Ist das richtig?

Leute, folgendes spielt sich derzeit bei ner bekannten ab:

Sie ist in der 34.ssw. Ihr Papa lag letzte Woche am sterben und keiner aus ihrer Familie hat ihr das erzählt. Sie hat es letztendlich von der Freundin ihres Bruders erfahren. Begründung: „du bist schwanger Und die hatten Angst um dich“. Als sie die Nachricht nach guten 3 Tagen nach dem Verlust erfahren hat, liegt sie nun im Krankenhaus und kann es nicht fassen. Wir waren sie heute besuchen und als wir reinkamen, hat sie ihre Mutter angeschrien und sie rausgeschmissen. Ihr Bruder ist seit Tagen nicht auffindbar und wahrscheinlich in tiefster Trauer. Doch wie kann man der Tochter verwehren, ihren Papa das letzte mal zu sehen? Sich zu verabschieden?

Eins vorweg: der Papa war seit Monaten schon sehr krank und musste letzte Woche mit dem Krankenwagen ins Krankenhaus. Nicht einmal das haben die anderen Familienmitglieder meiner Freundin gesagt. Sie wohnt etwas weiter weg von denen und kann höchstens einmal die Woche zu Besuch gehen.

Das Familienleben ist natürlich zerstört, doch findet ihr das richtig? Ich kann beide Seiten verstehen. Die eine, die sich um die Tochter sorgt (komplizierte Schwangerschaft etc) und die andere, die ihren Papa das letzte mal sehen wollte, sich verabschieden wollte und die nun voller Schock im Krankenhaus liegt. Die haben sogar schon lügen ausgedacht, wo der Papa ist (Erholungskur in einer anderen Stadt).

Bin total hin und hergerissen. Ich persönlich würde genauso reagieren wie meine Freundin. Doch sie hatte mit vielen Komplikationen während der Schwangerschaft zu kämpfen gehabt und eventuell war es sogar der Wunsch des Papas, sie vor was schlimmeren zu verwahren. Die Freundin des Bruders wurde übrigens total niedergemacht und die wollen nichts von ihr wissen.

was haltet ihr davon? Findet ihr das gerechtfertigt? Sie ist jetzt dort, wo sie keiner sehen wollte: im Krankenhaus, völlig am Ende und natürlich auch ein Risiko für das Kind im Bauch.

Das tut mir unheimlich leid für sie. Sowas möchte keiner erleben :(

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Für mich ist die Sache einfach: Auch wenn man eine komplizierte SS hat ist man eine erwachsene Frau und braucht keine Bevormundung. Ich finde das respektlos und habe da kein bisschen Verständnis.

Der Schock über einen plötzlichen Tod ist außerdem viel schlimmer: Man hat keine Zeit die Situation zu verarbeiten und sich auf einen möglichen Tod vorzubereiten - dazu kommt das wissen, dass man sich hätte verabschieden können, was man nun nicht mehr kann. Ich persönlich glaube, die Familie hat egoistisch gehandelt, wahrscheinlich hat sich einfach keiner getraut ihr was zu sagen und dann war es zu spät. So haben sie ihr die Chance genommen Abschied zu nehmen, das kann man nie wieder gut machen.

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Nein, ich finde das nich gerechtfertigt.
Sie ist alt genug so etwas selbst zu entscheiden, ob ihr das zu stressig ist.

Ich wäre auch stinkesauer und wüsste nicht, ob ich das verzeihen könnte.

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Letztendlich haben sie ihr bewusst die Chance genommen, sich verabschieden zu können.

Hätte jetzt nicht die Freundin ihr die Nachricht überbracht, dann hätte die Familie weitere Wochen gelogen und eigentlich nur alles schlimmer gemacht. So etwas ist in meinen Augen unverzeihlich.

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Meine erste Reaktion war fast zu sagen "das sieht jeder individuell, das muss jeder entscheiden, dazu hat man keine Meinung zu haben". Ich maße mir nicht an über das Verhalten der Familie zu urteilen. Ich hatte selber eine Frühgeburt und das ist kein Pappenstil, das kann auch in der SSW eine Gefahr für die Gesundheit des Babies bedeuten! Ich kann die Angst der Familie über das Ungeborene wirklich verstehen da sie nicht unberechtigt ist!

