Es gibt gute und schlechte

Familiengeheimnisse müssen sein

"Geheimniskrämerei" ist wichtig: Denn schließlich fördern Familiengeheimnisse den Zusammenhalt der Familie nach außen und setzen der Umwelt Grenzen.

Autor: Gabriele Möller

Es gibt gute und schlechte Geheimnisse

Mutter Tochter fluestern
Foto: © panthermedia/ Martin Kosa

Eigentlich sollte man meinen, sie seien längst ausgestorben: Geheimnisse. In der Zeit der Talkshows und von Big Brother und Konsorten, wo auch das letzte private Winkelchen genussvoll ausgeleuchtet wird, bekommen Geheimnisse innerhalb der Familie jedoch einen besonders wichtigen Stellenwert. Gemeint sind hier aber nicht Heimlichtuerei und Intrigen der Familienmitglieder untereinander. Familiengeheimnisse fördern vielmehr den Zusammenhalt der Familie nach außen und setzen der Umwelt Grenzen. Es gibt eben Dinge, die nur in die Familie gehören. Eines muss jedoch vorab klar gesagt werden: Die Rede ist hier nicht von schlimmen Geheimnissen, wie zum Beispiel einem totgeschwiegenem sexuellem Missbrauch oder einem prügelnden Vater.

Kinder müssen nicht alles über ihre Eltern wissen

Nützliche Geheimnisse innerhalb der Familie sind zum Beispiel solche, die es im Interesse der Kinder gibt. Vaters Dauerärger mit dem Chef ist kein Thema für den Familientisch, sondern geht nur die Eltern an. Gleiches gilt für unerfreuliche Familiengeschichten sowie Zank um Geld oder Erbschaftsangelegenheiten. Es reicht, wenn man sagt, dass man sich mit diesem oder jenem Angehörigen nicht so gut versteht, weil man verschieden denkt oder lebt. Kinder müssen eben nicht alles wissen. Wo man dabei die Grenze setzt, hängt auch vom persönlichen Empfinden ab. Man muss dabei bedenken, dass Kinder bis ins Schulalter hinein der Außenwelt leicht alles ausposaunen, was in der Familie vor sich geht. So ist es nicht unbedingt nötig zu erzählen, dass man sich über eine Kontaktanzeige kennen gelernt hat, wenn man lieber nicht möchte, dass die Nachbarn darüber diskutieren. Ein wenig Heimlichkeit in Bezug auf das ist ebenfalls nicht verkehrt. Kinder können sich unter größeren Zahlen noch nicht viel vorstellen und erhalten auch bei einem Durchschnittseinkommen leicht den falschen Eindruck, die Eltern seien reich.

Auch Kinder haben ein Recht auf Geheimnisse

Jedoch dürfen natürlich auch die Kinder Geheimnisse haben. Einem Kindergartenkind sollte man zwar noch nicht erlauben, sich in seinem Zimmer einzuschließen. Ein siebenjähriges Schulkind jedoch hat durchaus ein Recht auf diese Art der Privatsphäre, weil es bereits vernünftig genug ist, nicht gleich sein Mobiliar in Brand zu setzen. Ungefähr ab diesem Alter muss man es auch respektieren, falls das Kind zum Beispiel allein duschen oder sich waschen möchte, ohne dass jemand zusieht. Auch das Schnüffeln in den Sachen oder dem Tagebuch des Kindes sollte absolut tabu sein, es ist ein echter Vertrauensbruch. Gelassenheit auf Seite der Erwachsenen ist gefragt, wenn Geschwisterkinder gemeinsame kleine Geheimnisse gegenüber den Eltern haben. Geschwister zanken sich sowieso schon genug, ein wenig Solidarität kann da nicht schaden.

Schädliche Geheimnisse können die Familie entzweien

Zu den eingangs erwähnten schlechten Geheimnissen gehören auch solche, bei denen Familienmitglieder untereinander ausgespielt werden. So dürfen Eltern niemals ein Kind dazu anhalten, bei seinem Geschwisterkind zu spionieren, es heimlich zu kontrollieren und bei den Eltern Fehlverhalten zu petzen.
Absolut schädlich und doch leider häufige Realität in den Familien sind auch Geheimnisse, bei denen sich ein Elternteil mit einem Kind gegen das andere Elternteil "verbündet". Dies kann ganz banal aussehen, wenn zum Beispiel die Mutter ihrer Meinung nach zuviel Geld für Kleidung ausgegeben hat und das Kind dazu anhält, dem Vater nichts davon zu sagen. Oder wenn der Vater trotz wiederholter Bitten der Mutter dem Kind ständig heimlich Pommes oder Süßigkeiten kauft und sagt: "Das braucht die Mama ja nicht zu wissen." Das Kind lernt die Botschaft, dass Mama und Papa nicht zu einander halten, dass man sie sogar gegeneinander ausspielen kann. Und dass Ehrlichkeit nicht notwendig ist, da sich ja sogar die Eltern untereinander unehrlich verhalten.
Spaltend statt einend wirken umgekehrt auch Geheimnisse, bei denen Kinder sich mit einem Elternteil gegen das andere Elternteil oder Geschwisterkind zusammentun. Manchmal schließen sich Tochter und Mutter so zu einer Dauer-Allianz gegen Vater und Bruder zusammen oder umgekehrt. Hier sind immer unterschwellige Partnerschaftsprobleme der Eltern die Ursache, die geklärt werden müssen.