Warum können sich vor allem die meisten Südeuropäer nicht vom Elternhaus abnablen?

Guten Tag,

In den Südeuropäischen Ländern leben statistisch gesehen (habe jetzt keine genauen Daten) die meisten Jungen Leute bis mitte 30 noch zuhause bei ihren Eltern. Meistens wird der Dachboden ausgebaut und diese Leute bleiben dann ein Leben lang im selben Haus.

Bei uns in Deutschland und vielen anderen Ländern ist es üblich meist nach der Ausbildung auszuziehen, sprich die meisten mit mitte 20 in Deutschland haben schon einge eigene Wohnung.

Können sich Südeuropäer allgemein sehr schlecht abnabeln und sind sie unselbstständig?
Die Mieten sind dort nicht so hoch habe selbst einige Zeit in Italien gearbeitet.

Meine Meinung ist das man sich so früh wie möglich abnabeln soll vom Elternhaus und selbstständig werden sonst bleibt man auf immer und ewig ein Kind. Das könnte auch der Grund sein warum Italien z.b. nicht so hochentwickelt ist wie Deutschland da dort die Leute erst mit mitte 30 selbstständig werden.

Worin liegt genau die Ursache?

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Das hat viele Faktoren und andere Länder, andere Sitten!
Ich finde die Menschen dadurch nicht unselbstständiger. Das Leben dort ist eben anders. Kann man mit dem Leben in Deutschland eben nicht vergleichen.
Ich kenne in Italien keine Kitas die von 6:30 bis 18:30 geöffnet haben... die Menschen leben eben anders.
Ich finde sowas zu verallgemeinern und Menschen dadurch zu stigmatisieren nicht richtig.
Wenn ich mir hier einige Leute ansehe, finde ich diese auch nicht sonderlich selbstständig, obwohl sie zeitig ausgezogen sind. Da wird auch gejammert und gemault, dass die Schwiegereltern und die Eltern ja mehr die Kinderbetreuung übernehmen könnten und an allem rumgenörgelt, was das Familienleben anbelangt.
Ein Italiener würde wohlmöglich auch sagen, dass die Deutschen ein ziemlich kaltes Völkchen sind. Während es hier völlig normal ist, dass jeder sein eigenes Leben lebt und die Eltern schön auf Abstand gehalten werden, ist es für Südländer völlig selbstverständlich dass die Familie eng miteinander ist.
Gibt überall vor und Nachteile!
Ich finde es ziemlich engstirnig andere dafür zu kritisieren, weil sie anders leben. Warum stört es dich denn, wie Südländer leben? Betrifft es dich persönlich? Schadet es dir?
Keine Ahnung, manchmal sollte man einfach vor der eigenen Tür kehren und es auch dabei belassen, als immer nach links und rechts zu schauen und andere dafür zu kritisieren, wie sie leben.

Gruß Jule

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Habe mal den Blog einer Deutschen gelesen, die drei Kinder in Deutschland geboren hatte und das vierte dann in Italien.

Sie hat natürlich nach einer Hebamme gefragt, die die Schwangerschaft betreut, Fragen beantwortet etc...

Der Arzt: "haben Sie keine Mama?" 😳

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ich denke, das ist Ansichtssache.

Ich würde es nicht fehlendes abnabeln nennen, - sondern tiefere Familienbindung oder Mehrgenerationenhaushalt inklusive Oma-Babysitter, wenn man mit mehreren Generationen in kürzeren Abständen lebt.

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An der sehr hohen Arbeitslosigkeit. Die jungen Leute sind gezwungen zu Hause zu bleiben, weil sie die Mieten nicht bezahlen können.

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Genau. Jugendarbeitslosigkeit ist weit verbreitet.

Zweitens auch die Einstellung zum Mieterdasein.

In Südeuropa und Osteuropa findet man Gesellschaften mit Eigentumsquoten von sogar 96% der Bevölkerung.
„Man“ wohnt schlichtweg nicht zu Miete und „niemand kennt jemand, der jemanden kennt, der zu Miete wohnen würde.“
Mieten existiert in manchen Gesellschaften nicht.

Italien liegt bei Eigentumsquote von circa 76% der Bevölkerung.

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/155734/umfrage/wohneigentumsquoten-in-europa/

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Ich komme aus Ungarn, da wird auch kaum gemietet. In den letzten Jahren schon eher, weil die Leute immer ärmer sind.
Aber wer zur Miete wohnt, kann man davon ausgehen, dass die eher wenig Geld haben.

