Der falsche Zeitpunkt

Gelegenheit macht Liebe?

Die blonde Versuchung lauert an jeder Ecke. Alles nur Zufall? Was aber soll Mann tun, wenn die Traumfrau vor ihm steht und die Hormone regieren? Drei Szenarien.

Autor: Martin Schneider

Und ewig lockt das Weib

Mann Frau Bar Flirt
Foto: © iStockphoto.com/ MichaelDeLeon

Fast jeder erinnert sich an die Filmszene aus "Der Bewegte Mann", als Parademacho und Frauenschwarm Axel alias Till Schweiger im Park einer alten Schulfreundin über den Weg läuft. Diese hat sich zur blonden Traumfrau gemausert und von nun an haben die Hormone das Wort. Axel setzt alles daran, den einstigen erotischen Höhenflug mit besagter Dame mit einem erneuten tête-à-tête zu wiederholen.

Leider hat Axel ein Problem: Seine Freundin ist hochschwanger, die beiden stehen vor der Hochzeit, und dies ist demnach der denkbar ungünstigste Zeitpunkt für einen Seitensprung - sofern es zu einem solchen überhaupt jemals kommt.

Im Film hindert die brisante partnerschaftliche Situation unseren Helden keineswegs daran, sein erotisches Vorhaben in die Tat umzusetzen. Im richtigen Leben erwartet man von einem Mann ein wenig mehr Verantwortungsbewusstsein sowie Standhaftigkeit in gänzlich unlibidinösem Zusammenhang.

Also einfach nur der falsche Zeitpunkt? Oder ist es Schicksal, dass uns unsere vermeintlich große Liebe immer zur denkbar ungünstigsten Gelegenheit über den Weg läuft?

Alles nur Zufall?

Zufall oder nicht, dieser Umstand lieferte den Stoff für zahlreiche tragische Liebesaffären der Welt- und Literaturgeschichte. Aber auch die etwas trivialeren Unterhaltungsmedien schöpfen tagtäglich neue Boulevard-Themen aus dieser Thematik. Ohne diese Zufälle gäbe es keine "Anna Karenina" und auch keinen bewegten Mann. Und hat uns nicht die Affäre "Becker-Becker-Setlur" alle ein bisschen erfreut? Also muss doch mehr dahinter stecken, als eine bloße Laune des Schicksals.

Was aber soll Mann tun, wenn er seinen Hormonen hilflos ausgeliefert scheint? Da steht sie nun vor ihm, die Frau aus seinen Träumen. Und er weiß ja genau, wie das so ist mit ihr, schließlich hat er es schon erlebt. Lust auf etwas anderes, reine Neugier also, fällt demnach als Rechtfertigung flach.

Möglichkeit eins: Tauchstation

Man beruft sich auf seine Partnerin, geht im Notfall kalt duschen und wünscht der Verlockung noch ein schönes Dasein, begehrt von Abertausenden anderen Männern. Anschließend geht man nach Hause, die Brust stolz geschwellt von solch beeindruckender Konsequenz, und widmet sich wieder dem ach so eintönigen Alltag.

Möglichkeit zwei: Der heftige Flirt

Geflirtet hat man schon lange nicht mehr. Gerade deshalb ist es so schön, ein wenig Aufmerksamkeit zu bekommen. Immerhin ist es einige Zeit her, dass man über seinen "Marktwert" Bescheid wusste. Also zieht man sich mit der Angebeteten in eine gemütliche Bar zurück und lässt Blicke und zufällige Berührungen aufeinander wirken. Bevor es zum Äußersten kommt, zieht man die Reißleine und verfährt wie in Möglichkeit eins. Mit dem kleinen aber feinen Unterschied, dass man sich wahrscheinlich erheblich besser fühlt.

Möglichkeit drei: Einmal ist keinmal

Gelegenheit macht Liebe und so eine Chance bekommt man vielleicht nie mehr. Außerdem ist man nur einmal jung und einmal ist keinmal. Gewappnet mit derlei Plattitüden stürzt man sich also mitten hinein ins Abenteuer. Der Erfolg ist mal mehr, mal weniger erfreulich. Das Gefühl am nächsten Morgen wiegt nur selten das schlechte Gewissen auf, das einen unweigerlich befällt, sobald man sich heimischen Gefilden nähert. War es das wirklich wert?

Diese Frage muss jeder selbst für sich beantworten. Meistens erweist sich jedoch die verlockende Sensation des Vorabends als Etikettenschwindel. Erst jetzt merkt man, was man eigentlich an seiner Partnerin hat. Nur kann es schon zu spät sein. Glücklich ist da, wer mit einem blauen Auge davon kommt, sprich: wer "nur" mit seinem schlechten Gewissen klar kommen muss. Wenn sich die Einsicht breit macht, dass das Erlebnis die ganze Aufregung in keinster Weise wert war, kehrt schnell Ernüchterung ein. Aber das ist immer noch besser, als seine Beziehung wegen ein paar Hormonen zu verlieren.