Angststörung nach Krankheit?

Hallo!
Ich frage hier, weil ich mir leider langsam keinen Rat mehr weiß. Ich hatte im letzten Sommer eine Schleimhautentzündung im Magen. Die Tabletten, die den Magen schützen sollten, habe ich leider ganz und gar nicht vertragen. Die Nebenwirkungen waren Schwindel, Übelkeit, Kopfschmerzen, Gleichgewichtsstörungen und kribbelnde Arme und Beine. Ich habe zeitweise den Weg ins Bad nicht mehr alleine geschafft. An anderen Tagen ging es mir einigermaßen gut. Der Arzt hat lange behauptet, die Beschwerden können nicht mit den Tabletten im Zusammenhand stehen. Irgendwann habe ich sie dann abgesetzt und die Beschwerden waren nach einer Woche verschwunden.

Jetzt kommt das ABER:

Als es mir so schlecht ging, war ich nicht in der Lage, mich um meine Kinder zu kümmern. Allein der Gedanke daran, alleine für sie zuständig zu sein, hat mir Angst gemacht. Dabei sind die beiden ganz lieb.

Seit Oktober geht es mir wieder gut. Ganz selten wird mir noch schwindelig oder schlecht, das liegt wohl daran, dass mein Magen noch sehr empfindlich ist und auf manche Nahrung so reagiert.

Im Alltag zu Hause, in unserer kleinen Stadt, bei Freunden, meiner Familie oder beim Einkaufen habe ich keinerlei Probleme. Aber sobald ich alleine mit den Kindern unterwegs bin, sei es in die nächst größere Stadt zum Shoppen usw. wird mir schon im Auto schlecht. Ich bekomme richtig Angst, dass mir schlecht werden könnte und ich die Situation nicht verlassen kann und mich nicht um die Kinder kümmern kann.
Bin ich dann so ca. 30 Minuten in der Situation, vergeht das wieder. Aber ich merke, dass ich solche Situationen am liebsten ganz meiden würde.

Ich kann mir das nicht erklären, weil das vor der Krankheit gar nicht meine Art war. ich war immer gerne unterwegs, hatte nie solche Gedanken oder so und jetzt fallen mir solche Ausflüge so schwer. Dabei ist mir eigentlich kaum noch schlecht und die Bedenken sind daher eigentlich unnötig. Kennt das jemand und kann mir einen Rat geben?

Viele Grüße
Lotte

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Hallo.
Ich kann dich verstehen und kenne es von mir selbst. Ich hatte aus unerklärlichen Gründen manchmal Herzrasen und Extdasystolen. Niemand fand einen Grund. Die Ärzte sagten, dass es zwar ein unangenehmes Gefühl sei, aber nicht gefährlich. Das hätten eben junge Menschen oft.
Trotzdem hat sich bei mir daraus eine Angststörung entwickelt. Durch das Angstgefühl stieg natürlich wieder der Puls, ein ewiger Teufelskreis. Ich hab mich dann nicht mehr getraut, alleine Spazieren zu gehen oder ähnliches.

Ich kann dir nur ans Herz legen, dass du dir professionelle Hilfe suchst. Ich hab die ganze Zeit gedacht, ich weiß, dass es irrationale Ängste sind, also kann ich es auch selber wieder hin bekommen. Aber meistens schafft man das nicht allein. Schon ein paar Sitzungen beim Psychologen haben mir geholfen wieder unbeschwerter durchs Leben zu gehen. Ich bin sogar allein durch den Wald gewandert, was vorher niemals möglich gewesen wäre.

