Komische Reaktionen auf Familienplanung

Hallo,

Das wird wahrscheinlich ein sogenannter Silopo, aber ich finde es traurig, dass unsere Gesellschaft zum Teil noch so veraltete Wertevorstellungen hat und wollte das mal los werden. Vielleicht hat ja jemand ähnliche Erfahrungen gemacht.

Ich bin gerade mit unserem ersten Kind schwanger. Mein Mann und ich sind seit bald 16 Jahren ein Paar. Sein Kinderwunsch war, seit ich ihn kenne, enorm gross. Bei mir war das anders. Es hat viele Jahre gedauert, bis ich mich bereit fühlte für ein Kind. Ich wollte studieren, mir war es wichtig nachher einen Beruf zu haben, den ich wirklich liebe. Als ich dann bereit war, hat das Leben uns gründlich einen Strich durch die Rechnung gemacht, und es vergingen wieder einige Jahre bis ich nun tatsächlich schwanger wurde.

Für mich war immer klar: Ich werde niemals meinen Job an den Nagel hängen.

Mein Mann hingegen wäre am Liebsten Hausmann. Das ist aber leider unmöglich mit unserem Lebensstil und unserer Heimat zu vereinbaren (Wir wohnen nicht in Deutschland). Er ist zudem nicht sehr zufrieden in seinem Job, hätte gerne mehr gewollt, was ihm durch vielerlei Gründe aber leider verwehrt blieb.

Es war uns beiden von Anfang an klar: Wenn Kinder da sind, wird mein Mann nur noch halbtags, eventuell in Zukunft sogar noch weniger arbeiten. Ich hingegen bin gerade bei meiner Direktion gewesen um nach Elternzeit von 30 auf 40 Arbeitsstunden aufzusteigen. Dies war leider Budget-technisch für den Betrieb bisher nicht möglich, nun aber schon.

Durch mein Studium habe ich eine sehr gut bezahlte Stelle, und kann das locker ausgleichen finanziell, ohne dass wir grossartig zurückstecken müssten. Mein Mann lebt für das Papa sein. Er hat durch sehr schwierige Familienverhältnisse bereits in jungen Jahren seinen 12 Jahre jüngeren Bruder grossgezogen, sowie seine mittlerweile 19-jährige Nichte.

Elternzeit versuchen wir beide halbtags zu nehmen, damit das Kind nicht früh in Fremdbetreuung muss. Ist das nicht möglich, dann werde ich auf meine Elternzeit zunächst verzichten, und mein Mann wird voll ein halbes Jahr zu Hause bleiben nach meinem Mutterschutz.

Wenn wir anderen das erzählen, was für uns selbstverständlich ist, sind die Reaktionen sehr komisch: einige missbilligend ("Die Frau sollte sich um die Erziehung kümmern."), einige freudig überrascht (als würden wir den Fortschritt voran bringen und das wäre eine absolut revolutionäre Neuheit), einige versuchen uns das sogar auszureden (Ich würde das später bereuen, und würde meine Meinung ändern sobald das Kind da wäre). #augen

Ich dachte eigentlich wir wären mittlerweile an dem Punkt angekommen, an dem es nicht mehr befremdlich ist, wenn der Mann den Grossteil der Erziehung übernimmt. Aber scheinbar ist Papier sehr geduldig, und ich komm nicht drum rum ein wenig enttäuscht zu sein jedes Mal wenn mich jemand ungläubig anschaut.

Das wars mit meinem Silopo. Vielleicht könnt ihr mir eure Meinung zu dem Thema da lassen.

Habt einen wundervollen Tag! :-)

Liebe Grüsse,

dragonflies #blume

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Hallo,

Es ist tatsächlich ja sehr selten dass der Mann die Erziehungsarbeit übernimmt. Daher finde ich die Reaktionen nicht so verwunderlich.
Das dich Menschen warnen ist doch nur nett gemeint. Bisher ist das schließlich alles Theorie, du bist noch nicht Mutter. Da können Hormon Wellen und Gefühle des Vermissen aufkommen die du jetzt noch gar nicht abschätzen kannst. Vielleicht läuft es auch genauso wie du dir das vorstellst. Aber fast jeder hat naive Vorstellungen von der Elternschaft.
Ich wünsche euch jedenfalls alles Gute für die Zukunft.

LG m.

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Dass das nur nett gemeint ist weiss ich. Ich nehme es den Leuten auch gar nicht übel. Aber das ist in etwa so, als wenn man anderen den Wunsch eben KEINE Kinder zu haben aberkennen will mit dem Argument, dass man das sicher später bereuen wird.

