Belastbarkeit, was ist anders

Hallo

Ich lese in vielen Beiträgen das man Überlastet ist, meist Frauen.

Woher kommt das eigentlich, denn es ist doch erschreckend wie wenig wir heute aushalten.

Meine Großeltern hatten 6 Kinder, sind geflüchtet bauten Deutschland wieder mit auf.

Meine Eltern, das erste Kind bekam meine Mutter mit 23, zweite mit 24 und das dritte mit 28, mein Vater war 2 Jahre älter als meine Mutter.

Als das 3 Kind 4 Monate alt war zogen wir in unser Haus, das gebaut wurde als meine Mutter schwanger war und 2 Kleinkinder an der Backe hatte. Kindergarten haben wir verweigert.

Ach meine Mutter arbeitete Freitags und Samstags in einem Friseurgeschäft.

Dann ergab es sich das meine Mutter die Meisterprüfung machte und im Haus ihr Salon war.

Meine kleine Schwester hatte eine Kinderfrau aber nicht täglich wie es mit den Zeiten war weiß ich nicht mehr.
Den Haushalt machte meine Mutter, wir halfen als wir größer waren klar.
Gebügelt hat meine Mutter abends.
Mittags hatte sie gekocht und abends für Papa warm.
Sie nähte Reißverschlüsse in unsere Jeans mit der Hand ein im Nähmaschinenstich.


Gut das ist nun mal ein Beispiel

Woran liegt es aber das die Menschen heute nicht mehr belastbar sind.

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Heute wird einfach mehr erwartet. Du sagst ja selbst, Kindergarten habt ihr verweigert. Deine Mutter arbeitete zunächst freitags und samstags...
heute können Kinder nicht einfach die Kita verweigern, sie haben keine Wahl, wenn die Eltern arbeiten müssen.

ich kann mich z.b nicht erinnern, dass meine Eltern mit mir Hausaufgaben machten oder groß schauten, was so in der Schule los war. Hausaufgabenheft kannten wir überhaupt nicht. Auch kann ich mich nicht erinnern, dass meine Eltern sich mit uns hinsetzten und ein spiel spielten oder groß mit uns an der Sandkiste spielten oder in Baby-Gruppen zum turnen oder sonstiges gingen. Da liefen Kinder eben so mit.

Wir schauten viel fern, waren die halben Tage allein. Geschwister passten aufeinander auf. Mal besser mal schlechter. Keiner sprach darüber, dass ein schlimmer Unfall passierte, einem Kind unter gewissen „Zuständen“ etwas passiert war (z.b weil es schon mit 5 allein zur Vorschule ging). Dann war es eben so. Da rief die Lehrerin nicht gleich beim Jugendamt an, was denn in der Familie los war. Kinder saßen vor der Schule und warteten manchmal halbe Stunde darauf, dass ihre Eltern sie abholten oder wer auch immer, das interessierte keinen Lehrer. Darauf schaute keiner so, wie heute. Wehe eine Mutter kommt 5 Minuten zu spät, um das Kind von der Kita abzuholen. Das wird beim dritten Mal, je nach Einrichtung und Erzieher (einige drücken auch Augen zu) gemeldet.

Heute sieht das alles anders aus. Von Eltern wird oft mehr erwartet, was die Kinderbetreuung anbelangt. Heute müssen viele Mütter zügig wieder arbeiten gehen, nicht nur freitags und samstags, sondern die ganze Woche und mit Pech noch am Wochenende. Viele haben auch kein Glück ein Salon im Haus zu haben und die Kinder, wie früher üblich nebenbei zu „betreuen“ heute sind Kinder an Arbeitsstellen verboten. Die Sicherheitsvorschriften sind höher. Meine Mutter nahm mich früher oft mit zur Arbeit. Ich spielte in einer Ecke.. heute undenkbar.
Die Belastung ist heute anders. Auch Frauen müssen heute mehr stemmen, auch wenn es nicht danach ausschaut.

Ich würde auch nicht sagen, dass Frauen früher belastbarer waren, dass stimmt nicht. Wer sagt, dass sie nicht überfordert waren??? Man sprach nur nicht so wie heute darüber. Man sprach eigentlich über nichts!
Wenn ich so einige Generationen höre, klingt es sehr wohl nach, „oh Gott, ich weiß gar nicht wie ich das gemacht habe, ich war so überfordert und ständig kaputt und hatte überhaupt keine Nerven für meine Kinder“.

Ich glaube man denkt immer nur, dass es früher „besser“ war, aber ich wäre lieber heute nochmal Kind, wenn ich mir so die Kindheit eines Kindes heute und damals anschaue. Ich hatte überhaupt keine Kindheit! Ich war eine kleine Erwachsene, die zu funktionieren hatte, weil meine Mutter keine Zeit und Nerven hatte mich Ein Kind sein zu lassen. Ich musste mit 10 auf meinen Bruder 4 aufpassen, weil sie dann ja jemanden hatte, der auf das Kind aufpasste, während sie kochte, bügelte, arbeiten ging. Die Kinder übernahmen schon viel früher viel mehr Aufgaben.
War halt so, ist ok. Für meine Kinder will ich das nicht, sie sollen Kinder sein. Ist eben eine andere Zeit, dass kann man einfach nicht vergleichen.

