Selbstbestimmte Traumgeburt

Hallo ihr Lieben!

Heute möchte ich euch von der Geburt meines Sohnes im letzten Winter erzählen um werdenden Müttern Mut zu machen:

Die Schwangerschaft war eine Überraschung. Sie war ungeplant aber nicht unerwünscht.
Neben meinem Vollzeitjob schrieb ich meine Bachelorarbeit und verteidigte sie, ich ging freiwillig bis zwei Wochen vor errechnetem Geburtstermin arbeiten.
Nebenher besuchte ich einen Geburtsvorbereitungskurs, traf meine Hebammen und ging regelmäßig zum Gynäkologen. Überall war ich die Jüngste, in der Uni eine kleine Attraktion. Für Schwangerschaftsratgeber oder Geburtsberichte fehlte mir die Zeit und die Lust.

Eine natürliche, komplikationslose Geburt gab es in meinem Umfeld nie. Im Geburtsvorbereitungskurs sagte eine mehrfach Mutter: "Bei der Geburt fühl man sich wie ein kleines Fischerboot bei Sturm auf hoher See" und die anderen nickten mit schmerzverzogener Stirn.
Trotzdem hatte ich keine Angst. Ich war schanger und nicht krank. Und weil ich nicht krank war, kam ein Krankenhaus für mich auch nicht in Frage. Mein Partner war gegen eine Hausgeburt und so entdeckten wir ein Geburtshaus - tolle Erfindung!

Zwei Tage vor ET wurde ich nachts um drei Uhr wach, während meiner Schwangerschaft nichts Ungewöhnliches. Ich ging baden und die ersten spürbaren Kontraktionen kamen. Kleine Vorboten. Nach etwa einer Stunde weckte ich meinen Mann und sagte: "Es ist zwar noch dunkel aber wir müssen schon frühstücken, denn es wird ein spannender Tag." Mein Mann hat vor Aufregung kaum einen Bissen runterbekommen und ich habe alles wieder nach oben befördert nachdem die Wehen stärker wurden. Mein Mann rief meine Hebamme an und da ich die Wehen inzwischen veratmete trafen wir uns direkt im Geburtshaus.

Um sieben Uhr waren wir dort. Eine Hebamme bot mir einen Einlauf an und wollte mich untersuchen. Beides lehnte ich ab. Dann platzte die Fruchtblase und ich entschied spontan, dass ich wieder ins Wasser wollte. In der Badewanne unterstütze mich mein Mann, die begleitenden Hebammen warteten im Nebenraum. Die Kontraktionen gewannen konstant an Stärke und ich fühlte mich wie das Fischerboot im Sturm. Hier waren Kräfte am Werk die älter und mächtiger sind als du oder ich. Zeit die Segel zu öffnen und mich treiben sich lassen!
Ab hier war ich nur auf die Geburt konzentriert, alles andere blendete ich aus, meinen Mann nahm ich kaum noch war.
Mit Beginn der Presswehen kamen die Hebammen und halfen mir.
Und um 8 Uhr stand unsere Welt still. Ich nahm unseren Sohn direkt in den Arm. Mein Mann wurde von Liebe und Glück überfallen. Ich nicht, diese Liebe zog erst gemächlich in mein Leben ein.


Um 12 Uhr Mittags lagen wir gemeinsam Zuhause im Bett und beobachteten die ersten Schneeflocken.


Meine Hebamme notierte "Traumgeburt" ins U-Heft und sagte: "Herzlichen Glückwunsch! Das ist, was man eine selbstbestimmte Geburt nennet." Damals wusste ich nicht, was sie meinte und wie eine Alternative in meinem Fall ausgesehen hätte.
Heute, ein paar Forums- und Magazinbeiträge später, bin ich eines Besseren belehrt. Ich bin unendlich dankbar so entbunden zu haben wie ich es im Moment der Geburt wollte.
Und das ist eigentlich schade, denn das sollte kein Privileg sonders eine Selbstverständlichkeit sein. Eine Traumgeburt kann so unterschiedlich aussehen wie ihre Kinder. Ein geplanter Kaiserschnitt ist nicht automatisch schlechter als eine spontane Hausgeburt oder umgekehrt. Und vieles haben wir nicht in der Hand. Aber ich glaube, wenn wir Mütter uns selbst und unserem Körper mehr Vertrauen schenken, statt die Ruder aus dem Fischerboot zu schmeißen, sind mehr Traumgeburten möglich.
Ich wünsche euch viel Kraft und Mut für eure anstehenden Geburten!

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Badum tss
Sorry, falsches Unterforum.

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Toll geschrieben.
Werde ich bei meiner Geburt dran denken.

