Was ist ausschlaggebend für ein gutes Eltern/Kind-Verhältnis im Alter?

Ja...die frage klingt vermutlich ein bisschen kryptisch...
mich würde interessieren, was ihr denkt (oder was eure erfahrungen sagen), was man aktiv tun kann, damit die Eltern-Kind-Beziehung auch mit Ü18 , Ü30, Ü40 noch gut ist.

In meiner Familie ist es so, dass meine Geschwister aus unterschiedlichen Gründen (nichts gravierendes, "Kleinigkeiten", die nie ausgesprochen und beseitigt wurden und dann summiert irgendwann zum endgültigen Bruch geführt haben) keinen Kintakt mehr zu meinen Eltern haben. Auch in meinem Freundeskreis sehe ich das immer wieder.

Mich macht es fertig, wenn ich mir vorstelle, dass meine Kinder, beide 5, vielleicht irgendwann mal den Kontakt zu mir abbrechen.

Was kann man dafür tun, um ein gutes Familienklima zu haben?
Wie sind Eure Erfahrungen?

Bei meiner Mutter und bei mir persönlich ist es ZB so, dass meiner Mutter eine menge Empathie fehlt, deshalb ist der Kontakt zu den Geschwistern gescheitert. Ich bin wiederum hart im Nehmen und stecke auch so manches ein, es ist aber nun mal meine Mutter und die hab ich gern und die möchte ich nicht missen.
Demnach sind "sensible Antennen" meiner Meinung nach zB sehr wichtig, um einen guten Draht zu haben. Vermutlich ist auch eine gesunde Mischung aus Fürsorge und Loslassen wichtig.

Wie seht ihr das, was ist grundlegend, um ein gutes Verhältnis jenseits der Volljährigkeit zu haben? ;-)

1

Das ist eine berührende Frage und auch ich wünsche mir sehr, dass das Verhältnis zu meinen Töchtern sehr viel besser sein wird als das zu meiner Mutter.

Grundlegend ist bzw. wäre für mich Respekt vor dem anderen und seinen Gefühlen, Empathie. Aber auch zu sich und zu seinen Bedürfnissen zu stehen. Allerdings ohne egozentrische Verhaltensweisen.
Und auf gar keinen Fall sollten zwischen Eltern und Kindern die Rollen vertauscht werden, wenngleich die Beziehung sich zu einer erwachsenen Beziehung weiterentwickeln sollte, was Dialog und Kommunikation auf Augenhöhe sowie Ausgeglichenheit beim gegenseitigen Fordern und Fördern beeinhalten sollte.

Der wichtigste Punkt, den man als Elternteil beachten sollte, damit eine Beziehung auch im Erwachsenenalter liebevoll ist, ist für mich folgender:

Liebe und Anerkennung dafür, dass man ist und nicht als Gegenleistung für das Erfüllen bestimmter Bedingungen.

12

> Liebe und Anerkennung dafür, dass man ist und nicht als Gegenleistung
> für das Erfüllen bestimmter Bedingungen.

Das finde ich auch das Wichtigste: Ein unbedingte elterliche Liebe, die nicht an Bedingungen wie Wohlverhalten oder dem Erfüllen von elterlichen Erwartungen geknüpft ist.

Das bedeutet nicht, alles gutzuheißen, was das Kind macht, ganz im Gegenteil. Aber das grundsätzliche Band des Vertrauens und der Liebe muss auch in Krisen immer da und spürbar sein.

> ich wünsche mir sehr, dass das Verhältnis zu meinen Töchtern sehr viel
> besser sein wird als das zu meiner Mutter

Da habe ich überhaupt keine Zweifel, das wird es ganz sicher sein!

2

Das Wichtigste ist meiner Meinung nach im Gespräch zu bleiben. Immer! Egal wie sehr man sich grade gefetzt hat. Auch die Vetrauensbasis muss stimmen. Mein Großer erzählt mir sehr viel. Wenn ich jetzt ein Fass aufmachen würde, wenn er mir sagt, dass er schon einen Film ab 18 geguckt hat oder Alkohol getrunken hat, dann würde er mir nie wieder was erzählen. So können wir dann über seine Erlebnisse sprechen, ich kann was von meiner Teeniezeit erzählen usw. Alles gut.
Meine Mutter hat Ehrlichkeit bestraft und weil ich dann nichts mehr erzählt habe, hat sie heimlich meine Tagebücher gelesen und mich wegen des Inhaltes beschimpft #augen
Meine Kinder sollen wissen, dass sie immer zu mir kommen mit Problemen und ich immer versuchen werde zu helfen...ohne Vorwürfe.
Das hat meine Mutter leider nie geschafft, sie hat immer alles (ab)gewertet, was ich mache und immer war alles doof, hässlich, schlecht.
Im Prinzip brauche ich wahrscheinlich nur das Gegenteil von meiner Mutter zu machen #rofl
Zu meinen Eltern habe ich nämlich seit fast 6 Jahren keinen Kontakt mehr.

