Im Rhythmus des Morgenlandes

Bauchtanz in der Schwangerschaft

Der orientalische Tanz macht es möglich: Im Rhythmus des Morgenlandes durch die Schwangerschaft. urbia gibt Ihnen Tipps und Anregungen zur beweglichen Hüfte.

Autor: Gabriele Möller

Orientalischer Tanz: auch mit 'Kugel' fit und erotisch

Bauchtanz Bauch gruener Rock iStock BVDC
Foto: © iStockphoto.com/ BVDC

Ich fühle mich wie ein steifes Stück Holz neben Kursleiterin Petra Haferkamp, die provozierend mühelos und vor Fröhlichkeit sprühend ihr Becken kreisen lässt, die Hüften schwingt und ihren Oberkörper schlangengleich bewegt. Während ich selbst mich vergeblich bemühe, meine Hüften in erotische Schwingungen zu versetzen, überlege ich schon insgeheim, ob es eine gute Idee war, sich zum Mitmachen überreden zu lassen. Schließlich wollte ich eigentlich nur mal hereinschnuppern und zugucken – damit ich etwas schreiben kann über Bauchtanz für Schwangere, na ja, und auch für Nicht-Schwangere natürlich.

Es dreht sich nicht alles nur um den Bauch

Das volkstümliche Wort „Bauchtanz“ hören die anderen Kursteilnehmerinnen und Petra übrigens gar nicht gern, denn schließlich dreht sich hier bei weitem nicht alles nur um den Bauch. Wie ich übrigens längst selbst festgestellt habe, während ich schwitzend meine Arme nach irgendwohin in die Luft werfe, wenig ansprechend mit den steifen Schultern kreise und erfolglos versuche, auch den Brustkorb in weich-elegante Drehbewegungen zu versetzen – alles unter den wohlwollenden, aber kritischen Blicken von Petra und den anderen Frauen. Sie selbst haben den Orient sichtlich im Blut, ich dagegen bin anscheinend doch eher gefangen in nordischer Kühle: Nur schwer finde ich aus mir heraus und hinein in jene Mischung aus gezähmter Erotik und Eleganz, wie sie den Reiz des Orientalischen Tanzes ausmacht. Dass Petra immerhin schon seit acht Jahren tanzt, die anderen Frauen zum Teil schon vier Jahre und mehr, ist da eher ein schwacher Trost – oder ob die auch mal so unbeholfen angefangen haben?

Je mehr „Baby-Bauch“, desto besser

Zum Glück rettet mich nach einiger Zeit Kursteilnehmerin Anke von der Tanzfläche, die mir „backstage“ von der tollen Wirkung des Tanzes während ihrer Schwangerschaft berichtet. Sie hat das Hüftenkreisen anschließend auch als Rückbildungsgymnastik benutzt und tut es noch. Bis kurz vor der Geburt hat sie den runden Bauch samt Baby geschwungen. „Bei keinem anderen Sport kann man den schwangeren Bauch so toll einbeziehen und vor allem: auch so stolz zeigen. Im Fitness-Studio zum Beispiel würde man da schon eher schräg angesehen“, findet sie. Und auch der kleinen Julia, inzwischen vier Monate alt, hat das Schaukeln in Mamas Bauch prima gefallen: „Sie war immer ganz ruhig beim Tanzen und hat die Bewegungen offensichtlich sehr genossen“, berichtet Anke. Aber auch für die Schwangeren selbst scheint der Orientalische Tanz fast wie extra erfunden zu sein: „Ich war bis zum Tag der Geburt sehr beweglich und bekam ein prima Körpergefühl – trotz Bauch. Ich war während der Schwangerschaft fast fitter als hinterher“, schmunzelt sie.

Ursprünglich ein Fruchtbarkeitstanz von Frauen für Frauen?

Ethnologen vermuten, dass der Bauchtanz sogar ursprünglich ein Tanz von Frauen für Frauen gewesen ist und aus Geburts- und Ritualtänzen hervorgegangen ist. Er gab das intuitive Wissen und die Weisheit erfahrener Frauen an junge Mädchen, Schwangere und Gebärende weiter. Auch heute noch gibt es bei einigen Naturvölkern Geburtstänze, bei denen die Gebärende von den Tänzerinnen mit kreisenden Bewegungen umrundet wird. Dies soll sie geistig unterstützen und ihr Energie für ihre eigene Geburtsarbeit übermitteln. Hebammen haben überdies festgestellt, dass manche Haltungen und Bewegungen speziell des Orientalischen Tanzes den Bewegungen ähneln, die manche Frauen unwillkürlich während der Geburt ausführen. Sie tanzen dabei natürlich nicht, bewegen jedoch oft ihr Becken kreisend, um sich die Schmerzen zu erleichtern und dem Kind auf den Weg zu helfen.

Tanz als ideale Form der Geburtsvorbereitung

Der „Bauchtanz“ wird inzwischen auch von immer mehr Ärzten und Hebammen als ideale Form der Geburtsvorbereitung empfohlen, „weil er besonders den Unterleibsbereich betont und damit gegen zahlreiche Beschwerden dort und im Rücken hilft“, so Heike Crusius von MediLife (Wuppertal), die Kurse für den Gesundheitsbereich organisiert.In Zusammenarbeit mit dem örtlichen Geburtshaus integriert Heike Crusius Schwangere in ihre regulären Frauenkurse. Auch Verspannungen im Oberkörper oder in den Schultern, die durch das Gewicht des Babys entstehen können, werden gelockert. Der Tanz bietet aber auch seelische Unterstützung. Zum Beispiel hilft er Frauen, die ihren dicker werdenden Bauch noch nicht so recht akzeptieren können, oder darunter leiden, dass sie auf ihre zuvor gewohnte Sportart während der Schwangerschaft verzichten müssen. Risiken birgt das Tanzen dabei für eine gesunde Frau mit stabiler Schwangerschaft nicht. „Figuren mit zu raschen rhythmischen Bewegungen lässt man einfach aus“, so Crusius. Allerdings muss bei der Gefahr einer Frühgeburt und Neigung zu vorzeitigen Wehen auf den Orientalischen Tanz verzichtet werden. Ein Bauchtanz-Kurs sollte bei Erstgebärenden noch durch einen regulären Geburtsvorbereitungskurs ergänzt werden. Frauen, die das zweite oder weitere Kinder erwarten, können den Orientalischen Tanz problemlos auch als einzige Methode der Geburtsvorbereitung verwenden.

„Der orientalische Tanz ist aber auch eine tolle Möglichkeit zur Rückbildungsförderung nach der Geburt; er ist eine gute Alternative zu regulären Rückbildungsgymnastik-Kursen“, erklärt Heike Crusius. Man muss natürlich nicht schwanger sein, um den „Bauch tanzen zu lassen“. Der Tanz aus dem fernen Morgenland hält alt und jung, dick und dünn gleichermaßen fit – auch wenn in unseren wolkenreichen Breiten der goldene Halbmond nur selten in seiner ganzen Pracht leuchtet.