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Wenn man Drogen einmal, zweimal, dreimal nimmt ist es dumm.

Wenn man nicht mehr aufhören kann, sie zu nehmen, ist es eine Krankheit.

Oder anders gesagt: ich schaffe den Absprung alleine = Drogenkonsum

Ich schaffe den Absprung nicht alleine = Abhängigkeit = Krankheit.

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Der Knackpunkt in Deiner Argumentation ist der "freie Wille".

Mal davon abgesehen, dass die aktuelle Forschung zunehmend den Verdacht hegt, dass dieser gar nicht vorhanden sein könnte - er ist bei einer Suchterkrankung _definitiv_ nicht vorhanden. Die Suchterkrankung liegt ja auch nicht bei erstmaliger Einnahme, sondern bei der zwanghaften Wiederholung derselbigen vor.

Ein Suchtkranker kann nicht entscheiden, ob er sein Suchtmittel konsumiert oder nicht.
Die Nichteinnahme führt je nach Suchtmittel zu teilweise extremen körperlichen und seelischen Problemen, die der Suchtkranke idR nicht ertragen kann. Ihr Gehirn zwingt sie dazu, einen erträglichen Zustand zu erreichen, indem sie das Suchtmittel erneut konsumieren, und nach der Einnahme werden sie durch ein überaus befriedigtes Belohnungssystem geehrt.

So gesehen hat Sucht etwas gemein mit anderen Zwangserkrankungen.

Sicher würdest Du auch nicht sagen, dass z.B. ein Ekzem nur dann eine Krankheit ist, wenn sie durch diffuse Umwelteinflüsse ausgelöst wird, nicht aber, wenn ein Waschzwang zugrunde liegt - die Person wäscht sich die Haut in dem Fall ja selbständig kaputt.
Dem Ekzem ist das glaub ich egal...
Und was wäre, wenn der unglückliche Besitzer des Ekzems Frisör ist? Dann hat er sich die Umgebung doch selbst ausgesucht, ist also nicht wirklich krank?

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Sucht geht auch nichtstofflich: Spielsucht. Internetsucht. Sexsucht. Alles kann zur Sucht werden, auch an sich harmlose Substanzen: Esssucht. Magersucht. Bulimie.

Man entscheidet sich nicht, süchtig zu sein, man IST süchtig. Auch, wenn man trocken/clean ist, ist man immer noch süchtig, nur eben nicht in einer "akuten" Phase.
Dazu passt, dass für bestimmte Süchte eine genetische Disposition angenommen wird. Bei der Alkoholkrankheit gibt es etwa eine erbliche Komponente. Niemand sucht sich aus, damit geboren zu werden. Es sucht sich ja auch niemand aus, mit der genetischen Disposition für Übergewicht geboren zu werden. Oder für Depression. Natürlich bedeutet die genetische Komponente nicht, dass man zwangsläufig alkoholkrank/adipös/depressiv wird, aber das Risiko zur Entwicklung dieser Krankheiten ist erhöht.

Dafür können diese Menschen nichts. Sie können nur versuchen, suchtfrei - also krankheitsschubfrei - zu leben. Das ist ein Kampf, den sich gesunde Menschen schlecht vorstellen können.

Und er erfordert ein Maß an Reflexion und Selbstdisziplin, das die meisten Menschen in ihren Teens und Twens nicht aufbringen. Also dann, wenn meist die ersten Erfahrungen mit suchtauslösenden Substanzen (oder mit nichtstofflichen Süchten) gemacht werden. Es gibt ein "Suchtgedächtnis", in dem diese Erfahrungen abgespeichert werden. Die können ab da immer wieder abgerufen werden. Dabei geht es nicht um den konkreten Stoff, mit dem die Erfahrungen gemacht wurden: Es geht um das Belohnungsgefühl. Deswegen können viele Suchtpersönlichkeiten eine Sucht gegen die andere austauschen oder mehrere Süchte zur selben Zeit haben. Das macht es auch so schwierig für sie, generell suchtfrei zu leben. Weil alles zur Sucht werden kann.

Ergo: man braucht keine "suchtauslösende" Substanz nehmen, weil jede Substanz und jede Handlung zur Sucht werden kann. Das kann ein Süchtiger aber nicht kontrollieren. Und: die meisten Suchtpersönlichkeiten haben (genetische, biographische, umweltbedingte) Einflüsse erlebt, die sie zur Sucht hinführen, und die sie sich auch nicht ausgesucht haben.
Und: Es gibt Vermutungen, dass es beim Menschen generell eine Neigung gibt, sich wegzuballern. Weil jede Kultur, von der wir wissen, Rauschgüter besaß.

Und: den freien Willen gibt es (vermutlich) nicht.

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Hey,

Wenn ich dich richtig verstehe sind also nikotininduzierter Lungenkrebs bzw. Alkoholbedingte leberzhirrose auch keine anzuerkennenden Krankheiten, da ja die Auslöser freiwillig eingenommen wurden? Ein Warenzeichen beim schifahren ist ebenfalls nicht ernst zu nehmen, da man ja auch zu Hause hätte bleiben können?

Lg

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*wadenbeinbruch nicht Warenzeichen... danke autocorrect