Bewusst altes Beuteschema ablegen - kann das gutgehen?

Hallo zusammen,

Ich habe eine langjährige Beziehung zu einem psychisch schwer vorbelasteten Mann hinter mir, aus der zu lösen mich viel Zeit und Kraft kostete. Von Anfang an war klar, dass er große psychische Probleme hat, aber ich hatte bei Männern schon immer die Eigenschaft, mich aufzuopfern und zu versuchen, denjenigen zu "retten". Nun, dieser Mann hat mich fast das Leben gekostet, die Trennung war von vielen Drohungen und Angriffen gegen Leib und Leben begleitet.

Ich habe mir daher vorgenommen, sofern ich wieder eine Beziehung eingehe, dieses Beuteschema, das mich immer anspricht, zu durchbrechen. Ich möchte einfach mal eine Beziehung auf Augenhöhe, wo sich der Andere auch mal um MICH kümmert und nicht immer nur umgekehrt.

Jetzt habe ich einen wirklich netten Mann kennengelernt, einfühlsam, umsichtig, kümmernd, vorsichtig, er behandelt mich wie eine Mischung aus rohem Ei und Göttin (klingt pathetisch, aber es ist die beste Beschreibung, man merkt einfach, dass er mich sehr schätzt und ehrt). Mein Problem dabei ist nur, ich finde das wirklich schön, habe ihn sehr gern und fühle mich geborgen, es ist schön, eine Schulter zum Anlehnen mal zu haben und einen, der sich wirklich für mich interessiert, das kenne ich so gar nicht, auch wenn das für die meisten selbstverständlich ist. Aber ich merke auch, dass meine Gefühle bei ihm gerade in sexueller Anziehung nur schwer in Gang kommen.

Ich wollte daher mal fragen, ob hier Leute sind, die ihr vorheriges schädliches Beuteschema auch bewusst oder unbewusst geändert haben und welche Erfahrungen Ihr damit gemacht habt. Liebt man anders? Ich habe das Gefühl, ich brauche zur Liebe immer das Drama, um in Wallung zu kommen. Ich will aber das nicht mehr. 😑

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Hi...ja, man kann das Auswahlschema verändern...
Wie hat es mal ein guter Freund zu mir gesagt: "Nimm' doch mal diesen Arschlochmagneten aus Deinen Taschen."
Ich hatte Beziehungen und auch eine Ehe, die mich extremst Kraft gekostet haben und mich in einer gewissen Art und Weise auch zerstörten. Mein Exmann zum Beispiel ist narzisstisch veranlagt und ist ein Meister darin, einem permanent das Gefühl zu geben, an allem schuld zu sein.
Ich habe Jahre gebraucht, um zu erkennen, dass ich das Muster meiner Eltern, die in einer co-abhängigen Ehe (die extrem dramatisch endete) lebten, wiederhole. Ich habe gelernt, dass ein Miteinander stressig sein muss - denn das ist für die beiden normal gewesen. Harmonie, Ruhe, konstruktive Gespräche und konstruktive Konfliktlösungen kannte ich gar nicht. Also habe ich das Drama gesucht - denn das kannte ich ja.

2011 erlebte ich wieder eine extrem dramatische Beziehung, die mir jegliche Kraft raubte. Und da beschloss ich, dass ich erst mal alleine bleibe, um zu reflektieren, weil ich einfach keine Kraft mehr hatte.

Denn: Einer macht, und einer lässt es mit sich machen...Ich habe im Anschluss sehr nette Männer kennen gelernt, die es echt gut mit mir meinten, aber ich suchte immer noch den "Drama-Kick" und machte meine Ablehnung an seltsamen Faktoren fest: Der eine Verehrer war mir zu klein, der andere zu ruhig, der dritte war Jäger (uh, der erschießt Tiere...) usw.

Ich habe mir einfach die Zeit gegeben, dieses Muster umzustellen und nicht gleich wieder ins gleiche Schema zu verfallen.

Denn: "Wer immer das Gleiche tut, darf keine neuen Ergebnisse erwarten."

Stimmt. Ich ließ also echt Zeit vergehen und schrieb mir immer wieder auf, wie ich mir eine Beziehung vorstelle, so dass sie mir gut tut. Ich malte mir also aus, wie sich meine Beziehung anfühlen sollte, und nicht, wie der Mann sein muss...

Und dann kam DER Mann in mein Leben :-) Geduldig, ausgeglichen, korrekt, fürsorglich, großzügig und MEGASEXY:-D

Früher hätte ich ihn keines Blickes gewürdigt, weil er mir damals zu "unspektakuär" gewesen wäre, in meinem alten Schema.

Aber ich habe es mit Zeit und Selbstreflektion geschaffft, dieses toxische Beziehungsmuster hinter mir zu lassen und führe mit Ü40 erstmals in meinem ganzen Leben eine Beziehung auf Augenhöhe, geprägt von Respekt und gemeinsamer Entwicklung.

Alles Gute!

