Kinderwunsch mit Hindernissen

Die Angst des Mannes vor dem Treffer

Ein Mann Ende Zwanzig ist alt genug für die Familiengründung. Dennoch sind die Ausreden und Bedenken bei vielen Männern zahlreich. Woran liegt das eigentlich, dass ein Baby einem gestandenen Mann so viel Angst einjagen kann?

Autor: Martin Schneider

Es tickt und tickt...

Frau Mann geschockt SSTest
Foto: © iStockphoto.com/ CamiloTorres

Das Ticken der berühmten und viel zitierten biologischen Uhr hören angeblich ja nur Frauen, die auf die Dreißig zugehen oder die diese vermeintlich so magische Grenze knapp überschritten haben. Das bedeutet dann in etwa, dass es nun langsam, aber sicher an der Zeit ist, sich mehr oder weniger ernsthafte Gedanken zum Thema eigene Kinder zu machen. Einmal ganz abgesehen davon, was an dieser Feld-, Wald- und Wiesentheorie wirklich dran ist: Wo bleiben bei dieser Entscheidung eigentlich die Männer? Welche Uhr tickt in den Köpfen(?) des starken Geschlechts?

Die Auseinandersetzung mit der eigenen potenziellen Vaterrolle gehört nicht gerade zu den Lieblingsdisziplinen vieler Herren der Schöpfung. Woran liegt das? Eine Theorie ist, dass eine solche nur bedingt stammtischtauglich ist und ihr Coolness-Faktor in den Augen der Kumpels bedauerlicherweise nach wie vor gen Null tendiert. Das kann aber nicht alles sein, schließlich ist es derzeit durchaus "in", sich als Mann voll ins Thema Kinder und Familie einzubringen – nicht zuletzt durch die Partnermonate beim Elterngeld.

Vielleicht hilft es, sich einmal die Entscheidungsfaktoren pro und contra Vaterschaft vor Augen zu führen. Beinahe klassisch das Bild vom werdenden Papa, der seinen heißgeliebten Sportwagen gegen die Familienkutsche eintauschen muss und sich heldenhaft in sein Schicksal fügt. Ein wenig poetischer klingt in diesem Zusammenhang dann noch die Konfuzius zugeschrieben Aussage, nach der ein Mann in seinem Leben einen Baum pflanzen, ein Haus bauen und ein Kind zeugen soll. Es gibt aber auch weniger klischeehafte Themen, mit denen man(n) sich auseinander setzen sollte, damit der Familiengründung kein böses Erwachen folgt.

Der Spaß hat nun ein Ende?

Schenkt man den Berichten frisch gebackener Mütter und Väter Glauben, so bedeutet die Geburt des ersten Kindes einen derart tiefen Einschnitt in das bisherige Leben (und vor allem Zusammenleben), dass sich schnell die Frage stellt, ob das für einen selbst denn der richtige Weg sein kann. Akuter Schlafmangel und einseitige Themenwahl charakterisieren die meisten jungen Eltern. Der Säugling fordert vollen Einsatz der physischen und psychischen Reserven seiner Erzeuger, für traute Zweisam- bzw. gar erholsame Einsamkeit bleibt kein Raum mehr. Freunde kommen einen kaum besuchen, weil sie des Chaos’ überdrüssig sind, alle Konzentration gilt dem Nachwuchs. Erstrebenswert?

Vorbei wären die Zeiten, da man sich spontan zu einem Wochenendtrip mit den Freunden entschloss. Als man auf Partys stets der Letzte war. Als es einem egal war, wann man nach Hause kam oder ob man es am nächsten Morgen überhaupt aus den Federn schaffen würde. Mit einem Kind würde alles anders werden. Man sieht sich bereits mit Hunderten anderer Mütter und Väter am Rande des Großspielplatzes in der Sonne darben, während Tochter oder Sohn Konsistenz und Geschmack des matschigen Sandes testet. Neben einem die Ehefrau, die das Geschehen mit Argusaugen beobachtet, vor einem ein Arsenal an Kinderspielsachen, deren Instandhaltung und Bewachung in den eigenen Aufgabenbereich fällt. Die Gespräche drehen sich ausschließlich um Windeln, Babynahrung und den Entwicklungsstand des Sprösslings. Schreckliche Vorstellung!

