Wenn ich mir meine Kinder angucke, finde ich den Gedanken immer spannend, wie sie wohl vor 100, 200 oder 10.000 Jahren wohl aufgewachsen wären. Gab es die Trotz- äh, Autonomiephase schon in der Steinzeit? Was meint ihr?
Ein Tipp vom urbia Team

Kinder machen evolutionär gesehen doch gar keinen Sinn

Wenn ich mir meine Kinder angucke, finde ich den Gedanken immer spannend, wie sie wohl vor 100, 200 oder 10.000 Jahren wohl aufgewachsen wären. Gab es die Trotz- äh, Autonomiephase schon in der Steinzeit? Neulich mal wieder so eine Situation: Meine Große (2) "hilft" mir beim Kochen, wir schneiden Kartoffeln. Nachdem sie mit ihrem Buttermesser ein Stück abgesäbelt hat, führt sie es stolz zum Mund. Ich: "Nein, Spatz, nicht essen, die ist noch roh!" Das Kind guckt mich milde lächelnd an und beißt herzhaft ein großes Stück ab.
Es gibt schlimmeres als rohe Kartoffeln. Aber bei Jägern und Sammlern stell ich mir so eine Trotzreaktion problematischer vor: "Nein Spatz, nicht den Pilz!!!"
Oder auch: "Schnell, mein Kind, ein feindlicher Stamm nähert sich unserer Höhle, zieh deine Fellstiefel an!" Kind, brüllend: "Aber der Paapa soll mich anziehen!!" - "Du weißt doch, das geht nicht. Papa ist auf Mammutjagd." - "ICH WILL ABER!"
Der Papa währenddessen ist so müde und unkonzentriert von den schlaflosen Nächten, dass er den Speer am Mammut vorbei schmeißt. Abendessen gibt's also auch keins.
Also, was meint ihr, liebe (Hobby-)Evolutionsbiologinnen: Müsste die Trotzphase nicht längst evolutionär ausgerottet worden sein? Oder gibt es sie erst seit der Industrialisierung?

Glaubt mir, in meinem Kopf macht der Post richtig Sinn. Aber ich habe auch seit zwei Wochen kaum geschlafen :-)

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Ganz ehrlich, ich glaube die Menschen in der Steinzeit haben sich nicht so verrückt gemacht, jeden Tag was frisches anzuziehen, abends einen Schlafanzug anzuziehen und in der Höhle die Stiefel auszuziehen, weil es sonst dreckig wird ;-)

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Schau Dir doch mal die Naturvölker an...

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Ich hab grad keins zur Hand :-) also gibt es die Trotzphase in Naturvölkern nicht? Das spräche ja dann für die Industrialisierung als "Schuldigen" - sprich, sobald es nicht mehr ums unmittelbare Überleben in der Natur geht, kann ein Kind sich (frühe) Autonomie erlauben.

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Hallo!

Ich könnte mir vorstellen, dass Naturvölker oder unsere ganz frühen Vorfahren nicht so ein Gewese mach(t)en.

Wir haben einen Namen für das Ding: Trotzphase. Und schon ist es problembeladen, alle denke tierisch viel darüber nach.

Man könnte das Kind auch einfach so nehmen, wie es eben gerade ist. Man könnte darauf vertrauen, dass man es liebt und zurück geliebt wird und fertig. Wenn ein Eingreifen nötig ist, greift man ein, wozu man in vorherigen Generationen mehr als zwei Hände zur Verfügung hatte. Und auch mehr Kinder im Umfeld, die sich gegenseitig zeigten, was wichtig ist. Ich schätze, die Kinder waren sehr viel eher autonom als heute.

Wer nicht hören wollte und die giftigen Pilze doch gegessen hat, war dann raus der Verlosung. Natürliche Auslese und so.

LG

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Dein Humor ist klasse!!! :-D

Ich habe auch manchmal so Grundsatz-Fragen, bei denen mein Mann nur den Kopf schüttelt. :-)

Aber für MICH machen sie (zumindest meistens) durchaus Sinn!

Die "Lösung" für deine Frage ist wohl, dass damals nicht nur Mama und Papa da waren. Sondern noch (Ur)Oma, (Ur)Opa und diverse Tanten, Onkel, Geschwister, Cousinen...
Wenn Mama mal 5sec nicht in die richtige Richtung geschaut hat, hat es eben ein anderes Familienmitglied getan.

Im Schutz der Großfamilie haben offenbar ausreichend viele (wenn auch weniger als heute) die ersten fünf Lebensjahre überlebt!