Natürlich kann es sein, dass ich das Baby vermissen werde. Ich gehe sogar stark davon aus. Aber ich bin eine erwachsene Frau, und Gefühle diktieren nicht mein Handeln. Auch Hormone nicht. Zudem weiss ich, dass mein Mann das Baby ganz genau so viel vermissen würde, und ich sehe mich da überhaupt nicht berechtigter als meinen Mann. Nach der Geburt werde ich, dank Mutterschutz hierzulande, sowieso 3 Monate ganz zu Hause sein. Da haben die Hormone schon etwas Zeit sich zu beruhigen. :-)

Danke für deine Meinung dazu. :-)

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"Aber das ist in etwa so, als wenn man anderen den Wunsch eben KEINE Kinder zu haben aberkennen will mit dem Argument, dass man das sicher später bereuen wird."

Das höre ich schon mein Leben lang (will keine Kinder), bis jetzt habe ich noch GAR nichts bereut im Gegenteil😜

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Ich finde euer Plan klingt doch toll! Zumal es ja auch genau euren Herzenswünschen entspricht. Wenn der Papa so im Elternsein aufgeht UND es finanziell passt, was spricht dann dagegen - außer dem Neid der ewig gestrigen?

Ich gratuliere euch auf jeden Fall zum baldigen Familienzuwachs und wünsch euch eine tolle Zeit zu Dritt! 🤗🤗

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Dankeschön. :-)

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Dass eine halbwegs klassische Rollenverteilung noch weit verbreitet ist, merke ich an den Reaktionen, wenn Männer in Elternzeit gehen. Da wird so viel gelobt und geschwärmt, als hätten sie gerade eine Goldmedaille in Tapferkeit und Aufopferungsgabe gewonnen. Bei Frauen ist das hingegen ganz selbstverständlich.

In der Großtagespflege, in die unser Sohn letztes Jahr ging, war ein Mädchen, die mit drei Monaten 45 Wochenstunden betreut wurde. Sowohl andere Mütter als auch die Tagesmütter haben öfter gesagt: "Wie kann die Mutter so ein kleines Baby schon so lange hier lassen?", "Naja, das ist halt eine richtige Karrierefrau.", "Wieso hat die überhaupt ein Kind bekommen?" usw. Und die Mutter des Mädchens war nicht alleinerziehend, aber über den Vater wurde nie gelästert.

Und eine Freundin hatte heiße Diskussionen mit ihrem Mann, weil er Elternzeit nehmen wollte. Das fand sie gar nicht gut, denn "das Baby gehört zur Mama." Andere führen diese Diskussionen anders herum. Es gibt genug Männer, die sich aus der Erziehung raushalten und keine Elternzeit wollen, obwohl es sicher gut wäre, damit sie auch mal verstehen, wie viel Arbeit so ein kleines Kind ist und nicht abends nach Hause kommen und sagen: "Wie sieht es denn hier aus? Du warst doch die ganze Zeit zuhause." Die gibt es nämlich leider immer noch.

Also ja, wir haben noch einen weiten Weg vor uns.

Ich drücke euch die Daumen, dass ihr beide halbtags arbeiten könnt. Ich bin mir sicher, ihr werdet euren Weg finden.

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Stimmt, das sind alles wirklich gute Beispiele um die vorherrschende Mentalität zu umschreiben. Solche Diskussionen erlebe ich tatsächlich auch immer mal wieder, nicht zuletzt hier im Forum. ;-)

Ich danke dir. :-)

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Drum Augen auf bei der partnerwahl 🙈😅

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Was hättest du denn gedacht, wie die Leute auf euren Plan reagieren sollten?
Gar keine Reaktion wäre unhöflich und würde desinteressiert wirken, ansonsten habt ihr alles bunt gemischt dabei...passt doch:-D

Wenn du erzählt hättest, dass du vorhast euer Kind mit eins in die Krippe zu stecken, wären auch unterschiedliche Kommentare gefallen, wenn du planen würdest die nächsten 10 Jahre zu Hause zu bleiben, hätten die Leute auch etwas dazu gesagt.

Übrigens wäre ich auch zu egoistisch gewesen um die ersten Jahre der Kinder weitgehend an meinen Mann abzutreten und dafür ganztags arbeiten zu gehen. Das hätte ich dir wahrscheinlich auch gesagt, zumindest wenn du eine gute Freundin von mir wärst.

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Ich war einfach überrascht, dass keiner bisher dabei war, der das als "normal" empfunden hat.
Aber du hast Recht, egal wie wir uns entschieden hätten, es wäre immer kommentiert worden.