Wünsche dir alles Gute 🍀

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Ich hatte oder habe in Ansätzen auch manchmal Angstattacken, wenn irgendeine Situation vor mir liegt, aus der ich nicht ausbrechen kann (Reisen allein mit Kindern, irgendeine öffentliche Veranstaltung, bei der ich eine Rede halten muss etc.). Auslöser ist, so denke ich, eine unangenehme Erfahrung, als ich mal mit jemandem im Auto unterwegs war (Mitfahrgelegenheit), den ich auch nicht kannte, und mir urplötzlich schlecht wurde. Zum Glück war da gerade eine Raststätte, wo ich aufs Klo konnte (danach sind wir in einen Stau gekommen. Das wäre meine persönliche Hölle geworden). Ich fand das so schlimm, im Auto "eingesperrt" zu sein und nicht raus zu können, dass sich das auf andere Situationen übertragen hat. Vor Angst gab es Bauchschmerzen, und so wurde das ein Teufelskreis. Ich bin jahrelang nicht mehr ins Kino/Theater gegangen, habe viele Situationen gemieden, Seminare und Vorträge waren mein Graus.
Irgendwann hab ich es nicht mehr akzeptieren wollen und habe mich bewusst mit meinen Ängsten konfrontiert. Später auch eine Therapie gemacht. Dabei hab ich gelernt, mit meiner Angst umzugehen und eigentlich weiß ich ja, dass mir nichts passiert. Wenn ich in den Situationen bin, die mir Angst machen, geht es ja auch nach einer Weile weg (wie du es auch bei dir beschreibst). Es ist eher die Angst vor der Angst, die noch da ist.
Wenn ich Panik bekomme, helfen mir die Rescue Tropfen (Bachblüten). Das Buch "Panikattacken und andere Angststörungen loswerden" (Klaus Bernhardt) liegt auch auf meinem Bücherbord, das scheint auch gut zu sein und gibt andere Tipps als diese "Konfrontationstherapien" (die ja bei mir auch nicht zu 100 % die Angst vertrieben haben). Muss nur endlich mal dazu kommen, es zu lesen. Aber der Leidensdruck ist einfach gerade weg.
Versuch in solchen Momenten der Angst, dich auf deine Atmung zu konzentrieren, das hilft meist schon gut. Ich begrüß meine Angst dann auch manchmal ("He, du olle Angst. Du auch mal wieder hier? Setz dich, nimm dir nen Keks. Aber dann darfst du auch wieder gehen."), nehme die einfach als Teil von mir an. Aber ich überbewerte die nicht. Damit die gar nicht so Besitz von mir ergreifen kann. Das wären erstmal meine Tipps. Ich hätte damals gleich reagieren sollen, statt mich zu verkriechen und Angstsituationen aus dem Weg zu gehen. Je mehr sich so eine Panik manifestiert und je mehr man sich vor ihr versteckt, umso schlimmer kann sie sich in dir ausbreiten. Und umso schwerer wird es, dein Hirn "umzuprogrammieren" auf angstfrei. Also, reagiere am besten gleich, damit das gar nicht erst zum Automatismus wird.

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Hallo,

natürlich kann sich eine Angststörung nach Krankheit entwickeln. Wenn man überlegt das dein Körper dir nicht mehr gehorchen wollte und dein Arzt deine Symptome nicht ernst genommen hat wurde eine Art Grundvertrauen erschüttert. Und wenn das Vertrauen in den eigenen Körper nen Knacks hat, wie will man sich dann zutrauen in "kritischen" Situationen noch die Verantwortung für Kinder zu übernehmen...

Zwei Dinge möchte ich dir raten; zum einen, gib dir Zeit. Es dauert bis sich Selbstvertrauen wieder aufbaut.
Und zum anderen; schau wo deine Grenzen sind und geh bewusst, aber langsam darauf zu und überschreite sie. Nicht mit riesen Schritten, aber immer mal nen kleines Stückchen. Und nimm dir für den Anfang ruhig eine Freundin mit die dir mentale Sicherheit gibt.

Wenn du dir aber zu unsicher bist ob und wie du es angehen sollst, zieh einen Psychotherapeuten zu Rate.

Ich wünsche dir alles Gute