59

Hallo Luci,

ich leite seit September 2012 zwei Heime. Diese befinden sich in einer Großstadt. Das erste Heim hat 120 Bewohner. Das zweite Heim hat 85 Plätze. Beide befinden sich in einem Wohngebiet.
Ich will versuchen es Dir aus der Seite des Bewohners zu erläutern.

In den Wohnheimen sind hauptsächlich Männer untergebracht. Diese Männer gehen keiner Beschäftigung nach. Sie schlafen binnen des Tages und werden erst am späten Mittag wach und da sie nichts zu tun haben, hört man am meisten sehr laute Musik. Es wird stark geraucht und nicht gerade Wenige sind kriminell. Alkoholprobleme sind an der Tagesordnung.
Da sie wild zusammen untergebracht sind, gibt es natürlich Konflikte#heul

Ich habe mit den Anwohnern leider fast tagtäglich zu tun. Dadurch, dass die Bewohner dann tief in die Nacht feiern und die Fenster auf sind, wird die Nachtruhe massiv gestört. Obwohl unser Wachschutz angewiesen ist, die Polizei zu rufen, wenn sie selbst nicht weiter klar kommen, wurde uns das letzte Mal mitgeteilt, dass die Polizei nur kommt, wenn Musik im Spiel ist. Die Polizei selber ist mit diesem Thema überfordert, so ähnlich wie es an einer Stelle die andere Userin schildert.

Wehe man ist während des Ramadans zuhause, dann hat man auch die nächtliche Hölle zu ertragen.

Das andere Problem ist die Kriminalität. In dem ersten Heim gibt es fünf Damen und drei von ihnen gehen der Prostitution nach, wie uns die Polizei mitteilte. Ich sehe bei vielen die Gerichtspost. Einiges bekommen wir natürlich von der örtlichen Polizei mit, mit der wir sehr intensiv zusammenarbeiten.

Wenn ich ein Mieter wäre, hätte ich kein Problem neben einem Heim zu wohnen, in dem Familien untergebracht sind. Ich hatte gerade im Jahr 2013 auch Familien und bei denen geht es deutlich geordneter zu.

Ich kann die Ängste deiner Mieter verstehen, dafür habe ich in den 3 Jahren einfach zu viel erlebt.

65

Darf ich dich mal neugierig sein und fragen was du beruflich machst, wenn du ein Heim leitest?

Und welche Art von Heim in welchem Bundesland? Ist es dann eine dezentrale Unterbringung? Weil Gemeinschaftsunterkünfte, Erstaufnahmeeinrichtungen und Notunterkünfte werden jedenfalls bei uns von der Regierung betrieben und da werden Hausmeister bereitgestellt. Nur bei den dezentralen ist der Eigentümer derjenige der sich kümmert, aber hauptsächlich läuft es doch über die Regierung und örtliche Behörde.

68

Hallo Titania,

ich bin kein Experte, was die Unterbringung betrifft. Es ist es so, dass die Bundesländer eigene Erstaufnahmeeinrichtungen haben und dank den Flüchtlingszahlen werden bei uns jetzt neue zusätzliche Außenstellen eröffnet (bzw. es ist bereits passiert).

Die Flüchtlinge werden von da aus an die Landkreise verteilt. Der Landkreis wiederum verteilt dann die Menschen an die einzelnen Heime.

Es gibt mehrere Möglichkeiten:
Der Landkreis kann dann so ein Heim selbst betreiben. d.h. die Mitarbeiter sind ganz normal im öffentlichen Dienst tätig.
Der Landkreis kann genauso das Gebäude besitzen. Das Gebäude wird dann aber an einen Träger im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung langfristig verpachtet. Die Mitarbeiter sind dann bei diesem privaten Träger beschäftigt. Diese Variante ist in meinem Landkreis z.B. am häufigsten.
Was die Bedingungen zu den Notunterkünften betrifft, damit kenne ich mich gar nicht aus. Diese Notunterkünfte entstanden bei uns erst in der letzten Zeit und wer sie am Ende betreibt, ist mir ein Rätsel.

In meinem Falle bin ich in der Funktion eines Heimleiters bei einem privaten Träger angestellt.

So wie ich es aus anderen Bundesländern aber mitbekommen habe, ist es wirklich unterschiedlich. Ich bekomme durch manche Kontakte mit, wie das Denken da oben ist.
Selbst wenn ein Landkreis eine Unterkunft betreibt, versucht er diese loszuwerden, um sich nicht ,,die Hände schmutzigen zu machen´´. Die Mitarbeiter werden zuerst befristet eingestellt und ist es absehbar, dass das Heim länger betrieben werden sollte, wird dies genauso öffentlich ausgeschrieben. (dies ist jetzt in der Umgebung passiert).

LG

weitere Kommentare laden
67

Hier sieht man Urbia!

Auf der einen Seite die Supermamis die Angst haben ihren Kindern wird Süsses gegeben ohne man es vorher zu portioniert hat, oder den anderen Regelkatalog (bevorzugt)den Schwiegereltern vorgelegt. Oder noch schlimmer ein Raucher sitzt in der Nähe und trinkt ein Bier...

