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Hallo,

das ist wie dieser Spruch “before you criticize a man, walk a mile in his shoes”.

Die Antwort darauf ist wie die Antwort auf die Frage: "Wie werde ich zum Co-Alkoholiker?" - Beziehungen entwickeln sich oft langsam in die falsche Richtung und sehr schleichend und die Partner (ob Mütter, Partner, etc.) entwickeln sich mit, ohne das zu merken. Man sieht die Situation nicht objektiv, obwohl man glaubt, dass man das so sieht.

Ich war selbst einmal in einer (für mich) sehr ungesunden Beziehung, irgendwann sozial völlig isoliert und sah wirklich nur den Ausweg, in der Beziehung zu bleiben (dafür habe ich auch alles geopfert) oder mein Leben zu beenden. Ich weiß heute gar nicht mehr genau, wie ich an diesem Punkt gelandet bin, warum dies aufeinmal die Nummer 1 Priorität war und wenn ich an diese dunkle Epoche denke, dann würde ich am liebsten eine Zeitreise machen und mich schütteln, weil ich so doof war, wirklich zu glauben, dass nur dieser eine Mensch mich glücklich machen kann. Es gab damals viele Leute, die mich geschüttelt haben, aber ich habe nicht verstanden, dass der Fehler bei mir liegt - ich habe wirklich geglaubt, dass ich alles objektiv sehe.

Es ist so, dass ich bis heute nicht einmal nachvollziehen kann, wann die Beziehung (die wirklich auch sehr glückliche Momente hatte) - so zu meinen Ungunsten gekippt ist. Aus eigener Erfahrung kann ich dir sagen, dass ich weder mich, noch die Sachlage damals objektiv gesehen habe, aber 100% überzeugt war, das richtige zu tun. Ich denke, es geht vielen Leuten so. Dazu kommt noch der soziale Druck, oder die Leute sind in einem Zwiespalt (z.B. die Geliebte, die eigentlich weiß, dass ihr Freund die Familie nie verlässt - auf einer rationalen Ebene weiß das, auf der emotionalen Ebene hofft sie jahrelang).

Dann gibt es Leute, die können alles verdrängen. Irgendwie. Die Frau, die die Augen davor verschließt, dass der Mann seit Jahren eine Affäre hat (oder anders herum). Suchtprobleme.

Dann gibt es noch die Leute, die eigentlich wissen, was die Gesellschaft von ihnen erwartet, es aber nicht realisiert bekommen, aber dann doch was sagen, was mit dem konform geht, was sie wissen - wie dieses "ich werde da hart durchgreifen"). Es ist sehr schwer, sich (öffentlich) einzugestehen, dass es nicht so läuft, wie man es sich gewünscht hat. Viele Dinge kann man nicht sagen, weil man dafür gesteinigt wird. Hast du schon mal jemanden sagen gehört "Ich würde meinen Mann nicht mehr heiraten, weil er zu wenig verdient und ich mir ein Leben mit so geringem Einkommen leichter vorgestellt habe?" oder ... oder ...

All die Beziehungen, die du genannt hast, sind ja vorranging emotionale Beziehungen. Man kann sich oft vornehmen "ja, ich mache das nicht" - Emotionen können das Beste oder das Schlimmste aus einem Menschen hervorholen. Was würde man selbst machen, wenn das eigene Kind drogenabhängig ist ... oder der eigene Mann fremdgeht ... oder ... Dann sind die Lösungen, die man für andere so klar findet, auf einmal nicht mehr klar.

Weißt du, was ich meine?
GLG
Miss Mary

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Sehr schöner und sehr wahrer Beitrag!

LG Küstenkönigin

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#pro
Toller Beitrag!

VG
Gael