Kaiserschnitt

Jedes dritte Kind in Deutschland kommt per Kaiserschnitt zur Welt. Wann ist ein Kaiserschnitt nötig, wie wird er durchgeführt und welche Risiken bringt er mit sich?

Der Kaiserschnitt – die operative Geburt

Kaiserschnitt Illustration
Foto: © Dan Race - Fotolia.com

Der Kaiserschnitt gehört zu den großen Errungenschaften der modernen Medizin. Während Frauen früher oft an komplizierten Geburten gestorben sind, rettet der Kaiserschnitt heute vielen Müttern und Kindern das Leben. Doch die  gestiegene Kaiserschnittrate halten viele Mediziner auch für bedenklich, weil so die Vorteile einer natürlichen Geburt aus den Augen verloren würden. Bei urbia erfährst du, welche Gründe für die operative Geburt sprechen, wie der Eingriff durchgeführt wird, welche Risiken und Nachteile für Mutter und Kind entstehen und viele weitere wichtige Infos rund um das Thema Kaiserschnitt.

Von einem Kaiserschnitt spricht man, wenn das Baby nicht vaginal, also auf natürlichem Wege zur Welt kommt, sondern operativ aus der Gebärmutter geholt wird. Der Fachbegriff für die Schnittentbindung lautet „Sectio caesarea” und geht angeblich auf den römischen Feldherren Julius Caesar zurück, welcher der Legende nach aus dem Bauch seiner Mutter geschnitten wurde. War der Kaiserschnitt früher ein gefährlicher Eingriff, der nur im äußersten Notfall durchgeführt wurde, gehört er heute zur Routine in der Geburtsmedizin. Studien belegen, dass beinahe  jedes dritte Baby in Deutschland per Kaiserschnitt das Licht der Welt erblickt.

Welche Gründe sprechen für einen Kaiserschnitt?

In den meisten Fällen liegen für einen Kaiserschnitt zwingende medizinische Gründe vor, die eine natürliche Geburt für Mutter oder Kind unzumutbar machen. Sind diese bereits vor der Geburt ersichtlich und der Eingriff wird von vornherein geplant, spricht man von einem primären Kaiserschnitt. Mögliche Ursachen, die einen solchen notwendig machen, sind:

  • Ein Kopf-Becken-Missverhältnis, das heißt es steht von vornherein fest, dass das Becken der Mutter zu eng für das Kind ist.
  • Plazenta praevia: Die Plazenta liegt ganz oder teilweise vor dem Muttermund.
  • Das ungeborene Kind ist fehlgebildet, zu schwach oder liegt ungünstig ( Steißlage), sodass eine natürliche Geburt eine zu große Belastung darstellen würde.
  • Die Mutter hat eine schwere Erkrankung, die eine vaginale Geburt unmöglich macht.
  • Eine Infektionskrankheit stellt eine Ansteckungsgefahr für das Kind dar.
  • Mehrlingsgeburten

Kann ich trotz Termin-Kaiserschnitt auf die Geburt warten?

Doch auch wenn die Schwangerschaft optimal verläuft und eine normale Geburt angesetzt ist, kann es währenddessen plötzlich zu Komplikationen kommen, die einen Kaiserschnitt notwendig machen. Mögliche Gründe für den sogenannten sekundären Kaiserschnitt können sein:

  • Das Kind bekommt zu wenig Sauerstoff (CTG: Herzton-Wehen-Messung).
  • Die Geburt kommt aufgrund von zu hoher Erschöpfung der Mutter zum Stillstand.
  • Vorzeitigen Plazentaablösung
  • Andere Komplikationen wie Fieber, Blasensprung oder Gebärmutterriss stehen einer natürlichen Geburt im Wege.

In solchen Fällen muss die Mutter zunächst ihr Einverständnis zu dem Kaiserschnitt geben, auch wenn sie kaum eine andere Wahl hat, denn läuft die Geburt anders als geplant, ist ein Kaiserschnitt oft der einzige Weg, um Mutter und Kind zu helfen.

