Gesundes Vertrauen beibringen? (Achtung lang)

Hallo ihr lieben,

Ich habe da eine Frage, die mich seit Tagen beschäftigt: wie schafft man es den Kindern das richtige Vertrauen beizubringen?
Zb Schutz vor sexuellen Übergriffen? Wie bring ich meinen Kindern solche Themen bei, ohne Ihnen Angst zu machen oder sie komplett gegen Menschen misstrauisch werden zu lassen? Dieses innere Gefühl von „Alarmglocken Leuten“ beibringen?

Ein bsp von meiner Kindheit: ich fuhr damals immer mit dem Schulbus und war das erste Kind die einstieg und somit auch das letzte Kind die später abgelassen wurde. Irgendwann kam ein Busfahrer, der war total lieb, konnte mich mit ihm lange unterhalten usw. irgendwann kamen Süßigkeiten von ihm. Fand ich natürlich lecker und lieb und ich kam nie auf die Idee, das meinen Eltern zu erzählen, weil ich nichts falsches dachte (wir kannten uns ja mittlerweile). irgendwann wurden die Gespräche persönlicher. Er fragte nach meinem Alter (Name kannte er bereits) Geschwister, jeden Tag mehr( kann mich nicht mehr an alles erinnern). Da dachte ich mir noch nichts bis dann die Frage auftauchte: welche Klamottengrösse ich denn trage? So langsam kam mir das komisch vor aber ich schwieg. Und dann (für mich) die entscheidende Frage: hast du auch Pickeln auf dem Rücken oder sonst welchen Körperteilen? In dem Moment wusste ich, diese Frage ist zu viel! Zum Glück war ich fast da und konnte dieser Frage ausweichen. Ich muss sagen er hatte mich (zum Glück!) nie angefasst. Vielleicht hatte er das nicht mal vor ich weiß es nicht, aber diese Frage war mir sehr unangenehm...
Ich hatte das sofort meiner Mutter erzählt, sie meinem Vater. Ich sollte dann nur noch mit dem Fahrrad zur Schule und im Winter durfte ich die öffentlichen Busse nehmen. Irgendwann bekam ich mit, dass dieser Fahrer nicht mehr da ist (mein Vater hat wohl im Hintergrund dafür gesorgt, ohne mich davon wissen zu lassen!).
Ich weiß nicht wieso ich es wusste, dass die Grenze überschritten wurde, aber anscheinend hat das meine Mutter sehr gut hinbekommen. Weder sie noch ich können uns aber an solche Gespräche erinnern.

Also wie schaffe ich es bei meinen Kindern? Das Thema beschäftigt mich wirklich sehr seit Tagen (meine Zwillinge sind gerade 15 Monate geworden).
Wie macht ihr das? Oder wie hatten es eure Eltern gemacht?

11

Ich denke, dieses Bauchgefühl muss man Kindern nicht bei bringen. Das gehört zu den alteinhergebrachten Instinkten, die man nicht lernen muss.

Man kann es den Kindern aber “ab-erziehen“ und ihnen bei bringen, nicht darauf zu hören....

Und das schafft man, indem man sie und ihre persönlichen Grenzen nicht ernst nimmt oder gar ins lächerliche zieht...

19

Ja da hast du vollkommen recht!

1

Das jst eine schwierige Frage....
Wie haben es denn deine Eltern gemacht? Du hast ja in der beschriebenen Situation richtig gehandelt. Dein Bauchgefühl hat dir gesagt, dass jetzt eine Grenze überschritten ist, und du hast dich deinen Eltern anvertraut.

Das wichtigste ist ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Eltern und Kinder. Kinder müssen lernen über ihre Gefühle zu sprechen und ihre Gefühle zu deuten. Ein gesundes Selbstvetrauen ist wichtig.

Die altbekannt Lehre "geh nicht mit Fremden mit" sollte man mit den Kindern ab einem gewissen Alter natürlich mal besprechen. Aber das macht aus meiner Sicht nur einen kleinen Teil aus. Man kann das seinem Kind noch so oft eintrichtern, aber mit dem netten Nachbarn geht es dann vielleich trotzdem mit. Und hier ist dann das Bauchgefühl gefragt.

3

Genau das ist die Frage, wie haben es meine Eltern gemacht? Sie wissen es nicht oder können sich nicht erinnern. Und ich ebenso nicht um ehrlich zu sein...

6

Ich denke Kinder haben ein gutes Gespür von Sachen die sie mögen und die sie nicht mögen. Mein Sohn möchte es nicht wenn ihn jemand zur Begrüßung geküsst hat und das von klein auf. Ich habe es immer unterstützt und habe auch immer klar gesagt er alleine entscheidet wer ihn küssen oder anfassen darf. Die Familie fand es zwar doof, hat es aber irgendwann akzeptiert. Mein Sohn hat dadurch gelernt das er sehr wohl sagen darf womit er sich nicht wohl fühlt und das man darauf reagiert.
Wir sind damit gut gefahren.

