Missstände in der Pflege

Hallo zusammen!

Einige von euch haben vielleicht die Reportage von Wallraff auf RTL gesehen. Da hier mehr Leute lesen als im Medien-Forum, schreibe ich hier und hoffe, dass es nicht verschoben wird.

Für die, die es gesehen haben: mich interessiert eure Meinung sowohl zu der Sendung als auch zur Situation in der Pflege und eure persönlichen Erfahrungen.

Für die, die es nicht gesehen haben: es wurde aufgedeckt, was eigentlich schon lange bekannt ist... Missstände in Altenheimen wie fehlende Hygiene, zu wenig Zeit um auf individuelle Bedürfnisse einzugehen und sogar Gewalt gegenüber Bewohnern. Insgesamt schockierende Bilder und Fakten. Auch ohne die Sendung gesehen zu haben, habt ihr vermutlich eine Meinung zu der Thematik und auch eigene Erfahrungen gesammelt, die mich interessieren.

Da ich selbst in der Pflege arbeite (allerdings nicht in einem Altenheim), möchte ich meine Meinung erst einmal nicht äußern.

Liebe Grüße, Truly

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Hallo!

Auch ich habe die Sendung nicht gesehen. Ich arbeite als Krankenschwester und habe während der Elternzeit in der ambulanten Altenpflege gearbeitet, aktuell wieder im Krankenhaus.
Ja, die Zustände sind schrecklich! ABER: Ich finde es furchtbar dass in den leider zu wenigen Berrichterstattungen ständig die Pflegekräfte und die Einrichtungen an den Pranger gestellt werden.
Das ganze Problem ist ein politisches und ein gesellschaftliches Problem.
Keiner, der nicht mal auch nur einen einzigsten alten oder kranken Menschen über längere Zeit gepflegt hat, kann sich auch nur ansatzweise die Umstände und Zustände in Heimen und auch Krankenhäusern vorstellen.
Es gibt einen massiven Pflegemangel, egal ob Schwester oder Altenpflegerin, den Job will schlicht und ergreifend keiner mehr machen. Der Gesellschaft sind alte Leute mehr oder weniger egal, sie sind unsichtbar. Es gibt keine eigene Lobby für Pflegekräfte. Die meisten Schwestern und Altenpfleger sind schlicht und ergreifend zu abgearbeitet um noch Zeit zu finden selber eine Lobby zu gründen.
Natürlich ist es nicht gut, auf Kosten von alten Menschen mit irgendwelchen Betrügerein Gewinn zu machen, ich denke aber doch, dass dies nicht die Regel ist.
Natürlich ist die Betreuung und Pflege alter und kranker Menschen in vielen Fällen indiskutabel schlecht. Ja, auch ich bin manchmal überfordert, auch wenn ich mich sehr bemühe den Respekt und Freundlichkeit zu bewahren. Aber das kann verdammt anstrengend sein.
Stell Dir vor, Du bist am 14ten Tag am Stück im Dienst, ohne einen Tag frei. Jeden Tag andere Dienstzeiten, manchmal die ganze Nacht, manchmal seit 5 Uhr auf den Beinen. Du hebst und schleppst, Du wischt Erbrochenes, Stuhlgang und Urin. Es klingeln 5 Menschen auf einmal, die alle Deine Hilfe brauchen, nebenbei geht noch das Telefon am laufenden Band und Angehörige oder Ärzte müssen jetzt sofort was mit Dir besprechen. Es gibt Tage, da kommt man als Pflegekraft weder auf die Toilette noch schafft man es in 8-10 Stunden Dienst mal was zu essen.