Wie wird ein Kaiserschnitt durchgeführt? Ablauf und Heilung

Bei einem Kaiserschnitt handelt es sich um eine so genannte große Bauchoperation, die sowohl unter Vollnarkose als auch mit einer PDA (Peridural-Anästhesie) durchgeführt werden kann. Letztere wird bevorzugt, weil sie den Vorteil hat, dass die Mutter wach bleibt und die Ankunft ihres Kindes bewusst miterlebt. Wirkt die Betäubung, wird für den Kaiserschnitt im normalen Ablauf die Bauchdecke im Bereich der „Bikinizone” mit einem Schnitt geöffnet. Es wird durch alle Muskel- und Bauchfellschichten hindurch bis zur Gebärmutter geschnitten und schließlich wird auch diese mit einem weit unten sitzenden Querschnitt geöffnet. Das Baby wird herausgeholt, sofort abgenabelt und von der Hebamme versorgt. Nach Entfernung der Plazenta werden Gebärmutter und alle anderen Gewebeschichten sofort zugenäht. Bei der Operation wird so schnell gearbeitet, dass das der Mutter verabreichte Narkosemittel nicht bis zum Baby vordringt. Nach der OP verbleibt die Mutter noch bis zu zwei Stunden zur Beobachtung im Kreißsaal, während der Vater die Möglichkeit erhält, das Neugeborene zu umsorgen. Auch die Mutter selbst kann, sofern sie wach ist, die ersten Bande mit den Kind knüpfen und es auch zum ersten Mal an die Brust legen, denn das  Stillen nach einem Kaiserschnitt ist genauso gut möglich wie nach einer Spontangeburt.

Wann kann ein Kaiserschnitt nicht mit örtlicher Betäubung durchgeführt werden?

 

Alternativ zum herkömmlichen Kaiserschnitt setzen viele Entbindungskliniken auf den sogenannten „sanften” Kaiserschnitt. Dabei handelt es sich um eine schonendere Sectio-Methode, die im Misgav-Ladach-Krankenhaus in Jerusalem entwickelt wurde. Der wesentliche Unterschied zum „normalen” Kaiserschnitt und dessen Ablauf ist, dass mit möglichst wenigen Schnitten gearbeitet wird. Nach dem üblichen Querschnitt oberhalb der Schambehaarung werden das darunter liegende Gewebe und die Muskelschicht nicht aufgeschnitten, sondern mit den Fingern auseinandergezogen. Auch die Gebärmutter selbst wird nur kurz aufgeschnitten und anschließend stumpf gedehnt. Auf diese Weise soll es zu weniger Schäden kommen und auch der Blutverlust geringer ausfallen, sodass die Frau sich schneller von dem Kaiserschnitt erholen kann und nur eine kleine Narbe behält.

Ein weiteres Verfahren, das an der Berliner Charité ins Leben gerufen wurde, ist die sogenannte „Kaisergeburt”. Dabei handelt es sich um ein Kaiserschnitt-Verfahren, das den operativen Eingriff abmildern und in ein angenehmeres Geburtserlebnis verwandeln soll. Das Kind wird unter den Augen der Mutter aus dem Bauch geholt und dieser anschließend wie nach einer natürlichen Geburt auf die Brust gelegt. Auf diese Weise habe die werdende Mutter auch beim Kaiserschnitt das Gefühl, aktiv an der Geburt ihres Kindes teilzunehmen. Kritiker befürchten jedoch, dass durch die Kaisergeburt die Anzahl der „Wunschkaiserschnitte” zunehmen könnte. Gerade Frauen, die zum Beispiel sehr große Angst vor dem Geburtsschmerz und seinen Auswirkungen hätten, würden sich dann allzu leichtfertig für den Kaiserschnitt entscheiden. Diese Kritik erscheint jedoch unbegründet. Denn trotz steigender Kaiserschnittrate (in Deutschland aktuell 31,9 Prozent), geben nur zwischen 3,7 und 14,7 Prozent der Frauen an, sie würden den Kaiserschnitt einer natürlichen Geburt vorziehen. Demnach können die vielen durchgeführten Sectios nicht auf einen Trend zum sogenannten Wunschkaiserschnitt zurückgeführt werden. Die Gründe für die erhöhte Kaiserschnittrate liegen viel mehr bei dem veränderten Risikoprofil der Schwangeren, zum Beispiel ist ihr Durchschnittsalter heute höher und somit auch die Zahl der Risikoschwangerschaften.

Statistik: Anzahl von Kaiserschnitten und vaginalen Geburten in Deutschland in den Jahren von 1997 bis 2012 (in 1.000) | Statista

Welche Risiken sind mit einem Kaiserschnitt verbunden?