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Vor allem Jugendarbeitslosigkeit.. prekäre, befristete Beschäftigungen mit geringem Verdienst, dass ein Umzug in was Eigenes zu riskant wäre. Wer bindet sich schon ne Wohnung ans Bein, wenn er in 3 Monaten wieder auf der Straße steht.

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So siehts aus. Auf Sizilien sind fast alle jungen Männer Tagelöhner, hängen in der Bar rum und warten, dass Arbeit vorbeiläuft. Jemals legal gearbeitet hat da fast keiner. Sozialhilfe wie bei uns gibt es nicht bzw. nicht das ganze Jahr und nur gegen eine Art Sozialstunden.

Junge Frauen suchen sich gerne im Internet Norditaliener mit festem Einkommen. 😉 Oder Beamten. Machen ein, zwei Kinder und ziehen dann frisch geschieden wieder mitsamt Kindern zu den Eltern.

Das ist eine andere Welt.

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Hallo,

warum macht man das immer an den "jungen" Leuten fest, die noch im Elternhaus wohnen?

Vielleicht sind italienische Mammas einfach nicht so dominant und übergriffig wie deutsche?
Vielleicht lassen italienische Eltern ihre erwachsenen Kinder einfach erwachsen sein und behandeln sie als gleichwertige Partner?

Wie oft liest man hier von (Schwieger-)Müttern, die unangekündigt in der Küche oder gleich im Schlafzimmer stehen - vielleicht sind italienische Großeltern besser darin, die Privatsphäre einer jungen Familie zu wahren?

In meiner Familie gab es auch Fälle, in denen mehrere Generationen unter einem Dach lebten. Streng genommen sind wir die erste Generation, die nicht mit den Großeltern der Kinder in einem Haus lebt.
Und mein Mann hat es schon immer als sehr typisch für meine Familie empfunden, dass die Älteren die Jüngeren als absolut gleichwertige Gesprächspartner betrachten.

Schon ganz kleine Kinder werden bei uns ernst genommen: niemand würde ein Kind veralbern oder mit Dingen aufziehen, die es noch nicht versteht. Wenn sich mein 17jähriger Cousin am Familientisch zu den aktuellen Corona-Maßnahmen äußert, wird seine Meinung genauso bedacht und ernstgenommen wie die meines 88jährigen Onkels. Man widerspricht sich bei unterschiedlichen Meinung, aber respektiert sich auch.

Ich bin so aufgewachsen und ich mag die Gesprächskultur in unserer Familie.
Wenn ich hier im Forum so quer lese scheint das (in Deutschland) lange nicht überall der Regelfall zu sein.
Und auch in anderen (deutschen) Familien erlebe ich Opas, die das Enkelkind veralbern: wenn du Blubberwasser trinkst, kriegst du Flöhe in den Bauch.
Oder Omas, die ihren 14jährigen Enkeln den Kochlöffel aus der Hand nehmen: lass mich das machen, ich kann das besser.
Väter, die lange dozieren und keine andere Meinung zulassen.

Als ich zum ersten Mal schwanger war, hatte ich ein Beschäftigungsverbot. Eine (sorry, angeheiratete) Tante fing an zu lästern: junge Frauen sind beim ersten Kind eben so überängstlich. Sofort wurde ich von meiner Mama verteidigt: ich wäre ja nun wirklich nicht besonders panisch, das hätte bestimmt gute Gründe.

Als meine Kinder zum ersten Mal bei Oma übernachtet haben, hat meine Mutter mich gefragt, ob sie zum Frühstück Nutella dürfen, oder ob das zu süß ist...

Bei solchen Großeltern könnte sich sogar mein Mann vorstellen, ein Haus zu teilen...

Also: nicht italienische Kinder nabeln sich schlecht ab. Deutsche Eltern lassen oft schwer los - so müssen die Kinder den Job alleine übernehmen?

Meine Theorie ;-)

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"Vielleicht sind italienische Mammas einfach nicht so dominant und übergriffig wie deutsche?"

Schade, dass du auf die klischeehaften Vorstellungen der TE mit einem anderen ebenso abwertenden Klischee reagierst. In Schweden ziehen junge Leute im Schnitt im Alter von 18 Jahren aus. Da sind dann "vielleicht" die Mütter (natürlich nicht die Väter) sicher noch schlimmer als die deutschen.

Ist ja schön, dass du mit eurem Familienleben so zufrieden bist. Nur hat dein Blick auf die Welt herzlich wenig mit den Gründen zu tun, warum rund die Hälfte der Italiener lange daheim wohnen.