Die Bewohner sind berechtigt unzufrieden, man kann die Zeit die alte und kranke Menschen brauchen, sich nicht nehmen. Sie werden um 6 Uhr aus dem Bett geschmissen und werden hoppla die hopp mal schnell geduscht oder gewaschen, in einem Affentempo das Essen eingegeben. Die Menschen werden dadurch verwirrt und unzufrieden. Die Schwester hat immer den Hintergedanken, das ganze muss sie noch bei 30 anderen Menschen machen, die unzufrieden schon im Bett auf sie warten. Es ist sehr unbefriedigend eine "Satt,sauber,sicher" Pflege durchzuführen, doch man hat keine andere Wahl.
Die Schwester oder Pflegerin (sehr müde, mit Rückenschmerzen, müsste mal auf die Toilette und hat Hunger) rennt sich weiter die Hacken ab und bekommt den ganzen Unmut und die ganze Unzufriedenheit der Patienten, Angehörigen und nun auch noch der Öffentlichkeit ab. Alle motzen, alle sind unzufrieden, alle prangern an. Ich verstehe jede Kollegin, die dann das Ganze hinschmeisst und sagt" macht den SCh.. doch für 1000 Euro netto im Monat alleine" und ich habe größten Respekt vor allen Kolleginen, die es weiter und weiter machen. Wochenende, Weihnachten und Nachts.
Ja es passieren Dinge, die trotz der Umstände einfach nicht passieren dürfen. Es gibt unfreundliche und unangenehme Schwestern. Es sind einfach Menschen. In jedem Beruf gibt es eine blöde Kollegin, in jedem Amt eine unfreundliche Beamtin und in jedem Geschäft eine unverschämte Verkäuferin.
Das Dinge passieren, die bei Menschen nicht passieren dürften ist traurig und schlimm. Aber sicher nicht alleine die Schuld der Schwestern und Träger!
Es ist verdammt schwer erst von Angehörigen angebrüllt zu werden, dann von Patienten und Bewohner beschimpft zu werden, schnell einen Verwirrten einzufangen , ruhig sich um einen Sterbenden zu kümmern um dann müde, hungrig und genervt ununterbrochen lächelnd und in größter Ruhe den nächsten Patienten unter Zeitdruck zu pflegen. Auch Pfleger haben einen schlechten Tag, sind krank oder haben ein privates Problem.
Solange sich die Umstände, Arbeitsbedingungen und Gehälter nicht ändern, wird das noch viel schlimmer werden.
Und einzelnde schwarze Schafe gibt es wie gesagt überall.....
Ich selbst liebe meinen Beruf, ich wollte nie was anderes sein. Doch muss ich ehrlich sagen, auch mich bringt es manchmal an meine Grenzen und ich bin froh, nur Teilzeit zu arbeiten. Vollzeit diese körperliche und psychische Belastung macht auf Dauer eben krank, und zwar die Psyche und den Körper. Ich denke und hoffe ich bin nie so unverschämt zu Patienten und werde auch von Kollegen als gewissenhaft bezeichnet, aber immer alle so zu pflegen wie es nötig ist, ist keinem mehr möglich. Zum Glück habe ich eine Stelle inzwischen, in der wir halbwegs gut besetzt sind und wir sehr versuchen auf die Bedürfnisse der Menschen einzugehen. Doch das ist wirklich nicht überall so!
lg adelaide

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#pro

Ich arbeite selber auf einer internistischen 56 Betten Station im KH und kann dem absolut nichts mehr hinzufügen!

LG

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Dem ist nichts hinzuzufügen...

Ich bin ebenfalls Krankenschwester und arbeite seit fast 5 Jahren in einem KH. Station ist relativ klein und umfasst "nur" 24 Patienten (neurol. Schwerpunkt). Als ich dort angefangen habe waren wir in jeder Frühschicht mind. 6 "Exen" + 2 Schüler. Mittlerweile können wir froh sein wenn man zu 4. (2 Exen und 2 Schüler ist keine Seltenheit) ist.

Natürlich sollen wir das gleiche schaffen wir noch vor 5 Jahren. Nur dass die Dokumentation und das Drumherum immer mehr wird und man den Patienten kaum noch zu Gesicht bekommt.

2 Jahre lang war ich Dauernachtwache und hab Abends oft zwischenmenschliches aufgefangen/auffangen müssen, weil tagsüber einfach keine Zeit war um einfach mal mit den Patienten über deren Ängste und Sorgen zu reden.

Vorm KH hab ich in einem Pflegeheim und bei einem amb. Pflegedienst gearbeitet... dort herrsch(t)en Zustände wie in dem TV-Beitrag. Wunddesinfektion mit Sagrotanspray und solche Scherze :-[
Über das Pflegeheim hab ich mich dann auch beim MDK beschwert, nachdem weder die PDL noch die Heimleitung reagierten, leider weiß ich aus sicherer Quelle dass es NICHTS gebracht hat. :-(

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Hallo,

Ich hab die Sendung nicht gesehen, verfolge das Thema aber schon seit vielen Jahren.

Ohne bessere Arbeitsbedingungen wird sich leider nichts ändern. Ich finde es enorm, was Altenpfleger leisten und welch Verantwortung sie haben.

Dass keine Zeit bleibt, um sich wirklich zu kümmern, wundert mich bei dem Bürokratieaufwand nicht. Danke, Qualitätsmanagement!

Ich hoffe, dass ich nie in ein Pflegeheim muss und werde alles dran setzen, dass meinen Eltern sowas erspart bleibt.

LG
Delfinchen

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Ich habe es gesehen und hab geheult. Ich finde das ganz ganz schlimm.
Ich hoffe sehr, dass solche Heime und solches Personal (nur manche, es waren ja nicht alle so fies) eine Ausnahme ist..... aber ich befürchte das ist es nicht :-(

In einem solchen Heim zu landen, ist wohl die Höchststrafe.

Und die Betrügerei, um die es in dem einen Fall ging, finde ich erschreckend.