LG
Visilo

weitere Kommentare laden
2

Ich weiß nicht, was du unter "Vertrauen beibringen" verstehst.
Ich nenne es eher, Kindern ein gesundes Selbstvertrauen zu ermöglichen.
Dazu gehört, Grenzen der Kinder zu respektieren und sie nie verbal niedermachen, sich viel Zeit zu nehmen, den Kindern zuzuhören und interessiert sein (und nicht nur so tun).
Meintest du sowas in die Richtung?

4

Nein, nicht sowas. Ich weiß nicht ob du mein Text gelesen hast, aber meine damit dass wenn es drauf ankommt, sie eine leutende Alarmglocke hören. Also Gefahr richtig erkennen, aber nicht jedem Menschen gegenüber misstrauisch sein.

5

Ich habe deinen Text gelesen...

Die Grundlage für das Verhalten, dass du dir für deine Kinder wünschst, IST ein gutes Selbstvertrauen.

weiteren Kommentar laden
7

Ich hänge mich bei deiner Frage mal dran.
Es beschäftigt mich auch schon lange wie man das am Besten erklärt ohne die Kinder einzuschüchrern. Man kann ja schlecht die übelsten Dinge detailiert erklären, damit die Kinder nicht den Glauben an die Menschheit verlieren.
Ich bin gespannt welche Antworten du noch bekommst.
Meine Große ist immerhin schon 8.
Sie weiß, dass sie niemanden die Tür öffnen darf, wenn sie allein zu Hause ist. Denkt aber, dass es wegen den Aboverkäufern ist.
Süßigkeiten darf sie nur von meinen Freunden annehmen,wenn sie alleine zum Spielplatz vor unserem Haus geht. Genauso weiß sie, dass sie mit Fremden nicht mit geht.
Aber irgendwann wird die Frage nach dem Warum kommen.

12

Bei uns kam die Frage nach dem warum bereits.
Ich habe gesagt, dass keiner Menschen ansehen kann, ob sie wirklich nett sind, oder nur so tun und einem eigentlich weh tun wollen. Dafür braucht es eine ganze Weile, bis man das wirklich einschätzen kann. Und das geht halt nicht in ein paar Minuten, Stunden, Tagen.

9

Bei mir gab es als Kind auch mal so eine Situation. Ich war ca 5 Jahre alt und machte mit den Nachbarskindern so nen kleinen Flohmarkt. Die anderen Kinder gingen irgendwann und ich saß alleine auf meiner Decke. Plötzlich kam ein junger Mann, sprach mit mir und wollte mir Aufkleber schenken. Es wären aber so viele, dass er die nicht alleine tragen könnte. Ich sollte mit ihm zum Auto kommen. Da meine Eltern mit eingetrichtert hatten, ich dürfte nicht an fremde Autos ran, verneinte ich. Der Mann versuchte mich zu überzeugen. Zum Glück fuhr dann ein anderes Auto zufällig auf diesen Parkplatz und mehrere Leute stiegen aus. Ich sagte recht laut: "Ich möchte die Aufkleber ja haben, aber ich darf nicht zu Fremden ans Auto." Die Leute aus dem anderen Auto schauten irritiert und der fremde Mann ging nur schnell an sein Auto, drückte mir ne Menge Aufkleber in die Hand und verschwand umgehend.

18

Das ist genau der Punkt, wo ich andocken wollte: in deiner Situation 1. fremder Mann 2. fremdes Auto 3. keine Süßigkeiten von fremden! Das bringt man den Kindern immer bei, und irgendwann erinnern sie sich an die Worte von Mama.
Zu meiner Situation: 1. ein (damals für mich) nicht mehr fremder Mann, 2. viele Unterhaltungen vorher, 3. langsames angehen mit persönlichen fragen.
So und nun? Keine Unterhaltungen vorher über solche Situationen mit Eltern. Aber zum Glück konnte ich die Situation richtig einschätzen.
Die Frage ist auch, wie würde ich mich verhalten, wenn ich noch jünger wäre? 7-8 Jahren. Mit Pickeln musste ich ca 12-13 jahre alt gewesen sein, als das passierte.

Erst letztens habe ich hier gelesen, dass es einen Übergriff im Kindergarten gab und seitdem zerbricht mir das Thema den Kopf.

26

"1. ein (damals für mich) nicht mehr fremder Mann"

Ich habe mal gelesen, dass es in den meisten Fällen gar nicht "Fremde" sind, sondern Leute, die man "kennt", wie z. B. Nachbarn, oder Leute, denen man anderswo regelmäßig begegnet, sodass sie dem Kind eben nicht fremd vorkommen.

