mit krankheit umgehen lernen?

hey,

mich beschäftigt irgendwie eine frage: wie lernt man es, mit den (schweren, eventuell tödlichen) krankheiten von freunden und bekannten umzugehen?

eine arbeitskollegin von mir hat brustkrebs mit metastasen mittlerweile im gehirn. es sieht nicht gut aus. es macht mich fertig.

bei einer guten freundin wurde nun ein schatten im gehirn festgestellt. eventuell ein tumor. ich sitze daheim um heule (habe es eben erst erfahren).

kann man jemals damit umgehen? wie lernt man mit krankheit und tod umzugehen? so wie ich derzeit drauf bin, bin ich weder für meine arbeitskollegin noch für meine freundin eine emotionale stütze...

lg eine ratlose emeri

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Hallo,
aus meiner Erfahrung lernt man das nicht....

Habe es leider schon so oft erlebt, meist sind die Kranken die Starken! Als bei meiner Cousine Leukämie festgestellt wurde, habe ich mir fest vorgenommen beim 1. Besuch bei ihr nicht zu weinen. Ich bin 10x mit den Aufzug hoch und runter gefahren, ehe ich zu Ihr gegangen bin. Ich habe die Tür aufgemacht sie gesehen und bin in Tränen ausgebrochen! Obwohl ich doch diejenige sein sollte die Ihr Kraft gibt. Sie nahm mich in den Arm und tröstete mich...

LG Melli

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Hallo,

genauso ist es. Die Kranken sind die Starken. Mein Neffe, mit 8 Jahren an einem Gehirntumor erkrankt, er war der, der gesagt hat: Mama, nicht traurig sein, ich werde wieder gesund. Und so war es#verliebt.

Meine Schwägerin hatte Leukämie, bei ihr war es unterschiedlich, aber auch sie hat mich getröstet.

Es ist anfangs wirklich schwer, aber man lernt es irgendwie damit umzugehen. aber du brauchst dich keiner deiner tränen schämen. Du hast Angst, das ist ok#liebdrueck. Man denkt immer, man müsse eine Stütze sein, aber meine Schwägerin sagte mal zu mir: es tut mir so gut wenn du mit mir weinst.
lg kathrin

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Meistens ist es für die Mitmenschen schlimmer als für einen selbst.

Ich kenne beide Seiten und für mich ist es viel schlimmer, andere - liebe Bekannte oder Verwandte - leiden zu sehen bzw zu wissen, es geht ihnen schlecht.

Ein Patentrezept?

Danach suche ich auch schon lange.....

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Hallo emeri!

Bei meinem Dad wurde Anfang vorigen Jahres Lympfdrüsenkrebs festgestellt, die Prognose sehr schlecht, für uns brach eine Welt zusammen.

Die Verzweiflung und Hilflosigkeit waren kaum aushaltbar, man will etwas tun, aber was? Wir haben dann als Familie beraten und dann festgestellt, daß wir nicht jammern und traurig sein dürfen, wenn es mein Vater auch nicht ist, er hatte sich nämlich entschlossen, trotz allem darum zu kämpfen.

Er hatte schlimme Chemos, viele Schmerzen, Übelkeit und die üblichen Begleiterscheinungen, aber wir haben ihn ganz normal behandelt, ihn aufgebaut, gestützt und zum Lachen gebracht, sein 1.Enkelkind war damals gerade ein paar Monate und das beste Antidepressivum, was es für ihn gab. Das Wichtigste an einer solchen Diagnose ist die Einstellung des Patienten, mein Vater wollte einfach nicht aufgeben, darin haben wir ihn bestärkt und unterstützt.

Du mußt die Diagnosen akzeptieren und Dich auf die Beiden einstellen, Du wirst spüren, wie sie zu ihrer Krankheit stehen und wirst merken, was und ob Du etwas tun kannst, aufjeden Fall darf man Deine Verzweiflung nicht ständig spüren (wobei man auch mal zeigen sollte, wie geschockt man von dieser Diagnose ist)

Heute 15 Monate später ist mein Vater tatsächlich einen großen Schritt weiter, der Krebs hat weder gestreut noch ist er gewachsen, die nächste Chemo wird kommen, aber das schaffen wir auch und vorallem mein Dad, weil er es will, Grundvoraussetzung für alles.