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Ich fand es ganz furchtbar wie teilweise mit den alten Leuten umgegangen wird...
Tja und die Betrügereien - ohne Worte

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Hallo
Es tut mir leid, aber ich konnte die Sendung nicht sehen. Ich habe kurz reingezappt und wieder ausgemacht, als sie den Mann mit blauen Ringen um die Augen gezeigt haben.
Ich wollte noch vor 2 Jahren sehr im Altenheimm arbeiten. Mir ist es bewusst, dass es eine schwere, körperliche Arbeit ist und seien wir mal ehrlich- nicht immer angenehm. Aber ich habe mich dagegen entschieden, weil ich gehört habe(meine Bekannte ist Altenpflegerin), was für Zustände in vielen Heimen herrschen. Ich könnte damit nicht leben die Leute im Akkordarbeit "abzuarbeiten" und überhaupt keine Zeit für ein "Schwätzchen" mit den haben. Von Kaffeekränzchen kann man eh nicht reden, wenn man nicht mal die Zeit hat frühzeitig Betten zu beziehen, die Leute frisch machen ect. Ich konnte es auch nicht fassen, als eine Pflegerin Foto von der alten Frau gemacht hat, die vom Bett gefallen ist und einige Stunden lag und keiner hat ihr geholfen. Wie asozial und dreisst ist sowas #schock
Die Arbeiter sind frustriert, da sie so viel Arbeit haben und lassen ihren Frust an den Mitbewohner aus. Ich hoffe, ich sterbe noch ganz fit und im eingenem Haus #schmoll.

Die Sendung hat mich dran erinnert, was ich schon längere Zeit gewusst habe und es zieht mich immer runter. Ich kann mir sowas nicht anschauen.
Du arbeitest , so viel ich weiss, im Krankenhaus. Da kommen die Leute und gehen. Wenn da einer schlecht behandelt wird (nein, es ist nicht richtig, aber passiert auch), geht er so bald , wie möglich nach Hause oder stirbt dort. Im Altenheim sind Leute die dort ruhigen Lebensabend verbringen wollen und werden behandelt, wie Tiere. Mir ist es klar, dass manche Alten nicht ganz einfach sind- ich spreche hier nicht von Demenz, sondern vor ganz fiten Leuten, die ziemlich fordernd sind, aber muss man die deswegen im Urin einige Stunden sitzen lassen ? muss man die deswegen schlcht behandeln, nicht beachten oder gar schlagen?#zitter
Mit mehr Personal wäre das Thema nicht vom Tisch, aber es hätte sich garantiert etwas geändert- zu Gunsten von den Mitbewohnern und den Mitarbeiter
lg

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Hallo!

Ja, auch im Krankenhaus gibt es Missstände in der Pflege. Die Patienten gehen irgendwann nach Hause...soweit stimme ich Dir zu.

Allerdings kann man da auch seinen Mund aufmachen und sich beschweren.

Das habe ich getan, im letzten Herbst, als wir meine Schwiegermutter in einem desolaten Zustand aus dem Krankenhaus abgeholt haben.

Die letzte Nacht auf Station war mit der "Kranken Schwester" (und das schreibe ich nicht ohne Grund) ein absolutes Desaster.

Nachdem wir uns massiv bei der Geschäftsführung beschwert haben ist diese Dame aus dem Nachtdienst - mit dem sie allem Anschein nach - hoffnungslos überfordert war, entfernt worden.

Keine Frage, die Stationen sind unterbesetzt und manchmal braucht das Pflegepersonal Rollschuhe, das ist aber kein Grund die Patienten entwürdigend zu behandeln.

Hinter vorgehaltener Hand erfuhren wir vom anderen Personal das solche Vorfälle mit der Dame schon öfter passiert sind, sich aber nie jemand getraut hat, sich öffentlich zu beschweren.

Es gibt Pflegepersonal das arbeitet am Limit, ist dabei aber immer noch freundlich zu den ihr anvertrauten Menschen. Und es gibt "Kranke Schwestern". Und wenn ich mit meinem Beruf überfodert bin, muss ich mir halt einen anderen suchen.

Gruß

misses_b

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----Ich konnte es auch nicht fassen, als eine Pflegerin Foto von der alten Frau gemacht hat, die vom Bett gefallen ist und einige Stunden lag und keiner hat ihr geholfen. Wie asozial und dreisst ist sowas---

Das fand ich auch schockierend, und ich hoffe diese Tussi fliegt hochkant raus.

Was mir aber auch nicht gefallen hat. Wieso duzen Polizisten einen alten Mann, der da im Bett sitzt und nichtmal sagen kann, wer ihm das angetan hat?
Wieso duzt man alte Menschen einfach, gerade als Polizist? Sowas finde ich respektlos und das macht man einfach nicht.

