Wehentropf unter der Geburt

Hallo,
Meine 1. Geburt wurde eingeleitet. Nachdem einen Tag "nichts" passiert ist ging es durch Platzen der Fruchtblase von jetzt auf gleich los. Muttermund war da schon 5cm geöffnet.
Mein Sohn vertrug wohl die Wehen anfangs nicht so gut, die Herztöne gingen immer mal runter. Das hat sich dann stabilisiert und es wurde auch Blut vom Kopf genommen wo alles ok war.

Irgendwann waren der Ärztin die wehenabstände zu lange weswegen sie nen Tropf angehängt hat. Ich frage mich ob das wirklich nötig war. Daher ist jetzt eure Laien-Meinung gefragt: wann ist so etwas wirklich nötig? Hat das Baby dadurch noch mehr Stress? Ich lese immer wieder dass der Körper durch eine kleine Auszeit nochmal Kraft tankt, das hätte ich auch wirklich gebraucht! Als mein Sohn dann draußen war war er unterzuckert und musste 2 Tage in die Kinderklinik. Er hatte wohl zu viel Stress, da auch noch 3 Wochen zu früh.
Die Geburt hat übrigens nur 4 Stunden gedauert und ich frage mich ob es nicht hätte besser laufen können. Ich war danach total am Ende meiner Kräfte.
Ich hatte präeklampsie, mein Blutdruck war sehr hoch, vielleicht sollte mein Sohn deshalb schnellstmöglich raus (ohne Kaiserschnitt), aber wie kann man das im Nachhinein noch beurteilen?
Der Geburtsverlaufsbericht gibt leider nicht viel her. Es liefen in dieser Nacht noch 6(!!!) andere Geburten. Es war auch nicht immer jemand da. Da frage ich mich auch ob sie einfach schnell abfertigen wollten.
Ich will einfach dass es dieses Mal besser läuft und möglichst wenig eingegriffen wird. Aber woher soll man wissen was nötig ist in so einer Situation? Wenn man fragt kriegt man nur die patzige Antwort dass man sonst das Kind gefährdet.
Ich möchte dieses Mal übrigens in ein anderes KH.
Aber nun nochmal falls die Frage untergegangen ist: in welchen Situationen ist eurer Erfahrung nach ein Wehentropf sinnvoll und wann eher kontraproduktiv?

LG

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Wenn man mich fragt ist er eigentlich so gut wie nie nötig und die Risiken überwiegen den Nutzen bei weitem. Es bedeutet immer zusätzlichen Stress, auch wenn manche den besser wegstecken als andere. Kein Eingriff in den Geburtsverlauf ist ohne zusätzliches Risiko zu haben.
Auch ein Wehentropf garantiert keine schnellere Geburt. Wenn man einen Blick in die außerklinische Geburtshilfe wirft, dann stellt man schnell fest mit wie unterschiedlichen Wehen Frauen Kinder bekommen können. Aber in der klinischen Geburtshilfe ist nahezu alles genormt und für Individualität leider selten Zeit und Platz. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Zeit die ein Geburt dauern "darf" halbiert OHNE das deswegen mehr Kinder gesund geboren werden.

Es gibt einiges an guter Literatur mit der man sich vorbereiten kann um selber ein ganz gutes Grundwissen sich anzueignen und nicht blind vertrauen zu müssen.

Gebären ohne Aberglaube von Alfred Rockenschaub ist in großen Teilen bei google books zu lesen. Ist zwar eigentlich ein Fachbuch, lässt sich aber trotzdem ganz gut lesen.
Die selbstbestimmte Geburt von Ina May Gaskin ist auch gut. Und auch wenn es für einen selber nicht in Frage kommt, berichte von Frauen die außerklinisch geboren haben können auch sehr lehrreich sein.

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Ich hab bei beiden Geburten einen wehentropf gehabt, weil der MuMu nach Stunden einfach nicht weiter aufging.
Durch den Tropf hat sich dann endlich was getan.

LG bellis

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Hallo Du :)

Du hast Recht, für Laier ist es leider schwer, zu beurteilen, ob es sich bei dem Eingriff um einen medizinisch notwendigen handelt oder nicht. Leider sind heute nur 5% der Geburten komplett frei von Interventionen. Wenn nicht eingegriffen wird, ist man fast ein Exot.