6

Super geschrieben. Sehe ich genauso. Meine Älteste (fast 14) erzählte mir kürzlich, sie hätten auf einer Übernachtungsparty einen Film ab 16 gesehen :-). Ich fand's toll von ihr, dass sie so offen war. Ich hab dann nur gefragt, welcher und wie sie ihn fand. Wir haben dann noch kurz angerissen, warum es FSK gibt

10

Ja, da hast Du recht, man sollte Ehrlichkeit honorieren und nicht bestrafen.

Als ich vor 25 Jahren versucht hab, mit meinen Eltern und Kiffen, Sex oder blaumachen zu reden, hat man eine "hinter die Löffel bekommen "#schwitz

Das ist ein gutes Vorhaben, das sollte man ganz sicher beachten.

Auch ich kann anhand meiner Eltern einiges ableiten, was ich ganz sicher anders machen muss. Ist ja auch schon mal ein wichtiger Schritt :-D

3

Ich würde alles unterschreiben!
Es sind oft Gradwanderungen: Eltern-Kind-Verhältnis aber den Erwachsenen dann auch als solchen anerkennen; Selbstbewusstsein der Kinder stärken, sie aber auch nicht zu Egoisten oder eingebildeten Teufelchen erziehen...

Was noch dazu kommt, denke ich, ist, dass man die Persönlichkeit der Kinder immer akzeptiert und sich nicht versucht durch sie zu verwirklichen.

Hoffentlich schaffen wir das :-)

4

Für mich sind grundlegend

-im Gespräch bleiben, völlig egal wie alt
-Interesse zeigen
-akzeptieren, dass das Kind eigene Wege geht und selber Entscheidungen trifft, die ich nicht immer gut heißen muss
-immer eine Tür geöffnet halten

Das fällt mir spontan so ein.

Ich kenne auch einige Familien, wo das Kind den Kontakt abgebrochen hat. Meist kenne ich nur 1 Seite der Geschichte.

LG

5

Ich lese gerade von jorge und demian bucay
"Eltern und Kinder: Vom Gelingen einer lebenslangen Beziehung" da dreht es sich genau darum.

Ich denke, empathische Eltern, die ihre Kinder liebevoll ins leben begleiten, statt herrisch zu erziehen, legen den besten Grundstein für ein gutes Verhältnis im Alter.

Im Gespräch bleiben, interessiert sein, die Kinder erwachsen werden und sie ihre eigenen Fehler machen lassen statt den Kindern vorzuschreiben, wie sie ihr leben leben sollen oder sich ständig ungefragt einzumischen.

11

Oh danke, das schau ich mir mal heute abend an, ein guter TIpp.
Ich wusste nicht, dass es dazu bücher gibt

7

Ich denke, dass die Eltern-Kind-Beziehung gerade in den ersten Jahren entscheidend geprägt wird.

Wenn man die Entwicklung vom Kind bewusst mitbekommt, dementsprechend auch weiß, was das Kind kann und sich dementsprechend auf es einlassen kann.
Wenn das Kind von vornherein mit klaren Grenzen aufwächst, die für das Kind aber auch nachvollziehbar sind. Ich denke, dass in der ersten Trotzphase der Grundstein dafür gelegt wird, wie es in der "zweiten Trotzphase" (=Pubertät) abläuft.
Wenn Eltern da zu streng sind und man "gar nichts" darf, am besten noch ohne Begründung, dann wird das auch für die Beziehung nicht förderlich sein. Wenn man zu viel darf und gar keine Grenzen hat, dann wird es auch schwierig, dann erzieht praktisch das Kind die Eltern und es hat keine "Richtschnur", an die es sich halten kann.