Glg
Beerle

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...und offenbar sind zu der Zeit sogar die Schwiegertöchter mit den Schwiegermüttern ausgekommen??
Wie ging DAS denn? Ach so, stimmt, da gab es auch noch kein urbia, wo man wettern konnte, da musste man sich wohl arrangieren, wer aufs Feuer aufpasst und wer das Baby solange hält. (Ich duck mich ja schonund bin wech;-) LG Moni

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Da ich selbst "betroffene" ST bin ;-) hab ich des öfteren Mal das Thema "böse SM" gegooglet und tatsächlich liegt der Grundstein zur bösen SM in der Vergangenheit, wo die Frauen nicht selten um das Leben ihrer Kinder und ihr eigenes fürchten mussten.
Hab jetzt leider keinen Link zur Hand und weiss auch nicht wie seriös die Seite(n) waren. Aber ich fand es spannend

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Ich denke, in der Steinzeit gab's einfach einen pädagogischen Schlag auf den Hinterkopf und dann hatte Steinzeit-Erna ausgetrotzt. Oder man hat ihr angeboten, dass sie dem Wolf zum Fraß vorgeworfen wird, wenn sie sich nicht gleich das Büffelfell umlegt.

Erziehung war damals bestimmt leichter.

LG Küstenkönigin

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Hahahaa ich lach mich schlapp:)

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Herrrrrlich. Bitte kopier Dein Posting und schreib es überall rein, wo die Mamas schon mit dreijährigen Trotzteufelchen komplett überfordert sind, weil sie die rosa Schühchen nicht anziehen wollen:-)...es gibt doch wieder Wölfe.....?????#schein (Ironie off)
LG Moni

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Ha, zum Thema "Essen" gibt es aber durchaus prähistorische Erklärungen, nämlich bezüglich des Eßverhaltens von Kleinkindern. Bis zu einem gewissen Alter sind Kinder ja oft recht offen gegenüber Nahrungsmitteln und plötzlich hört es auf. Grüne, bittere Speisen werden verabscheut, es soll am besten so süß wie möglich sein.
Die mögliche Erklärung ist z. B. Hier beschrieben:
http://www.spiegel.de/gesundheit/ernaehrung/ernaehrung-fuer-kinder-vorsicht-bitter-achtung-sauer-a-864814.html

Und die Autonomiephase macht auch Sinn, denn sie wird nur dann zum Problem, wenn man die Kinder daran hindert, sie auszuleben. In der Steinzeit war es vermutlich so, dass Frauen ca. 1 Jahr gestillt haben und in dieser Zeit auch nicht schwanger wurden. Nach dem Abstillen dann schon, und wenn das neue Kind da war, eben so mit 2 Jahren, dann gab es vermutlich keine "Familie", sondern einen "Clan", wo die Kinder einfach so mitliefen. Das heißt, die Autonomiephase war ganz wichtig, denn die Kinder mussten ab da mehr alleine funktionieren, weil sie die Mutter ums neue Baby gekümmert hat. Deshalb isses ganz wichtig, dass die Kinder auch das Bestreben in sich tragen, dies zu wollen. Nur heute wollen die Eltern das nicht. ;-)

Schlaflose Nächte gab es nicht, weil die ganz kleinen eh immer am Körper der Mutter waren, getragen wurden etc.

Das stimmt jetzt bestimmt nicht so 100%, was ich geschrieben habe, aber ich denke schon, dass es in die Richtung geht.

LG

Hanna

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In der Steinzeit war die Trotzphase vermutlich deutlich verkürzt - so oder so.
'Lauf Kind, ein Säbelzahntiger!' 'Nein Papa soll mich tragen!!!' 'Haps'. Trotzkind war aufgefressen und alle anderen 2jährigen hatten eine lehrreiche Lektion erfahren und sputeten fortan prompt los, wenn Mama es befahl.

Grüsse
BiDi

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#rofl#rofl haps....... hach ich glaub, das wünschten sich manche Mamis auch heute noch manchmal....
LG Moni

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#rofl you made my day!

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Hi!

Ich denke

(a) auch Kinder haben ein Gespür für drohende Gefahr. Schon alleine aus der Reaktion der Erwachsenen. Und hätte sich vermutlich wohl eher heulend an die Mutter geklammert.

(b) wenn es brenzlig wird, dann werden die Eltern wohl eher auf die Befindlichkeiten des Sprosses pfeifen und den brüllenden Zwerg schnappen und aus der Gefahrenzone bringen - auch heute noch. Wohl kaum eine Mutter wird nicht instinktiv das trotzende Kind aber pronto und mit allen Mitteln von der Straße ziehen wenn sich ein Auto mit voller Geschwindigkeit nähert.