Andere Teilnehmerinnen haben die Gründe schon korrekt benannt:
Hohe Jugendarbeitslosigkeit bei erheblichen Wohnkosten, ein unsicherer Arbeitsmarkt - wirtschafrliche Zwänge sind die Ursachen, das wurde zuletzt in einer Studie der italienischen Zentralbank 2017 belegt.

Auch bei uns war es früher nicht anders. Als meine Großmutter (Jahrgan 1908) mit ihrem Mann einen eigenen Hausstand begründen konnte, war sie 27 Jahre alt. Vorher war das wirtschaftlich nicht möglich.

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Wo ist das Problem?

Kultur?
Altersversorgung?
Wieso bedeutet das automatisch sich "nicht abnabeln"?

Ich kenne einige, die sind zum Studium/Ausbildung ausgezogen und dann wieder zurück zu den Eltern. Gleiches Haus (seit Generationen Mehrgenerationenhaus) oder in die direkte Nähe.
Abgenabelt haben sie sich in der Zeit außerhalb. Hörner abstoßen, lernen unabhängig sein, wieder kommen, Eltern beim alt werden unterstützen.

Pflegen ist einfacher, wenn man in der Nähe wohnt, als wenn man von 500 km weit weg alles telefonisch regelt.

Ebenso kenne ich Menschen, die nicht weit genug weg wohnen können von den Eltern. Auch das kann hilfreich sein.
Abgenabelt? Na ja. Erhöhter Puls, kalter Schweiß, Alpräume, wenn Eltern anrufen und die erwachsenen Kinder runterputzen, zur Sau machen, beschimpfen und sich die erwachsenen Kinder trotz der Entfernung wieder klein und ohnmächtig fühlen.

Das sind die beiden extremeren Formen. Dazwischen gibt es soooooo vieles.

Abgenabelt sein, heißt für mich: frewillig und bewusst dort zu wohnen, wo es einem gut nicht. (Egal ob nah oder fern)
Nicht weil es so erwartet wird.

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Das hast du super auf den Punkt gebracht!

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Hallo!

Eine Frage der Mentalitaet!

Genauso koennte man sich fragen, warum viele Deutsche sich nicht um ihre erwachsenen Kinder und Eltern kuemmern. Dabei sind Kinder und Eltern mit diesem System total gluecklich...

Es ist doch ganz praktisch, wenn man seinen Eltern mit dem PC und Einkaeufen helfen kann und dafuer nicht selbst kochen und buegeln muss. Die meissten, die noch bei ihren Eltern leben tragen ja aktiv zum Familienleben bei. Alle haben dadurch mehr Geld.

Das mit dem nicht zur Miete wohnen wollen ist auch noch ein Argument. Wenn man dann doch noch auszieht, kann man sich oft etwas eigenes kaufen.

Jedem das Seine

LG

P.S. : Wieso in Schwarz?

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Mein Mann ist Beamter. Er hat Kollegen (Plural!! Und singles) Mitte 30, die am Wochenende nach Hause fahren zu den Eltern und mit frischer Wäsche zurück kommen und Gerichte für mindestens 1-3 Tage.

Ich kannte im Studium mehrere Kommilitonen, zu 99% Jungs, die am Wochenende auch nach Hause gefahren sind und von der Mama die Wäsche gemacht bekommen haben.

In unseren Kreisen (Akademiker, die nicht schlecht verdienen) werden sehr sehr sehr viele von den Eltern indirekt finanziell unterstützt. Es ist erstaunlich, zB bei wie viele Leute die Eltern die Autoversicherung übernehmen, obwohl Anfang-Mitte 30. Oder in der Mietwohnung der Eltern zum Selbstkostenpreis wohnen. Oder wo die Großeltern zB den Tennisverein oder Musikschule der Kinder zahlen oder grundsätzlich die teuren Anschaffungen (Kinderwagen, Kinderfahrrad, autositze) übernehmen.

Ich würde daher nicht sagen, dass hier die Leute super super selbständig sind. Es ist einfach anders!

In Spanien übrigens ist es eher ein No-Go zu heiraten ohne eine eigene Wohnung zu kaufen. Die Großstädte entwickeln sich zu super teuren Städten, da sieht es anders aus, aber ich habe viele spanische Freunden aus mittlere und kleinere Städten, da heiraten die Leute eher später, weil es eben ein No-Go ist, ohne Eigentum zu heiraten. Und das bei super niedrigeren Verdienst. Ein guter Freund ist Facharzt, die Frau Hebamme im Krankenhaus, kleinere Stadt. Er verdient unter!!! 2000€ und sie lernen beide gerade deutsch um nach Deutschland zu kommen. Warum? Sie konnten es kaum glauben, dass er hier fast 2000€ mehr in einen vergleichbaren Krankenhaus in einer vergleichbare Kleinstadt bei vergleichbare Mieten verdienen kann.