Aber wenn Menschen in ihrem Ort unter freien Himmel schlafen, keine Bettdecke haben oder sich Zunkunftsaussichten wünschen hat man Angst das der Grundstückspreis fällt. *kotzurbi*

Wie oft habe ich von gleichaltrigen gehört das sie nichts mit dem dritten Reich zu haben und dafür nicht mehr bezahlen wollen. Aber anscheinend haben wir nichts gelernt, es wird immer noch akribisch darauf geachtet das einen selber gut geht und der Fremde nebenan nicht einen Krümmel mehr bekommt vom Kuchen.

75

Den Schuh der kapitalistischen Rassistin zieh ich mir bestimmt nicht an.

Zumal deine "beiden Seiten" sich überhaupt nicht widersprechen. Im Gegenteil. Natürlich wird eine Mutter, wie du sie beschrreibst, besorgt sein wenn ein Heim, das mit sicherheit einiges an Konfliktpotential in sich birgt geplant ist. Sich Gedanken um die Lebenssituation der eigenen Familie zu machen schliessst Empathie für andere nicht aus.

Asylbewerber generell als " bedauernswerte" Menschen zu sehen ist genau so blauäugig, wie die Verallgemeinerung, alle seien Schmarotzer. Siehe auch den Beitrag von Asylanta, dem kann ich nur zustimmen.

Das Einzige was mich an das 3. Reich erinnert ist die Tendenz, manche Dinge einfach nicht mehr aus bzw. ansprechen zu dürfen. Das ist und war immer gefährlich.

Anstatt ständig in der Vergangenheit zu wühlenund uns selbst zu geisseln , sollten wir lieber den Blick auf die richten, die dieses ganze Elend verursacht haben, bzw. nicht früh genug eingegriffen und verstärktt haben und dazu beigetragen haben, dass die ganze Welt in schieflage geraten ist.

77

Hallo Imzadi,

ich will mich erst einmal bei Luci82 herzlich bedanken. An sich hätte ich ähnlich antworten können. Gerade weil ich mich mit dieser Problematik seit 3 Jahren tagtäglich beschäftige, muss ich bei deiner Antwort den Kopf schütteln. Ich frage mich, wie naiv du eigentlich bist.

Ich hatte nicht vor allzu langer Zeit eine weinende Nachbarin bei mir. Diese Frau sagte noch zu mir, dass sie Angst hat, als ausländerfeindlich abgestempelt zu werden. Diese Frau wohnt direkt daneben. Ich muntere Menschen immer wieder auf, sich bei uns zu melden, wenn sie zu sehr belästigt werden. Als sie endlich den Mut fand, stand ich bei ihr im Garten und ich musste mich für unsere Bewohner schämen. Die Dame hat 40 Jahre hart gearbeitet und freute sich jetzt endlich ihren verdienten Ruhestand zu genießen. Seitdem die Einrichtung da ist, erlebt sie ihre tägliche Hölle. Mal mehr, mal weniger.

Du meinst die armen Flüchtlinge, die nicht ein Stück Anstand haben zu der unmittelbaren Umgebung etwas leiser zu sein ?? Redest du von den Drogendealern, die sich bei uns die Klinke geben ? Redest du von den Alkoholikern, die das Geld ausschließlich für Alkohol ausgeben um dann Mitte des Monats bei mir anzutanzen, dass ihnen das Geld natürlich geklaut wurde ?:-[

Da ich es nicht gewöhnt bin, Sachen mit einer rosa Brille zu sehen, kann ich deinem Beitrag nicht ansatzweise zustimmen.

Menschen, die so blauäugig durch die Welt gehen, sind für mich genauso schlimm, wie Menschen, die bei Facebook dann posten: Nein zum Heim in ............... (meistens Rechtsradikale).

#winke

weiteren Kommentar laden
95

Nun ja. Es gibt in jeder Bevölkerungsgruppe, Arschtörtchen, die sich nicht benehmen können. Das ist aber ein individuelles und kein kollektives Problem.

Sich im Vorfeld 1000 Gedanken machen wegen gerade mal 100 Personen ist doch affig. Wir haben hier Asylbewerber, die spazieren auch mal durch unser Wohnviertel oder man trifft sie im Supermarkt. Die meisten sind zurückhaltend und scheu. Einige wenige - und die kommen aus dem Balkan - machen Ärger. Das ist dann eine Sache der Polizei bei Straftaten und Sache des jeweiligen Geschäftes, denen die Tür zu weisen, wenn es schräg wird.

Aber deswegen braucht man nicht wegziehen. Ich habe eine bekloppte Nachbarin (übrigens deutsch), die von morgens bis abends völlig talentfrei auf ihrem Keyboard herumklimpert. Das! ist ein wirkliches Problem.

Gruß

Manavgat

96

Ich arbeite in einer Unterkunft als Sozialpädagogin und wohne in der Nähe einer Anderen. Es ist eine wahnsinnige Erfahrung und Bereicherung, wenn man sich als " deutscher " Mensch auf das für einen vielleicht unbekanntes Neues einlässt. Wir haben in unserem Privatleben viele Bekannte und Freundschaften schließen können . Es sind Menschen wie wir alle. Man muss nicht mit jedem befreundet sein, aber doch jeden so akzeptieren wie er ist.

Ich finde es persönlich eine Bereicherung. Meine Nichten und Neffen haben ebenso Freunde gefunden und spielen herrlich - auch anfangs ohne sich sprachlich Verständen zu können.