Haftung für Schäden durch Kinder

Denn sie wissen (oft) nicht, was sie tun

Müssen Eltern haften, wenn ihre Kinder aus Versehen Steine auf Nachbars Auto werfen oder zum Beispiel Schuld daran sind, dass sich eine Radfahrerin verletzt? Hier zwei Beispiele aus der Rechtssprechung.

Steinschleuder Junge

Ein kleiner Schwenk nach rechts - und schon kratzt der Fahrradlenker am neuen Auto des Nachbarn entlang. Die kleine Sarah schaut ihre Mutti fragend an: War das jetzt schlimm? Muss sie ins Gefängnis? Wer seine Kinder nicht zu Hause einsperren will, muss damit rechnen, dass mal etwas zu Bruch geht oder andere verletzt werden. Doch wann haften die Kinder? Die gesetzliche Regelung lautet:

  • unter 7 Jahre: das Kind haftet überhaupt nicht
  • 7-9 Jahre: keine Haftung des Kindes bei Unfällen mit Kraftfahrzeugen
  • 7-17 Jahre: Haftung des Kindes nur dann, wenn es die Folgen seiner Handlung hätte voraussehen können (Entscheidung des Gerichts im Einzelfall).

Zwei Beispiele aus der Rechtssprechung

Fall 1:
Zwei sieben und acht Jahre alte Kinder spielten im Garten des elterlichen Grundstückes und warfen im Garten liegende Steine und Äpfel über die Hecke auf das Nachbargrundstück. Dort befand sich das Betriebsgelände eines Autohauses. Mehrere Fahrzeuge wurden durch die Steinwürfe beschädigt. Das Autohaus verlangte Schadensersatz.

Das Urteil:
Das Gericht wies die Klage des Autohauses ab, so der Infodienst Kinderrechte der LBS-Initiative Junge Familie. Die Kinder hätten nicht die für eine Haftung erforderliche Einsicht in die Gefährlichkeit ihres Verhaltens gehabt. Ihnen sei zwar möglicherweise theoretisch bekannt gewesen, dass auf dem Betriebsgelände des Autohauses Fahrzeuge abgestellt waren, da sie früher mehrfach auf dem Gelände gespielt hatten. Es spreche aber nichts dafür, dass ihnen dies auch im Zeitpunkt ihrer Steinwürfe auf das Nachbargrundstück bewusst war. Vielmehr sei dieses theoretische Wissen über die abgestellten Autos in der Spielsituation vom kindlichen Übermut überlagert worden.
(Oberlandesgericht Köln, Aktenzeichen 22 U 71/02)

Fall 2:
Ein zehnjähriger Junge fuhr mit seinem Fahrrad einen nicht für Radfahrer freigegebenen Gehweg. Nur ein weiter rechts verlaufender Gehweg war auch für Radfahrer freigegeben, was durch das Zusatzschild "Fahrräder frei" kenntlich gemacht wurde. Der bergab führende linke Weg mündete in eine Straße. An der Einmündung, wo die Sicht durch eine Mauer verdeckt wurde, stieß der Junge mit einer Radfahrerin zusammen, die sich den Arm brach und ihre Hüfte prellte. Sie verlangte Schadensersatz und Schmerzensgeld.

Das Urteil:
"Das Gericht gab der Klage statt und verurteilte den Jungen zum Ersatz des der Frau entstandenen Schadens und zur Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 3.000 Euro", erläutert Jan Greve, Rechtsexperte der LBS. Der Junge habe erkennen können, dass sein Verhalten verboten und gefährlich war. Der linke Weg sei nämlich auch für einen Zehnjährigen als nicht für Radfahrer freigegebener Gehweg erkennbar gewesen. Mögliche Zweifel seien spätestens durch die Beschilderung des rechten Weges beseitigt worden. Ein altersentsprechend entwickelter Zehnjähriger hätte nach Ansicht des Gerichts zudem voraussehen können, dass sich aus der verkehrswidrigen Benutzung des linken Gehwegs mit dem Fahrrad Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer ergeben können - erst recht, wenn der bergabwärts führende, schlecht einsehbare Weg mit zu hoher Geschwindigkeit befahren wird.
(Oberlandesgericht Koblenz, Aktenzeichen 8 U 659/04)