Pausen zwischen die Gedankenströme.

Fast alle jagen wir diesen Pausen hinterher. Nennen es dann im Nachhinein Glück oder Erfüllung. Der Orgasmus bspw. ist ein ähnlicher Moment. Für einen kurzen Moment verlieren wir uns selbst im Ganzen. Auf französisch heißt das so schön: le petit mort - der kleine Tot. Und doch ist man so präsent wie sonst selten.

Meine Meinung: Du hast genug in der Vergangenheit gewühlt, daraus lässt sich immer und wieder etwas Neues ableiten - gut wenn es Dich präsenter macht. Schlecht, wenn es stetig Deine Zweifel nährt.

Das was ist anerkennen. Sprich mit dem neuen Mann. Was fasziniert ihn an Dir? Grenz Dich auch ab, so wie Du es schon tust. Bewahr Dir Deine Freiräume.

Dich zu verändern, damit Du für jemand anderen passgenau wirst, geht nicht lange gut.

Ich bin bspw. auch jemand der seine Freiräume braucht, meiner Partnerin geht das genauso. Habe eine Weile gebraucht, bis sich mein Beziehungsmuster von besitzergreifend auf freiheitsliebend umgestellt hat.