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Ich habe mein Beuteschema bewusst verändert und ja das geht!
Ich neige dazu Narzissten ganz toll zu finden, vor allem sexuell hat sich da bei mir immer am meisten geregt, ganz furchtbar....#augen
Habe nach blöden Beziehungen dann auch ganz bewusst die Augen nach anderen Männern offen gehalten und meinen Mann kennengelernt, es war genau wie bei dir, er hat mich wertgeschätzt, gut behandelt, einfach toll. Sexuell hat es auch gepasst nach ein paar Anlaufschwierigkeiten (aber ich gebe zu da war nie diese extreme Anziehung wie ich sie bei den Narzissten hatte) Schlussendlich war mir das aber ehrlich gesagt egal. Er ist das Beste was mir je passiert ist und selbst wenn ich nie so "angetörnt" war wie bei den Narzissten, unser Sexleben ist mitlerweile großartig und er ist der perfekte Mann für mich.
Ich würde das Risiko eingehen! #klee

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Wenn ich so dämlich gewesen wäre, so einen arbeitsscheuen gewalttätigen Säufer wie meinen ersten Mann mir nochmal anzutun, hätte mich meine Familie zu Recht wohl in die Psychiatrie einweisen lassen.
Selbstverständlich kann man sein Beuteschema ändern, wenn man seinen gesunden Menschenverstand einschaltet.
Du brauchst Gewalt, um in Wallung zu kommen? Nicht Dein Ernst oder? DAS müsstest Du Dir wohl in einer anderen Szene besorgen.
Wenn Du darauf aber verzichten willst, dann behalte dieses offensichtliche Goldstück eines Mannes. Kleinigkeiten, die Du anders haben möchtest, kannst Du ja vielleicht einfach mal ansprechen. LG Moni

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Kauf Dir mal das Buch: Wenn Frauen zu sehr lieben von Robin Norwood. Dort wird aus therapeutischer Sich alles genau beschrieben und Lösungswege sowie Ursachen aufgezeichnet.
Kann ich nur empfehlen für Frauen wie Dich!!!

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Gegenfrage: Kann es gut gehen, das nicht zu tun?

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Das kann man. Ich habe das gemacht. Nach wirklich sehr vielen Griffen ins Klo habe ich beschlossen, bei der Partnerwahl nicht mehr auf meinen Bauch zu hören, sondern auf meinen Kopf. Das ist deutlich weniger "romantisch" und es war tatsächlich so, dass bei der Begegnung mit meinem Mann keine Schmetterlinge flogen und ich nicht dieses Wahnsinns-Verliebtheitsgefühl hatte.

Das erzeugen bei mir nur bindungsscheue Looser mit Madenkolonie unter dem Bett, die mit 30 noch immer in ihrer erfolglosen Band spielen und in ihrer Freizeit Rilke lesen, dafür aber sonst nix hin bekommen.

Ich fand meinen Mann aber von Anfang an toll und anziehend und habe mich einfach wohl mit ihm gefühlt, es gab halt eben nur kein Drama, was ich anfangs etwas gewöhnungsbedürftig fand, weil ich ja gewohnt war, dass Liebe Drama ist.

Noch heute (nach vielen, vielen Jahren) erleide ich manchmal Rückfälle und sehne mich nach Drama, Action, Zirkus. Da ich aber prima darin bin, das ganz alleine zu inszenieren und mein Mann da nur die Statistenrolle zu übernehmen braucht, komme ich sogar hier auf meine Kosten, meinen Mann freut das natürlich weniger, aber ich werde mit dem Alter zunehmend ruhiger...

Lange Rede, kurzer Sinn: Das geht. Man muss sich nur dafür öffnen und es annehmen können, dass Liebe sich auch anders anfühlen kann als bisher erlebt.

Ich bin heilfroh, dass ich den Dreh bekommen habe und on top haben sich nach vielen Jahren Beziehung dann plötzlich auf einmal ganz heftig Schmetterlinge im Bauch eingestellt. Unkonventioneller Weise habe ich die Verliebtsheitsphase einfach in die Mitte der Beziehung gepackt. Ich war selbst verblüfft.

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Hallo,

es ist so, dass du nicht einfach dein Beuteschema ändern kannst. Du musst etwas in dir verändern und das ist anstrengend.

Ich konnte früher nur was mit Männern anfangen, solange die Beziehung überwiegend sexuell geprägt war und ich wusste, dass die Beziehung eh nicht hält.
Gute Gespräche habe ich mit Freundinnen geführt, die wollte ich nicht mit meinem Partner führen.
Ich hatte einfach Angst mich zu binden und wirklich auf einen Mann einzulassen.

Richtig glücklich war ich mit dieser Form von Beziehung aber nicht. Deshalb hab ich mich dafür entschieden, gegen dies Bindungsangst vorzugehen und bewusst nach einem Mann geschaut, der auch was im Kopf hat. Und mit dem es was "Echtes" werden könnte. Am Anfang war es schwer für mich, mich sexuell auf jemanden einzulassen den ich ernst nehme (Gott hört sich das schlimm an), ich konnte mich nicht gehen lassen. Ich musste mir echt Mut antrinken.
Das ist lange her und ich frage mich manchmal, was ich mir damals für unnötige Dramen angetan habe und was für unnötigen Typen ich meine Zeit geschenkt habe.

Ich bin zufrieden wie es jetzt ist, in eine liebevollen echten Beziehung.
Dass ich die habe liegt vor allem daran, dass ich mich selber Ernst nehme. Das habe ich vorher nicht getan.

Lg