Gemeinsames Familienleben ist m. E. auch ein wichtiger Faktor. Dinge wie gemeinsame Mahlzeiten und nicht ein ständiges "jeder holt sich, was er will". Klar, dass bei Berufstätigen bzw. mit Ganztagsschule der Mittag wegfällt, aber z. B. (je nach Arbeitsbeginn) das Frühstück (meine Mutter ist für uns damals immer vor 6 aufgestanden, obwohl sie hätte ausschlafen können und das rechne ich ihr hoch an), oder das Abendessen und v. A. die Wochenenden.

Und auch, dass man die Kinder in ihren Wünschen und Bedürfnissen ernst nimmt, auch wenn man ihnen etwas verbietet.
Man muss die Waage finden, die Kinder zur Selbstständigkeit zu erziehen, ohne sie zu sehr alleine zu lassen.

Klar gibt es dann auch noch persönliche Faktoren. In meinem Geschwisterkreis haben auch alle eine unterschiedlich enge Bindung zu unseren Eltern. Witzigerweise ist die, die am weitesten weggezogen ist, diejenige, die am häufigsten anruft und auch häufig nur für ein WE hinfährt, obwohl es sich kaum lohnt, während diejenige, die bewusst am nächsten an "zuhause" wohnt, diejenige ist, die sich am seltensten meldet und auch eher selten mal vorbeischaut.
Und wir haben ja alle die gleiche Beziehung genossen.
Das sind aber keine Unterschiede, die zu einem tatsächlichen Bruch führen.

Bei Bekannten und Verwandten ist die Eltern-Kind-Beziehung da auf unterschiedliche Weise sehr schwierig, wo:

- das Kind viel alleinegelassen wurde: beide Eltern mit zeitintensivem Vollzeitjob; er wohnt nach wie vor zu Hause, aber irgendwie hat jeder der drei sein eigenes Leben

- da, wo die Kinder viele Freiheiten hatten: eine meiner Tanten weiß die meiste Zeit nicht, wo sich ihre Kinder aufhalten (bei Besuchen: "Ich weiß nicht, wo xy ist. Der ist wahrscheinlich mit seinen Freunden unterwegs")

- da wo es wenig aktives Familienleben gab: sie haben nicht miteinander gebrochen o. Ä., aber es gibt regelmäßig Streit und sie wissen recht wenig voneinander. In der Familie war es z. B. so, dass die Kinder schon im Grundschulalter selbstständig Essen (damals hauptsächlich Schnucke) aus den Vorräten der Eltern genommen haben, ohne um Erlaubnis bitten zu müssen, zu Beginn der weiterführenden Schule haben sie dann auch angefangen, die normalen Mahlzeiten selber zu kochen und nicht mehr als Familie zu essen. Sie sind wenig gemeinsam in den Urlaub gefahren und haben auch ansonsten (insb.) in den Ferien wenig Zeit wirklich gemeinsam verbracht.

- da, wo die Eltern alles vorbestimmt haben: die Tochter hat es sich erstaunlich lange gefallen lassen, dass die Eltern sie zum Musikunterricht, etc. gezwungen hat. Der Bruch kam, als sie selber entscheiden wollte, was sie studieren will.

Wichtig ist es, da zu sein - in jeder Hinsicht, v. A. als Eltern, die immer hinter ihrem Kind stehen. Obwohl ich es persönlich sagen würde: "Bleib erst mal zu Hause" halte ich dieses Wissen des Rückhalts für wichtiger als die körperliche Anwesenheit.

Was ich gerade als Teenager (damals und auch rückblickend) an meinen Eltern sehr zu schätzen wusste, war, dass sie uns ernst genommen haben.
Wenn wir Hilfe brauchten, waren sie da, haben uns aber auch mal machen lassen. Es gab Regeln (bei Alkohol an die gesetzlichen Bestimmungen halten; um x Uhr bist du zu Hause, etc.), aber solange wir die gehalten haben, hatten wir da auch unsere Freiheiten, was z. B. Geburtstagsfeiern, Discobesuche, etc. anging.
Sie haben uns nichts in den Arsch geschoben (Klamotten, Führerschein, etc. mussten wir selber zahlen, u. Ä.), aber sie haben uns auch unterstützt (monatliches [kleines] Budget für Kleidung, erste praktische Prüfung gezahlt, etc.).
Und sie haben uns in der Berufswahl ernst genommen. Sie haben uns die "Risiken" erklärt (meine eine Schwester hätte mit einem anderen Studium bei gleichem Beruf mehr verdienen können; ich habe einen Beruf gewählt, bei dem ich was das Arbeits-Lohn-Verhältnis angeht "ausgebeutet" werde, etc.), aber sie haben uns trotzdem in unserer Wahl ernst genommen und unterstützt.
Auch in anderen Dingen haben sie uns durchaus gesagt, wenn sie unsere Entscheidungen für "falsch" halten (z. B. als meine Schwester mit 19 [2 Jahre Beziehung] mit ihrem Freund zusammengezogen ist - meine Eltern sind eher konservativ;-)), aber sie haben uns unsere Entscheidungen dann auch gelassen und akzeptiert.
So kann ich auch heute gut akzeptieren, wenn sie anderer Meinung sind als ich, so weiß ich, dass sie mich immer unterstützt haben, und dass sie auch immer hinter mir stehen und genau deshalb will ich sie auch unterstützen und hinter ihnen stehen.