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Ich hoffe, daß sich das einige zuständige Politiker angesehen haben und ENDLICH mal ihren Arsch hochkriegen, um diese Zustände zu ändern!

Aber klar, von denen wird wohl nie einer da landen, warum dann schnelll was ändern:-[

lg

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Hallo,

die Reportage habe ich nicht gesehen. Ich arbeite aber in der Altenhilfe.

Was gezeigt wurde, ist furchtbar. Was mir gewaltig auf den Zeiger geht ist, dass alle Träger wieder als potenziell Kriminelle dargestellt werden!

Der Personalschlüssel errechnet sich aus den Pflegestufen im Haus. Daher kann es nicht möglich sein, dass 2 oder 3 Leute für 60 oder mehr Bewohner tätig sind. Wenn der Chef allerdings meint, er müsse Pflegepersonal andersweitig einsetzen - in

Verwaltung, Küche oder sonst wo, so ist das nicht auf alle zu übertragen.

Qualitätsmanagement ist in den Heimen erforderlich, um die Vielzahl, teils widersprüchlicher Anforderungen vom Gesetzgeber, von Prüfinstanzen wie MDK oder Heimaufsicht, Brandschutz, WKD etc. umsetzen zu können. Nicht das QM ist das Problem, sondern die verschiedenen Forderungen, die dann mit Kundenwünschen/-bedürfnissen irgendwie in Einklang gebracht werden müssen.

Der Mensch ist ein gieriges Wesen. Und es gibt sicher in allen Branchen die, die den Hals nicht voll bekommen - auf Kosten von Kunden und/oder Mitarbeitern. Vielleicht ist das bei großen Trägern eher der Fall, als in kleinen Einrichtungen?
Schade, dass im Beitrag wohl Positivbeispiele fehlten. Denn die gibt es zuhauf.

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arbeite selber im Altenheim und ich mag diese ganzen Reportagen überhaupt nicht mehr sehen.
Und ich mag auch gar nichts mehr dazu sagen/schreiben.................

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Hallo,

Da gibt's solche und solche.
Ich habe die Sendung nicht gesehen, aber das ist wieder so eine Sache wo wieder sehr alles über einen Kamm geschoren wird.

Meine Mutter hat eine sehr lange zeit in einem Altenheim gearbeitet, dort war es sauber und herrschten eigentlich keine Missstände, auch das personal hat sich dort Mühe gegeben.

Ganz anders sah es aus in dem Heim wo meine Oma und ihr Partner gelandet sind.
Ihr Partner ist regelrecht vor sich hinvegetiert dort,es war grausam.
An seinem letzten Lebtag war dort Sommerfest, es würde sich keinerlei Mühe gemacht ihn auch nach draußen zu holen, keiner hat ihm Essen oder gar etwas zu trinken zu gebracht(es war Hochsommer!!).
Er hatte bis auf einen Enkel niemanden mehr und der hatte kaum zeit sich zu kümmern, meine Mutter und Tanten haben sich viel beschwert und sich für ihn eingesetzt, bis die Heimleitung meinte ihnen den Zutritt zu ihm versperren zu können.
Zu dem Zeitpunkt war es leider schon zu spät für ihn um weitere Schritte einzuleiten.

Auch meiner Oma ging es dort nicht gut, nach einem Schlaganfall könnte sie nicht mehr richtig laufen und ist so oft gestürzt, wo erst Stunden später mal jemand gekommen ist um sie dort aufzusammeln :-(
Aber weg wollte sie dort auch nie und obwohl sie sonst wirklich kein Blatt vor dem Mund hatte war sie sehr eingeschüchtert von den Pflegern und möchte nie was sagen.
Ich könnte heute noch heulen wenn ich darüber nachdenke wie sehr sie dort ihren Lebensmut verloren hat und letztlich einzig der Tod ihre Erlösung war.

Wie gesagt..ich weiß aber das solche Zustände herrschen, aber leider dennoch zu oft.
Ich denke aber auch das es sehr häufig daran liegt WER dort arbeitet, für viele ist der Job bloß der Sprung aus der Arbeitslosigkeit, aber wirklich bei der Sache sind sie nicht, haben nicht genügend Empathie gegenüber alten und kranken Menschen.
Ich kenne eine Menge Langzeitarbeitsloser, wo der erste vermittlungsvorschlag immer die Altenpflege ist.
Meiner Tante z.B. wurde angeboten den Führerschein dafür finanziert zu bekommen, hätte sie angenommen bin ich mir sicher sie wäre in dem Beruf auch ganz ganz grausig.
Ich möchte das natürlich auch nicht verallgemeinern und es gibt natürlich Leute die diesen harten Job ganz toll machen, obwohl er so unterbezahlt ist für die Leistung die man erbringt.

LG