Von der Kollegin zur Chefin, wer hats durch? Erfahrungswerte?

Hallo,

ich nutze jetzt mal den Urbia-Account meiner Freundin, da ich mit meinem echten Account erkannt werden könnte, was ich jetzt gerade noch vermeiden möchte.

In meiner Firma (größerer, bekannter Konzern) läuft gerade eine massive Umstrukturierung der Abteilung, in der ich bin. Bisher gibt es unter dem Leiter dieses Geschäftsbereichs 5 Abteilungsleiter (wovon ich einer bin), die alle das gleiche Aufgabenfeld haben aber für unterschiedliche Produktbereiche.
Mit meinem 4 Abteilungsleiterkollegen (jeder von uns führt ein Team von 3-4 Leuten) verstehe ich mich sehr gut. Bin inzwischen 4 Jahre bei der Firma.

Jetzt kommt eine große Würfelaktion. Der Bereich soll neu strukturiert werden. An dem Geschäftsführer oben wird sich nichts ändern, aber die Bereiche werden quasi neu zusammen gefasst. Von den jetzt 5 Abteilungsleitern (übrigens außer mir alles Männer) werden nur 2 über bleiben, welche dann größere Bereiche (Teams von 7-10 Mitarbeiter) unter sich vereinen.
Man hat mir und einem anderen Abteilungsleiter jetzt in 4 Augen-Gesprächen offenbart, dass wir die "Auserwählten" ;-) sein sollen, die diese beiden Bereiche leiten.
Bei einem der anderen 3 Abteilungsleiter ist schon klar, dass er kein Problem hat, unter einem von uns zu arbeiten. Ihm war sein Job sowieso zuviel Stress und er ist froh, wenn er eine Nummer kürzer treten kann.
Bei den anderen beiden sieht das allerdings anders aus. Abteilungsleiter 1 ist schon 10 Jahre im Unternehmen, eine Art "Urgestein" und etwas älter als ich. Netter, patenter Kerl, mit dem ich immer super zurecht gekommen bin. Er hat vermutlich weniger ein Problem mit mir als generell damit, dass man ihn jetzt "runterstufen" will. Er wird immer noch ein Sub-Team führen, aber halt nicht aufsteigen.
Abteilungsleiter 2 ist hingegen eine eher tickende Zeitbombe. Ein junger Typ Anfang 30 mit sehr ehrgeizigen Karriereplänen, die er bisher auch immer umgesetzt bekommen hat. Bis jetzt halt... Beide (1 & 2) würden voraussichtlich in meinem Bereich arbeiten.

Mir ist bewußt, dass diese Konstellation schwierig ist. Ich denke aber trotzdem, dass ich deswegen nicht das Job-Angebot ablehnen sollte. Irgendeiner wird diesen Job machen und entweder bin ich das oder sie holen jemanden von extern, das wurde ganz klar gesagt. Abteilungsleiter 1&2 sind dafür nicht vorgesehen, selbst wenn ich ablehne.

Hat jemand von euch so eine Situation schonmal durch und kann mir seine Erfahrungen schildern? Habt ihr Tipps?
Gerne auch von der "unteren" Seite aus betrachtet.
Ich kann mich durchsetzen, bin aber bestimmt nicht herrisch/autoritär, lasse mir aber auch nicht die Butter vom Brot nehmen.
Mir ist klar, dass das auch für meine zukünftigen Mitarbeiter und jetzigen Kollegen ein hartes Stück ist, das sie erstmal verarbeiten müssen.
Oder würdet ihr pauschal davon abraten?




1

Ich habe das 'von unten' durch.

'Sie' fing als Projektleiterin und Assistentin des Abteilungsleiters an (Abteilungsgrösse: 16 Leute), direkt nach ihrem Studium. Innerhalb von zwei Jahren war klar, das sie die bessere Abteilungsleiterin wäre. Parallel dazu bekam der Abteilungsleiter zunehmend Zoff mit den Geschäftsführern (allerdings mehr im Bereich 'Hahnenkämpfe' angesiedelt).