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Sorry, so recht du auch hast, aber da muss ich ganz kurz einhaken 😉

Die Vorstellung deutscher Löhne ist für diese Menschen oft viel zu romantisch. Ok, für einen Arzt passt das vielleicht. Der wird in Spanien ja auch regelmäßig arbeiten, seine Steuern zahlen usw. Der hat ja auch den Zettel wo "abgeschlossenes Studium" drauf steht, und so ein Zettel ist in Deutschland einfach Gold wert...

Aber ein 0815-Tagelöhner hört nur absolute Zahlen und schwelgt auf rosaroten Wölkchen. Nur kommen da eben erst mal Steuern & Co weg. Und die Lebenshaltungskosten in Deutschland... Das unterschätzen die völlig.

Hier suchen Unternehmen händeringend Mitarbeiter, auf Sizilien suchen Menschen händeringend Arbeit... Also haben wir Cousin & einen Kumpel (damals 39 & 48) kurzerhand eingepackt und beide mit nach Deutschland gebracht.

Ihre größte Sorge auf der Fahrt: werden sie genug Arbeit haben?

Also wirklich 5 Tage die Woche...? Wenn sie nur 2 oder 3 Tage die Woche Arbeit finden, lohnt die Reise nicht... (ja, das waren wirklich ihre Sorgen!!)

Beide waren binnen 6 Monaten wieder weg. Messebau. Nix da 5 Tage die Woche - 6-7 Tage die Woche! Auch gerne mal 12 Stunden am Tag!

Dazu waren beide(!) körperlich gar nicht in der Lage.

Und gut bezahlt, ja, aber die Steuern! Die Miete! Die Lebensmittel! (Und das Gemüse ist ja nicht mal gut!) Und wie viele Klamotten man hier braucht (Winterkleidung). Heizkosten. Auto statt Roller. TÜV, Versicherung. Usw usw. Da unten meckern alle über Stromkosten... Die sind hier viel mehr 🤷‍♀️ Handy-/Internetkosten usw usw. Das haut in Summe alles heftig rein!

Wie gesagt, binnen 6 Monaten waren beide wieder weg. Arbeiten wieder schwarz als Tagelöhner auf Sizilien. Vielleicht mal 5 Tage am Stück, dann aber auch mal zwei Wochen gar nicht...


Die sehen da auf Sizilien immer uns "Deutsche" (ausgewanderte Sizilianer), die mit ihren Nobelkarossen im August da unten ankommen und vier Wochen nur rumhängen und am Strand rumlungern. Die denken, das sei unser Leben in Deutschland. Da fallen Sätze wie "aber du kannst doch nicht einen Tag vorm Feiertag heimfahren." Oder "aber es regnet, da kann man doch nicht Auto fahren, so weit!", oder "ach, bleib doch noch ein paar Tage". Feste Arbeitsverträge, eingetragene Urlaubstage etc. kennen die nicht. Woher auch?

Dass wir das eine mal im Jahr unseren Urlaub wohlverdient und bitter nötig haben, verstehen die Menschen erst, wenn sie dieses Leben selbst gesehen haben...

Einer der beiden dachte immer ich sei stinkfaul, weil ich im Urlaub fast den ganzen Tag in der Hängematte döse... Hier hat er mir dann zugeschaut, wie ich von der Arbeit heimkomme, sofort Gassi gehe, danach sofort koche & nebenbei den Haushalt schmeiße, und dabei noch sieben Telefonate mit Arzt, Versicherung & Co tätige... Sein Kommentar: "Ja aber.... Die arbeitet ja IMMER...!!"

Nee, ach was 🤣

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Das geht nicht nur sizilianischen Tagelöhnern so, das geht auch anderen Ausländern so, die in Deutschland das Paradies erwarten. Wir haben polnische Bekannte, die wegen schlechter Löhne in Polen nach Dtl. ausgewandert sind. Die Ausbildung des Mannes wird hier nicht anerkannt und er arbeitet als Hilfsarbeiter, die Frau jobbt sich durch verschiedene Putzstellen. Das Geld ist jeden Monat mehr als knapp. Sie haben sich das Leben in Deutschland nicht so vorgestellt. Die beiden haben 2 Kinder und überlegen tatsächlich wieder zurück nach Polen zu gehen, weil sie sich das Leben hier nicht leisten können.

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"Worin liegt genau die Ursache?"


Hohe Arbeitslosigkeit, in der von dir genannten Altersgruppe teilweise 50-70%