Ich finde die Meinungen ja auch okay, und werde mich deswegen sicher nicht mit den Leuten streiten. :-) Böse bin ich den Leuten auch nicht, aber manchmal musste ich schon innerlich ein wenig schmunzeln.

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>>>Ich war einfach überrascht, dass keiner bisher dabei war, der das als "normal" empfunden hat.<<<

Es ist jauch eher außergewöhlich und (noch) nicht "normal", soweit sind wir noch lange nicht.
Normal bedeutet, einer gewissen Norm entsprechend:

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
nor·mal

1a.
der Norm (2) entsprechend; vorschriftsmäßig
"der Puls ist normal"
1b.
so [beschaffen, geartet], wie es sich die allgemeine Meinung als das Übliche, Richtige vorstellt
"unter normalen Verhältnissen"
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Quelle: https://www.google.com/search?client=firefox-b-d&q=was+bedeutet+normal

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Ganz ehrlich? Jeder, der seine Pläne (völlig egal welche), anderen Menschen mitteilt, der bekommt unterschiedlichste Reaktionen darauf. Das ist einfach das Leben und ich fände es schlimm, wenn alle nur dieselbe Meinung hätten oder den Mund halten würden, nur weil man nicht dieselbe Einstellung hat.

Ich fände es ziemlich schade, wenn man über Pläne und Lebenseinstellungen nicht einfach reden kann, auch wenn das bedeutet, das nicht alle am Tisch genauso denken. Nur ich muß mit mir im Reinen sein, trotzdem darf jeder gerne seinen Senf dazu geben. Es gibt einfach keinen Grund enttäuscht zu sein....die Welt (und mit ihr das Denken) ist groß und bunt.....super. Jeder kann und darf so wie er will....fertig.

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Da hast du Recht, dass die Leute sich äussern finde ich auch völlig legitim. Ich will auch keinesfalls, dass jemand mit einer anderen Meinung nichts dazu sagt, ich bin durchaus in der Lage bei allen Einstellungen die Vorteile zu sehen und objektiv zu diskutieren. Macht mir sogar Spass. :-)

Was mich enttäuscht hat ist, dass bisher noch keiner dabei war, der das als "normal" empfunden hätte. Und ich war irgendwie naiv genug zu glauben, dass das heutzutage zumindest nicht mehr JEDEN überraschen würde. :-D

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Es ist eben nicht normal, dass der Vater die Erziehung zum Großteil übernimmt und in Elternzeit geht.

Ich glaube in meinen ganzen Jahren in der Gyn habe ich das bei Patientinnen noch nicht ein einziges Mal so erlebt. Dass Männer auch zwei Monate Elternzeit nehmen, zusätzlich zur Mutter, ist hier hingegen völlig normal. Aber so wie in deinem Plan - nein, das ist eben nicht normal und ich glaube auch nicht, dass das jemals zur Normalität werden wird, also ich sehe auch 2030 noch nicht 30% aller Männer alleine in Elternzeit.

Und das heißt nicht, dass ich das nicht gut finden würde.

Ich bin bspw. der Typ Frau, der sich überhaupt nicht vorstellen kann großartig lang zuhause zu bleiben nach einer Entbindung, ich wäre da vermutlich wie meine Kollegin, nach drei Wochen stand sie wieder Vollzeit in der Praxis ☺️ Sie hat vier Kinder geboren, hat zu allen ein tolles und inniges Verhältnis, hat aber noch nie Elternzeit genommen, sondern war immer spätestens nach dem Mutterschutz wieder in der Klinik bzw. jetzt in der Praxis. Das ist einfach nicht ihr Ding, dieses Hausfrau- und Vollzeitmuttersein. Und so sehe ich mich auch. Sollte ich keinen Mann finden, der das ebenso sieht, sich also bereit erklärt die Elternzeit komplett zu übernehmen - werde ich kein Kind mehr bekommen.

Ich kann mir aber ein Leben ohne Kind(er) sehr gut vorstellen, also das Thema Kinder steht auf meiner Lebensliste eher weiter unten.

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Ich finds gut wie ihr es macht und hoffe das es normal ist wenn meine Jungs mal groß sind und selbst Kinder haben.

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Nein, ihr habt einen guten Plan für eure Familie.

Mein Ex Freund wollte auch schon immer Kinder , ich zu dem Zeitpunkt nicht. Er hat dann auch dafür gesorgt, dass er zu Hause beim Baby bleiben kann. Das hat ihn so glücklich gemacht.....

Bei meinem Bruder, war schnell klar, dass er die bessere Mutter ist und hat auch nach der Trennung die Tochter zugesprochen bekommen. Das ist auch okay.