Der Abteilungsleiter wurde mehr und mehr mit ausserhäusigen Aufgaben betraut, 'Sie' wurde erst stellvertretende Abteilungsleiterin, bis sie auf den Tisch haute und den Geschäftsführern klar machte, das sie nicht Verantwortung ohne Entscheidungsbefugnis tragen könne. Dann wurde 'sie' Abteilungsleiterin. Das Team war sehr einverstanden damit. Allerdings gab es im Team auch absolut niemand, der diesen Posten geschenkt haben wollte. Komisch war es schon ein bißchen, das man mit der Kollegin, mit der man jeden Mittag über die GF und ihre rätselhaften Entscheidungen abgelästert hatte, plötzlich Personalgespräche führte. Aber sie erwies sich ihren 'Untergebenen' gegenüber als absolut fair.

Der abgesetzte Abteilungsleiter kam erwartungsgemäss gar nicht gut mit der Situation klar. Er versuchte, jeden winzigen Fehler von 'ihr' eskalieren zu lassen, was ihm oft genug gelang. Und dann war Rapport bei der GF fällig. In der ersten Zeit fand man sie danach oft heulend auf dem Klo. Sie war darauf gefasst gewesen, das es schwierig werden würde, hatte auf fachlicher Ebene keine Blößen, aber auf die Tiefschläge, die sie als Person in Frage stellten, war sie nicht gefasst gewesen, bzw. nur theoretisch.

Sie gab sich ein Jahr. Wenn es bis dahin nicht besser werden würde, würde sie kündigen. Es wurde besser. Sie lernte die Tiefschläge eiskalt abzuwehren und der ehemalige Abteilungsleiter wurde ehrenhaft entlassen (das eine hatte nix mit dem anderen zu tun - wie oben: Hahnenkämpfe).

Ob Du den Posten nehmen solltest oder nicht, kann Dir niemand raten. Die Frage ist, ob Du bereit bist, auch sehr miese Sachen auszuhalten für diesen Job. Wenn Du Glück hast, kündigt die Zeitbombe bald, wenn nicht kann es sehr hässlich werden.

Grüsse
BiDi


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Mein Mann hatte das durch. Allerdings war sein Kollege und Freund (ohne Führungsbefugnis) auf einmal sein Chef geworden. Derjenige, der vorher gefragt wurde, wollte den Job nicht, da es zumindest in dieser Branche so ist, dass man eben ab der ersten Stufe als Teamleiter sofort weg von der Technik und rein in die "Politik" ist. Mein Mann ist Techniker im IT-Bereich und auch er wollte nie seinen Chefs nach dem Mund reden. Ein Grund, weswegen er sich da nie beworben hatte. Ist schwierig zu erklären. Sagen wir es mal so... Mein Mann hat irgendwann die Firma gewechselt (nicht nur wegen diesem "neuen" Boss). Er hatte eben mehrere Angebote aus anderen Firmen...sehr viel bessere Angebote. Führungspositionen lehnt er noch immer ab. Sein Ex-Freund aus der alten Firma hat mittlerweile einen Aufhebungsvertrag unterschrieben

Es ist ein sehr schwieriges Thema. Letztendlich mußt du entscheiden. Wo würdest du denn hinkommen, wenn du nicht "Boss" werden würdest?

3

Na diese Frage scheint Dich ja die ganze Nacht beschäftigt zu haben :-p

Mein Tip vorweg: lass auf jeden Fall den Bauch entscheiden, nicht den Kopf!

Ich wurde seinerzeit auch in meinem bestehenden Team zur Teamleiterin befördert. Die Stelle war offen im Unternehmen ausgeschrieben und auch einer meiner Kollegen hat sich beworben. Wir beide mussten ins AC und mir hat man den Job dann angeboten. Der Kollege hat es meines Erachtens ganz gut verkraftet.
Mein Team bestand aus 5 Leuten, alle älter und schon wesentlich länger bei der Firma. Niemand hatte Probleme damit, dass ich nun die direkte Vorgesetzte war. Außer mir selbst.
Ich fand es sehr schwierig nun als Vorgesetzte zu agieren, weil ich mit allen Mitarbeitern bislang ein sehr freundschaftliches Verhältnis hatte. Es war nicht einfach den notwendigen Abstand zu Ihnen aufzubauen so dass ich im nachhinein sage, dass es besser gewesen wäre, wir hätten vorher nicht zusammen gearbeitet (zumindest nicht auf gleicher Ebene).