Die Bücher von Rockenschaub und Gaskins kann ich dir (und deinem Partner) auch sehr empfehlen. Mir haben sie sehr geholfen, den Prozess einer natürlichen Geburt besser zu verstehen und welchen negativen Effekt viele Interventionen haben können. Wenn man immer nur mit interventionsintensiven Geburten konfrontiert ist, kann man sich ja gar nicht vorstellen, dass es auch anders geht. Frauen können aber selbst gebären, aus eigener Kraft und jede Intervention sollte immer nur letztes Mittel sein. "Geburt und Stillen" von Michel Odent war für mich auch sehr erhellend.

Bei Dir war es sicher ein Spezialfall wegen der Präeklampsie, da weiß ich auch nicht, was ich gemacht hätte. Aber Dein Gefühl sagt dir ja schon: mit vier Stunden war diese Geburt sehr schnell und hätte gern etwas langsamer sein dürfen (grade wenn die Körper von Mama und Baby eh schon gestresst sind). Und der Körper braucht manchmal einfach zwischendurch eine Pause, um sich zu erholen. So ein Wehentropf wird gerne gegeben wenn es "nicht schnell genug" geht, aber eigentlich ist das genau das Gegenteil von dem was der Körper dann gerade braucht. Die Geburtszeiten von Erstgebärenden haben sich in den letzten 50 Jahren dadurch auch stark verkürzt und die Lehrmeinung dazu was eine normal lange Geburt ist stark nach unten korrigiert worden. Was Personalmangel und Kostenoptimierung in Krankenhäusern damit zu tun haben, kann sich jeder selbst vorstellen.

Einen Punkt, den ich auch sehr schlimm finde, hast du ebenfalls angesprochen. Wenn man Geburtsmedizin in Frage stellt, bekommt man oft patzige Antworten man würde sein Kind gefährden. Solche Drohungen ohne irgendwelche Erklärungen sind Gewalt, Gewalt die Gebärenden Frauen angetan wird. Wenn Du magst, google mal nach Roses Revolution. Dort kannst Du Dich näher dazu informieren.

Den einzigen wirklichen Ausweg aus Deiner Lage sehe ich eigentlich in einer Geburtsbegleitung, der Du wirklich vertraust. Ich hatte bei beiden Geburten das Glück eine Hebamme dabei zu haben, die ich seit Beginn der Schwangerschaft kannte und der ich vertrauen konnte. Hätte die gesagt, dass es notwendig wäre, hätte ich es wahrscheinlich auch gemacht. Ich weiß nicht, wie weit Du in Deiner Schwangerschaft schon bist und ob das jetzt noch eine Option für Dich ist. Die Situation der Hebammen ist ja auch mehr als prekär.

Bitte vergiss nicht. Es ist Deine Geburt, es ist Dein Körper. Niemand kann Dich zu etwas zwingen, es ist immer auch Deine Entscheidung (leider wissen das viele Frauen gar nicht, sondern geben die Verantwortung für alles gleich ab und ergeben sich damit in ihr Schicksal).

Ich wünsche Dir alles Gute für die Zukunft. Wenn Du mehr Fragen hast, kannst Du mir gern schreiben.
Susanne

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Grupa und Susanne haben eigentlich schon alles geschrieben, was mir auch durch den Kopf ging als ich Deinen Thread las #pro

Auch ich lege Dir ans Herz, an der Roses Revolution (25.11.) teilzunehmen um ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen unter der Geburt zu setzen. Und die genannten Bücher sind wirklich toll! Kann ich auch sehr empfehlen.

Alles Gute für Dich!

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Achso: vielleicht magst Du eine Doula bei der nächsten Geburt dabei haben sofern Du nicht schon eine vertrauenswürdige (Beleg-)Hebamme gefunden hast. Eine Doula kann Dich unterstützen und in Deinem Sinne handeln wenn die Geburtshelfer in der Klinik wieder mit unnötigen Interventionen die Geburt stören wollen. Dann stehst Du nicht allein da.

Oder Du entschließt Dich gänzlich für eine außerklinische Geburt. Da wird der Gebärenden meist sehr viel mehr Respekt entgegengebracht.