25

Hallo Satos!

Tolle Antwort! Das kann ich so unterschreiben. Ich lese eh gerne deine Beiträge, egal in welchem Forum. Sie sind immer freundlich, toll geschrieben und haben Hand und Fuss! Musste ich jetzt mal sagen😊!

Gruss Manikiwu

33

Danke#liebdrueck

8

Ich möchte mich erstmal kate und tusnelda uneingeschränkt anschließen.

Ergänzend finde ich es auch ganz wichtig, dass man sich entschuldigen kann. Fehler machen wir alle, alles andere wäre sowieso unmenschlich - aber zurückblickend diese dann auch zugeben können und nicht aufgrund seiner Rolle als Vater oder Mutter auf der absoluten Richtigkeit des eigenen Tuns zu beharren - egal, wie blöd oder unfair oder gutgemeint und schlecht durchgeführt es war - das tun viele meiner Elterngeneration eben nicht. Und taten es auch zur Laufzeit schon nicht.

Kinder nicht als Partnerersatz zu missbrauchen oder als Schlichter im Ehestreit zu benutzen gehört für mich genauso dazu wie ihnen ihre Vorstellung vom Leben zu lassen und nicht eigene unerfüllte Wünsche in sie hinein zu projizieren.

9

Oh, als ich schrieb, hatten nur die beiden bisher einen Text verfasst - mir gefallen die anderen Beiträge auch :-)

13

Hallo,
mein Mann schätzt an meinen Eltern sehr, dass bei ihnen Vorschläge (für unwichtige aber auch existentielle Dinge) wirklich Vorschläge sind: sie klingen wie Vorschläge/Ratschläge und es ist dann absolut ok, es anders zu machen. Das war ab einem bestimmten Alter (13/14?) immer schon so.

Ich mochte an meiner Oma immer sehr, dass sie bei allem, was ich ihr erzählt habe (!) immer erstmal gefragt oder herausgehört hat, wie das für mich ist: blöd, egal, toll, spannend, schrecklich... Sie konnte gut zuhören, hatte auch eine explizite Meinung aber die hätte sie mir nie aufdrücken wollen, auch als kleinem Kind nicht.

Und: Teilnahme an familiärem Beisammensein war immer freiwillig, nie hätte Oma mich auch nur überredet, dabei zu sein. Wenn ich lieber Freundinnen treffen wollte, war das ok. Meistens konnte ich aber beides ganz gut organisieren ;-)

LG!

14

Eine gute Frage - dazu habe ich mir noch nie ernsthaft Gedanken gemacht. Ich (und mein Bruder auch) habe aber auch ein sehr gutes Verhätnis zu meiner Mutter (Vater ist verstorben). Und, dass das mit meinen Kindern anders sein könnte, kommt mir nicht in den Sinn.

Auf der anderen Seite ist das Verhätnis zu meinen Schwiedereltern nicht einfach. Auch für meinen Mann nicht. Ohne Kinder, da sind wir uns einig, hätten wir da auch keinen Kontakt mehr zu.

Ich glaube, es liegt am gegenseitigen Respekt und an der Achtung. Meine Kinder haben Rechte, immer gleiche Rechte, aber auch Pflichten. Ich höre ihnen zu, sie mir. Und auch bei Kompromissen muß jeder etwas von "seinem" abgeben, ein klein wenig verzichten.
Und gerade bei Erziehungsfragen: Die Achtung vor sich selbst niemals vergessen.