Es kommt sicher auch immer darauf an, wo man genau aufgewachsen, aber so war es bei uns hier üblich...

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Hallo
Zu meiner Kindheit war meine Mutter eine Ausnahme die meisten waren Hausfrauen.
Bis 1973 musste der Ehemann die Erlaubnis geben das die Frau arbeiten darf.

Trotzdem konnten sich viele ein Haus bauen.

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Du triffst den Nagel auf den Kopf!!!
Ich habe mit fünf meinen Bruder vom Kindergarten abgeholt. Habe ihm eine Schnitte gemacht und dann auf unsere Mutter gewartet. Die kam oft erst halb sieben, oder sieben. Ich bin in den neuen Bundesländern groß geworden. Da war das Gang und Gäbe. In unserem Krankenhaus haben Krankenschwestern Nachts ihre Kinder allein Zuhause gelassen, wenn sie niemanden hatten. Da wurde gar kein großes Gewese gemacht...
Unsere Mutter hat nie mit uns gespielt, nie vorgelesen oder sonst etwas. Kinder liefen mit, die hatte man... Sie hat Vollzeit gearbeitet und war auch noch allein erziehend. Der Haushalt war stets geleckt. Den Anspruch mehr Mutter zu sein, hatte sie nicht. Wir waren Erwachsene die funktionieren mussten.
Und heute hat man zu dem ganzen Kram, den meine Mutter hatte, dann noch den Willen, das es die eigenen Kinder schöner haben, als man selbst. Ich würde sagen, verweichlicht sind wir heute nicht... Es ist eben eine andere Zeit!

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Vielleicht daran, dass heute die Ansprüche an einen selber (und die vom Umfeld und der Gesellschaft mehr oder weniger deutlich geäußerten) ganz andere sind. Für das Wunder und die Prinzessin muss alles perfekt sein. Und perfekt gibts nicht. Das macht permanent das Gefühl, nicht gut genug zu sein.

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"Perfekt" gibt's nicht, damit macht man sich nur selbst unglücklich.

Es ist interessant, den Leuten zuzuhören. Meine Beobachtung: der Gebrauch dieses Wortes ist direkt proportional mit seiner persönlichen Überforderung. Je nach Charakter entwickeln sich daraus unterschiedliche Probleme: Neid, Missgunst, Depression, Aggression.

Im übrigen denke ich auch, dass es uns heute einfach zu gut geht, wir jede Relation verloren haben und verweichlicht sind. Muss sich aber jeder selbst bei der Nase nehmen. Bisschen Demut würde vielen gut tun.

Dennoch bin ich sehr froh, heute zu leben!!

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Im übrigen denke ich auch, dass es uns heute einfach zu gut geht, wir jede Relation verloren haben und verweichlicht sind. Muss sich aber jeder selbst bei der Nase nehmen. Bisschen Demut würde vielen gut tun.


Ich finde damit hast du es auf den Punkt gebracht 😉

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Liebe Arianne41,

ich denke als Frau hat man heute eine Menge an der Backe. Neben Familie, Kinder, Beruf und Haushalt. Von Eltern wird heute mehr Engagement erwartet als früher. Ob es nun Kindergarten, Schule oder sogar Beruf. Heute hat man mehr Termine mit den Kindern, die nachmittags abgearbeitet werden müssen wie zum Sport bringen, Spielebesuch, Therapietermine etc.

Und wenn man zu der Gruppe der Mütter/Väter gehört, die zu Hause noch behinderte Kinder oder einen alten Menschen zu pflegen hat, dann hat man noch zusätzliche Belastungen wie vermehrte Arztbesuche, Therapien, vielleicht noch Hilfsmittelanpassung etc. Und dazu gehört es noch die eigene Familie unter einen Hut zu bringen. Dazu gehöre ich auch. Habe einen frühkindlichen Autisten zum Pflegen und Betreuung. Und eine Mutter, die im Pflegeheim wohnt, um die ich mich auch noch kümmere. Und das neben der eigenen Familie und Beruf.

Das ist das heutige Leben. Und da hilft häufig nur Zähne zusammenbeißen und durch.

LG Hinzwife

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Ich habe drei Kinder groß gezogen und war immer Vollzeit berufstätig.
Da ich abends nie vor 19.00 nach Hause kam, stand ich nachmittags für Termine welcher Art auch immer nicht zur Verfügung.
Die Kinder haben ihre Hausaufgaben und Schulischen Belange alleine geregelt und sind nachmittags mit dem Fahrrad zum Sport oder zu Freunden gefahren, ab dem Schulalter.
Vorher war das kein Thema.

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Allein die ganzen U- Untersuchungen, die sogar der Senat prüft, ob sie gemacht werden...
das gab es früher alles nicht! Meine Mutter staunt oft, wie viele Termine ich mit meinen Kindern habe und sagt selbst, dass hätte sie früher überhaupt nicht geschafft. Ich muss es aber schaffen!!