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Wow, vielen Dank für deine lieben Worte. Dass du bei deiner Geburt daran denken möchtest ist wohl das schönste Feedback das man für einen Geburtsbericht bekommen kann.

Alles Gute für die letzten Schwangerschaftstage und alles was danach auf euch wartet!

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Vielen Dank für deinen Bericht und besonders für deine letzten Sätze! Du hast recht, traumgeburten sind so verschieden wie wir Mamas und unsere Babys verschieden sind. Deine Geburt hört sich wirklich toll an. Auch wenn meine ganz anders ablief, ist sie für mich dennoch schön gewesen und erfüllt mich mit Stolz. Manchmal bin ich ein wenig traurig, wenn Leute bei meiner Erzählung den Mund verziehen und sagen, dass ihre Geburt hoffentlich schöner wird. Deswegen: Danke für deine Worte ❤️

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Schön, dass dir mein Beitrag gefällt. Und noch tausend mal schöner, dass du auf deine Geburt stolz bist. Dass DU zufrieden bist ist doch die Hauptsache und es wäre doch sehr sinnlos wenn es andersherum wäre und andere deine Geburt toll fänden, du aber nicht. Hast du auch einen Geburtsbericht geschrieben? Dann würde ich mich über einen Link freuen!

Übrigens bin auch ich nicht vor negativen Kommentaren geschützt. Bei einem so emotional besetzten Thema will wohl jeder seinen Senf dazugeben. Welch ein Glück, dass die meisten Mütter ihren eigenen Weg gehen können.

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Ich habe noch keinen geschrieben, werde es aber wahrscheinlich noch machen. Kurz gefasst: 3,5 Wochen zu früh, fb geplatzt, keine Wehen, Einleitung, dammschnitt und von Start bis die Bohne da war vergingen 36 Stunden, die ich ohne Schmerzmittel überstand. Es war die intensivste Erfahrung meines Lebens, die ich um nichts in der Welt vermissen will.

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Hallo,

Ein schöner Bericht und schön geschrieben. Den Vergleich mit dem Boot höre ich zum ersten Mal, aber sehr zutreffend!

Bei meinem ersten Kind war ich auch noch im Studium (eine der paar wenigen Studenten Mamis) und habe nebenbei gearbeitet. Ich habe mir wenig Gedanken gemacht, ob/wie/was schief gehen könnte. Ich habe mir und meinem Bauchgefühl vertraut und habe mein aktives Leben weitergeführt wie bisher.
Leider gab es bei uns kein Geburtshaus (1 Jahr später hat eines eröffnet), weswegen nur KH blieb. Durch die Frühgeburt wurde es dann anders als geplant: ich war etwas überrumpelt, es gab einiges schnell zu organisieren, .... Dennoch war es schön!
Die zweite Geburt hingegen an einem anderen Wohnort konnte ich in einem wunderbaren Geburtshaus erleben. Es war so eine Traumgeburt, wie du sie beschreibst. Hebamme nur beobachtend im Geburtshaus unterwegs, ich hörte völlig auf mein Bauchgefühl, ruhig und entspannt. Da konnte ich die ungeheure Kraft ganz bewusst spüren, mit der das Kind herausgearbeitet wird. Überwältigend! Faszinierend war auch der schleichende Übergang von Eröffnungs- zu Presswehen.
Jetzt beim dritten Kind sind wir auch wieder in diesem Geburtshaus (mein Mann will immer noch keine Hausgeburt, ich kein KH). Ich freue mich drauf!

LG, Logo
32+6

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Hallo Logo!

Es freut mich, dass dir mein Bericht gefällt und an deine eigenen Geburten erinnert. Schöne Geburten sind so, so wertvoll - Jedes Kind hat schließlich nur eine Einzige
Es ist ja schon ein bisschen witzig, dass dein und mein Mann gegen eine Hausgeburt sind obwohl sie selbst ja garnicht gebähren... Aber das sind wohl die Sorgen des passiv Begleitenden. Ich bin mal gespannt ob ich meinen Mann bis zur nächsten Schwangerschaft noch umstimmen kann. Obwohl unsere Badewanne mit der vom Geburtshaus nicht mithalten kann ;)
Für deine restliche Schwangerschaft und die anstehende Geburt wünsche ich dir alles Gute! Dass du allem positiv entgegenblickst ist ja schon mehr als die halbe Miete für eine erneute, komplikationslose Geburt.

Bei dem Vergleich mit dem Boot bin ich mir nicht sicher ob sie den spontan aus dem Hut gezaubert hat oder ob das eine Redewendung aus ihrem Heimatland Kenia ist. Sie hat es zuerst auf englisch gesagt obwohl sie gut deutsch spricht, darum tippe ich fast auf zweites.