Macht euer Ding !

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Schön zu hören, dass es dann doch manchmal auch bei anderen so ist! :-)

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"als würden wir den Fortschritt voran bringen und das wäre eine absolut revolutionäre Neuheit"

so traurig das auch für die Gesellschaft ist - es ist ein großer Fortschritt und eine revolutionäre Neuheit, auch in 2021, dass ein Papa den Großteil der Kinderbetreuung übernimmt.
Wir haben ein etwas anderes Modell als ihr, aber auch bei uns hat der Papa deutlich länger Elternzeit genommen. Ich finde es sehr traurig, wenn ich an die Zukunft meines Sohnes denke. Neulich hatten wir folgendes Gespräch (in einem völlig anderem Kontext):

"Was möchtest du denn werden wenn du groß bist? Arzt?"
"Wenn ich groß bin will ich Mama werden."
Mein Mann, leicht alamiert in Gedanken schon die Scheine für die Geschlechtsumwandlungs-OP zählend:
"Willst du nicht lieber Papa werden? Das ist einfacher für dich und auch super schön!"
"Nein, Papas müssen immer arbeiten und Mamas können immer mit den Kindern nach der Kita spielen."

Joa. Ich habe es zuerst auf uns als Familie bezogen und mich wirklich gefragt, woher er das hatte. Ob er nicht genug Zeit mit Papa hat. Oder der Papa nicht genug mit ihm spielt. Ich habe mir darüber einige Gedanken gemacht, gerade weil es bei uns wirklich 50/50, eher 40/60 für den Papa in Sachen Haushalt und Kinder ist.
Dann ist mir klargeworden: Ja, das mag bei uns so sein, aber wir sind nicht die einzigen Menschen auf der Welt und unser kleiner 3-jähriger-Sohn hat bereits begriffen, dass in anderen Familien immer die Mamas aus der Kita abholen und anschließend auf den Spielplatz gehen, während die Papas vor 16/17/18/19 Uhr ihr Büro nicht verlassen und das Wochenende auf Geschäftsreise verbringen.
Natürlich darf er Mama werden, wenn er das später möchte, und wenn seine Berufung Mama sein mit 12 Kindern als Hausfrau ist, soll das machen, das ist ja zum Glück heute alles möglich.
Ich fand es nur so traurig, dass er offensichtlich ohne wirklich den Unterschied zwischen Mädchen und Jungen verstanden zu haben, schon diese klassische Rollenverteilung aus seiner Umgebung kennengelernt und verinnerlicht hatte, obwohl wir ihm etwas komplett anderes vorleben :/.

Was ich mit diesem Text sagen will: DANKE, das mein Sohn durch so Familien wie deine Vorbilder hat und eben kennenlernen darf, dass auch und gerade der Papa sich kümmern kann und Mama Karriere machen. DANKE aus tiefsten Herzen, denn solche Vorbilder braucht eine bunte Welt. Ihr macht alles richtig, bereuen wirst du ganz sicher nicht (habe ich auch nicht) und dein genanntes Vorurteil "Die Frau sollte sich um die Erziehung kümmern." wird durch solche Familien wie deine hoffentlich in der Generation in der mein Sohn Mama oder Papa oder kinderloser Single oder sonst was wird, hoffentlich nicht mehr vorhanden sein.

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Oh, das ist ja süss. :-)

Aber schön, dass dein Sohn sich dahingehend äussern kann. Früher hätte man ihm gesagt:"Das ist Aufgabe der Frau." Doch schon ein nicht zu unterschätzender Fortschritt. Für meinen Mann war das nie eine Frage, Gesellschaft hin oder her. Er war sich seiner Wünsche da immer sehr sicher. :-)

Ja, die klassische Rollenverteilung ist dann doch immer noch deutlich öfter vetreten. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich es nicht bereuen werde. :-)

Danke auch dir für deinen Beitrag!

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Toller Beitrag 👍

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Es ist doch total egal, wer in Elternzeit geht, Mutter oder Vater oder die Oma, der Opa.
Das Kind braucht lediglich viel Liebe und eine Bezugsperson, wer das ist, ist doch im Endeffekt total egal.

Einige sind geschockt, wenn sie hören, dass die Mama lieber weiter Karriere machen möchte und der Papa daheim bleibt (da frag ich mich immer, warum ist das so?)

Ich finde Eure Plan hört sich gut an und scheint perfekt zu Eurem Leben zu passen, also warum nicht?
Ist doch egal, was das Umfeld sagt, Euer Leben, Eure Entscheidung.