Gerade in der heutigen Zeit, wo alle Arbeitgeber eine ausschließliche flexible Arbeitszeit erwarten, muss man schon richtig fuchsig planen, wie alles machbar ist! Und selbst dann kommt viel zu kurz!

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Ich habe noch nie verstanden, wie eine Generation der anderen vorwerfen kann, nicht belastbar zu sein.
Auch der Satz "die Jugend von heute..." ist ja uralt.
Meine Großmutter hatte 4 Kinder und war berufstätig. Damals hätte ihr Ehemann ihr das verbieten können... Das Mittagessen stand Dank technischer Hilfsmittel (programmierbarer Herd) immer pünktlich auf dem Tisch. Das war auch wichtig, denn damals hätte noch praktisch jeder Arbeitnehmer eine Mittagspause. Und um 16.00 Schluss. Nur Verkäufer arbeiteten länger - nach Dienstschluss wurden Lebensmittel gekauft (zu Fuß) und abends wurde gewaschen und gebacken.
Samstag hatten alle früher Feierabend und die Kinder kamen eher aus der Schule... Beide Großeltern (also weitere 4 Erwachsene!) wohnten mit im Haus.

Meine Mutter hatte nur 2 Kinder und war erst wieder berufstätig, als die jüngere auf die weiterführende Schule kam. Ist das jetzt schlechter? Meine Mutter hatte keinen Tante-Emma-Laden mehr vor der Tür, Kartoffeln wurden nicht mehr angeliefert und im Keller gelagert. Die Hobbies der Kinder waren nicht mehr fußläufig zu erreichen und sowohl mein Vater als auch meine Mutter fuhren mit dem Auto zur Arbeit, weshalb auch beide Führerschein hatten (eine Generation eher nur meine Oma).

Ich habe auch zwei Kinder, arbeite 25 Stunden pro Woche, wir haben beide Führerschein, kaufen trotzdem manchmal mit dem Fahrrad ein und kutschieren die Kinder abwechselnd zum Hobby ins Nachbardorf. Kann ich mich jetzt damit brüsten, wieviel ich schaffe? Liegt meine Freundin, die mit derselben Kinderanzahl z Zt. nicht berufstätig ist, auf der faulen Haut?


Klar, ist es immer ein Spagat. Ich behaupte, Teilzeit-Arbeit und Kinder mit wenig Betreuung ist am anstrengendsten. Aber ich habe mir das ausgesucht.
Und eine Generation gegen die andere auszuspielen geht Mal gar nicht. Je nachdem wie weit man zurück geht war wirklich ALLES anders. Na und?

LG!

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Ach ja:
Das Müttergenesungswerk wurde 1950 gegründet. Warum wohl?

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Das Thema haben wir auch oft. Weißt du. Damals war es doch bei jedem so. Frauen hielten zusammen, Familien auch. Jedenfalls generell. Da bretterte keiner mit 2 Autos zur Arbeit und zur Kita, da musste nicht für so extrem viel Luxus gearbeitet werden wie heute. Für ein bescheidenes Leben reichte ein Gehalt und in den 50er-90ern waren viele Frauen ganz zu Hause und hatten keinen Stress mit Chefs, Kollegen und der Kinderbetreuung. Das kann man einfach nicht vergleichen. Keine Erreichbarkeit mangels Telefon oder Handy und und und.

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Offtopic, aber: So ein bescheidenes einfaches Leben ohne Kollegen, Chefs, Geld und nur dem Gehalt ihres Mannes wollte noch nicht mal meine Oma, und die wird dieses Jahr 95. ;-)

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Hier, wo ich lebe, war es aber weit verbreitet. In Städten mit Sicherheit schon früher anders. Aber nein, unzufrieden waren hier wenige. Außer höher gestellten Leuten waren die "Normalen" doch eher auf einem gleichen Niveau. Da war weniger Angeberei, Neid usw. unter den Frauen.

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Und Du bist sicher Sie war glücklich dabei?
Ich kenne diese Belastung nicht,da ich wirklich einen Mann habe der mit mir alles teilt
Familie&Beruf
Ich wollte nie einen Arbeitsesel und er nie eine Putzfrau.
Trotzdem unterstütze ich Frauen lieber die es eben nicht so hinbekommen,ich bin überzeugt früher haben die Frauen schlicht den Mind nicht aufgemacht und haben Alls hingenommen...

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Mund
Alles

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Kindern wir immer mehr "abgenommen", die Erfahrungen vom "echten Leben" halten sich als Kind/Jugendlicher doch stark in Grenzen.

Diese Erfahrungen fehlen aber als Erwachsener und diese sinkende Belastbarkeit ist sicherlich ein Indiz für eine doch sehr stark behütete Kindheit.

Ich nehme mich da nicht aus....

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Genau meine Meinung! Super geschrieben.

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Hier habe ich etwas treffendes gefunden:

https://www.welt.de/politik/deutschland/article141176377/Sandwich-Generation-stoesst-an-ihre-Belastungsgrenze.html

https://www.ifd-allensbach.de/fileadmin/IfD/sonstige_pdfs/BdF_Studie_Sandwich.pdf

Das gehört alles mit zu den heutigen Belastungen