LG mylife

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meine beste Freundin hatte einen bösartigen Gehirntumor und ist daran nach 2 jähriger schlimmer Krankheit und 5 operationen, Betrahlung und Chemo dahingegangen....

am Anfang der Erkrankung war es schlimm... dann hat man sich irgendwie damit arrangiert und der Schluß war das allerschlimmste...

man kann sich daran nicht "gewöhnen"... man kann sich damit arrangieren...wegdenken... ignorieren...verdrängen...

aber... es holt dich immer wieder ein...

jetzt da meine Freundin 2 Monate Tot ist...fühle ich mich schon etwas besser...aber dieses Gefühl von hilflosigkeit und machtlosigkeit bin ich immer noch nicht los....

sei stark für deine Freundin...sei immer da für sie... wenn es so ist wie befürchtet braucht sie ganz viel Hilfe in der kommenden Zeit...und ich war da... immer...egal wo sie war....

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Guten Morgen emeri

Als ich die Überschrift deines Themas gelesen habe, musste ich an meine Situation denken.
Die gleiche Frage habe ich mir auch schon stellen müssen.

Ein naher Familienangehöriger war an metastasierendem Darmkrebs erkrankt.
Durch meine Ausbildung im med. Bereich hatte ich öfter mit onkologischen Dingen zu tun. Aber als die "Bombe" dann bei uns einschlug, war es eben anders. Ich hatte immer Mitgefühl für unsere Patienten.. aber diesmal stand ich da..wohl wissend, was alles kommt und wie hart der Weg werden würde.

Man lernt das nicht.
Ich bin daran gewachsen bzw. man wächst da rein! ABER.. man muss es zulassen!!
Habe meinen Schwiegervater zu allen Untersuchungen begleitet, war einfach für ihn da.
Ich wusste (im Gegensatz zum Rest der Familie) das er sterben wird.
Der Rest der Familie wollte das nicht wahrhaben, haben ihn immer wieder bestärkt "zieh die Chemo durch.. tu dies, tu das.."
Es kam ein Punkt, an dem er schon lange lebensmüde war, keine Chemo mehr wollte und einfach nur noch den Rest seines Lebens so gut es geht, und möglichst schmerzfrei genießen/leben wollte.

Es ist wichtig, das ein schwer kranker Mensch, bzw. ein "Sterbender" jemanden hinter sich stehen hat, der all seine Entscheidungen respektiert und ihm Mut zuspricht.

Ein Beispiel:
Mein Schwiegervater sagte zu mir:
"Ich möchte die Chemo abbrechen. Ich kann nicht mehr" Die Metastasen wachsen weiter.. es ist sinnlos! Was soll ich nur tun?"
Ich antwortete ihm:
" Es ist deine Entscheidung und wenn du die Chemo nicht mehr möchtest, dann ist das in Ordnung. Wenn du möchtest, dann schauen wir nach Alternativmedizin"
Meine Schwiegermutter und mein Mann sagten:
"Du kannst doch nicht mit der Chemo aufhören! Tu das nicht! Mach weiter! Es wird alles gut!"

Ich habe in den Jahren viel von Elisabeth Kübler Ross gelesen.
(Interviews mit Sterbenden) ...

Nimm die Situation an, auch wenn es dir schwer fällt.
Frag sie, ob du etwas für sie tun kannst... zum Arzt begleiten, mal was kochen, was einkaufen .. oder einfach nur zu hören!
Manchmal tut es gut, miteinander zu weinen.

Du wirst erkennen, wenn es den Betroffenen wichtig ist, zum Beispiel über das Sterben zu sprechen...