Zurück zur Eingangsfrage:
Dem Kind das Selbstvertrauen mit auf den Weg geben, dass es selber über sich bestimmen darf. Ihm von kleinauf zeigen, dass es Schamgrenzen gibt.
Meinen Eltern zum Beispiel war es wichtig, dass wir auch als Kleinkinder am Strand mindestens ein Höschen anhaben, dass nicht Hinz und Kunz und wickelt, abknutscht, o. Ä. Wir haben auch als Geschwister (auch Junge und Mädchen) bis zu einem gewissen Alter gemeinsam gebadet, aber wenn die Badezimmertür geschlossen war, hieß das, dass man nicht reingeht (bzw. vorher klopft), so habe ich meinen Vater nie, meine Mutter selten nackt gesehen. Wenn wir nicht bei anderen Leuten auf dem Schoß sitzen wollten, dann war das okay.
Es sind die kleinen Dinge, die man dem Kind auch vorlebt: Die Kassiererin wird freundlich begrüßt, aber man verrät ihr keine Einzelheiten (z. B. wenn sie nach der Postleitzahl fragen, vor dem Kind einfach "Nein" sagen) und man umarmt sie auch nicht zur Begrüßung, solche Dinge.
Meine Tante hat mit meiner Cousine ein "Passwort" ausgemacht, dass sie erfragen musste, wenn jemand sie im Auto mitnehmen wollte.

weitere Kommentare laden
13

Schwierig, weil das wirklich eine Gratwanderung ist, wem man vertrauen kann und wem nicht.
Ich bin ein ziemlich offener Mensch, habe immer viele Menschen um mich rum. Komme auch schnell mit Fremden ins Gespräch und bin u.a. Gastgeberin bei couchsurfing (da bietet man Reisenden einen Schlafplatz an oder nutzt das selbst), wobei ich da sehr genau auswähle und das auch meinen Kindern vermittle, warum hier wer bei uns sein kann und wer lieber nicht.
Allerdings wissen meine Mädels auch, dass sie auf der Straße bei Fremden aufpassen müssen, nicht nah an fremde Autos ran, nirgendwo mitgehen und laut sein, wenn ihnen etwas übergriffig vorkommt ("Feuer" schreien oder laut "Nein" sagen, dass andere darauf aufmerksam werden). Meiner Großen wurde auch mal unterwegs was Süßes angeboten, sie hat den Typen wohl ignoriert und ist weitergelaufen.
Geholfen hat uns ein Selbstverteidigungskurs für Kinder. Da war meine Große 7 Jahre alt. Es ging dabei um Gefahrensituationen und wie man sich auch als Kind wehren kann. Natürlich nicht körperlich, denn da sind Kinder einfach unterlegen. Aber eben Strategien, wie man andere zuhilfe zieht. Oder eben was man bei Fremden unterlassen sollte. Das würde ich absolut empfehlen. Sicher gibt es zu diesem Thema auch viele Bücher.

14

Hi

ich finde das auch sehr schwierig - und ich habe immer mehr das Gefühl, dass immer mehr Familien in den Extremen leben (vielleicht bekommt man es durch die sozialen Medien auch nur mehr mit.

Klar - die Eltern die sich gar nicht kümmern, gab es immer schon - und wird es wohl auch immer geben. Ist doch egal, wo das Kind ist - Hauptsache es nervt nicht. Das sind aber glaube ich gar nicht so viele...

Und dann gibt es noch die Familien, wo die Kinder nicht alleine zur Schule gehen dürfen - es könnte ja was passieren, alleine draussen spielen - fast schon nicht mehr denkbar. Das Helikoptern halt...

Früher wie heute liegt der goldene Weg wohl in der Mitte. Ja - man grüßt fremde Menschen - Nein - man steigt nicht zu ihnen ins Auto ein... Soweit so gut - und so einfach...

Aber es kommen ja auch andere Einflüsse. Meine 11jährige Tochter meinte neulich (ich war dabei) auf dem Parkplatz vom Edeka fotografiert worden zu sein, weil da ein Mann mit Handy (das Handy hing auch noch in der Halterung) im Auto saß. War wohl gerade Thema unter den Mädels in der Schule. Ich hatte bei einem kurzen Blick eher den Eindruck, dass der Mann eine E-Mail gelesen hatte oder so - wie gesagt, das Handy hing in der Halterung... Da habe ich versucht, meine Tochter zu beruhigen - fand es aber schon erschreckend, dass sie überhaupt auf solche Gedanken kommt ohne dass es erbeb sehr deutlichen Ansatz gab (Zb dass der Mann mit dem Handy hinter ihr hergelaufen wäre oder das Handy zB immer wieder in ihre Richtung gedreht hätte).