Mit Ende Zwanzig gibt es keine Ausrede mehr

Zu den Schreckensszenarien im Kopf kommen die nicht unerheblichen finanziellen Aufwendungen für den Lebensunterhalt eines neuen Erdenbürgers. Das Statistische Bundesamt hat einmal ausgerechnet, dass ein Kind bis zum 18. Lebensjahr etwa 100.000 Euro kostet (Einzelheiten finden Sie hier). Eine hübsche Summe, mit der man vieles anstellen könnte: ein tolles Auto kaufen, eine Eigentumswohnung anzahlen, eine Weltreise machen, die Altersvorsorge sichern, ein Ferienhaus in Spanien kaufen – es fiele einem noch viel mehr ein.

Oder sind dies alles nur Horrorszenarien diverser unabhängigkeits- und konsumfanatischer Egoisten? Kann man eigene Lebensziele nicht vielleicht doch sehr harmonisch mit dem Kinderwunsch arrangieren? Irgend etwas muss es geben, das einen für die genannten Entbehrungen entschädigt, etwas kaum Greifbares, eine Art tiefer Befriedigung und Glückseligkeit beim Anblick seines strahlenden Babys. Mag ja sein, aber ist das genug, um sein jahrelanges Singledasein aufzugeben und sich einer mindestens achtzehnjährigen Verantwortung für einen mehr oder weniger hilflosen Menschen zu stellen?

Mann muss sich entscheiden

Kommt mal wieder darauf an. Mit Ende Zwanzig zählt die alleinige bisherige Ausrede, man sei noch zu jung für ein Kind, plötzlich nicht mehr. Es beginnt die Suche nach Kriterien, an denen sich der eigene Kinderwunsch festmachen lassen sollte. Da steht an erster Stelle wohl die Beziehung: Will man mit der Frau, mit der man sein derzeitiges Leben verbringt, ein Kind haben? Kennt man sie so gut, dass einen ihre neue Rolle als Mutter nicht überfordern würde? Kann man sie sich als Mutter überhaupt vorstellen? Und natürlich: Wie einig ist man sich über das Thema Kinder? Wie lautet ihre Lebensplanung?

Sofort nach dem Thema Beziehung kommt der Job. Eigentlich stehen diese beiden Punkte sogar nebeneinander: Denn wer bleibt zu Hause und kümmert sich um den Nachwuchs? Das Elterngeld ermöglicht zwar im ersten Jahr flexiblere Aufteilung der Kinderbetreuung zwischen den (Ehe-) Partnern, mit überschaubaren finaziellen Einbußen. Meist verdient der Mann jedoch noch mehr als seine Partnerin. Somit kommt für ihn eine längere Jobpause nur bedingt in Frage, die Frau muss sich in Teilzeit zurecht finden (wollen). Womit ein weiteres Problem angekratzt ist: Kann man es sich zum jetzigen Zeitpunkt der Karriere überhaupt erlauben, eine Pause einzulegen? Schließlich wollte man doch in drei Jahren Abteilungsleiter sein.

Sind das alles wirkliche Kriterien oder entlarvt man(n) sich bei der Suche nach immer neuen Ausreden gerade selbst? Gibt es überhaupt den richtigen Zeitpunkt für ein Kind? Ist nicht jeder Zeitpunkt irgendwie ungünstig? Es kommt wohl auf den berühmten Versuch an. Von der Vorstellung, es gebe eine Checkliste für den perfekten Zeitpunkt, die nach Abwägung aller Kriterien ein eindeutiges Ergebnis zeitigt, kann man sich getrost verabschieden. Glücklicherweise kann nicht alles perfekt geplant werden, insofern stünde einem Versuch eigentlich nichts mehr im Wege..... obwohl, ich habe da neulich so ein Cabrio gesehen......

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