ABER zu Deiner Freundin und im Allgemeinen zu diesem "verabschieden". Sie wusste dass es dem Ende zugeht. Schon lange. Warum lebt man dann nicht jeden Besuch so dass es der letzte sein kann? Warum sagt man Dinge ... darum geht es ja irgendwo meistens, "man wollte nochmal sagen dass man ihn lieb" oder so, , nicht schon vor Monaten damit derjenige auch noch lange davon zehren kann? Zum Glück habe ich meine Eltern noch, aber bei meinen Großeltern habe ich es so getan. Klingt jetzt naiv aber eigentlich sollte man sich liebe Dinge gleich sagen, Streits gleich aus der Welt schaffen etc. Oft bleibt einem auch gar nicht die Chance sich wirklich zu verabschieden.

Alles Gute für Deine Freundin,

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Sie hätte also in die Zukunft sehen müssen und wissen müssen, dass ihre Familie ihr den Abschied vom Papa verwehren wird?
#kratz
Mit "das hätte sie doch wissen müssen" machst du es dir sehr einfach.

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Und woher sollte sie wissen dass sie nochmal die Chance bekommt? Dass von Notruf bis Tod genug Zeit ist hinzufahren? Man muss in der Situation schon damit rechnen dass es so schnell geht dass man eben dazu keine Gelegenheit mehr hat.

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Hi, es ist doch völlig egal, wie wir das finden. Es ist passiert, was passiert ist, der Drops ist gelutscht.
Deine Freundin sollte versuchen, jetzt an ihr Kind und ihre eigene Gesundheit zu denken. Ihre Zeit der Bewältigung dieser Sache wird kommen.
VG

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Ich wäre auch bitter enttäuscht. Ihr wurde die letzte Möglichkeit genommen ihn nochmal zu sehen. Sie wusste immerhin, dass ihr Vater schwer krank ist. Sie wusste vielleicht auch, dass es schlecht um ihn steht. Somit hat sie sich bestimmt mit dem möglichen Tod des Vaters befasst. Man ist quasi vorbereitet. Obwohl es trotzdem noch schlimm ist, wenn es dann soweit ist.
Es war kein Tod aus heiterem Himmel will ich damit sagen. Die Freundin des Bruders hat das einzig Richtige getan.

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Hallo, das geht gar nicht was die Familie da getan hat. Vor allem ist das etwas was man nie nachholen kann. Das ist für immer vorbei.

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Hallo.

Auch wenn es in dieser Situation sicher schwer ist würde ich versuchen das ganze erstmal in Ruhe zu betrachten. Wie kam es dazu? Vielleicht war es der letzte Wunsch ihres verstorbenen Vaters, das sie nichts davon erfährt um das Enkelkind nicht zu gefährden? Gerade wenn er um ihre Situation wusste. Und dann kann ich durchaus verstehen warum die übrige Familie diesen Wunsch respektiert hat.

Mein Mann stand vor ein paar Jahren mal vor einer ähnlichen Situation. Sein Opa den er viele Jahre lang gepflegt hatte, kam ins Krankenhaus kurz nachdem er weggezogen war um endlich das Studium zu Beginnen auf das er schon so lange hingearbeitet hatte. Er wollte partout nicht, dass mein Mann davon erfährt. Er wollte das mein Mann sich seinen Traum erfüllt und nicht womöglich zurück kommt um sich wieder um ih zu kümmern. Kurz bevor der Opa dann gestorben ist hat er es dann durch Hintertürchen doch noch erfahren. Er war natürlich sehr wütend, aber es war der letzte Wunsch seines Opas insofern konnte er die ganze Geschichte letztlich akzeptieren.

Liebe Grüße und alle gute für Mutter und Kind

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Zweifellos wars eine dumme idee, die man kaum dümmer haben kann.
Insbesondere das VERLEUGNEN des Todes vom Vater.
Wann wollten sie es sagen?
Nach der Geburt? Nein, dann bekommt sie womöglich ne wochenbettdepression
Nach dem Wochenbett? Nein, dann kann sie sich nicht richtig ums Baby kümmern.
Wenn das Kind 1 Jahr ist? Nein, vielleicht will sie ein zweites.

Aber nun ist es passiert.
Hilf ihr, ein Ritual zum Abschied von ihrem Vater zu finden (Brief, Pflanze, ein Besuch seiner Lieblingsplätze)
Es ist passiert.
Die Idee ihrer Familie war saudumm, aber aus gutem Willen heraus.
Gib ihr zu bedenken, dass sich gerade die Trauer am Verlust und die Wut am Betrug miteinander vermischen und nichts besser wird, wenn sie sich daran aufhängt und den Trauerprozess der Familie durch Nachtragen blockiert.
Schau mal, ob du Beratungsliteratur zum Trauern findest, oder im Krankenhaus deiner Freundin nen Psychologen oder Seelsorger findest, der euch stützend beiseite steht.