Geschlagen worden als Kind

Hallo,

das passt hier vielleicht nicht wirklich rein, aber ich suche Hilfe und viele Meinungen anderer Menschen, weil ich genug geschwiegen habe.
Als Kinder wurden meine Schwester (22 J.) und ich (23 J.) regelmäßig geschlagen. Damit meine ich keine Klapse auf den Po oder eine Ohrfeige. Es hat schon mal geblutet, wir wurden mit dem Hausschuh, Gürtel, mit der Hand richtig fest gehauen - mehrmals. Manchmal höre ich meine Schwester heute noch weinen und schreien.
Ich habe damit nicht meinen Frieden gemacht, ich habs denk ich einfach verdrängt, bis ich schwanger war. Ab da an hatte ich immer wieder Alpträume, wie meine Eltern uns verhauen. Meistens bin ich aufgewacht und konnte nur noch heulen über das, woran ich mich wieder erinnerte.
Ich habs geschafft dort rauszukommen, bin seit letztem Jahr glücklich verheiratet und wir haben eine 2 Monate alte Tochter.

Meine Schwester wohnt immer noch dort, sie war ein Frühchen und wog damals 470g mit 30 cm Größe. Unsere Mutter hatte wohl eine Schwangerschaftsvergiftung (damals wusste man es nicht so genau) und sie musste per Notkaiserschnitt geholt werden, fast wären beide drauf gegangen.
Sie wird nun seit sie vielleicht 15-17 ist nicht mehr geschlagen, aber psychisch fertig gemacht. Sie könne nichts, sie wüsste nichts, hätte keine Interessen, würde sie mit Absicht auf die Palme bringen usw.

Weiter möchte ich nicht ins Detail gehen, der Post würde ewig lang werden, weil mir immer mehr einfallen würde, was sie uns taten.

Was können wir tun? Ich weiß mir nicht zu helfen. Ich muss sie unbedingt da rausholen!!!

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Deine Schwester sollte zu einer Sozialberatung gehen. Da wird man ihr sicherlich helfen können, um ihr den Weg zu zeigen.

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Für dich kannst du auf jedenfall aktiv etwas tun. Nämlich dir einen Therapeuten suchen und deine miese Kindheit durch eine gesprächstherapie aufarbeiten und somit verarbeiten. Wende dich an deinen Hausarzt, der kann dir nummern von Therapeuten geben. Allerdings dürfte die Wartezeit lang sein. In manchen Städten gibt es auch Psychologen, wo msn recht schnell einen Termin bekommt. Da muss msn aber die Sitzungen selbst bezahlen. Ein Freund von mir hat so etwas wahrgenommen, als er unter akuten Depressionen litt und kurz vorm Selbstmord war. Deine Schwester selbst ist volljährig und somit für sich selbst verantwortlich. Wenn sie einer Arbeit nachgeht, hat sie genug Geld um auszuziehen und sich soweit wie möglich von den Eltern zu entfernen (räumlich gesehen). Auch ihr würde ich dazu raten eine Therapie zu machen um das erlebte tu verarbeiten und um Selbstwertgefühl aufzubauen. Auch könnte ein Selbstverteidigungskurs helfen um ein gesundes Selbstbewusstsein zu entwickeln und zu merken, dass man gar nicht so schwach und hilflos ist, wie einem eingetrichtert wurde. Das alles bedeutet aber auch viel Arbeit an sich selbst. Die Bereitschaft dafür muss vorhanden sein, ohne selbst etwas ändern zu wollen wird kein Rat der Welt etwas helfen.

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Vielen Dank für deine Antwort.
Dazu muss ich sagen, dass es so leicht nicht ist „sie ist volljährig und soll ausziehen“.

Sie ist noch in der Ausbildung zur Verkäuferin, unterstützt vom Arbeitsamt (d.h. sie bekommt weniger Lehrlingsgehalt als „normal“), weil sie allein nichts finden konnte. Sie wirkt sehr zurückgeblieben, ahnungslos, erfahrungslos, trieblos. Sie wirkt mehr so als wäre sie zwischen 8 und 12 Jahre alt, und nicht 22.
Als Kind so gedemütigt worden, jetzt immer noch (aber verbal), ist sie ganz klein. Sie ist zu 1000% abhängig von den Eltern, weil sie sie so gemacht haben. Sie haben Julia so ruiniert.
Einfach zu gehen ist schon ein riesen Schritt: ihr Denken entspricht immer noch dem eines Kindes „Mama und Papa haben mich doch lieb, wieso sind sie böse auf mich...“
Finanziell kann sie sich das auch nie Leisten in einer Stadt, wo ne Wohnung ca. 800-1100 Euro warm kostet mit einem Bruttogehalt von 1400 bis 1600 Euro als ausgelernte Verkäuferin.

