Selbstzweifel

Giftcocktail Eifersucht

Die Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft, sagt ein altes Sprichwort. In der Wirklichkeit ist diese amüsante Einsicht aber meist nicht so einfach in Zuversicht umzuwandeln, wenn der giftige Stachel Eifersucht erst einmal sitzt.

Eine harmlose Bemerkung?

Mann Frau Streit
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Eifersüchtige stellen sich selbst in Frage

"Diese Sophie ist ja total nett", schwärmt Pascal, als er mit seiner Frau von einem feucht-fröhlichen Abend zurückkehrt.
"Ach ja? Was ist denn so besonders an ihr?", fragt Helene argwöhnisch
"Kann ich gar nicht so genau sagen, sie ist irgendwie super-sympathisch" (und – nebenbei bemerkt – sehr attraktiv).

Nur ein kleiner Stich – der aber mitten in Helenes Herz trifft. Sie sieht nicht oder will nicht sehen, was diese Sophie hat oder mehr haben soll, was sie selbst nicht hat. Und schon – obwohl die Bemerkung zunächst völlig harmlos erscheint - stellt sich Helene Fragen über Fragen, bis sie sich selbst in Frage stellt. Verstärkt werden ihre Überlegungen noch dadurch, dass seit einiger Zeit dunkle Wolken am Beziehungshorizont aufgetaucht sind.

Voller Selbstzweifel versieht sie ihre "Rivalin" nun mit sämtlichen geeigneten Superlativen: die ist besser drauf, lustiger, temperamentvoller, aufregender - eben besser, und zwar in allen Bereichen! Das beste Mittel für einen totalen Negativtrip! Wie kämpft man gegen einen derart übermächtigen, selbstgemachten Feind an, der einen dazu bringt, sich selbst ganz bewusst herunterzumachen?

Was ist hier wirklich im Spiel?

Unser Selbstbild ist angekratzt. Helenes Selbstwertgefühl, ohnehin schon angeschlagen durch die Schlechtwetterphase, die ihre Ehe gerade durchlebt, gerät durch die arglosen Worte ihres Partners nun vollends ins Wanken.

Verletzt in ihrem Selbstbild, beginnt sie, sich selbst herunterzumachen: "Ich glaube, dass er mit einer solchen Frau glücklicher geworden wäre". Dann fügt sie dem selbstgemixten Giftcocktail noch eine doppelte Portion Masochismus hinzu: "Ich wusste ja schon, dass er mich nicht mehr liebt, dass er eine andere hat, jetzt hat er sich verraten..." Und da steht sie und betrachtet traurig ihre drei Kinder – trotz allem die sehr gelungene Frucht einer Verbindung, die jetzt definitiv zum Scheitern verurteilt ist.

Stopp! Pascal denkt nichts von dem, was da durch Helenes Kopf jagt. Er ist nichts weiter als ein Mann – treu, aber eben auch ein Mann. Einer, der, wie die meisten seiner Gattung, extrem auf optische Reize reagiert – besonders, wenn es sich um weibliche handelt. Wenn seine Bemerkung darauf zielt, Helene zur Reaktion zu bringen, stellt dies nicht unbedingt das Paar in Frage. Denn, meint Pascal, man kann sich die Speisekarte auch ansehen, ohne zu bestellen.

Am Anfang war die Leidenschaft

Den eigenen "Marktwert" prüfen

Erinnern Sie sich, wie Sie zu Anfang total verrückt aufeinander waren? Was sie auch sagte, Sie fanden es himmlisch (die tollste Frau auf Erden). Was er auch tat, er war einfach wunderbar (die Fleisch gewordene Stärke und Sensibilität). Sie sahen sich immerzu an, tauchten die Blicke ineinander und fühlten sich völlig erfüllt. Glücklich.

Heute – eine kleine Veränderung nur - sehen Sie sich nicht mehr unablässig an. Heute blicken Sie zusammen in dieselbe Richtung. Und es geschieht, dass sich ein Auge ein wenig verirrt, angezogen von dem Neuen und dem Wunsch, zu gefallen und mal wieder seinen "Marktwert" zu prüfen. Beruhigen Sie sich, das ist alles ganz normal! Flirten ist sogar ein Zeichen von guter Gesundheit und Selbstvertrauen.

Wenn Eifersucht zur Tyrannei wird

Verhakeln sich die Blicke allerdings zu lange ineinander, kann es schwierig werden. Dann nämlich, wenn der Partner so verunsichert ist, dass er sehr eifersüchtig reagiert und beim geringsten Kontakt des Geliebten mit dem anderen Geschlecht leidet. Schreckliche Szenen folgen. Dieser tyrannische Besitzanspruch und die Forderung nach absoluter Exklusivität (er gehört mir: Jagd verboten!) verbirgt vor allem ein schwaches Selbstwertgefühl. Der französische Autor Honoré de Balzac drückte es so aus: "Eifersüchtig sein heißt: Nicht an seiner Frau, sondern an sich selbst zu zweifeln".

Neuer Schwung für das Paar

Und wenn Sie ein wenig losließen? Sagen Sie sich, dass Ihr Partner Ihnen nicht gehört und dass er freiwillig mit Ihnen zusammenlebt.

Wenn kleine Eifersuchtsszenen zu Ihrem Paarleben dazugehören, muss das kein Problem sein. Seien Sie gewiss, dass Ihr Partner Sie nicht verlassen wird, wenn Sie ihm oder ihr mehr Raum und Freiheit lassen. Im Gegenteil: Ihre Beziehung wird davon profitieren, lebendiger und schwungvoller werden.

Denken Sie ein bisschen mehr an sich, gehen Sie am Abend aus (Kino, Theater, Kneipe, tanzen...) oder besuchen Sie Freunde. Bei Bedarf ist es durchaus legitim, einen Kollegen zu erfinden, der "sehr, sehr sympathisch ist". "Weißt du, mit ihr/ihm gehe ich öfter zum Mittagessen.." Das wird im Anderen die Eifersucht schüren!

Ein Pasch, um von nun an auf eine gute, partnerschaftliche Basis zurückzukommen.

Aus dem Französischen von Andrea Lützenkirchen.