Aber Du hast ja bereits Führungserfahrung und scheinst Deinen Job sehr gut zu machen, sonst hätte man Dich nicht befördert. Auf dem Weg nach oben der Karriereleiter wird es immer so sein, dass Kollegen auf der Strecke bleiben und dass ein regelrechter Konkurrenzkampf entsteht.
Lass Dich davon nicht einschüchtern. Abteilungsleiter 1 wird sich entweder daran gewöhnen, dass er „degradiert“ wurde oder das Unternehmen verlassen. Abteilungsleiter 2 wird sicherlich versuchen Dir das Leben zur Höller zu machen. Leg Dir ein dickes Fell zu und lass alles an Dir abprallen. Kontere mit guter Rhetorik. Auch der Typ wird seine Lektion lernen, dass man im Leben nicht alles bekommt, was man will. Du willst ihm doch wohl nicht den Weg freiwillig freimachen?

Wenn Dir der Job Spaß macht, dann solltest Du auf keinen Fall darüber nachdenken, dieses tolle Angebot abzulehnen!!! #klee

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Abraten würde ich dir davon nicht. Hab es auch durch.
Ich fing als Praktikant an und bin jetzt Marktleiter in 3 Märkten von uns.
Und es sind auch teilweise Leute bei die vor mir da waren und viel, viel älter sind als ich. Ich hatte da auch erst meine Zweifel. Aber es hat alles super geklappt. Sie haben es akzeptiert. Es blieb ihnen auch ncihts anderes übrig. Und ich bin kein Arsch. Ich verstehe die Leute mit ihren Problemen und versuche da auch Lösungen zu finden. Allerdings versuchen manche auch mal mir auf "der Nase rumzutanzen" dann gibts ne klare Ansage und dann ist wieder gut.

Deine Kollegen müssen damit klar kommen. Wenn nicht müssen sie sich was anderes suchen.

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Deinem Schreiben nach zu urteilen, bist du sehr gut bzgl Deiner Selbstreflektion etc - somit schenke ich mir "gute Ratschläge" zu diesem Bereich und wünsche dir viel Erfolg, Spaß, Kraft und Durchhaltevermögen.

Generell würde ich sagen, nimm den Job auf jeden Fall an!

Ich hatte / habe eine ähnliche Situation - 1 absoluter Quertreiber unter meinen 3 Abteilungsleitern, die mir jetzt unterstehen und vorher Kollegen waren (ich Anfang 30 - die anderen zwischen 40 und 57 Jahre)

Mein Motto 1: was man will, wird sein
Motto 2 (bzgl Job): wir sind hier, weil wir Geld verdienen wollen und nicht, weil wir beste Freunde sein müssen...

Das 2. Motto musste ihc mir auch erst antrainieren - aber mein und auch Dein Kollege würde andersrum wohl auch keine Rücksicht nehmen...
Hört sich evtl etwas hart an mein Motto und ich habe auch zu allen anderen Kollegen (insgesamt 17 Leute in den 3 Teams) ein gutes Verhältnis, aber man kann nicht alles erzwingen...

Ist dann halt die Frage der "Personalführung" die Jungs noch entsprechend zu motivieren und und und

LG von Antab

6

Ist dir klar, dass ein Mann diese Frage NIE stellen würde? Das zeigt wieder, dass Frauen viel zu wenig Selbstbewußtsein haben.

Mach es! Nimm die Stelle an! Wenn Dein Chef dich auf dieser Stelle haben will und die anderen nicht, dann ist es halt so. Mach dir nicht so viel Gedanken.

Viel Glück!
Gruß
GR

7

Hallo!

Was ich, aus meiner Erfahrung heraus, wichtig fände, ist, dass diesen zwei Männern ganz klar kommuniziert wird, dass wenn DU diesen Job nicht annehmen würdest, dass dann jemand extern gesucht wird.
Sprich, dass die zwei definitiv nicht dafür in Frage kämen!

Alles gute!

VG Mini-bibo