Vielleicht ist es ja sowieso ein Vorteil wenn die erste Trotzphase eher früh erfolgt - im Zweifel kann man sich das heulende und um sich tretende Bündel über die Schulter schmeißen und Tatsachen schaffen. Und ich glaube, dass es diese Phasen schon immer gegeben hat :-)

LG

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Ich glaube, der Unterschied zwischen heutigen Menschen (bzw. ihren Kindern) und Steinzeitmenschen ist der gleiche wie beispielsweise zwischen Hunden und Wölfen oder anderen domestizierten Tieren im Vergleich zu ihren wild lebenden Verwandten. Mit der Reduktion unmittelbar drohender Gefahren bzw. der Verfügbarkeit von Erwachsenen, die aufpassen, ändert sich das Verhalten und vermutlich auch der evolutionäre Selektionsdruck. In der Steinzeit dürfte die Kindersterblichkeit um ein Vielfaches höher gewesen sein, Kinder, die nicht begriffen haben, wann nicht der Moment für Faxen ist, werden da einfach drauf gegangen sein.

Man sieht den Unterschied übrigens auch andernorts: Für ein Wolfsrudel sind ständige Rangstreitigkeiten oder gar Kämpfe untereinander mit Verletzten der sichere Tod für alle, weil die ganze Energie für Unproduktives verpufft. Wolfsrudel haben darum äusserst selten interne Streitigkeiten. Das Aggressivitätsniveau von Hunden ist zum Teil viel höher, weil hier notfalls der Mensch eingreifen kann. In freier Wildbahn wären diese Tiere nicht überlebensfähig.

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Echt spannende Antworten auf meinen nicht ganz ernstgemeinten Post :-) Ich glaube übrigens auch, dass es früher einfach auch wesentlich rauer zuging, was den Umgang mit trotzenden Kindern betrifft. Dass man früher alles "richtig" gemacht hat (Großfamilien usw) und deshalb keine Probleme mit den Kindern hatte, glaube ich nicht. Es ist unmöglich, alles richtig zu machen, Kinder bringen immer etwas Neues in die Welt und werden sich deshalb nie "fugenlos" in ihre Umgebung einfügen. Es entstehen Reibungen und Spannungen, und das ist ja auch gut so. Aber manchmal halt auch echt anstrengend :-)

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Es ist unmöglich, alles richtig zu machen

Diesen Satz sollte urbia in Riesenlettern über den gesamten Forenbereich für immer einbrennen.
LG Moni

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Hi,

ich glaube, diese "Trotzphase" ist etwas moderneres, durch unsere heutige Zeit hervorgerufenes Phänomen.

Unsere heutige Zeit ist voll von Gefahren bzw. Dinge, die uns zu lieb sind als dass sie in Kinderhände gehören, Terminen und Druck in und aus allen Richtungen. Nicht zu vergessen die Überlastung der Eltern. Durch Arbeit und die alleinige Erziehung ihres Nachwuchses. So war das von der Natur nicht gedacht.

Und in der sog. Trotzphase kommt es dann zu Machtkämpfen. Wir Eltern haben es eilig "los schnell anziehen" "nicht mit dem Essen mantschen" "nicht auf dem Sofa hüpfen" usw. usf.

Meinst du, Naturvölker sind die ganze Zeit hintern ihren Kindern her, damit sie ja nicht kleines in den Mund stecken, dass sie verschlucken bzw. dran ersticken könnten? Die Kleinen haben noch nie gesehen, dass die Erwachsenen z.B. Steine essen, also werden sie es aller Voraussicht nach auch nicht tun. Hier z.B. liegt schon immer das kleine Lego des Großen rum. Meine Tochter wollte es noch nie wirklich essen ;-) Ebenso spielt sie schon seit vielen Wochen hier mit Murmeln (sie ist 12 Monate alt).

Die Kleinen orientieren sich mehr an uns als wir das annehmen. Isst mein Sohn, isst meine Tochter. Trinkt er etwas, will sie auch sofort etwas trinken. Das fasziniert mich immer wieder. Auch in anderen Bereichen.

VG

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>>Isst mein Sohn, isst meine Tochter.<<
unvergessen, am Esstisch. Die "große" Tochter fragt beim Essen, ob es zum Nachtisch Eis gibt. "Kleiner" Sohn wirft den Löffel aus der Hand und polltert los "EIS EIS EIS"

argh