Sie schreibt demnächst ihre Abschlussprüfungen und versucht eine Arbeit zu finden, ich helfe ihr.
Das dauert aber viel zu lange, bis August dauert es noch ewig. Sie darf eigentlich nicht 1 Tag länger dort bleiben. Ihre Persönlichkeit ist ohnehin schon aufs schlimmste geschädigt :(

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Gibt es keine Möglichkeit, dass du sie aufnimmst? So könnte sie dich ein wenig unterstützen und lernen, wie ein "normales" Leben funktioniert.

Sie ist erwachsen, daher wird denke ich auch das Jugendamt nichts tun könne, aber erkundige dich doch mal bei anderen Einrichtungen wie Caritas oder ProFamila und erkläre das Problem.

Alles Gute!

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Schritt 1: such dir Hilfe für dich selbst. Beratungsstelle, Therapeutische Hilfe
Schritt 2: wenn du stabil genug bist und Kraft für euch beide hast, kannst du dir überlegen
- welche Hilfe deine Schwester braucht
- was du davon umsetzen kannst
- ob sie überhaupt Hilfe möchte
- wenn sie Hilfe möchte, ob du das selbst leisten kannst
- welche Möglichkeiten zur Unterstützung du ihr tatsächlich/tatkräftig anbieten kannst

Schritt 3: informiere dich, was in ihrer Situation möglich ist.
Vergiss dabei aber nicht, dass du dich selbst unterstützen lässt

Ihr was vorzuschlagen, wobei du sie nicht unterstützen kannst
oder selbst nicht die Kraft hast, euch beide zu tragen
kann ihr u.U. schaden. Dann, wenn du als die Hauptstütze wegbrichst.

Baue erst mal genug Stütze auf, um sie begleiten zu können
sofern sie das dann annehmen kann/möchte.

Schritt 4: besprich mit ihr, was sie möchte, welche Wege sie gehen kann und begleite sie bei dem, was du tun kannst (nicht nur möchtest, sondenr auch kannst). Begleiten heißt nicht alles übernehmen. Begleiten kann aber auch mehr sein, als nur zu sagen: geh zu Amt x und ruf y an. Begleiten heißt nicht, selbst alleine dort anzurufen oder zum Amt zu gehen, sondern sie dorthin zu begleiten. Z.B. mit ihr gemeinsam zur Beratungsstelle zu gehen, aber nicht alles abnehmen.

Wichtig ist aber auch, dass du selbst stabil genug dafür bist. Dass du nicht zusammenklappst, sobald sie aus der Situation raus ist. Die Zeit geht ja weiter und die Folgen lösen sich nicht einfach auf.
Daher ist es für dich, für dein Kind UND für deine Schwester wichtig, dass du SELBST stabil bist und bleibst und SELBST für dich Hilfe annimmst - damit ihr helfen und für dein Kind da sein kannst.

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Hallo,

die Therapie für dich wurde ja schon angesprochen.
Ja deine Schwester ist älter als 18 aber noch keine 25. Ab 25 wäre die Arge zuständig das niedrige Gehalt im Notfall aufzustocken. Nun fällt man in Deutschland nicht unbedingt in ein Loch.
Was viele nicht wissen ist, dass das Jugendamt auch für junge Erwachsene bis 25 Jahren zuständig ist. Dort gibt es auch finanzielle Unterstützung. Aber auch Beratungen. Manchmal gibt es auch für junge Erwachsene betreutes wohnen. Manchmal direkt vom Amt, manchmaldurch Stiftungen, manchmal gibt es das leider gar nicht. Adressen Telefonnummern usw kann man dort bekommen.

Sollte die jemals in einer Stresssituation das erlernte Erziehungsmusster durchbrechen , hilft die Erzieungsberatung. Für mich war es sehr anstrengend, dass in Anspruch zu nehmen. Obwohl ich vorher eine Therapie gemacht hatte, musste die Kindheit nochmals durch gekaut werden. Und das schlaucht emotional.

Euch beiden wünsche ich viel Kraft.

Gruß Sol

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Danke schön euch allen fürs Helfen.
Ich habe inzwischen eine Anwältin kontaktiert, die sich unserer versucht anzunehmen. Nächste Woche haben wir einen Beratungstermin.

Ich dachte auch, ab 18 sei das Jugendamt nicht mehr zuständig, dort werde ich dann mal auch anrufen.

Mein Mann und ich würden sie vorerst bei uns Zuhause aufnehmen. Zusammen würden wir ihr eine Wohnung ganz in unserer Nähe finden und einen Job. Und dann wird man sehen.... erst mal sollte sie raus da.

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Hallo.

Ihr solltet BEIDE eine Therapie machen.

Und für deine Schwester wäre es evtl. vorteilhaft, wenn sie in eine "Mädchen-WG" ziehen würde. Inseriert doch mal! :-D
Dort hätte sie 1 Zimmer, was für sie durchaus bezahlbar wäre mit ihrem Gehalt und - was das Wichtigste wäre - sie wäre unter Gleichaltrigen, die sie psychisch aufhellen würden und von denen sie sich abgucken könnte, wie Mädchen in ihrem Alter eigentlich zu leben hätten.

Alles Gute!!!!