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt einen Kaiserschnitt nur dann, wenn eine natürliche Geburt die Gesundheit von Mutter und Kind gefährden würde. Und entgegen dem weit verbreiteten Mythos vom Kaiserschnitt als Lifestyle-Trend, ziehen die meisten Schwangeren den  Kaiserschnitt nur im Notfall in Betracht. Denn auch, wenn der Eingriff heute zur Routine gehört und das Risiko für operationsbedingte Komplikationen deutlich gesunken ist, besteht nach einem Kaiserschnitt immer noch eine höhere Wahrscheinlichkeit für gefährliche Gerinnungskomplikationen wie Thrombosen oder Embolien als nach einer natürlichen Geburt. Auch im Wochenbett können nach einem Kaiserschnitt im Bereich der Narbe mehr Komplikationen auftreten. Die frischgebackene Mutter braucht länger, um sich von der Operation zu erholen, sie hat stärkere Schmerzen, die Stillphase kann gestört sein und für die Rückbildung der Gebärmutter werden mehr Medikamente benötigt. Hinzu kommt, dass es bei einer Folgegeburt zu 70 Prozent erneut zu einer Sectio kommt. Denn auch, wenn eine  vaginale Geburt nach einem Kaiserschnitt durchaus normal ist, gilt für viele Mütter, denen die Geburtserfahrung fehlt: Einmal Kaiserschnitt, immer Kaiserschnitt.

Welche Folgen hat der Kaiserschnitt für das Kind?

Ist der Kaiserschnitt für ein Kind nicht unbedingt medizinisch notwendig, hat das Neugeborene von einer operativen Geburt mehr Nach- als Vorteile. Denn auch wenn einige Mütter glauben, dem Baby durch den Kaiserschnitt die Strapazen der Geburt zu ersparen, ist diese Erfahrung doch für eine gesunde Entwicklung förderlich. So haben Kaiserschnitt-Kinder nach einer Sectio vermehrt Anpassungsschwierigkeiten, weil ihnen die Hormone fehlen, die bei den Wehen freigesetzt werden, und ihr Immunsystem nicht so trainiert ist, wie es bei einer natürlichen Geburt der Fall wäre. Komplikationen, die eine künstliche Beatmung nötig machen, können die Folge sein. Zudem können auch Erkrankungen im weiteren Lebensverlauf auf den Kaiserschnitt zurückgeführt werden. So hat eine Studie von 2012 festgestellt, dass der Kaiserschnitt das Diabetes-Risiko erhöht. Das heißt jedoch nicht, dass Frauen, die ihr Kind per Kaiserschnitt auf die Welt gebracht haben, sich gleich Sorgen oder gar Vorwürfe machen müssten. Denn das individuelle Risiko eines Kaiserschnittkindes, an Diabetes zu erkranken, ist trotzdem sehr gering.

Geburtsmediziner erklärt: Welche Auswirkungen hat ein Kaiserschnitt auf mein Kind?

Den Kaiserschnitt körperlich und seelisch verarbeiten

Frauen, die per Kaiserschnitt entbunden haben, brauchen mehrere Tage, um sich von der Operation zu erholen und müssen sich besonders schonen. Neben den Wundschmerzen quält viele zudem gerade bei einem sekundären Kaiserschnitt die Tatsache, das Kind nicht aus eigener Kraft auf die Welt gebracht zu haben. Gerade wenn sich die werdende Mutter intensiv auf eine natürliche Geburt vorbereitet hat und dann unerwartet einem Kaiserschnitt unterzogen wird, kann es passieren, dass sie um die Geburtserfahrung trauert und glaubt, somit eine wichtige Bindungsphase zu ihrem Kind verpasst zu haben. Experten empfehlen daher, sich von vornherein nicht zu sehr auf eine bestimmte Geburtsart zu versteifen. Wichtig ist es stattdessen, sich umfassend zu informieren, einen Expertenrat zum Thema Kaiserschnitt, Geburt etc. einzuholen und sich darauf einzustellen, dass trotz gewisser Präferenzen der Verlauf einer Geburt offen bleibt. Auf diese Weise ist die Enttäuschung nicht so groß, wenn es tatsächlich zu einem Kaiserschnitt kommt.

Ist dies dann doch der Fall, hilft es oft, sich mit anderen Müttern auszutauschen oder die eigenen Gefühle aufzuschreiben. In den urbia-Foren haben frischgebackene Mütter zu beidem die Gelegenheit. Hier treffen sie Frauen mit ähnlichen Erlebnissen und können anonym ganz offen über ihre Erfahrungen sprechen und diese dadurch besser verarbeiten. Mehr Informationen zum Kaiserschnitt erhältst du außerdem in unserem Kaiserschnitt-Special.

Einmal Kaiserschnitt immer Kaiserschnitt?