Nicht nur Kulisse

Warum kirchlich heiraten?

Auch wenn das "Ja" auf dem Standesamt reicht: Viele Paare wollen auf das Eheversprechen am Altar nicht verzichten. Zwei Pfarrer erzählen aus ihrem Alltag.

Autor: Jens Peter Iven

Wo es die Musik "live" gibt

Braut vor Kirche panther Vera Ortmann
Foto: © panthermedia, Vera Ortmann

"Man heiratet wieder kirchlich", stellt Gottfried Hiddemann, inzwischen pensionierter Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Mettmann (NRW), mit Freude fest. Seit einiger Zeit zieht es Brautleute wieder verstärkt in die Kirchen.

"Es ist sicher der Wunsch nach einer Umgebung, die etwas über den Tag hinaus weisendes beinhaltet; etwas, das einen in der Seele anrührt - und das ist in aller Regel nicht der nüchtere Raum des Standesamtes", erklärt der Pfarrer: Dort zum Beispiel Musik aus der Konserve, hier live von der Orgel.

Die "Verpackung" ist wichtig

Drei Viertel der Paare heiraten wegen des äußeren Rahmens in der Kirche, hat Gottfried Hiddemann herausgefunden. Ein Viertel geht es um das "Ja-Wort" vor Gott und um die Bitte um dessen Segen. Aber dieses Zahlenverhältnis sieht der Theologe entspannt: Wer wisse denn schon, ob Gott nicht auch die Brautleute anspreche, die eher auf die "Verpackung" aus sind.

"Die ´Verpackung´ ist den meisten Paaren sehr, sehr wichtig", stellt Pfarrer Hiddemann fest. Sie möchten es individuell haben. Auch hier sieht er die Kirche dem Standesamt mit seinen standardisierten Trauungen weit überlegen. Doch egal, ob Whitney-Houston-Songs vom Band oder "Amazing Grace" vom stilecht gekleideten Dudelsackspieler, für den Protestanten hat alle Individualität ihre Grenzen: "Es muss sich immer noch erahnen lassen, dass hier ein Gottesdienst im Namen des dreieinigen Gottes gefeiert wird."

Bernhard Stodt, Pfarrer des katholischen Pfarrgemeinde St. Mariä Empfängnis und Stadtdechant von Wuppertal, ist in Sachen "Verpackung" pingeliger: "Bei den Wuppertaler Hochzeitstagen (eine Verbraucherausstellung rund ums Heiraten, die Redaktion) bin ich von einem Paar angesprochen worden, die eine Kirche im Stil von 1900 suchten, weil sie in diesem Stil heiraten wollten und entsprechende Garderobe hatten." Doch da mochte der Priester nicht mitmachen.

"Wir sind keine Kulisse"

Nur das Ambiente zu stellen, das ist Stodt zu wenig: "Wir drehen keinen Film und wir sind auch nicht nur Kulisse", begründet er die Ablehnung. Schließlich gehe es nach katholischem Verständnis bei der Trauung vor Gott um ein Sakrament, das sich die Brautleute gegenseitig spenden. "Sie schließen bewusst eine Lebensehe", erklärt Dechant Stodt, "es ist eine Bitte der Eheleute um Gottes Segen und die Zusage Gottes, das Paar zu begleiten".

Den Trend hin zur Hochzeit vor dem Altar, den sein evangelischer Kollege Hiddemann skizziert hat, kann der Priester aus Sicht der katholischen Kirche nicht bestätigen: "Es heiraten viele Männer und Frauen zum zweiten Mal und da haben wir unsere Probleme..." Eine Trauung Geschiedener ist in der katholischen Kirche nur möglich, wenn die erste (gescheiterte) Ehe annuliert worden ist - und das passiert nicht so häufig und unterliegt strengen Kriterien.

Auch in der Kirche ist vieles möglich

Aber, auch das macht Stodt deutlich, in der Kirche ist trotzdem viel möglich: Auch in der katholischen Kirche stellen nicht wenige Pfarrer geschiedene Brautleute, die wieder heiraten, in einem Gottesdienst unter den Segen Gottes. In der evangelischen Kirche bedeutet die Wiedertrauung in der Regel keine Probleme. Das liegt am protestantischen Verständnis von Schuld und Vergebung.

Weil übrigens jeder Katholik Anspruch auf eine kirchliche Trauung hat, kommt es nicht selten zu Traugottesdiensten, die auf den ersten Blick merkwürdig anmuten, aber am Ende doch die Vielfalt des Glaubens belegen. "Vor einiger Zeit habe ich eine Katholikin und einen Muslim, dessen Eltern heute noch Beduinen sind, getraut", erzählt Stodt: "In solchen Fällen bemühe ich mich immer, das, was dem nicht-christlichen Partner wichtig ist, einzubeziehen. Ich will die Gemeinsamkeiten finden." So gab es beispielsweise im Gottesdienst die traditionellen Hochzeitsgeschenke der Beduinen, mit denen man in der Wüste einer Frau beweist, dass man(n) sie ernähren kann. In diesem Fall gab es am Ende auch noch eine Feier im Beduinenzelt.

Hinter dem Horizont geht es weiter

Selbst ausgewählte Gemeindelieder, Dudelsack oder Ave Maria, Fürbittengebete der Trauzeugen: Bei aller Individualität der Brautleute und ihrer Trauungen geht es für Pfarrer Gottfried Hiddemann hinter diesem Horizont noch weiter: "Es ist und bleibt ein "Ja" vor Gott, bei dem sich die Brautleute gegenseitig die Treue versprechen und von Gott die Zusage bekommen, dass er sie begleitet. Und ich denke, das ist am Ende doch die Sehnsucht aller, die kirchlich heiraten: Die Sehnsucht nach einem Wort, das sie trägt und begleitet."

Fehlt Ihnen für die kirchliche Trauung noch ein Trauspruch? urbia hat einige Sprüche aufgelistet.