Meinem Schwiegervater wurde auf dem Sterbebett noch Hoffnung gemacht. Meine Schwiegermutter gehörte der Fraktion an, die das einfach nicht wahr haben wollte.. selbst als er schon nicht mehr ansprechbar war, bestand sie auf Infusionen.
Der beh. Hausarzt und ich konnten darüber nur den Kopf schütteln.
Wir hatten eine andere Auffassung von Leben und Sterben.

Lieben heißt, nicht mit aller Gewalt halten zu wollen.. sondern auch loslassen zu können!

Ich empfehle dir das Buch von Elisabeth Kübler Ross
http://www.amazon.de/Interviews-mit-Sterbenden-GTB-Sachbuch/dp/3579009605/ref=sr_1_4?ie=UTF8&s=books&qid=1273993042&sr=8-4

Alles Liebe und Gute für dich und deine Arbeitskollegin und Freundin

Tanja

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Hallo Tanja,

das hast du sehr schön geschrieben. Ich lasse mich gerade zur ehrenamtlichen Hospizdienstlerin ausbilden und bin ganz genau der gleichen Meinung wie du.

Es ist schwer, eine Krankheit bzw. der bevorstehenden Tod zu akzeptieren. Vor allem für Außenstehende ist es nicht immer leicht, die Gedanken der Patienten zu verstehen bzw. nachzuvollziehen.

In solchen Fällen sollten immer die Patienten im Vordergrund stehen, ihre Meinungen und Bedürfnisse haben oberste Priorität!

Wenn man das annimmt, gibt man ihnen das Gefühl, selbst zu bestimmen was mit ihnen passiert und das ist das was man sollte.

Ich wünsche allen die in eine solche Lage kommen, ganz viel Kraft, denn das werden die Angehörigen und Freunde brauchen.

Alles Liebe und Gute
Betti

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Hallo Betti

Die ganze Zeit schon kreisen meine Gedanken um dieses Thema.
Es kam vieles wieder hoch :-(

Meine Kinder sind noch recht klein...(11, 8 und fast 3), weshalb ich den Gedanken an "Sterbebegleiterin" noch nach hinten geschoben habe.

Irgendwann werde ich das sicher starten.. denn viel zu viele Menschen sterben einsam (ja, auch wenn sie Familie haben).
Denn nicht alle setzen sich mit dem Tod gerne auseinander (weder Betroffener noch Angehöriger)

Mein Schwiegervater hat z.B. nicht über seine Beerdigung oder den Tod gesprochen... außer, wir waren allein.
Die anderen durften nichts mitbekommen.
Hatte er mal einen schlechten Tag, hieß es:
"Laß' dich nicht so hängen!"
Aber verdammt noch mal.. er hatte das Recht dazu!

Meine Großmutter hat das getan.
Sie wusste, was sie an Kleidung tragen möchte.
Sie wollte einen einfachen Sarg..kein Schnick Schnack ;-)
Sie sagte "Der Tod kostet mich das Leben. Gebt so wenig wie möglich aus und nehmt euch das Geld! Firlefanz brauche ich da, wo ich dann bin, keinen mehr!".. dies schreibe ich mit einem Lächeln.. denn meine Oma war eine taffe Frau, die ihr Sterben angenommen hatte.
Mit ihr konnte ich über die "Phasen des Sterbens" sprechen.
Es war eine Zeit des nicht-wahr-haben-wollens,eine Zeit voller Wut und Verzweiflung... eine Zeit der Gelassenheit und eine Zeit des annehmens!

Ich sage nicht, das es leicht ist.. aber wenn man sich damit auseinander setzen MUSS, dann schafft man es auch.
Es gibt gute Foren (z.B. krebs-kompass.de). Hier habe ich ein paar Jahre ehrenamtlich moderiert.
Der Ausstausch mit den Angehörigen bzw. Betroffenen hat unglaublich gut getan. Kontakte bestehen teilweise noch heute...

Ich ziehe den Hut vor dir und finde das, was du tust einfach nur phantastisch #herzlich

Auch dir alles erdenklich Liebe und Gute
Tanja