Aber es gibt auch Situationen, wo wir das Gefühl haben, das wir in die andere Richtung sensibilisieren müssen - zB hat sie letzten Sommer angefangen, alleine (mit Freundinnen) zum Badesee zu gehen. Da haben wir dann auch überlegt, wohin sie sich wenden kann, wenn mal was sein sollte... Kiosk, Kassenhäuschen, etc.

Es ist also immer wieder eine Gratwanderung, wo man auch nachsteuern muss, da sich die Gefahrenquellen mit zunehmendem Alter immer wieder ändern... Als die Kinder klein waren, haben wir ihnen einfach nur erzählt, dass es viele liebe Menschen gibt - aber eben auch einige böse - einige "Räuber Hotzenplotze"... Und wir sind immer nur auf die Dinge eingegangen, die in dem Alter aktuell waren. Es hätte wahrscheinlich wenig gebracht, den Kindern mit 2 Jahren zu erzählen WENN DU IN 10 JAHREN MAL ALLEINE ZUM BADESEE GEHST..... - jetzt ist das halt bei uns durchaus ein Thema...

Und trotzdem spielen die Kinder draußen, fahren alleine mit dem Rad zu Freunden (auch 6 km übers Feld) und erleben hoffentlich eine unbeschwerte, angstfreie Kindheit.

LG
Frauke

20

Das ist ein guter Punkt. Sobald man Hilfe braucht sollten Kinder wissen wohin sie müssen und nicht erst nachdenken den oder den da! Das muss ich mir merken 😉

Ich weiß noch früher wie andere Mütter ihren Kindern immer wieder gedroht haben, wenn du nicht still bist kommt gleich die Polizei und nimmt dich mit 🤦🏻‍♀️ Und wenn das Kind in der Not ist rennt es bestimmt als letztes zur Polizei, weil die ja die bösen sind!
Das hatte mich damals anscheinend auch beeinflusst. Wir fuhren mit der Bahn und ich sollte mich auf dem 4er Platz gegenüber meiner Mutter setzen. Aber daneben saß ein Polizist und ich hatte Angst und wollte nicht sitzen. Dann erklärte mir meine Mutter dass diese Menschen für unsere Sicherheit da sind und niemals böses wollen (das Gespräch ging natürlich länger mit vielen anderen bsp)
Was Unwissenheit anrichten kann...

15

>> Dieses innere Gefühl von „Alarmglocken Leuten“ beibringen? <<

Ich glaube, dieses Gefühl muss man keinem Kind beibringen, das bringen die Kinder selbst mit. Wichtig ist denke ich, einem Kind mit auf den Weg zu geben, dass es das Bestimmungsrecht über seinen Körper besitzt und kein anderer außer Mama und Papa Dinge am Körper machen darf, die das Kind nicht möchte (bei Eltern besteht die Notwendigkeit ja nun mal leider manchmal).

Dann muss man den Kindern die Sicherheit und das Selbstvertrauen mitgeben, "nein" sagen zu dürfen.

Meine Tochter ist 5 und ich habe ihr schon erklärt, dass es Menschen gibt, die anderen Menschen Böses wollen und dass es Menschen gibt, die Kindern weh tun. Deswegen weiß sie, dass sie nicht mit Fremden mitgehen soll und dass sie von Fremden keine Süßigkeiten nehmen soll. Ich habe ihr gesagt, wenn ein Fremder ihr Süßigkeiten anbietet, soll sie sie ablehnen und nach Hause kommen, dann bekommt sie hier so viel sie will.

Oftmals suchen sich Täter Kinder aus einem entsprechend sozialem Umfeld, die familiär nicht so verwurzelt sind.

16

Sehr spannendes Thema! Bei uns zum Glück noch in weiter Ferne.

Aaaaber. Was mir beim Lesen aufgefallen ist: es ist fast immer die Rede vom bösen Fremden. Die allermeisten Missbrauchsfälle passieren aber doch im familiären Umfeld. Wie sensibilisiert man hier? Gegenüber dem Onkel, dem Opa, dem Vater vom Kumpel? Das finde ich viel schwieriger.

Da scheint mir der einzige Ansatz zu sein, wie einige schrieben dem Kind klar zu signalisieren dass es keinen körperkontakt dulden muss den es nicht möchte.

21

Ja genau, wie machen wir das mit den nicht fremden Menschen? 🤯

31

Da hast du vollkommen Recht,
man sollte aber auch (analog zu deinen Beispielen) Tante, Oma und Mutter vom Kumpel nicht vergessen...

weiteren Kommentar laden